Mitteilungsvorlage - 07/SVV/1087

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

Mit Beschluss der SVV vom 04. Juli 2007 erhielt die Verwaltung den Auftrag zur Prüfung des Antrages der Fraktion DIE LINKE zum Haushalt 2008 vom 03. Juli 2007 auf Teilnahme bedürftiger, sozial benachteiligter Schülerinnen und Schüler an der Schulspeisung zu angemessenen Preisen. Für besonders bedürftige Schülerinnen und Schüler soll eine kostenlose Teilnahme am Schulessen ermöglicht werden.

 

Gemäß § 113 Brandenburgisches Schulgesetz haben die Schulträger dafür zu sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler an den allgemein bildenden Schulen bis zur Jahrgangsstufe 10 an den Schultagen an einer warmen Mittagsmahlzeit zu angemessenen Preisen teilnehmen können. Dem kommt die LHP nach.

 

Darüber hinaus hat die LHP in ihrer „Satzung über die Kostenbeiträge zur Schulspeisung vom 18.07.2000“ eine Bezuschussung der Schulspeisung für bedürftige und sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler geregelt. Es handelt sich hierbei um ein freiwillige Leistung, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht.

 

Eine vollständige Kostenerstattung führt zu einer Anrechnung des Zuschusses auf das Einkommen der Eltern gemäß § 11 Abs. 1 SGB II, so dass sich die Ansprüche auf Sozialleistungen dementsprechend reduzieren. Ein Vorteil für die bedürftigen Familien ist demzufolge nicht zu erwarten.

 

Bei Umsetzung einer vollständigen Bezuschussung für sämtliche Anspruchsberechtigte ergibt sich jährlich ein Bedarf von maximal 610.000 €. Ab dem Schuljahr 2008/2009 würden sich allein in 2008 Mehraufwendungen in Höhe von maximal 305.000 € ergeben, die nicht gedeckt sind.

 

 

Der vorliegende haushaltsbegleitende Beschluss unterscheidet bedürftige, sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler, die zu angemessenen Preisen an der Schulspeisung teilnehmen sollen und besonders bedürftige Schülerinnen und Schüler, denen eine kostenlose Teilnahme an der Schulspeisung ermöglicht werden soll.

 

 

 

1.                  angemessene Preise für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler

 

Von den insgesamt rd. 10.600 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 1 bis 10 an den allgemein bildenden Schulen in der Trägerschaft der Landeshauptstadt Potsdam nehmen zur Zeit rd. 3.700, also etwa ein Drittel, an der Mittagessenversorgung teil.

 

Gemäß § 113 BbgSchulG haben die Schulträger dafür zu sorgen, dass die Schülerinnen und Schüler der allgemein bildenden Schulen bis zur Jahrgangsstufe 10 und der Ganztagsschulen an den Schultagen, außer an Sonnabenden, an einer warmen Mahlzeit zu angemessenen Preisen teilnehmen können. Die Landeshauptstadt Potsdam kommt diesem gesetzlichen Auftrag nach, indem sie Unternehmen mit der Lieferung und Ausgabe von warmen Mahlzeiten an den Schulen beauftragt (Konzessionsverträge). In den Verträgen wird die Preisgestaltung geregelt. Der Portionspreis liegt zur Zeit zwischen 1,88 € und 2,40 € pro Portion, wobei Portionspreise von bis zu 2,40 € (für besondere Angebote wie z.B. Bio-Kost) die Ausnahme sind, z. B. an der Montessori-Oberschule. Die Entscheidung über die Auswahl des Anbieters trifft die jeweilige Schulkonferenz im Einvernehmen mit dem Schulträger.

 

Über diese gesetzliche Verpflichtung hinaus hat die Landeshauptstadt Potsdam die „Satzung über die Kostenbeiträge zur Schulspeisung der Landeshauptstadt Potsdam vom 18.07.2000“ erlassen und hierin eine freiwillige Bezuschussung der Mittagessen für Schülerinnen und Schüler, deren Eltern Sozialleistungen erhalten, geregelt.

 

So ist in § 5 der Satzung eine Ermäßigung des Kostenbeitrages zur Schulspeisung vorgesehen. Nach § 5 Abs. 2 der Satzung ermäßigt sich danach der durch die Anspruchsberechtigten zu erbringende Kostenbeitrag an der Essensversorgung

 

-          für die Jahrgangsstufen 1 – 6 auf 1,02 €

-          für die Jahrgangsstufen 7 – 10 auf 1,28 €.

