Mitteilungsvorlage - 04/SVV/0392
Grunddaten
- Betreff:
-
"Festsetzung von Erhaltungsgebieten in den Sanierungsgebieten und im Entwicklungsbereich Block 27 in der Stadt Potsdam"
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- GB Stadtentwicklung und Bauen
- Einreicher*:
- Herr Klün, Herr Munzel
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Anhörung
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05.05.2004
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Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:
Der beschlossene Antrag 04/SVV/0267 „Festsetzung von Erhaltungsgebieten in den Sanierungsgebieten und im Entwicklungsbereich Block 27 in der Stadt Potsdam“, der den Oberbürgermeister beauftragt, der Stadtverordnetenversammlung bis zum Mai 2004 eine Erhaltungssatzung vorzulegen, kann so nicht umgesetzt werden, weil eine solche Erhaltungssatzung rechtswidrig wäre.
Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:
Die oben genannte Satzung hat erklärtermaßen zum Ziel, die
Wohnbevölkerung vor sanierungs- und modernisierungsbedingter Verdrängung zu schützen.
Um dieses zu erreichen, sollen die bisher aufgrund der Sozialplanrichtlinie
geltenden Mietobergrenzen weiter in den Sanierungsgebieten und im Entwicklungsbereich „Block 27“
Gültigkeit behalten.
Die meisten Sanierungsgebiete liegen bereits im Geltungsbereich
von Erhaltungssatzungen. Allerdings wurden bisher Mietobergrenzen bewusst nicht
im Erhaltungsrecht, sondern im Sanierungsrecht geregelt. Als städtebauliches
Instrument kann die Erhaltungssatzung
auch in der Form der Millieuschutzsatzung nur zur Vermeidung von
negativen städtebaulichen
Folgewirkungen eingesetzt
werden.
Entscheidend sind die durch eine Änderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung ausgelösten nachteiligen Folgen der jeweiligen städtebaulichen Situation.
Die Inkraftsetzung einer Erhaltungssatzung ist nur dann sinnvoll, wenn städtebauliche Folgen aus der Verdrängung resultieren, nicht bei der Vermeidung der Verdrängung selber, dies ergibt sich bereits aus § 172 Absatz 1 Nr. 2, Absatz 4 BauGB.
Danach kann eine Erhaltungssatzung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung nur erlassen werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll.
Sie ist also ein unzulässiges Mittel, um die Bewohner
sozialpräventiv vor Verdrängung zu schützen, wenn daraus keine städtebaulichen
Folgen resultieren. Im Gegensatz zum VG Berlin (Urteil vom 18. Juli 2002, VG 13
A 424.01) verweist das OVG Berlin (Urteil vom 30. Januar 2004, OVG 2 B 18.02)
hier auf das Sanierungsrecht, das aber die sozialen Ziele als sekundär
gegenüber den städtebaulichen Zielen ansieht und die Kommunen immer als
verpflichtet ansehen, in die durch die Durchsetzung sozialer Ziele entstehender
Kosten einzustehen. Das wird vor dem Hintergrund deutlich, dass das Gericht die
in den Modernisierungsparagraphen 558 und 559 Bürgerliches Gesetzbuch
enthaltenen Regelungen selbst als sozial ausgewogen ansieht.
Darüber hinaus ist eine Genehmigung nach § 172 BauGB, auch
wenn alle weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für eine Versagung vorliegen u.a.
zu erteilen,
- wenn
auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen
Anlage wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist (Rechtsanspruch auf
Genehmigung),
- wenn
die Änderungen einer baulichen Anlage lediglich der Herstellung eines
zeitgemäßen Ausstattungsstandards dienen, was in den meisten der
bisherigen Sanierungsfälle der Fall war.
Unter den genannten Voraussetzungen gilt:
Ein von der Rechtsprechung bestätigtes Hilfsmittel zur
Bejahung der Verdrängungsgefahr (bei dessen Ermittlung selbstverständlich die
von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen eingehalten werden müssen) ist
die Festsetzung einer sogenannten gebietsspezifischen Höchstmiete
(Interventionswert bzw. Höchstbelastungswert). Das Überschreiten dieses Werts
führt- vorbehaltlich des Rechtsanspruchs auf Genehmigung nach § 172 Abs. 4 Satz
2 und 3 Nr. 1 bis 6 BauGB oder ggf. des Erfordernisses von Ermessenserwägungen
im Hinblick auf eine atypische Situation – zwingend zur Versagung der Genehmigung.
Die Regelung löst zwar mittelbar einen Mieterschutz aus, kann aber nicht
subjektive Rechte des einzelnen Mieters begründen. Eine Millieuschutzsatzung
kann auch nicht als Instrument des unmittelbaren Mieterschutzes eingesetzt
werden. Danach ist es auch konsequent, dass die Rechtsprechung nicht auf die
spezielle Verdrängungsgefahr für den einzelnen Mieter abstellt, sondern dass
das Gebiet abstrakt für einen nach bestimmten Merkmalen umschriebenen
Personenkreis erhalten werden soll.
Der Einreicher der o.g. Drucksache irrt deshalb mit der in
der Begründung aufgestellten Behauptung: „Die Festsetzung eines
Erhaltungsgebietes zum Millieuschutz mit dem erklärten Ziel des Schutzes der
angestammten Einwohnerstruktur vor Verdrängung rechtfertigt demnach die
Festsetzung von Mietobergrenzen“. Eine Festsetzung von Mietobergrenzen käme nur
dann in Betracht, wenn die Verdrängung städtebauliche Auswirkungen hätte, dies
ist hier jedoch zumindest nicht offensichtlich.
Daher scheidet auch die „schnelle“ Vorlage einer
Millieuschutzsatzung, die in dem Antrag gefordert wurde aus, da zuerst die
Tatbestandsvoraussetzungen für die Einführung von Mietobergrenzen in die
bestehenden Erhaltungssatzungen geprüft werden müssten. Konkret stellt sich die
Frage, ob unter den gegebenen gesetzlichen Voraussetzungen die Festsetzung von
Höchstbelastungswerten notwendig ist, um negative städtebauliche Folgen zu
vermeiden und welcher konkreter Personenkreis überhaupt geschützt werden soll.
Jedoch wird generell von der Festsetzung von Mietobergrenzen
abgeraten, da es, wie in dem Antrag offensichtlich intendiert, als
sozialplanerisches Mittel untauglich ist.