Anfrage - 05/SVV/0456

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Wiederholt erlange ich Kenntnis von zumindest fragwürdigen Baumfällungen in Potsdam. So wurden im März 2005 angeblich gesunde Bäume in der Virchowstraße gefällt. Nach einer in den PNN vom 20.05.2005 veröffentlichten Mitteilung des BUND wurden auch in der Nedlitzer Straße und in der Großen Weinmeisterstraße wahrscheinlich gesunde Bäume gefällt. Mehrere dieser Fällungen fielen nach der Mitteilung des BUND in die am 15. März eines jeden Jahres beginnende Vegetationsperiode.

 

Ich frage den Oberbürgermeister:

 

Sind für diese Maßnahmen Fällgenehmigungen erteilt?

 

 

Antwort:

 

Im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben Neubau eines Einfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück Große Weinmeisterstraße 48 wurde eine Fällgenehmigung für 10 Bäume erteilt.

In Abstimmung aller Belange (hier insbesondere Belange der Denkmalpflege und Berücksichtigung des Weltkulturerbes der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten) ist der Baukörper an einer Seite über das im Bebauungsplan Nr. 48 festgesetzte Baufenster hinaus verschoben worden, um die mittig im ursprünglichen Baufenster stehenden 2 prägenden Bäume (Kaukasische Flügelnuss) erhalten zu können.

 

Der vom Bauherrn gestellte Antrag auf Ausnahmegenehmigung zur Fällung in der Vegetationszeit ist nach Beteiligung des Naturschutzbeirates der Unteren Naturschutzbehörde mit der Auflage genehmigt worden, dass die Fällarbeiten unverzüglich einzustellen sind, wenn ein Brutgeschehen von Vögeln, Nist- oder Lebensstätten von Fledermäusen, Insekten oder anderen besonders geschützten Tierarten festgestellt wird.

 

Für die Eiche in der Nedlitzer Straße (Baum-Nr. 31) liegt ein Gutachten vor. Die Schnittstelle kurz über dem Erdboden zeigt keine Schäden, da das Gutachten in 1,50 – 2,00 m Höhe (alter Anfahrschaden) durchzuführen war. In dieser Höhe befand sich eine tiefe Morschung, die zur Fällung führte. Die Ringfestigkeit des Stammes im Morschungsbereich war auf etwa 120 Grad unterbrochen. Die Morschung ist über die Stammmitte hinaus eingedrungen und stellt somit ein großes Bruchrisiko bei starken Stürmen dar.

In diesen Fällen, wo eine Gefahr erkannt wurde, sind wir verpflichtet, zu handeln.

Das Gutachten geht von einer Fällung aus, diesem wurde gefolgt. Die Variante Torsoschnitt-Stamm plus Starkaststummel wurde verworfen.

 

In der Virchowstraße 1. BA wollten wir in der Planung die 2 Kastanien erhalten. Beim Baugeschehen zeigten sich am Stammfuß der Kastanie an der Karl-Marx-Straße Pilzfruchtkörper vom wulstigen Lackkporling. Klopfproben zeigten klar starke Morschungen an, so dass die Kosten für ein Gutachten überflüssig waren.

 

Für die zweite Kastanie vor der Abzweigung der Robert-Koch-Straße wurde ein Gutachten eingeholt, da der kleine Pilzfruchtkörper am Stammfuß visuell keinen Rückschluss über das Ausmaß der Holzzersetzung im Stamm zuließ.  Das Gutachten empfahl aber dann auch die Fällung.

 

In der Virchowstraße hatte das Baugeschehen mit dem Eingriffen ins Wurzelwerk zusätzlich belastet, so dass die Vitalität der Bäume weiter nachlassen musste. Wir konnten aber zum jetzigen Zeitpunkt eine Nachpflanzung über die Planung der Baumaßnahme mit absichern.

 

Zum Punkt Fällungen und Schnittarbeiten in der Vegetationsperiode folgende Erläuterungen:

 

Der Pflegeschnitt dient in erster Linie der Herstellung der Verkehrssicherheit und bei Jungbäumen zur Erziehung. Die Erziehung ist wiederum die Voraussetzung für gesunde, verkehrssichere Altbäume, die dann geringere Pflegekosten beanspruchen. Um dies zu erreichen, sind die Schnittmaßnahmen im Lebendholzbereich in der Vegetationszeit vorteilhaft, da der Baum reagieren kann in Form von Abschottungen oder schnellem Wundverschluss. Große Schnittflächen im Lebendholzbereich im Winter, in der Ruhephase trocknen ein und eine Reaktion des Baumes erfolgt im Frühjahr nur verzögert oder gar nicht, was dann den holzzersetzenden Pilzen Tür und Tor öffnet.