 

Der darüber hinausgehende Betrag wird durch die Landeshauptstadt Potsdam bezuschusst. Die Landeshauptstadt Potsdam subventioniert die Schulspeisung für bedürftige, sozial benachteiligte Familien daher bereits in nicht unerheblichem Maße.

 

 

 

2.                  Kostenlose Beteiligung besonders bedürftiger Schülerinnen und Schüler am Mittagessen

 

Die kostenlose Beteiligung besonders bedürftiger Schülerinnen und Schüler setzt eine weitere Bezuschussung voraus, die den bedürftigen Familien keinerlei Vorteile bringen wird, da der geldwerte Vorteil, den die Familien aufgrund des Zuschusses zunächst erhalten würden, sodann an den Bund zurückzuzahlen wäre. Dies ergibt sich aus Folgendem:

 

Gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 82 Abs. 1 SGB XII sind bestimmte Einnahmen als Einkommen auf die Sozialleistungen anzurechnen. Nach § 83 SGB XII sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.

Ist die Leistung also ganz oder teilweise zweckidentisch mit dem Bedarf oder einzelnen Bestandteilen des Bedarfs, der durch Sozialhilfe zu decken ist, ist die Leistung in entsprechendem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, so dass sich der Anspruch auf Sozialleistung dem entsprechend reduziert.

 

Gemäß §§ 20, 28 SGB II bzw. §§ 27, 28 SGB XII soll mit der Gewährung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Sozialgeldes für nichterwerbsfähige Angehörige des erwerbsfähigen Angehörigen u.a. der notwendige Ernährungsbedarf gedeckt werden. Insofern besteht eine Zweckidentität zwischen den Leistungen des Schulträgers und denen der Träger der Leistungen nach dem SGB II und SGB XII.

 

Nach Auskunft der PAGA vom 2. November 2007 müssen Zuschüsse an die Leistungsempfänger als Einkommen in Geld berücksichtigt werden, die die Grundsicherungsleistung entsprechend mindern, da die Bezuschussung keinem anderen Zweck als die Leistungen nach SGB II dienen. Ein Ermessensspielraum besteht hierbei nicht. Auch die Gewährung eines regelmäßigen kostenlosen Essens an Leistungsempfänger ist als geldwerte Einnahme zu berücksichtigen, die die Leistung der Grundsicherung entsprechend mindert. Als Zufluss in Geldeswert wird auch die Naturalleistung der freien Verpflegung verstanden. Bei unregelmäßiger Teilnahme an einer Mittagsversorgung, wie sie jetzt im Eltern-Kind-Zentrum angeboten wird, findet demgegenüber keine Anrechnung statt.

 

Die Landeshauptstadt Potsdam subventioniert insoweit die Schulspeisung für bedürftige Familien daher bereits in nicht unerheblichem Maße. Eine bedürftige Familie hat demnach für ein Grundschulkind bei einem durchschnittlichen Portionspreis von 2 € nur noch einen Euro, das sind 190 € im Jahr aufzubringen. Diesen Anteil erhält sie über die Sozialleistungen, so dass die Essenversorgung für bedürftige Familien in der LHP bereits von der Stadt und dem Bund getragen werden.

 

 

 

3.                Finanzielle Auswirkungen

 

In der LHP erfüllen die Eltern von insgesamt etwa 1.513 Schülerinnen und Schülern die Anspruchsvoraussetzungen (Sozialgeldanspruch bei der PAGA, Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII oder Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)) für einen Zuschuss nach der v. g. Satzung.

 

Davon haben im Jahr 2006 Eltern für 59 Schülerinnen und Schüler mehr oder weniger regelmäßig Zuschüsse auf Grund des Bezuges von Sozialleistungen beantragt. 87 % waren Grundsschüler.

 

Bei einem durchschnittlichen Zuschuss von 1,00 € pro Essen und 190 Schultagen im Jahr könnten die Eltern der v. g. Schülerinnen und Schüler nach der bisherigen Satzung Zuschüsse zur Schulspeisung in Höhe von 287.470 € geltend machen.

