30.05.2007 - 14.2 Villa Gericke - Vorwürfe im Magazin "Der Spiegel"
Grunddaten
- TOP:
- Ö 14.2
- Gremium:
- Hauptausschuss
- Datum:
- Mi., 30.05.2007
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 17:00
- Anlass:
- ordentliche Sitzung
Der Oberbürgermeister führt dazu aus, dass dazu drei
Sachverhalte „zu beleuchten“ seien.
Das sei erstens der Vorwurf, der Investor habe eine
Teilbescheinigung erhalten, auf die er regulär keinen Anspruch gehabt hätte.
Hierzu sei festzustellen, dass nach § 7i EstG für ein im Inland gelegenes,
denkmalgeschütztes Gebäude eine erhöhte Absetzung von Herstellungskosten für
eine einzelne Baumaßnahme auch dann vorgenommen werden könne, wenn diese ein
Teil einer Gesamtbaumaßnahme sei, vorausgesetzt, die einzelne Baumaßnahme sei
sachlich abgrenzbar und als solche abgeschlossen. Bestätigt wird dies durch ein
Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.08.2002. Dies treffe auf den vorliegenden
Fall zu, so dass sich daraus keine Bevorzugung eines Investors ableiten lasse.
Den zweiten Vorwurf, der Investor sei durch die Intervention
des Oberbürgermeisters an der „wartenden Reihe vorbei“ und damit mit einem Zeitvorteil
behandelt worden, weise er ausdrücklich zurück. Der Investor habe drei
Bescheinigungen nach § 7i EstG beantragt und zwei von der Unteren Denkmalschutzbehörde
auch erhalten. Nachdem zur dritten Teilbescheinigung keine Aussagen getroffen
wurden, habe sich der Investor an den Oberbürgermeister mit der Bitte um
Unterstützung gewandt. Nach Rücksprache mit der Verwaltung habe er angewiesen,
auch die dritte Teilbescheinigung zu bearbeiten.
Der dritte Vorwurf, er habe ein Bußgeldverfahren vereitelt,
treffe nicht zu, weil weder ein Bußgeldverfahren angedroht, noch eingeleitet
wurde. In einem Schreiben von Herrn Kalesse wurde darauf hingewiesen, dass
Ordnungswidrigkeiten nach brandenburgischem Denkmalrecht gem. § 26 Abs. 4 mit
Geldbußen bis zu 500.000 Euro geahndet werden können. Das habe scheinbar zu
Irritationen geführt, die in einem Gespräch mit dem Investor, Frau Dr. von
Kuick-Frenz und Herrn Kalesse klargestellt wurden. Dass mit dem Schreiben kein
Bußgeld angedroht wurde, habe der Investor dann auch akzeptiert.
Herr Dr. Scharfenberg merkt an, dass der Oberbürgermeister
die rechtliche Zulässigkeit des Verfahrens in seiner Ausführungen verdeutlicht
habe und fragt nach, in wie vielen Fällen die Verwaltung in der von dem sonst
üblichen Verfahren abgewichen sei und in wie vielen Fällen der
Oberbürgermeister derartige Verfahren beeinflusst habe. Der Oberbürgermeister
antwortet, dass bezüglich des ersten Teils der Frage die Anzahl der Fälle
derzeit eruiert werde, man aber von einer zweistelligen Zahl der Fälle ausgehe,
da das kein unübliches Verfahren sei. Die Prüfung werde jedoch noch einige Zeit
in Anspruch nehmen, da es bisher nur für die Jahre 2006 und 2007 eine
elektronische Erfassung gebe. Hinzu komme, dass in den Jahren davor ein
Erfassung nach anderen Kriterien erfolgte und sich 2005 auch das Verfahren
geändert habe, so dass zahlreiche Akten „angefasst“ werden müssten. Bezüglich
des zweiten Teils der Frage habe er nicht inhaltlich interveniert, sondern zur
„Bearbeitung aufgefordert“.
