11.01.2022 - 4.1 Bebauungsplan Nr. 143 "Westliche Insel Neu Fahr...

Beschluss:
geändert beschlossen
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Die Ortsvorsteherin übergibt das Wort an Frau Holtkamp, Leiterin des Bereiches 462 Verbindliche Bauleitplanung. Es folgt eine Präsentation zur Vorlage, in der Frau Holtkamp auf folgende Punkte eingeht:

  • Der Beschluss mit Drucksachennummer (DS) 19/SVV/0520, einschließlich des letzten Satzes im Beschussvorschlag (Abweichungen von dem Aufstellungsbeschluss sind dem Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr darzulegen und ausführlich zu begründen.);
  • die Planungsziele, insbesondere die Dichtewerte;
  • die veränderte Baumasse der nach dem gültigen Flächennutzungsplan zulässigen Bruttogeschossflächenzahl (BGF) von 28.400 auf nun 34.400 m2;
  • die geplante Umsetzung des städtebaulichen Konzeptes. Hier soll vorgesehen werden, dass die Häuserblöcke in der ersten Reihe zum Wasser größeren Abständen aufweisen, um den Bewohnern in der zweiten Reihe auch einen Seeblick ermöglichen zu können. Der geplante 5-Geschosser auf der westlichen Seite soll zudem auf 3 Geschosse abgestaffelt werden;
  • die eingereichten Änderungsanträge des Stadtverordneten Menzel (BVB/Freie Wähler), der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion DIE aNDERE;
  • die ökologischen Bestimmungen, beispielsweise die flächensparende Bauweise, die Begrenzung der Bodenversieglung, die Berücksichtigung von klimaregulierenden Grund- und Freiflächen sowie der Biotopschutz. Die zwei geplanten Tiefgaragen mit einer Gesamtkapazität von 275 Stellplätzen werden keine Auswirkungen auf das Grundwasser haben. Dies sei gutachterlich bestätigt worden;
  • die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit in der Zeit vom 30.07. bis 29.08.2018;
  • einen Presseartikel mit den Vorwürfen (1.) einer widerrechtlichen Bebauung eines Trinkwasserschutzgebietes und (2.) einer Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes sowie der Suggestion (3.) einer grgigen Uferwegsplanung. Frau Holtkamp stellt dar, wie sich dies aus ihrer Sicht darstellt;
  • die Zeitschiene der anschließend beratenden Gremien.

 

Im Anschluss präsentiert Frau Axthelm von Axthelm Rolvien, Architekten des Investors Quaterback, einen ersten graphisch untermauerten Entwurf zu dem Siedlungsgebiet.

 

Frau Dr. Klockow reagiert mit Unverständnis darauf, wie die Verwaltung den letzten Satz des Beschlussvorschlags zur DS 19/SVV/0520 auslege. Herr Finken führt diesbezüglich aus, dass er den Schriftsatz 2019 mitformuliert habe und dass die ursprüngliche Intention dieses Satzes darin gelegen habe, dass die Verwaltung dazu verpflichtet werden sollte, die gewählte Gemeindevertretung sowie die zuständigen Fachausschüsse zu informieren, bevor Planungsänderungen überhaupt in Angriff genommen werden. Dies ist nach Meinung von Frau Dr. Klockow und Herrn Finken hier aber nicht geschehen.

 

Herr Dr. Niekisch äert Zweifel an der Verkehrsplanung und der Einkalkulierung der Wohnsiedlung in diese. Allein die künftigen Einwohner aus Krampnitz werden den KfZ-Verkehr auf der B2 vor ehebliche Herausforderungen stellen. Schließlich ndigt er namens seiner Fraktion einen Änderungsantrag an, der der Stadtverordnetenversammlung am 26.01.2022 vorgelegt werde.

 

Herr Spade möchte wissen, warum verwaltungsseitig unbedingt mit einer zweispurigen Trasse entlang der Tschudistraße geplant werden muss.

