13.04.2011 - 5.1 Prüfung Erweiterung Sponsoringberichterstattung...

Beschluss:
zur Kenntnis genommen
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Gegen das von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragte Rederecht für Herrn Jochen Bäumel, Vorstandsmitglied bei Transparency Deutschland e.V., erhebt sich kein Widerspruch.

Herr Bäumel erläutert in seinen Ausführungen den Begriff des Sponsorings, dessen Ziele und Grundsätze. Er nimmt Stellung zu den in der Mitteilungsvorlage aufgeführten Bedenken gegenüber Sponsoringberichterstattungen und erläutert die Unterschiede zwischen Sponsoring und Werbung sowie aktivem und passivem Sponsoring.

In der sich anschließenden Diskussion betont Herr Schüler, dass auch er der Auffassung sei, dass Sponsoring nicht vertraulich sein könne und es schon deshalb nicht funktioniere, weil man mit Sponsoring öffentlich in Erscheinung treten wolle, so dass er Auffassungen in dieser Richtung als „abstrus“ empfinde. Er spricht sich dafür aus, dass aus Gebühren erzielten Einnahmen kein Sponsoring getätigt werden dürfe. Die Stadtverordnetenversammlung lege die Gebühren fest und dafür benötige sie die Offenlegung der Unternehmen. Frau Dr. Schröter führt an, dass sie die Entgegnung der Verwaltung auf die Darstellung der Bedenken der Unternehmen besonders interessiere. Daraufhin erläutert Frau Hartmann die Mitteilungsvorlage und betont, dass damit keine grundsätzliche Ablehnung vermittelt und diese als Zwischenbericht verstanden werden solle. Darüber hinaus gebe es diesbezüglich auch keinen intransparenten Prozess, da auch Stadtverordnete Mitglieder der Aufsichtsräte seien. Sie schlage vor, die Geschäftsführer der städtischen Unternehmen nochmals zu hören und die Diskussion dazu auf Arbeitsebene in der Verwaltung zu führen.

Herr Heuer betont in seinen Ausführungen, dass ein Sponsoring aus Gebühren ausgeschlossen sei und damit auch nicht in der Kalkulation der Gebühren enthalten sein dürfe.  Von Sponsoring könne man nicht sprechen, wenn es nicht öffentlich erfolge.

Herr Schüler führt aus, dass die Gegenleistung des Sponsorings die öffentliche Würdigung sei – treffe das nicht zu, handele es sich um etwas anderes als um Sponsoring. Bezüglich der Gebühren wolle er nicht unterstellen, dass daraus gesponsert werde, aber er könne es auch nicht ausschließen, weil er es eben nicht genau wisse. Die von der Verwaltung vorgeschlagene Prüfung lehne er ab, weil dies viel zu lange dauere.

Frau Dr. Müller sieht sich in ihrer Annahme bestätigt, dass die Verwaltung auf das Prinzip der Freiwilligkeit baue. Das von der Verwaltung vorgeschlagene Verfahren sei zu „weich“ und nach ihrer Meinung sei ein zielorientiertes Verhandeln erforderlich mit dem Ziel, entsprechende Vereinbarungen zu treffen.

 

Herr Schröder stellt fest, dass es weiteren Verständigungsbedarf gebe und schlägt vor, die Geschäftsführer, die Sponsoring empfangen und leisten,  in den nicht öffentlichen Teil einer Hauptausschusssitzung einzuladen und dazu zu hören, weil das dem weiteren Meinungsbildungsprozess diene.

 

Dieser Verfahrensvorschlag wird mit 11 Ja-Stimmen, bei 1 Stimmenthaltung angenommen.

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Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

Unter DS Nr. 10/SVV/0134 wurde der Oberbürgermeister beauftragt zu prüfen, wie unter Berücksichtigung des Beitritts der Landeshauptstadt Potsdam zu Transparency International Deutschland e. V. (TI) eine Sponsoringberichterstattung auf die städtischen Mehrheitsbeteiligungen erstreckt werden kann und ob insoweit die „Leitlinien guter Unternehmensführung“ der Landeshauptstadt Potsdam angepasst werden sollten.

Dazu ist der Stadtverordnetenversammlung im I. Quartal 2011 zu berichten.

 

Existierende Vorgaben zu Sponsoring in Bezug auf die kommunalen Unternehmen

Die „Leitlinien guter Unternehmensführung- Public Corporate Governance Kodex- für Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen der Landeshauptstadt Potsdam“ (Kodex) enthalten hinsichtlich Sponsoring folgende Regelung (Punkt 4 Jahresabschluss/ 4.1 Grundsätzliches): „Sponsoring­leistungen und erhaltene Sponsoringmittel der Unternehmen sollen in geeigneter Form mit der Jahresberichterstattung gegenüber der Gesellschafterin dargestellt werden.“ Diese Regelung findet auf die Unternehmen Anwendung, die den Kodex bereits übernommen haben. Bei der getroffenen Regelung handelt es sich um eine Empfehlung („soll“).

