11.06.2008 - 6 Gedenktafel am Haus der ehemaligen Synagoge

Beschluss:
zurückgezogen
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Der Oberbürgermeister begrüßt zu diesem Tagesordnungspunkt Herrn Pilarski, der in seinem Redebeitrag die Auffassung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten und hier insbesondere von Herrn Willi Frohwein darlegt. Er begründet die Empfehlung zur Ablehnung des vorliegenden Antrags u. a. damit, dass keine Notwendigkeit einer Änderung der Gedenktafel bestehe und der Ort des Gedenkens in seiner jetzigen Form erhalten bleibe. Das Engagement der CDU werde trotzdem geschätzt; das für die Gedenktafel gesammelte Geld empfehle man für den Neubau der Synagoge zu spenden.

Herr Schröder bringt namens der Fraktion CDU den Antrag mit dem Wortlaut:

 

Das Auswechseln des Namens „Faschisten“ durch „Nationalsozialisten“ und der Hinweis auf die entgültige Zerstörung 1957 sind aus Sicht der Gedenktafelkommission erforderlich und soll vom Hauptausschuss begleitend unterstützt werden.

 

ein und betont, dass Herr Pilarski hier eine komplizierte Diskussion „aufmache“, die besser in den Ausschuss für Kultur oder die Gedenktafelkommission gehört hätte. Das Anliegen des Antrags sei eine Klarstellung über die Zerstörung des Gebäudes, die nicht 1938, sondern 1957 stattgefunden habe.

Auf die Nachfrage von Herrn Schubert, wer die „Gedenktafelkommission“ denn sei, informiert der Oberbürgermeister, dass ihr Herr Munzel vom Rechtsamt, Herr Kalesse von der Unteren Denkmalbehörde , Frau Dr. Horn von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sowie Frau Dr. Volkmann-Block vom Potsdam Museum angehören. Frau Dr. Seemann ergänzt, dass die Gedenktafelkommission eine beratende Funktion habe, sowohl für die Texte als auch für den Prozess. Am 17.04.08 habe der Ausschuss für Kultur über das Anliegen beraten und sich dagegen kein Widerspruch erhoben. Dem widerspricht Frau Dr. Schröter; der Text sei im Kulturausschuss nur verlesen worden, eine Beratung und Beschlussfassung habe es nicht gegeben. Im Weiteren sehe sie keine Veranlassung für eine Änderung oder die Anbringung einer zweiten Tafel.

Herr Dr. Gunold fragt, was die Ergänzung der Gedenktafel bewirken solle. Der Begriff „Nationalsozialismus“ sei ein von den Faschisten geprägter, um die eigenen Ziele zu verschleiern. Er vermute hinter der Antragstellung der Fraktion CDU eine Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Sozialismus.

Im Weiteren werden die Meinungen zur Verwendung und Bedeutung der Begriffe Faschismus und Nationalsozialismus in den jeweiligen historischen Zusammenhängen diskutiert und bewertet.

 

Frau Dr. Schröter und Herr Schubert betonen, dass es gemeinsames Anliegen sei, auf die Einmaligkeit der Ereignisse im Jahr 1938 hinzuweisen und es nicht darum gehe, ob das Gebäude zu diesem Zeitpunkt gering oder stark beschädigt wurde. Das, so Herr Schubert, müsste dann recherchiert werden. Dies sei ein Gedenkort für Menschen und nicht für zerstörte Gebäude.

Herr Schliepe betont, dass diese Diskussion eben nicht wie von Herrn Schröder gemeint, in die Gedenktafelkommission gehöre, weil sie politisch „gefärbt“ sei und er vermute ebenso einen politischen Hintergrund für die Antragstellung. Der Zweck der Tafel sei die Erinnerung an ein einmaliges Verbrechen. Darüber hinaus halte er auch die Begründung für bedenklich, in der auf die Finanzierung durch privat gesammelte Gelder verwiesen werde. Der Text einer Gedenktafel könne davon nicht abhängig gemacht werden.

