30.04.2008 - 6 Kostenloses Mittagessen für bedürftige Schüleri...

Beschluss:
zur Kenntnis genommen
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Der Oberbürgermeister führt aus, dass die Verwaltung zum Vorschlag der Fraktion DIE LINKE eine andere Auffassung habe und dementsprechend einen Beschlussvorschlag für die nächste Sitzung der StVV mit der DS 08/SVV/0432 einbringen werde. Im Votum des Ausschusses für Finanzen werde ebenfalls dem Vorschlag der Verwaltung einstimmig gefolgt.

Anschließend erläutert Frau Fischer den Vorschlag der Verwaltung und dessen finanziellen Auswirkungen. Herr Exner ergänzt die Ausführungen unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen auf den Haushalt 2008 und den Haushalt 2009.

 

Von 2.200 Kindern (ALG II) ausgehend würden jährlich insgesamt 836.000 € für die Versorgung mit kostenlosem Schulessen benötigt. Er schätze ein, dass der Aufwand für das kostenlose Schulessen bis zu einer Million Euro betragen könne.

Von den 2.200 Kindern (ALG II) besuchen ca. 133 Ersatzschulen in der Landeshauptstadt Potsdam. Weiterhin gebe es ca. 24 Kinder von Niedriglohnempfängern an den Ersatzschulen und um diesen Kindern ein ermäßigtes Schulessen zu gewähren, seien ca. 30.000 € jährlich zusätzlich notwendig.

 

Herr Dr. Scharfenberg entgegnet, dass man jetzt vor der Frage stehen, ob es einen echten sozialen Fortschritt bezüglich der Versorgung mit einem Mittagessen geben solle oder nicht. Seine Fraktion habe dazu eine klare Entscheidung beantragt, deren Umsetzung bereits im Rahmen der Haushaltsdiskussion 2007 zugesagt worden sei. Die Abstimmung darüber sollte gemeinsam mit dem Haushalt erfolgen und nicht davon losgelöst. Das von der Verwaltung vorgeschlagene Verfahren sei sehr „unscharf“, enthalte Subjektivitäten und erfordere Entscheidungen zwischen „Bedürftigen“ und „besonders Bedürftigen“ und dieser Subjektivismus werde auch noch den Schulen „übergeholfen“. Das „Rechenexempel“ sei nicht zu verstehen und der Oberbürgermeister habe bereits sein Wort gegeben, dass es ein kostenloses Schulessen geben werde. Wenn das jetzt nicht eindeutig umgesetzt werde, sei das Wortbruch.

Herr Schubert betont, dass der Vorschlag der Verwaltung finanzierbar und sozial ausgewogen sei. In Berlin habe die „rot-rote“ Regierung eine gemeinsame Regelung gefunden, dass auch Hartz-IV-Empfängern zugemutet werde, einen Euro zu bezahlen. Für ganz Berlin werden für das Vorhaben 4,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und nur für Potsdam wären es 1,2 Millionen Euro; das sei nicht zu vertreten.

Frau Fischer verweist darauf, dass das Verfahren nicht bürokratisch sei und in einem Zuge mit der Freistellung vom Kauf der Lern- und Lehrmittel erfolgen könne. Mit den Lehrern werde es Gespräche geben, weil sie die Informationen an die Eltern weiterleiten werden.

Seine Fraktion, so  Herr Schliepe, werde den Antrag der Fraktion DIE LINKE unterstützen, weil der Verwaltungsvorschlag keine große Veränderung zum bestehenden Verfahren darstelle und der Vorschlag der „LINKEN“ unkomplizierter und praktikabler sei. Bezüglich der angemahnten Deckung dieses Vorschlags meine er, dass er die Erfahrung gemacht habe, dass es diese immer gebe, wenn ein Vorhaben gewollt sei. Beantragen aber die „Falschen“ ein Vorhaben, werde immer nach der Deckung „gerufen“ und das sei nicht akzeptabel, weil die Stadt ganz andere Sachen „stemme“.

 

Herr Dr. Scharfenberg betont, dass sich die beiden Verfahren nicht groß unterscheiden. Bei einem selbstverständlichen Anspruch sei jedoch eine Diskriminierung ausgeschlossen. Die Härtefallregelung sei im Vorschlag der Verwaltung die Regel, im Vorschlag der Fraktion DIE LINKE die Ausnahme. Bezüglich der Ausführungen von Herrn Schubert meine er, dass dieser den Verwaltungsvorschlag nun mal vertreten müsse; die Argumentation mit Berlin sei zweifelhaft, denn ohne die „LINKEN“ hätte es diese Regelung in Berlin wahrscheinlich gar nicht gegeben. Und in Berlin habe sich die Landesregierung dieses Themas angenommen, was in Brandenburg nicht möglich war. Ein Finanzierungsvorschlag werde seitens seiner Fraktion erfolgen; der müsse dann aber auch von allen gewollt sein.