 

Frau Holtkamp erläutert, dass Abweichungen von Leitentscheidungen bei Bauvorhaben keine Seltenheit seien. Frau Holtkamp weist außerdem darauf hin, dass die aktuelle Fassung unter Beteiligung aller relevanten Akteure zustande gekommen sei. Im Werkstattverfahren waren Vertreter der Stadtverordnetenversammlung und des Ortsbeirates vertreten. Das vorgestellte Konzept hält sie für tragfähig.

Die zweigleisige Trassenplanung ist das Ergebnis umfangreicher verkehrstechnischer Untersuchungen und würde im Ergebnis für einen effizienteren Verkehrsfluss sorgen.

Zu dem Betriebsweg des Wasserschifffahrtsamtes entlang des Sacrow-Paretzer Kanals, berichtet Frau Holtkamp, dass sich die Verwaltung im Dialog mit dem Wasserschifffahrtsamt darum bemühen werde, den Uferweg r eine öffentliche Nutzung zu sichern. Hierzu ergänzt Frau Waberski, dass punktuell Zugänge zu den umliegenden Gewässern geplant sind.

 

Frau Dr. Klockow bringt namens des Ortsbeirates einen Änderungsantrag ein:

 

Änderungs-/Ergänzungsvorschlag:

 

  1. Aus der Beschlussvorlage 21/SVV/1078 soll in der Betreffzeile „(OT Fahrland)“ gestrichen und durch „(OT Neu Fahrland)“ ersetzt werden.
  2. Die Absätze 1 und 2 sind vollständig zu streichen.
  3. Bei Absatz 3 bleibt der erste Satz erhalten („Die Planungsziele des Aufstellungsbeschlusses vom 07.05.2014 (14/SVV/0251) bestehen fort.“), alle weiteren werden komplett gestrichen.

Ergänzt wird der 3. Absatz wie folgt:

- Hinzu kommt eine Senkung der von der Tschudistraße ausgehenden Lärmimmissionen durch Durchfahrverbot für LKW und Schaffung einer Nordumfahrung für LKW. Außerdem ist ein Inselrundweg für Spaziergänger in sicherer Entfernung von geschützten Biotopen anzulegen.

 

Begründung:

Zu 1: Die westliche Insel Neu Fahrland befindet sich - wie der Name schon sagt - im Ortsteil Neu Fahrland und nicht im Ortsteil Fahrland.

Zu 2:

a) Widersprüche zu den geltenden Planungszielen

Das sog. „städtebauliche Konzept mit Stand vom August 2021“ (Anlage 2) stellt einen Kniefall vor dem Investor, die Deutsche Wohnen bzw. deren Tochterunternehmen „Quarterback“, dar. Es verfolgt nicht die im Aufstellungsbeschluss (14/SVV/0251) gefassten Planungsziele, sondern eine maximale, gewinnorientierte Verwertung des Areals.

So bleibt das Planungsziel des Aufstellungsbeschlusses, dass eine Identifikation für den Ortsteil geschaffen werden solle, völlig unberücksichtigt. Neu Fahrland weist eine lockere Bebauung auf mit einer Bebauungsdichte, die überwiegend weit unter der GFZ 0,5 liegt.

b) Missachtung übergeordneter Planungsziele der LHP

Auch andere übergeordnete Planungsziele der LHP werden völlig außer Acht gelassen. So wird beispielsweise im Landschaftsplan der LHP vom 19.09.2012 zu einer „Wiederherstellung gestörter, geschädigter und ausgeräumter Landschaftsteile“ geraten (Seite 8). Für die Insel Neu Fahrland wird dies konkretisiert: eine „naturschutzfachliche Aufwertung brachgefallener Bauflächen auch im Bereich der Insel Neu Fahrland“ (Seite 112 des Landschaftsplans).