Weitere explizite Vorgaben bezüglich einer Berichterstattung von Sponsoringbeträgen liegen nicht vor. Für die Landeshauptstadt Potsdam wird zukünftig die Dienstanweisung Korruptionsprävention gelten (Inkrafttreten voraussichtlich im I. Quartal 2011). Bestandteil dieser Dienstanweisung sind u. a. Regelungen zur Zulässigkeit der Annahme von Sponsoringleistungen und der Offenlegung in einem jährlichen Bericht. Diese Dienstanweisung wird die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Potsdam sowie die Eigenbetriebe binden. Den Unternehmen, an denen die LHP beteiligt ist, wird die Anwendung der Richtlinie empfohlen.

r die Beteiligungen der LHP wird üblicherweise im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ein ausführlicher Erläuterungsteil beauftragt. Dieser soll der Transparenz dienen und dem Aufsichtsrat die Überwachung des Unternehmens erleichtern. Der Erläuterungsteil stellt die Zusammensetzung einzelner Posten des Jahresabschlusses dar und enthält i.d.R. Angaben über die Gesamthöhe von erhaltenen Spenden, Sponsoringbeträgen und weiteren Drittmitteln, jedoch ohne explizite Nennung des Zuwendenden und der Einzelbeträge.

Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Kontroll- und Überwachungsaufgabe die Möglichkeit, Informationen über Sponsoringsachverhalte zu erfragen. Dies wird in den Aufsichtsräten der kommunalen Unternehmen der LHP teilweise auch praktiziert. Dabei unterliegen die Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich der Verschwiegenheitspflicht.

Im Rahmen der Prüfung nach § 53 HGrG, die flächendeckend bei allen kommunalen Unternehmen der LHP durchgeführt wird, erfolgt eine Prüfung der Vorkehrungen zur Korruptionsprävention durch den Jahresabschlussprüfer. Bestandteil der Vorkehrungen zur Korruptionsprävention sind dabei auch Regelungen zum Umgang mit Sponsoring.

Eine rechtliche Grundlage für eine Veröffentlichung von Sponsoringsachverhalten kommunaler Unternehmen der LHP ist aus den vorgenannten Aspekten nicht herzuleiten.

Abfrage bei den städtischen Mehrheitsbeteiligungen

Zur Umsetzung des Beschlusses wurde zunächst im Rahmen einer ersten Erhebung bei den städtischen Mehrheitsbeteiligungen die grundsätzliche Relevanz des Themas Sponsoring sowie die allgemeinen, rechtlichen und vertraglichen Gegebenheiten abgefragt. Grundtenor der Antwortschreiben ist, dass wesentliche Bedenken seitens der Unternehmen gegenüber einer öffentlichen Sponsoringberichterstattung bestehen.

Erhaltene Sponsoringleistungen (sowie Spenden und sonstige Schenkungen) sind insbesondere im Kulturbereich relevant, liegen aber auch bei der Klinikum Ernst von Bergmann gemeinnützige GmbH im Zusammenhang mit Öffentlichkeitsarbeit, Symposien oder Kongressen vor. Bei den Unternehmen der PRO POTSDAM GmbH sowie der Stadtwerke Potsdam GmbH hingegen sind erhaltene Sponsoringleistungen selten. Geleistete Sponsoringleistungen betreffen v. a. die PRO POTSDAM GmbH sowie die Unternehmen der Stadtwerke Potsdam GmbH, in geringerem Umfang auch die Klinikum Ernst von Bergmann gemeinnützige GmbH.

Zusammenfassend ergeben sich folgende wesentliche Bedenken gegenüber einer Sponsoring­berichterstattung aus Sicht der kommunalen Unternehmen:

·         Eine detaillierte Offenlegung erhaltener Sponsoringleistungen wird als Gefährdung bestehender und zukünftiger Sponsoringverhältnisse gesehen und stellt v. a. im Kulturbereich ein sehr sensibles Thema dar. Es besteht ein Wettbewerb verschiedener Institutionen um Drittmittel. Die Einwerbung von Sponsorengeldern ist ein mühsamer Prozess. Eine Offenlegung kann bestehende oder potentielle Sponsoren verschrecken.

·         Die Offenlegung von Sponsoren inklusive der erhaltenen Förderhöhe kann durch die Konkurrenz um Sponsorengelder a) zu einer Verringerung der Sponsoringbeträge für das gesponsorte Unternehmen und b) zu einer Verringerung der Bereitschaft zur Mittelbereitschaft der Sponsoren untereinander führen.

·         Sponsoring durch städtische Unternehmen stellt sich als Marketinginstrument im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung der Unternehmen mit dem Ziel der Absatzrderung für Produkte und Dienstleistungen dar. Dabei stehen sich Leistung und Gegenleistung ausgewogen gegenüber.

·         Die Veröffentlichung stellt eine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen der Unternehmen dar.