Für Baumfällungen und starken Totholzbesatz gilt, wenn die Gefahr erkannt wurde, ist umgehend zu handeln. Dies ist die Forderung des Kommunalen Schadensausgleichs (KSA) und der Rechtssprechung. Um den Versicherungsschutz nicht zu verlieren, wird seit Jahren so verfahren.

 

Zum Fällen ist zu ergänzen, dass im Zweifelsfall ein Gutachten zur Holzfestigkeit erstellt wird. Weiter werden die  Sachbearbeiter des FB Grün- und Verkehrsflächen, Bereich Grünflächen, für die Baumpflege jährlich fachlich weitergebildet.

 

Zur Pflege der öffentlichen Bäume gab es eine Abstimmung zwischen den Naturschutzverbänden und dem damaligen Naturschutz- und Grünflächenamt lt. Protokoll vom 02.05.1995. Unter zu a) steht:

„Für die sich aus der Verkehrssicherungspflicht (Straßenbäume, Gehölzflächen auf öffentlichen Grünflächen) ergebenden regulären Eingriffe (Pflegeschnitte im pflanzenphysiologisch günstigeren Sommerhalbjahr) und akut erforderlich werdende stärkere Eingriffe soll keine Beteiligung der Naturschutzverbände durchgeführt werden.“


„Begründung:

1.   Aus der Rechtssprechung ist bekannt, dass die Verkehrssicherungspflicht den Naturschutzaspekten im Range vorgeht.

2.  Im Rahmen der Auftragserteilung für die Pflegearbeiten wird der Hinweis gegeben, bei Vorfinden    von Nist- und Brutstätten unverzüglich mit dem Auftraggeber Kontakt aufzunehmen und die Arbeit einzustellen. Damit wird auch den Bestimmungen nach §§ 34 und 38 Rechnung getragen.“

 

Die Forderungen aus Punkt 2. sind Bestandteil jedes Pflegeauftrages und werden über Jahre auch so gehandhabt, um der Verkehrssicherheit und dem Naturschutz gerecht zu werden.

 

Auch vom Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung gibt es ein Schreiben mit gleichem Inhalt vom 13.02.2002.

 

Weiter ist zu beachten, die Straßenbäume gehören zur Straße (Straßenbaulastträger) und laut § 10 des Brandenburgischen Straßengesetzes (BdgStr.G) liegen sie in der Hoheitsverwaltung der LHP; zur Herstellung der Sicherheit bedarf es keiner Genehmigung, Zustimmung oder Erlaubnis.

 

Mit der Baumpflege werden nur Fachfirmen für Baumpflege beauftragt. Nachzuweisen sind oder waren langjährige Referenzen und die Einstellung eines Fachagrarwirtes für Baumpflege. Zur Zeit haben wir sieben Firmen, die zu den Bedingungen des Rahmenvertrages arbeiten. Die Grundlage ist die ZTV-Baumpflege als Richtlinie.

 

Die Firmen müssen in der Lage sein, am Baum fachgerecht zu arbeiten. Sie müssen Probleme in Bezug auf die Vitalität und Statik der Bäume einschließlich Krankheiten, Pilz- und Schädlingsbefall einschätzen können. Sie brauchen keine besonderen Kenntnisse zum Vogelschutz, Dendroentomologie und Biotopschutz, aber sie haben beim Erkennen von Brutstätten und Insektenvorkommen den Auftraggeber zu informieren und die Arbeiten an diesem Baum einzustellen.

 

Die Beauftragung der Baumpflege erfolgt nicht pauschal, sondern jeder Baum hat einen abzuarbeitenden Leistungstext.

 

Vor der Bezahlung der Aufträge erfolgt eine Abnahme durch den Auftraggeber. Entsprechend den Forderungen zur Verkehrssicherheit sind wir verpflichtet, kontinuierlich Baumkontrollen durchzuführen und erkannte Probleme zur Verkehrssicherheit – was natürlich auch Lichtraumprofile und Stockausschläge betrifft – umgehend zu beauftragen. Schon diese Forderung bedingt eine kontinuierliche Auftragsvergabe und eine Abarbeitung übers Jahr verteilt.

 

Baumpflege im Zeitraum September bis März kann das vorhandene Auftragsvolumen nicht abdecken. Im Winter sind viele Tage aus baumbiologischen oder Sicherheitsgründen (Wetterlage) für die Baumpflege nicht zu nutzen. Als Folge müssten die Arbeiten auf eine noch größere Anzahl von Fachbetrieben verteilt werden, die regional nicht vorhanden sind.

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Erläuterung

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

 

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