Herr Schröder betont, dass er sich gegen die Unterstellung einer Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Sozialismus verwahre, auch wenn es bezogen auf die extremste Form des Sozialismus, den Stalinismus zutreffen könnte. Das Anliegen der Bewahrung eines Ortes des Gedenkens gelte respektive auch für die Fraktion der CDU. Trotzdem bleibe der historische Fakt, dass die Synagoge nicht 1938 sondern erst 1957 zerstört wurde, mit der Begründung, dass es keine Jüdische Gemeinde mehr in Potsdam gebe. Bezüglich der Finanzierung wollte die Fraktion CDU nicht den städtischen Haushalt belasten und an evtl. fehlenden Mitteln sollte das Anliegen nicht scheitern. Er schlage vor, den Antrag in den Kulturausschuss zu überweisen, um dort die Diskussion zu führen.

 

Der Oberbürgermeister spricht sich ebenfalls gegen den Antrag aus und betont, dass er nicht dafür zu haben sei, die Ereignisse von 1938 mit denen 1957 gleichzusetzen. Es sei ein himmelweiter Unterschied, ob der Auftakt zur Vernichtung des Jüdischen Volkes gegeben oder ein Gebäude abgerissen werde.

Frau Hüneke spricht sich ebenfalls für eine Überweisung in den Ausschuss für Kultur aus, weil in der ersten Beratung die „Tiefe des Problems“ nicht erkannt worden sei. Trotzdem würde sie es merkwürdig finden, wenn neben der bereits bestehenden Tafel eine weitere daneben gesetzt werde. Aber der Abriss 1957 sei nun mal eine historische Wahrheit, die auch an diese Stelle gehöre – jedoch nicht in diesem Kontext.

Frau B. Müller spricht sich gegen eine Überweisung in den Ausschuss für Kultur aus, da der Antragsteller keinen Willen signalisiert habe, den Text zu ändern. Ihre Frage, ob der Bereich Marketing bereits weitere Schritte veranlasst habe, wird verneint. Dem schließt sich Frau Dr. Schröter an, denn im Kulturausschuss werde die Diskussion nur wiederholt. Man habe eine aussagekräftige Gedenktafel und die sollte so bleiben. Herr Dr. Scharfenberg signalisiert ebenfalls seine Ablehnung bezüglich der Ausschussüberweisung und betont, dass die Gemeinsamkeiten im Mittelpunkt stehen sollten und nicht die Unterschiede. Da der Text zumindest missverständlich sei, empfehle er diesen zurückzuziehen.

 

Der Antrag auf Überweisung in den Ausschuss für Kultur wird zur Abstimmung gestellt und findet mit 7 Ja-Stimmen und 7 Nein-Stimmen keine Mehrheit.

 

Anschließend wird die Diskussion fortgesetzt in der Frau Bankwitz sich dafür ausspricht, die bestehende Tafel nicht zu ändern – die hänge dort schon seit so langer Zeit und sei deshalb auch schon selbst ein Denkmal.  Trotzdem wünsche sie sich einen dezenten Hinweis auf den späteren Abriss der Synagoge, der ihr persönlich bis dato auch nicht bekannt war. Dem schließt sich Frau Hüneke an und betont, dass Ort und Gebäude so bedeutend waren, dass ein Hinweis auf den Abriss gerechtfertigt sei.

Anschließend wird die Frage von Frau Knoblich zum Verfahren dieser Antragstellung erläutert, die laut Oberbürgermeister noch einmal zu klären sei.

Herr Schubert betont abschließend, dass die Diskussion um einen völlig unverständlichen Text geführt werde und empfiehlt der Antragstellerin, diesen zurückzuziehen und in einem neuen „sauberen“ Verfahren einen neuen Text „zu gießen“.

Dieser Empfehlung folgt Herr Schröder namens der Fraktion CDU und zieht den Antrag zurück.

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