Die Empfehlung des Rats für Landespflege (vgl. Gutachterliche Stellungnahme und Ergebnisse eines Wissenschaftlichen Kolloquiums zum Thema „Pflege und Entwicklung der Potsdamer Kulturlandschaft“ vom 17.-18.10.1994 in Potsdam), „das Unesco-Weltkulturerbegebiet und die umgebende historische Kulturlandschaft zu schützen“, wird ignoriert, indem ein fünf stöckiges Gebäude auf die südwestliche Spitze der Insel gesetzt werden soll.

Der Appell, die Potsdamer Kulturlandschaft mit ihren Sichtachsen und Sichtfenstern (Veduten) zu schützen und weiter zu entwickeln, der sich auch im gültigen Landschaftsplan findet, wird vollständig ignoriert: „Naturschutz und Landschaftspflege sollen im gesamten Stadtgebiet auf die nachhaltige Entwicklung der Potsdamer Kulturlandschaft ausgerichtet werden. Dabei sind die hervorragenden landschaftsräumlichen Potentiale der Stadt konsequent zu nutzen. Die Forderung der Nachhaltigkeit weist darauf hin, dass auch künftigen Generationen ermöglicht werden soll, Natur und Landschaft in gleicher Weise wie die heutige Bevölkerung zu nutzen und zu genießen.“ (Seite 8, vgl. auch Seiten 68/69, 90 ff.).

c) Verstoß gegen Landesgesetz

Besonders eklatant ist der Rechtsverstoß gegen ein Landesgesetz, das eine Erhöhung der Bebauungsdichte untersagt:  Laut Trinkwasserschutzverordnung befindet sich das Gebiet der Insel Neu Fahrland in der Trinkwasserschutzzone III.

Im Landschaftsplan heißt es: „Angesichts der begrenzten Grundwasserreserven in der expandierenden Region Berlin erhält der Trinkwasserschutz (=Grundwasserschutz) zunehmende Bedeutung. Zur nachhaltigen Sicherung der Trinkwasserversorgung sind ausgedehnte Bereiche als Trinkwasserschutzgebiete, jeweils gegliedert in den Fassungsbereich der Trinkwasserbrunnen, sowie die engere und weitere Schutzzone (Trinkwasserschutzzonen I, II und III), auf der Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes, des Brandenburgischen Wassergesetzes sowie durch Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung förmlich festgesetzt worden “ (Seite 30/31)“.

Daraus folgt zwingend laut Verordnung zur Festsetzung des Wasserschutzgebietes für das Wasserwerk Potsdam-Nedlitz
vom 19. August 2003, dass in der weiteren Schutzzone untersagt sind „…die Ausweisung neuer Baugebiete im Rahmen der Bauleitplanung, sofern sich dadurch das im Flächennutzungsplan der Stadt Potsdam in der am 31. August 2001 durch das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr genehmigten Fassung für die Zone III vorgesehene Maß der Nutzung insgesamt erhöht“ (siehe § 4 Schutz der Zone III).

d) Fragwürdiges Ergebnis des Werkstattverfahrens

Das Ergebnis des Werkstattverfahrens war wegen der unausgewogenen Zusammensetzung des Gremiums fragwürdig. Das Ergebnis stand von Anfang an fest, da die Mehrheit beim Investor und der Verwaltung bzw. deren Mitarbeitern lag: Von den sechzehn Teilnehmern der Planungswerkstatt waren nur sieben Teilnehmer aus dem politischen Raum (sechs Stadtverordnete und die stellvertretende Ortsvorsteherin), die übrigen kamen vom Investor bzw. aus der Verwaltung.

Insbesondere ist das daraus hervorgegangene städtebauliche Konzept als solches zu kritisieren. Zwar wird erklärt, die Planungsziele des Aufstellungsbeschlusses vom 07.05.2014, mit Ausnahme der zu ändernden Bebauungsdichte, bestünden weiterhin fort. Letztlich werden dessen Planungsziele aber nahezu völlig übergangen.