Frau Dr. Müller kritisiert, dass in der bisherigen Diskussion nicht berücksichtigt worden sei, dass es um Kinder gehe. Die Erscheinung, dass es schwer falle,  zuzugeben, davon betroffen zu sein, sei nicht neu und führe  zum Scheitern von Projekten. Das könne man nicht einfach so „zur Kenntnis nehmen“. Eine Verschiebung in den Härtefallfond sei für die Fraktion DIE LINKE kein Ersatz für ein kostenloses Schulessen, weil Lehrer berichten, was daraus alles zu bezahlen sei, um überhaupt eine Teilnahme am normalen Schulalltag zu ermöglichen. Für sie sei die Logik nicht nachvollziehbar.

 

Herr Exner führt aus, dass in Anbetracht der Schätzungen festzustellen sei, dass  sich Potsdam den Vorschlag der „LINKEN“ nicht leisten könne und dass es auch nicht sinnvoll sei. Ausgangspunkt sei, dass für Kinder einkommensschwacher Eltern das Essen subventioniert werde und dass es daneben den Härtefallfond gebe. Dieser Vorschlag sei im Ausschuss für Finanzen auch für die Vertreter  der Fraktion DIE LINKE zustimmungsfähig gewesen. In der jetzigen Haushaltssituation habe das Innenministerium eindeutig darauf hingewiesen, dass bezüglich der freiwilligen Leistungen die Quoten eher zu senken seien als anzuheben bzw.  maximal beizubehalten. Das alles müsse auch unter kommunalrechtlichen und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten und der Haushalte 2009 und 2010 betrachtet werden.

 

Herr Schüler betont, dass die Fraktion Grüne/B 90 dem Vorschlag der Verwaltung zustimmen werde, da sich die beiden Vorschläge in Bezug auf die Betroffenen nicht unterscheiden; es sei der gleiche Kreis der Anspruchsberechtigen. Das Eingeständnis, zum Kreis der Betroffenen zu gehören, könne durchaus diskriminierend sein, sei aber wie in vielen anderen Fällen zur Gewährung von Leistungen nötig. Darüber hinaus meine er, dass in erster Linie die Eltern die Verantwortung dafür tragen, dass die Kinder mit Essen versorgt werden und dafür in der Regel die Sozialleistungen ausreichen.

Herr Schubert merkt an, dass es unredlich sei, dass einer die Wohltaten verteile und dem anderen die Aufgabe überlassen werde, die Deckung zu finden.

Herr Schröder führt aus, dass hier über hungernde Kinder in der kinderfreundlichsten Stadt der Bundesrepublik geredet werde und gleichzeitig festzustellen sei, dass die Stadt immer mehr Geld aufbringen müsse, um Entscheidungen der Bundesregierung zu finanzieren. Auch die Fraktion CDU halte den Vorschlag der Verwaltung für richtig und auch er halte die Einbindung der Eltern für richtig, denn sie tragen die Verantwortung. Der unkompliziertere Weg sei die Verbindung mit der Freistellung vom Kauf von Lehr- und Lernmitteln; die Aufgabe den Lehrern zu überlassen, halte er für falsch.

 

Der Oberbürgermeister betont abschließend, dass es ein umkompliziertes Verfahren geben werde, wie Verbindung mit der Freistellung vom Kauf der Lehr- und Lernmittel und darüber Konsens bestehe, auch die nicht staatlichen Schulen mit einzubeziehen.

Herr Dr. Scharfenberg beantrag, darüber im Zusammenhang mit dem Haushalt abzustimmen. Der Oberbürgermeister beantragt, eine Empfehlung des Hauptausschusses in der heutigen Sitzung abzugeben. Dieser Antrag wird mit 9 Ja-Stimmen, bei 5 Nein-Stimmen angenommen.

 

Der Beschlusstext der DS 08/SVV/0432 wird mit der Änderung im Punkt 3, 2. Zeile „... ihren Wohnsitz in Potsdam haben und an Schulen in Potsdam unterrichtet werden ...“ zur Abstimmung gestellt:

 

Der Hauptausschuss empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung, wie folgt zu beschließen:

 

1.      Die Landeshauptstadt Potsdam stellt für Kinder einkommensschwacher Eltern an Schultagen vergünstigtes und in besonderen Härtefällen kostenloses Schulessen zur Verfügung.

2.      Der Eigenanteil der Berechtigten für das vergünstigte Schulessen soll 1 € pro Portion nicht übersteigen.

3.      Berechtigte im Sinne dieses Beschlusses sind insbesondere Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 10, die ihren Wohnsitz in Potsdam haben und an städtischen Schulen unterrichtet werden, deren Eltern Bezieher von regelmäßigen Leistungen nach dem SGB II, SGB XII, dem AsylbLG (Leistungsempfänger) und Familien mit ähnlich niedrigen Einkommen („Niedriglohnempfänger“).

4.      Darüber hinaus wird ein Härtefallfonds eingerichtet, aus dem in besonderen Härtefällen nach Entscheidung des jeweiligen Schulleiters/ der jeweiligen Schulleiterin kostenloses Essen zur Verfügung gestellt wird.

Die Satzung über die Kostenbeiträge zur Schulspeisung ist entsprechend aufzuheben bzw. zu überarbeiten. Sie wäre unter Beachtung des vom Land vorgesehenen Sozialfonds mit den entsprechenden Verfahrensregeln im Juli vorzulegen.

 

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Abstimmungsergebnis:

Zustimmung:               7

Ablehnung:                  6

Stimmenthaltung:       1