 

Für ein kostenfreies Mittagessen würden  bei einem durchschnittlichen Portionspreis von 2,00 €  an 190 Schultagen, wenn z.B. 70 % der Anspruchsberechtigten die Leistung tatsächlich jährlich in Anspruch nehmen würden, 402.460 € und 37.300 € für einen zusätzlichen Sachbearbeiter zur Antragsbearbeitung, das sind insgesamt  439.760 €, benötigt.

 

Mit der Einführung einer kostenlosen Schülerspeisung ab dem Schuljahr 2008/2009 würden im Jahr 2008 Mehraufwendungen in Höhe von rd. 219.880 € entstehen (bei 70 % Inanspruchnahme), die nicht gedeckt sind und somit zu einer erheblichen Abweichung vom Eckwert für 2008 führen würden.

 

 

Nachfolgend wird der mögliche finanzielle Aufwand bei unterschiedlicher Inanspruchnahme der Vollständigkeit halber dargestellt:

 

 

 

 

Gesamtanzahl der anspruchsberechtigten Schüler                1.513 Schüler          610.000 €

davon 70 %                1.059 Schüler          427.000 €

davon 50 %               757 Schüler          305.000 €

davon 35 %               530 Schüler          213.500 €

 

gerundet und mit Kosten für einen zusätzlichen Sachbearbeiter

 

 

 

4.                  Vergleich und Ausblick

 

In den kreisfreien Städten Frankfurt/Oder und Cottbus werden für sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler keine Zuschüsse zur Schulspeisung seitens der Stadtverwaltung gewährt. Lediglich in der kreisfreien Stadt Brandenburg erhalten Familien mit einem Familienpass einen städtischen Zuschuss in Höhe von 0,97 € pro Schulessen. Diese Regelung entspricht dem Grunde nach der bisherigen Regelung der LHP.

 

In 5 von insgesamt 14 Landkreisen des Landes Brandenburg ist die kostenlose Teilnahme an der Schulspeisung im Falle des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“) derzeit möglich: Märkisch-Oderland, Prignitz, Dahme-Spreewald, Oder-Spree und Oberhavel. Das betrifft in den Landkreisen nur die wenigen Schulen, die sich direkt in der Trägerschaft des jeweiligen Landkreises befinden (weiterführende Schulen).

 

Den zuständigen Arbeitsgemeinschaften zur Grundsicherung für Arbeitssuchende in den v. g. Landkreisen ist die kostenlose Teilnahme von Schülerinnen und Schülern an der Schulspeisung teilweise nicht bekannt. Die Arbeitsgemeinschaften Oberhavel und Prignitz teilten jedoch mit, dass sie diese Zuschüsse als Einkommen anrechnen, wenn die Eltern den Zuschuss für das Schulessen angeben.

 

Im Bundesland Rheinland-Pfalz gibt es seit 2006 einen sogenannten Sozialfonds für das Mittagessen an Ganztagsschulen. Begünstigte dieses Sozialfonds sind wie in der LHP Schülerinnen und Schüler, deren Eltern Arbeitslosengeld II bzw.  Sozialhilfe beziehen oder Asylbewerber sind. Auch hier haben sich die Begünstigten  an den  Kosten für das Mittagessen mit einem Betrag von 1,- € pro Mittagessen zu beteiligen. Die Regelung in Rheinland-Pfalz entspricht damit im Wesentlichen der Festlegung der LHP.

 

In der Landeshauptstadt Potsdam erfolgt die Anmeldung für die Essenteilnahme seitens der Eltern direkt beim Caterer; das konkrete Essen bestellen die Eltern auf der Grundlage des monatlichen Speiseplanes. In einem unbefristeten privatrechtlichen Vertrag wird u.a. festgelegt, dass das bestellte Essen bargeldlos monatlich bezahlt werden kann. Im o.g. Sinne sozial benachteiligte Eltern können im Sekretariat der jeweiligen Schule, bei der PAGA oder im FB 21 den Antrag auf Zuschuss zu den Kosten der Schulspeisung erhalten. Die antragsbegründenden Unterlagen sind im Original dem FB 21 vorzulegen. Laut Satzung hat die Antragstellung vierteljährlich zu erfolgen. Die Kosten werden nachträglich erstattet.