·         Bei einer Offenlegung geleisteter Förderung besteht die Gefahr, dass nicht gesponsorte Träger eine Gleichbehandlung einfordern und dies ggf. unter Einbeziehung der Öffentlichkeit (Medien) austragen. In diesem Fall wandelt sich die zur Imageförderung des Unternehmens beitragende Maßnahme ins Gegenteil und kann zu einer Reduzierung bzw. Beendung dieser Unterstützung führen.

·         Vertraulichkeitsklauseln bzw. Geheimhaltungsklausel in Sponsoringverträgen sind üblich bzw. generell aufgenommen. Eine öffentliche Berichterstattung ist nur möglich, wenn Einverständnis bzw. Kenntnis der Sponsoren bzw. der Sponsoringempfänger vorliegt.

·         Zustimmung von privaten Mitgesellschaftern zu Sponsoringberichterstattung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten.

Von den Unternehmen wurden folgende Vorschläge bzw. alternative Möglichkeiten zum Umgang mit Sponsoringmitteln dargelegt:

·         Sponsoren sind den Werbemitteln entnehmbar (jedoch ohne Angaben zur Förderhöhe).

·         Die Vertreter der Stadtverordnetenversammlung im Aufsichtsrat bzw. Kuratorium des Unternehmens haben im Rahmen der Tätigkeit die Möglichkeit der Kontrolle der Geschäftsvorgänge inkl. der Sponsoringleistungen und dies wird auch praktiziert; Verschwiegenheitsverpflichtung der Aufsichtsratsmitglieder gegeben.

·         Den Jahresabschlüssen der Unternehmen ist (teilweise) die Höhe der gesamt erhaltenen Spenden und Drittmittel entnehmbar.

·         § 53 HGrG enthält Prüfung der Vorkehrungen zur Korruptionsprävention durch den Jahres­abschlussprüfer

·         Die im Kodex enthaltenen Regelungen ermöglichen bereits eine Darstellung von erhaltenen Sponsoringmitteln und geleisteten Sponsoringleistungen gegenüber dem Gesellschafter.

·         Hinweis auf die Selbstverpflichtungserklärung der Initiative Transparente Zivilgesellschaft (Punkt 10): Namentliche Veröffentlichung von Sponsoren, wenn Zuwendung p.a. 10% der gesamten Jahreseinnahmen ausmacht.

Teilweise existieren in den Unternehmen bereits interne Regelungen oder Richtlinien zum Umgang mit Sponsoringmitteln (z.B. bei der Klinikum Ernst von Bergmann gemeinnützige GmbH).

Abgeleitet aus den von den Unternehmen getroffenen Aussagen ist auch nicht mit einer freiwilligen Berichterstattung gegenüber der Öffentlichkeit zu rechnen.

gliche Maßnahmen zur Umsetzung einer öffentlichen Sponsoringberichterstattung

Wenn eine öffentliche Berichterstattung der kommunalen Unternehmen nach den für die Landeshauptstadt Potsdam geltenden Regeln ungeachtet der geäerten und auch berechtigten Bedenken der Unternehmen gefordert wird, ließe sich eine solche über folgende identifizierte Maßnahmen umsetzen:

  • Fortschreibung des Kodex (v. a. Umwandlung der Vorgabe von Empfehlung in Bestimmung, Aufnahme einer Regelung zur Veröffentlichung, Konkretisierung des Berichtsformats, Festlegungen zu Definitionen und Abgrenzungskriterien, Aufnahme einer Bestimmung nach der Vertraulichkeitsklauseln ausgeschlossen sind)
  • Gesellschafterbeschlüsse zur Übernahme der Dienstanweisung Korruptionsprävention der LHP, um eine einheitliche Berichterstattung zu gewährleisten

In diesem Zusammenhang sind auch die Unternehmensinteressen und etwaige Auswirkungen auf die Landeshauptstadt Potsdam einzubeziehen. Eine Umsetzung dieser Maßnahmen ist bei Vorhandensein privater Mitgesellschafter von deren Zustimmung abhängig.

Vorschlag zum weiteren Vorgehen

Die Verwaltung hat die Bedenken der Unternehmen bislang nur zur Kenntnis genommen. Im Weiteren ist beabsichtigt, eine Bewertung der vorgetragenen Gründe, die gegen eine Veröffentlichung sprechen könnten, auf Akzeptanz zu prüfen. Es wird von daher empfohlen, auf eine Ausweitung der Sponsoringberichterstattung auf städtische Mehrheitsbeteiligungen zunächst (2011, ggf. 2012) zu verzichten.

Im Weiteren ist vorgesehen, das Thema einer etwaigen öffentlichen Sponsoringberichterstattung kommunaler Unternehmen im Arbeitskreis Antikorruption der Landeshauptstadt Potsdam im Rahmen des Arbeitsplanes 2011 zu behandeln und der Stadtverordnetenversammlung über die Ergebnisse spätestens im I. Quartal 2012 zu berichten.