01.10.2020 - 3 Gesundheitsamt Frau Dr. Böhm

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Frau Dr. Böhm (Bereichsleiterin Öffentlicher Gesundheitsdienst, Amtsärztin) begrüßt die Mitglieder des JHA und geht auf die Fragen ein, die vorab gesammelt und ihr durch die Gremienbetreuerin zugearbeitet wurden.

 

Zunächst stellt sie klar, dass alle Fragen zur Pandemie dem Gesundheitsamt (GA) „übergeholfen“ werden, sie aber auch nicht die „eierlegende Wollmichsau“ seien. Man solle den Hygienekonzepten, die durchweg vorhanden sein müssten, viel mehr Bedeutung beimessen.

 

1. ufig werden Atteste von SchülerInnen nicht akzeptziert und entweder ein medizinischer Grund auf dem Attest angemahnt oder die Schule entscheidet selbstständig, dass der medizinische Grund nicht ausreicht. Dies verletzt das Grundrecht auf Datenschutz, vor allem im Zusammenhang mit ärztlichen Dokumenten, die bisher vertraulich waren. Gelten die Regeln noch oder gibt es ein Gesetz, das diese Vertraulichkeit und den Datenschutz aufhebt?

 

Frau Dr. Böhm bestätigt, dass der Datenschutz und die Schweigepflicht nicht aufgehoben wurden. Weiterhin darf auf ärztlichen Attesten keine Diagnose stehen. Das GA sieht sich jedoch nicht in der Verantwortung die Hausärzte diesbezüglich zu kontrollieren. Auch Atteste werden aufgrund der Schweigepflicht nicht vom Gesundheitsamt überprüft. Sie warnt vor Ärzten, die mit Attesten zur Freistellung der Maskenpflicht werben.

 

2. Bei Verdachtsfällen können die Behörden vor Ort in Schulen Tests durchführen, wie bereits in Schleswig-Holstein geschehen. Ist dies in Brandenburg ebenfalls geplant? Womit begründen medizinisch, wissenschaftlich diesen psychologisch schweren Eingriff für die Kinder, angesichts der geringen Beteiligung der Kinder am Infektionsgeschehen und der seit Monaten konstant geringen Neu-positiv-Getesteten (relative positiv pro Tausend Tests - nicht absolute Zahlen)?

 

Sie bekräftigt, dass keine Tests bei Kindern gegen den Willen der Eltern durchgeführt werden. Es drohe in keiner Weise Kindesentzug oder eine Meldung an das Jugendamt. Eine Quarantäne sei jedoch nicht verhandelbar. Die Tests können auch woanders durchgeführt werden, die Ergebnisse müssen dann aber dem GA gemeldet werden.

 

Weiterhin unterstreicht Frau Dr. Böhm, dass keine unangekündigten Tests an Schulen durch das GA durchgeführt werden. Nach der Meldung eines Verdachts auf Corona, nimmt das GA umgehend Kontakt mit der Einrichtungsleitung auf. 24 bis 48 Stunden vorab werden die Eltern über die geplanten Tests informiert. Mittels eines Abstrichmobils können die Tests vor Ort in den Einrichtungen durchgeführt werden.

 

3. Ist es möglich ein „Quarantäne-Attest“ schriftlich an in Quarantäne befindliche Menschen auszuhändigen?

 

Sollte eine Quarantäne notwendig sein, werden die Bescheide entweder vor Ort oder per Postzustellurkunde zugestellt. Den Einrichtungsleitern oder dem Arbeitgeber darf vom GA keine explizite Mitteilung über die Diagnose SARS-CoV-2 bei jeweiligen MA gemacht werden. Der Einrichtung wird mitgeteilt, dass ein „Betretungsverbot“ ausgestellt wird, der Rest gehöre zur ärztlichen Schweigepflicht und eine Entbindung ist nicht möglich.

 

4. Welche Vorgaben können vom Gesundheitsamt gemacht werden, damit zukünftig die Durchmischung von Schulklassen im Hort vermieden wird?

 

Laut Frau Dr. Böhm ist es nicht möglich eine Vermischung zu vermeiden. In Schule sei es weitestgehend noch möglich eine Trennung beizubehalten, in Horten sei dies jedoch schon nicht mehr umsetzbar. Sie plädiert für eine Gruppenmischung im Gartengelände, unter freiem Himmel ohne Mund-Nasen-Schutz. Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Kinder nicht das Problem bei der Weiterverbreitung seien. Vor allem die Lehrer und Erzieher seien die Überträger. Es werden deutlich mehr Infektionen über Erwachsene im Altern zwischen 20 bis 40 Jahren übertragen.

 

Anschließend berichtet sie auf Nachfrage, dass laut der Verordnung für Reiserückkehrer des Landes Brandenburg aus Risikogebieten die Quarantäne vorzeitig aufgehoben werden kann, wenn der entsprechende Test negativ war und sie der zuständigen Behörde unverzüglich nach der Einreise ein ärztliches Zeugnis vorlegen, welches bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus vorhanden sind. Das GA bevorzuge jedoch, dass die entsprechenden Personen gemäß der Verordnung unverzüglich die für sie zuständige Behörde kontaktieren, unabhängig vom Auftreten von Symptomen.

 

Außerdem sollen in Kitas und Schulen eine Stichprobe von 1% aller Kinder bzw. Schüler/-innen alle 14 Tage für drei Monate getestet werden, bestätigt Frau Dr. Böhm (Anhang 1). Die Kosten für diese Testungen wird das Land aus dem Corona-Rettungsschirm finanzieren.

 

Herr Otto dankt Frau Dr. Böhm und dem GA. Er fragt, ob es ein Fazit gibt, was die Allgemeinheit besser machen könne. Frau Dr. Böhm plädiert für weniger Hysterie und spricht von einer „Absicherungsmentalität“, von der man etwas Abstand nehmen solle. Auch siette sich bessere Zuarbeiten vom Ministerium gewünscht. Weiterhin sollen alle Einrichtungen zeitnah Handlungsanweisungen vom GA erhalten. Sie erläutert zusätzlich, dass Kinder die Infektionen in hohem Maße gut meistern können und dass ein Impfstoff nicht absehbar sei bzw. werden die Vorräte der Impfdosen nicht reichen, um alle zu bedienen.

 

Auf Nachfrage bezüglich eines Infektionsfalles in einer stationären Jugendhilfe, berichtet Frau Dr. Böhm, dass alle Personen, die im engen Kontakt mit der infizierten Person standen, als Kontaktpersonen der Kategorie I (KP1) in Quarantäne müssen. Strukturrelevantes Personal dürfe unter Auflagen weiterarbeiten, die Testintervalle würden jedoch erhöht und ein Mund-Nasen-Schutz wäre dauerhaft zu tragen. In einem Schichtbetrieb müsse man für eine engmaschige Untersuchung sorgen.

 

Sie betont abschließend, dass keine universellen Lösungen vorhanden sind und man stets eine Einzelfallentscheidung treffen müsse (z.B. abhängig von der jeweiligen Einrichtung). Im Ernstfall werden Entscheidungen und Abläufe in Absprache mit dem GA getroffen.

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