18.03.2021 - 7.1 Rückwirkende Zahlung von Mitteln aus dem Bildun...

Beschluss:
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Frau Beck bringt den Antrag ein.

 

Gast zu dem TOP ist Herr Konstantin Streich. Dem beantragten Rederecht wird einstimmig zugestimmt. Als Vater von drei Kindern erläutert er seine Erfahrungen mit der Beantragung von Mitteln aus dem Bildungs- und Teilhabepakt (BuT). Sein Antrag auf Kinderzuschlag wurde erst im Widerspruchsverfahren positiv beschieden. Im Bescheid entdeckte er später, dass er BuT Mittel beantragen kann, was er nachholte. Per E-Mail stellte er den Antrag rückwirkend. Als Antwort wurde ihm mitgeteilt, dass die Mittel bewilligt werden, jedoch erst ab Antragsstellung. Er kritisiert die Undurchsichtigkeit bei der Antragsstellung. Der Bewilligungsbescheid sei mehrere Seiten lang und erst am Ende wurde auf die Möglichkeit der Mittelbeantragung über BuT hingewiesen. Weiterhin kritisiert er die Bewilligung ab Antragsstellung, da eine rückwirkende Zahlung gesetzlich geregelt sei.

 

Frau Kitzmann (Fachbereichsleiterin Soziales und Inklusion) erläutert, dass Familien, die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG), z.B. Kinderzuschlag oder Wohngeld, erhalten, Bildungs- und Teilhabeleistungen (BuT-Mittel) nach § 6b BKGG i.V.m. § 28 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II) zu stehen.

 

Mit dem Starke-Familien-Gesetz (BGBl 2019 Teil I Nr. 16 vom 3. Mai 2019, S. 530 ff.), gibt es seit dem 1. August 2020 weitreichende Verbesserungen beim Bildungs- und Teilhabepaket.

 

Gemäß § 9 Abs. 3 BKGG sind Leistungen für Bildung und Teilhabe bei der zuständigen Stelle zu beantragen. Nach der vorgesehenen Regelung ist für die Beantragung der Bildungs- und Teilhabeleistungen nach dem BKGG keine Schriftform mehr erforderlich (s. Bundesdrucksache 19/8613 vom 20.03.2019, S. 25).

 

Ebenfalls wird dort darauf hingewiesen, dass BuT-Leistungen rückwirkend beantragt werden können. Im § 6b Abs. 2a BKGG wird darauf hingewiesen, dass Ansprüche auf Leistungen für Bildung und Teilhabe in zwölf Monaten nach Ablauf des Kalendermonats verjähren, in dem sie entstanden sind. Nach § 6b Abs. 3 BKGG gelten für die Erbringung der Leistungen für Bildung und Teilhabe die §§ 29, 30 und 40 Absatz 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) entsprechend.

 

Gemäß § 30 Satz 1 SGB II (Berechtigte Selbsthilfe) ist der kommunale Träger zur Übernahme der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen verpflichtet, wenn:

 

-          die leistungsberechtigte Person durch Zahlung an den Anbieter in Vorleistung gegangen ist

 

-          unbeschadet des Satzes 2 die Voraussetzungen einer Leistungsgewährung zur Deckung der Bedarfe im Zeitpunkt der Selbsthilfe nach § 28 Abs. 2 und 5 bis 7 SGB II vorlagen und

 

-          zum Zeitpunkt der Selbsthilfe der Zweck der Leistung durch Erbringung als Sach- oder

Dienstleistung ohne eigenes Verschulden nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war.

 

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn gemäß § 30 Satz 2 SGB II es dem Leistungsberechtigten nicht möglich war, rechtzeitig einen Antrag zu stellen, dann gilt dieser als zum Zeitpunkt der Selbstvornahme gestellt.

 

Beispiele:

 

BuT-Leistungen werden rückwirkend bewilligt, wenn eine verspätete Bewilligung des Wohngeldes bzw. des Kinderzuschlags vorliegt und somit kein eigenes Verschulden vorlag und die Leistungen BuT nicht bzw. nicht rechtzeitig erbracht werden konnten.

 

Dagegen werden z.B. BuT-Leistungen, die durch die LHP als Sach- oder Dienstleistung erbracht werden, von der leistungsberechtigten Person erst bezahlt und dann zu einem viel späteren Zeitraum bei BuT beantragt, obwohl der Bewilligungsbescheid für Wohngeld oder Kinderzuschlag rechtzeitig vorlag, nicht rückwirkend bewilligt. Hier tritt der § 30 SGB II in Kraft, da mit einer rechtzeitigen Beantragung die Erbringung der Sach- oder Dienstleistung durch die Kommune hätte erfolgen können.

 

Demgegenüber erfolgt die Bewilligung von Geldleistungen (persönlicher Schulbedarf, soziokulturelle Teilhabe) immer rückwirkend, entsprechend dem vorgelegten Bewilligungsbescheid für Wohngeld bzw. Kinderzuschlag.

 

Die Rückwirkung ergibt sich aus den o.g. Sachverhalten (Beispielen). Eine Bescheidung erfolgt dann entsprechend.

 

Im Jahr 2020 wurden die Bedarfe für insgesamt 942 Kinder mit einem Anspruch nach dem BKGG bearbeitet. Davon wurden für 5 Kinder die rückwirkenden Bedarfe gemäß § 30 SGB II nicht gewährt.

 

Es wird vereinbart den Fall von Herrn Streich im Gespräch im entsprechenden Bereich der Verwaltung zu klären.

 

Frau Frenkler bittet darum eine Statistik zur Inanspruchnahme von BuT-Leistungen in der Stadt Potsdam bereitgestellt zu bekommen. Weiterhin bekräftigt sie, dass der niedrigschwellige Zugang zu den Mitteln für die Familien im Fokus stehen sollte. Und sie regt an auch die Schulen und Kitas in den Informationsprozess mit einzubinden.

 

Es wird vereinbart, dass zunächst verwaltungsseitig die Rechtsgrundlage geklärt wird. D.h. stellt die rückwirkende Zahlung auf den Zeitpunkt der Antragsstellung des Kinderzuschlags bzw. Wohngeldes oder auf den der Antragsstellung der BuT Leistungen ab. Die Stellungnahme der Verwaltung soll dem Jugendhilfeausschuss bis Ende März zur Verfügung gestellt werden und über den TOP im nächsten Jugendhilfeausschuss abgestimmt werden.

 

Herr Kolesnyk stellt den Antrag auf Zurückstellung bis zur Aprilsitzung des JHA zur Abstimmung.

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Abstimmungsergebnis:

einstimmig angenommen