Herr Schüler führt aus, dass es ihm bisher nicht bekannt
gewesen sei, dass die Stadt Wert darauf lege, erst nach Abschluss der Maßnahme
entsprechende Bescheinigungen zu erteilen. Für ihn seien die Teilrechnungen nicht
erstaunlich; erstaunlich sei für ihn, dass das Vorgehen des Oberbürgermeisters
im Rathaus als bedenklich beurteilt und ein „Nebenschauplatz“ initiiert werde.
Er halte das Eingreifen des Oberbürgermeisters für durchaus legal, wenn
Mitarbeiter in der Verwaltung meinen, „sie müssten etwas nicht bearbeiten“.
Der Oberbürgermeister führt dazu aus, dass die Redaktion des
„Spiegel“ scheinbar mit Teilinformationen versorgt wurde. Er selbst habe auf
die Anfrage der Redaktion keine Stellung genommen. Deshalb wurden bereits
presserechtliche Schritte seinerseits eingeleitet. Er bedauere, dass in diesem
Zusammenhang auch andere Investoren und Bauvorhaben in Rede stehen, wie z.B.
die Schlossstr. Hier sei das Verfahren absolut legitim und in enger Abstimmung
mit der Denkmalbehörde gelaufen.
Auf die Nachfrage von Frau Kirchner, warum kein
Bußgeldverfahren eingeleitet wurde, wenn die rechtliche Prüfung ergeben habe,
dass es möglich ist, antwortet der Oberbürgermeister, dass es lediglich einen
rechtlichen Hinweis gegeben habe und kein Verfahren angedroht wurde.
Herr Cornelius betont,
dass es auch die Pflicht eines Chefs der Verwaltung sei „sich zu kümmern
und wenn etwas schief gehe, einzugreifen“. Dem stimmt der Oberbürgermeister zu,
verweist aber darauf, dass auch ein Chef der Verwaltung an Recht und Gesetz
gebunden sei.
Im Weiteren werden die Nachfragen von Frau Dr. Schröter zum
nicht eingeleiteten Bußgeldverfahren und dem konkreten Anlass der
Dienstanweisung durch den
Oberbürgermeister damit beantwortet, dass die Voraussetzungen dafür nicht
gegeben waren und der Investor sich mit der Bitte um Unterstützung an den
Oberbürgermeister gewandt habe.
Herr Krause fordert den Hauptausschuss auf, nicht nach dem
Motto „wo Rauch ist, ist auch Feuer“ zu diskutieren.
Herr Schubert meint, dass der Zeitpunkt der Diskussion
verwundere, die sich an die Kritik von Jauch und den Auftrag an Prof. Battis
anschließe. Deshalb erscheine es ihm als eine Kompetenzstreitigkeit zwischen
der ehemaligen Stellvertreterin und dem Chef der Denkmalbehörde. Er fragt nach,
inwieweit disziplinarische Schritte gegen Frau Neuperdt geprüft werden, da sie
sich bereits im Ruhestand befindet. Der Oberbürgermeister entgegnet, dass auch
Mitarbeiter im Ruhestand Angestellte der Verwaltung und somit zur Verschwiegenheit
verpflichtet seien. Insofern sei das Verhalten von Frau Neuperdt zu
missbilligen.
Frau Dr. Schröter und Frau Kirchner fragen im Weiteren nach
dem Status des Gartens der Villa Gericke und dem Status eines Denkmals. Dazu
erläutert Frau Dr. von Kuick-Frenz, dass der Garten kein abgeschlossenes
Denkmal sei, trotzdem greife aber der Umgebungsschutz und laut
Denkmalbereichssatzung werden entsprechende Genehmigungen benötigt.
Frau Paulsen verweist darauf, dass der Investor der Villa
Gericke sehr vorbildlich saniert habe und es in der Stadt ganz andere „Ecken“
gebe, wo das nicht der Fall sei.
Abschließend
verweist der Oberbürgermeister auf die Untersuchungen von Herrn Prof. Battis,
zu denen im nicht öffentlichen Teil Informationen gegeben werden.