 

In 2008 könnte eine Anpassung der Satzung erfolgen, mit der die Bezuschussung dahingehend verändert wird, dass die Zuschüsse der LHP für Schülerinnen und Schüler in Bedarfsgemeinschaften direkt an das jeweils beauftrage Unternehmen gezahlt werden. Die Eltern zahlen damit weiterhin ihren Anteil an den Kosten der Schulspeisung an das jeweilige Unternehmen, sie sind aber von der „Vorkasse“ befreit.

 

Es besteht schon heute beispielsweise die Möglichkeit zu einem kostenlosen Mittagessen im AWO-Eltern-Kind-Zentrum in der Kita „Pfiffikus“ in Potsdam, Pietschkerstr. 14-16 im Rahmen des Projektes „Spirellibande“. Täglich nehmen dort bis zu 30 Schülerinnen und Schüler der Grundschule am Priesterweg am kostenfreien Mittagessen teil. Für 65 Kinder wird an der Grundschule am Priesterweg eine kostenlose Frühstücksversorgung angeboten. Das Projekt finanziert sich ausschließlich aus Geld- und Sachspenden. Die Sachspenden beziehen sich auf Geschirr und Besteck und aus den Geldspenden werden die notwendigen Lebensmittel finanziert. Das Mittagessen wird von einem ausgebildeten Koch, der bei der AWO angestellt ist, zubereitet. Unterstützt wird er von vier MAE-Arbeitskräften.

 

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat sich aufgrund der zunehmenden Probleme mit der Angelegenheit ausführlich beschäftigt und strebt eine bundeseinheitliche Lösung dahingehend an, dass der Essenbeitrag in angemessener Weise in die ALG-II-Leistung integriert und dabei der Direktabzug für das Schulessen rechtlich abgesichert wird.

Dieses Anliegen wird hinsichtlich der LHP unterstützt.

 

 

5.                Fazit

 

Im Ergebnis ist festzustellen, dass eine weitere Bezuschussung den bedürftigen Familien keinerlei Vorteil bringen würde, da sich der Anspruch auf Grundsicherungsleistung nach dem SGB II und SGB XII in entsprechender Höhe reduzieren würde.

 

Die LHP wird aber dafür Sorge tragen, dass die Schulen und die PAGA mehr noch als bisher die Eltern über die Möglichkeit eines Zuschusses für das Schulessen informieren und sie wird zum kommenden Schuljahr wie oben dargestellt eine Satzungsänderung vorlegen.

 

Die LHP wird ferner eine mögliche Neuvergabe der Essensversorgung unterstützen, wenn sich die Schulkonferenz der Priesterweg-Grundschule zur Kündigung des bisherigen Caterer-Vertrages und zu einer Ausschreibung der Essensversorgung unter der Maßgabe entschließt, dass den bedürftigen Schülern der Grundschule am Priesterweg Mittagessen und/ oder Frühstück kostenlos zur Verfügung gestellt wird, da dort im sozialen Brennpunkt Drewitz der dringendste Bedarf besteht. Insofern könnte das Projekt in einem ersten Schritt zunächst in Drewitz durchgeführt werden. In einem weiteren Schritt wird geprüft, wie auch anderen besonders bedürftigen Kindern an anderen städtischen Schulen eine kostenlose Mittags- und/ oder Frühstücksversorgung ermöglicht werden kann.

 

 

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Erläuterung

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Mögliche jährliche Zuschüsse zur Schulspeisung nach bisheriger Satzung            287.470 €

(Zuschuss i.H.v. 1 € x 1513 Anspruchsberechtigte x 190 Tage)

 

Mögliche jährliche Aufwendungen bei kostenloser Schulspeisung                      574.940 €

(Zuschuss i.H.v. 2 € x 1513 Anspruchsberechtigte x 190 Tage)

 

Zusätzliche jährliche Personalaufwendungen

1 Stelle mit 40 Wochenstunden E 6                                                                          37.300 €

 

 

mögliche maximale jährliche Mehraufwendungen bei kostenloser Schulspeisung

324.770 €

 

Modellrechnung:

Mehrbedarf bei Inanspruchnahme von 70 % der Anspruchsberechtigten            227.339 €

 

Der Mehraufwand für 2008 ist derzeit nicht geplant.

 

In den folgenden Jahren würde der maximale Gesamtaufwand für kostenloses Essen bei

ca. 610.000 € liegen.

 

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