Aspekte des Denkmalschutzes werden nicht gewürdigt: Danach sollten die Villa Persius als Solitär der künftigen Bebauung erkennbar sein, ebenso sollten aber auch landschaftliche Potentiale der Insel gestärkt und entwickelt werden.

Zu 3:

Um dem Planungsziel des Aufstellungsbeschlusses gerecht zu werden, dass auf der Insel Neu Fahrland eine „Identifikation für den Ortsteil Neu Fahrland“ zu schaffen sei, darf die darin festgelegte Bebauungsdichte von maximal GFZ 0,5 nicht überschritten werden.

Die Bürgerschaft in Neu Fahrland lehnt eine Riegelbebauung entlang der Bundesstraße 2 ab, wie sie die Verwaltung als Lärmschutz favorisiert. Zur Senkung des Verkehrslärms soll stattdessen das Fahren von LKW entlang der Tschudistraße verboten und für sie eine Nordumfahrung geschaffen und vorgeschrieben werden.

Ein Planungsziel des Aufstellungsbeschlusses lautet: „Erschließung der Uferlandschaft durch Schaffung einer öffentlich nutzbaren Wegeverbindung aus dem Zentrum des Baugebietes zum Sacrow-Paretzer-Kanal/Nedlitzer Durchstich und Anbindung an den dort verlaufenden, zur Bundeswasserstraße gehörenden Betriebsweg“. Um diesem Planungsziel gerecht zu werden und um den Blick auf das Wasser und die umgebende Landschaft von den unterschiedlichsten Stellen der Insel einer breiten Bevölkerung zu ermöglichen, soll ein Inselrundweg für Spaziergänger in sicherer Entfernung von geschützten Biotopen geschaffen werden.

Der im Entwurf des Investors gezeigte Weg entlang des Sacrow-Paretzer-Kanals ist irreführend, da es sich um einen Betriebsweg des Bundeswasserstraßenamtes handelt, dessen Betreten verboten ist. Auch die zwischen zwei Biotopstreifen ausgewiesene Badestelle weckt unrealistische Hoffnungen, da das Schwimmen wegen der geringen Wassertiefe (Schlick) nahezu unmöglich ist.

 

Der o. g. Änderungsantrag wird zur Abstimmung gestellt:

 

Abstimmungsergebnis:

einstimmig angenommen.

 

Die so geänderte Vorlage wird zur Abstimmung gestellt:

 

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Der Ortsbeirat empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung, wie folgt zu beschließen:

 

  1. Das städtebauliche Konzept mit Stand vom August 2021 ist dem weiteren Bebauungsplanverfahren Nr. 143 „Westliche Insel Neu Fahrland“ zugrunde zu legen (Anlage 2).
  2. Das Bebauungsplanverfahren ist auf Grundlage der auf der Planungswerkstatt „Westliche Insel Neu Fahrland“ aus dem Frühsommer 2021 erarbeiteten Planungsziele fortzuführen (Anlage 3).
  3. Die Planungsziele des Aufstellungsbeschlusses vom 07.05.2014 (14/SVV/0251) bestehen fort. Hinzu kommt eine Senkung der von der Tschudistraße ausgehenden Lärmimmissionen durch Durchfahrverbot für LKW und Schaffung einer Nordumfahrung für LKW. Außerdem ist ein Inselrundweg für Spaziergänger in sicherer Entfernung von geschützten Biotopen anzulegen.
  4. Im weiteren Verfahren ist die Richtlinie zur sozialgerechten Baulandentwicklung in der Landeshauptstadt Potsdam“ (kurz: „Potsdamer Baulandmodell“) in der Fortschreibung von 2019 (20/SVV/0081) anzuwenden (Anlage 4).
  5. Der Entwurf des Bebauungsplans ist vor der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB im Fachausschuss vorzustellen und während der Öffentlichkeitsbeteiligung im Ortsbeirat Neu Fahrland zu präsentieren.
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Abstimmungsergebnis:

einstimmig angenommen.

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Anlagen zur Vorlage