Mitteilungsvorlage - 07/SVV/1107
Grunddaten
- Betreff:
-
Saisonaler Wärmespeicher für Heizkraftwerk Potsdam
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Oberbürgermeister
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Anhörung
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05.12.2007
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Erledigt
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Ordnung, Umweltschutz und Landwirtschaft
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Vorberatung
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24.01.2008
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Erläuterung
1. Geothermische Wärmeversorgung am
Standort HKW Potsdam-Süd
Bei der geothermischen Wärmeversorgung wird das Wärmeniveau
des Erdreiches oder tieferer Gesteinsschichten ausgenutzt. Die von dort mit
Hilfe von Wärmetauschern abgeführte Energie wird durch elektrisch betriebene
Wärmepumpen auf das erforderliche Verbrauchsniveau gebracht.
Die Leistungsgrenzen ergeben sich durch die nutzbare
Wärmetauscherflächen innerhalb der Sonden und das Temperaturniveaues der
genutzten Erd- bzw. Gesteinsschichten. Grundsätzlich werden folgende Arten der
Geothermie unterschieden:
Oberflächennahe
Geothermie
Es werden Flächenkollektoren verwendet, die in Tiefen von
max. 2 Metern betrieben werden.
Der Wärmegewinn ist im Verhältnis zu Tiefensonden geringer,
dafür sind aber die Errichtungskosten von oberflächennahen Kollektoren
erheblich niedriger. Die Leistung der Anlage steht im Verhältnis zur
verfügbaren Fläche. Eine Anwendung ist die Wohnungserwärmung im dezentralen
Wohnungsbau.
Tiefen-Geothermie
Es werden Sonden mit Wärmetauscherflächen in Bohrlöcher eingelassen. Das
verfügbare Temperaturniveau ist je nach Bohrtiefe deutlich höher als bei
Flächenkollektoren. Die Leistung wird durch die Bohrtiefe und die Anzahl der
Bohrungen bestimmt. Beste Ergebnisse bringen sehr tiefe Bohrungen bis zu 3.000m
in dafür geeigneten Regionen, zu denen Potsdam aufgrund geologischer
Studien nicht gehört. Die Kosten solcher tiefen Bohrungen sind erheblich (> 1.500 €/m). Je Bohrloch können bis zu 5 MW thermische Leistung mit
Hilfe einer Wärmepumpe erzielt werden. Bei dieser Anwendung der Geothermie sind
Anschlüsse an Niedertemperatur-Heizsysteme vorzusehen.
Zur Nutzung der Geothermie sind für die Anwendungsfälle
Wärmepumpen unbedingt erforderlich. Die meisten handelsüblichen Wärmepumpen
haben eine maximale Ausgangstemperatur von ca. 60°C und sind damit nur für die
Beheizung von Gebäuden mit dementsprechend ausgelegten Heizsystemen einsetzbar.
Eine Trinkwarmwassererwärmung ist wegen der vorgeschriebenen notwendigen
Temperaturen zur thermischen Desinfektion (Legionellenschutz) nur mit
gesonderter Nachheizung möglich, da Temperaturen über 60 °C erreicht werden müssen.
Mittels sehr aufwändiger 2-stufiger Wärmepumpen können
Temperaturen von maximal 80°C erreicht werden. Diese Aggregate werden nur von
sehr wenigen Herstellern weltweit produziert und sind daher sehr teuer in der
Anschaffung (ca. 700 T€ für 5 MW thermische Leistung) und haben einen höheren
Stromverbrauch als Antriebsenergie.
Fazit
Das HKW Potsdam-Süd ist auf die in Potsdam existierenden
Wärmeversorgungsanlagen und Gebäudeheizungssysteme innerhalb des
Fernwärmenetzes ausgelegt. Dazu ist ein gleitendes Temperaturniveau des
Fernwärmevorlaufes zwischen 80 und 130°C erforderlich.
Das Temperaturniveau von 80°C als unterste Stufe der
gleitenden Fernwärmeversorgung könnte nur mit einer kostenintensiven
zweistufigen Wärmepumpe erreicht werden. Um nutzbare Wärmemengen für das
Fernwärmenetz zu erhalten sind mehrere Bohrlöcher im Tiefenbereich von
mindesten 3.000m erforderlich. Dazu addiert sich der Bedarf an Antriebsenergie,
der bei 5 MW thermischer Leistung ca. 1 MW elektrische Leistung liegt.
Aufgrund dieser Verhältnisse zwischen aufgewandter Energie
zu Nutzenergie und den wesentlichen Kosten für die Tiefenbohrungen hat die EWP
eine Nutzung von Tiefenerdwärme nicht weiter verfolgt. Dezentrale
Einzellösungen mit Hilfe von Wärmepumpen im Einfamilienhausbereich sollten als
Alternative zur Öl- oder Gasheizung auch weiterhin bewertet und alternativ
betrachtet werden.
2. Tiefenspeicherung von
Überschusswärme
Die EWP hat sich schon vor etwa10
Jahren mit dem Einsatz eines Aquifers befasst und wird auch zukünftig in bestimmten
Abständen die Realisierbarkeit prüfen.
Leider sind die derzeitigen
Rahmenbedingungen für die Realisierung in Potsdam ungünstig. Während die
geologischen Gegebenheiten begrenzt vorhanden, aber mit einem gewissen Risiko
verbunden sind, ist die wirtschaftliche Nutzung der Speicherwärme unter den
nachfolgend erläuterten Rahmenbedingungen zu aufwendig.
Übersicht und Bewertung der
Realisierbarkeit eines Aquifers in Potsdam
Es wurde sowohl die Integration eines Aquifers in
die Sekundärfernwärmenetze wie auch in unser Primärfernwärmenetz untersucht.
Wir haben dabei sowohl oberflächennahe tertiäre Aquifere (kostengünstig, aber
nur bis 75 C zu betreiben) wie auch tiefere „Doggeraquifere“ (günstiger bzgl.
des Temperaturverhalten, aber ungleich teurer) geprüft.
Mit einer gewissen geologischen Unwägbarkeit, ist in
Potsdam davon auszugehen, dass Aquifere in verschiedenen Tiefen mit
unterschiedlichen Kosten (je tiefe desto temperatur-stabiler, aber auch teurer)
an verschiedenen Standorten möglich sind: Als optimal erwies sich ein tertiärer
Aquifer. Beim Bau eines derartigen
Aquifers muss mit Fehlbohrungen gerechnet werden, die die ohnehin hohen
Investitionskosten zusätzlich belasten würden.
Bei der Integration eines tertiären Aquifers in das
Fernwärmenetz der EWP bedingen allerdings die notwendig hohen Temperaturen des
Fernwärmenetzes zwischen 80 % und 130 % und der relativ starke Temperaturabfall
des Speicherwassers über den Winter hinweg den Einsatz einer 2-stufigen
Wärmepumpe (WP), um Wärme in das Fernwärmenetz einspeisen zu können.
Zur Erarbeitung von Einsatzkonzepten hat die EWP von
der Fa. Enertech aus Radebeul verschiedene Standorte prüfen lassen. Ein erster
Ansatz zur Optimierung beschränkte sich aus Kostengründen auf eine 1-stufige
Wärmepumpe. Dadurch könnten zwar die Investitionskosten gesenkt werden, aber um
den Preis, dass im günstigsten Fall knapp 40 % der benötigten Wärmemenge aus
dem Aquifer entnommen werden können. Nur eine 2-stufige Wärmepumpe kann unter
den Bedingungen des notwendig Temperaturniveaus des Fernwärmenetzes das Problem
einigermaßen technisch lösen und bei sinkenden Temperaturen (Abfall
Speichertemperatur von ca. 75.°C auf etwa 50 °C) die Ausspeisung einer ungefähr
gleichmäßige Wärmemenge von Dezember bis März garantieren und somit auch wieder
eine nachfolgende Beladung des Speichers im Sommer von mindestens 10 GWh (3-5
MW) sicherstellen.
2-stufige Wärmepumpen (etwa die WP von AXIMA), sind
extrem teuer, so dass alle realistischen Konzepte, selbst ohne Beachtung der
geologischen- und Bohr-Risiken, zu keiner Amortisation der eingesetzten Mittel
führen. Da die unbedingt benötigte Hochleistungswärmepumpe auch heute noch bei
Anschaffungspreisen von mehr als 700 T€ liegen, hat sich die Wirtschaftlichkeit
derartiger Überschusswärmespeicher noch nicht verbessert und ist daher nicht
geeignet zur Anwendung im Potsdamer Fernwärmenetz.