21.12.2011 - 16.6 Konzept Waschhaus

Beschluss:
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Der Kulturausschuss, Jugendhilfeausschuss und Hauptausschuss nehmen zur Kenntnis:

 

Entsprechend des Auftrags der STVV vom 04.05.2011 wurde das Konzept der Waschhaus gGmbH (2008), das anlässlich eines Verfahrens zur Interessensbekundung von einer hierfür eingesetzten Jury zur Umsetzung empfohlen wurde, mit dem aktuellen Konzept (Antrag auf Gewährung einer Zuwendung für das Jahr 2011) der Einrichtung verglichen. Hierfür wurde eine Matrix angelegt, die die einzelnen Programminhalte nebeneinander darstellt (Anlage 1) und ggf. den Stand der Umsetzung kommentiert.

Zudem wurde die Evaluation der soziokulturellen Zentren in Potsdam (Anlage 5) der Fachhochschule Potsdam – Studiengang Kulturarbeit in die Betrachtung einbezogen.

Die Finanzübersicht für beide Konzepte ist ebenfalls beigefügt (Anlage 2).

Die Waschhaus gGmbH hat der Ausreichung der Konzepte der Jahre 2008 (Anlage 3) und 2011 (Anlage 4) zugestimmt.

 

Aus dem Vergleich der beiden Konzepte (s. angefügte Matrix, Anlage 1) und der Berücksichtigung der Evaluation der soziokulturellen Zentren in Potsdam wird folgendes deutlich:

 

1.      Finanzen

Die rderung durch öffentliche Gelder ist höher, als in dem Ursprungskonzept von 2008 vorgesehen. In 2008 waren € 494.000 öffentliche Förderung geplant, das Waschhaus bekommt in 2011 € 506.990 Fördermittel von der Landeshauptstadt Potsdam und dem Land Brandenburg (MWFK) zugewendet. Problematisch stellt sich hingegen die Erwirtschaftung von Eigenmitteln dar. In dem Ursprungskonzept ist die Kategorie „Eintritt/Garderobe“ mit € 490.000 angegeben, für 2011 sind € 338.136 vorgeplant. Die in dem Konzept 2011 formulierte programmatische Ankündigung, durch nicht-niederschwellige Angebote höhere Erlöse erzielen zu wollen, muss vor diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden. Die Gastronomieansätze sind nahezu in der Höhe, wie in dem Ursprungskonzept angegeben (2008: € 96.000, 2011: € 97.170). Hervorzuheben sind die durch die Bereichsleiterinnen Tanz und Bildende Kunst / Literatur eingeworbenen hohen Drittmittel (s. Anlage 2, 2.3 und 2.4).

 

2. Inhalt

In dem Bewerbungskonzept von 2008 wird das Waschhaus, das mit seiner wechselvollen Geschichte zu den Pionierstätten an der Schiffbauergasse gehört, als Einrichtung begriffen, die Soziokultur weniger als konkrete Praxisform auffasst, sondern als programmatische Bezeichnung für Inhalte und Diskurse. Bewegen, Gestaltung und Nutzen werden als zentrale Elemente im Konzept benannt. Weiter wird im Konzept vertreten, dass das Waschhaus keine konsumorientierte Veranstaltungspalette generieren wolle, sondern sich zum Ziel gesetzt habe, auch und vor allem für heterogene und schwer erreichbare Zielgruppen Angebote zu schaffen. (s. beigefügte Matrix und Evaluation, S. 6. f)

 

Den Schwerpunkt der Arbeit des Waschhauses machen derzeit allerdings vor allem rezeptive Angebote aus. Auch im Evaluationsbericht wird festgestellt, dass aktuell eine Einbindung zum Beispiel Ehrenamtlicher zur Behebung von Defiziten in der Partizipation nur punktuell stattfände, zudem würden die Möglichkeiten zur Partizipation nicht in der Öffentlichkeit kommuniziert (Evaluation, S. 29). Außerdem sei sowohl bei dem Programmchef „Musik“, als auch bei dem Geschäftsführer zu wenig Initiative zur Einbindung zum Beispiel der Zielgruppe „Studierende“, „Schüler“ oder junge Freiwillige erkennbar. In dem Evaluationsbericht heißt es:

„Der Geschäftsführer und der Programmchef heben in diesem Zusammenhang die Schwierigkeiten hervor, es ist aber keine Phantasie und Energie erkennbar, auf diese Zielgruppen zuzugehen. Umso mehr käme es hier auf ein kontinuierliches Bemühen um Studierende und andere Freiwillige an.“ (Evaluation, S. 30)

 

Die partizipativen Angebote des Waschhaus wurden von der Geschäftsführung sukzessive ausgedünnt. Für die einzelnen Genres und zentrale Elemente des Waschhaus-Konzepts bedeutet dies:

 

Konzerte aus allen Genres populärer Musik und Partys stellen einen Großteil der Veranstaltungen im Waschhaus dar (s. Diagramm, Evaluation, S. 25).

Experimentelle Angebote und solche, die sich explizit vom Mainstream abheben, bilden dabei nicht den Schwerpunkt. Eine Ausnahme bilden die von ehemaligen Mitarbeitern initiierten Veranstaltungsformate Rubys Tuesday und Rubys Weekend.[1]

Die Förderung junger Bands findet im Rahmen der Rubys-Formate statt. Die Beurteilung im Evaluationsbericht lautet:

„Die Konzerte dieser Veranstaltungsreihe sind frisch, individuell und aktuell.“ (Evaluation, S. 14)

Es wird festgehalten, dass das Format Rubys Tuesday einen „großen Beitrag“r populäre Live-Musik in Potsdam leiste.

 

Partys stellen einen wesentlichen Programmteil des Waschhauses dar. Das Partyprogramm ist variationsreich, die partizipative Gestaltung allerdings beschränkt. Die im Konzept genannten Partyreihen sprechen unterschiedliche Zielgruppen, vor allem Jugendliche und junge Erwachsene, an. In ihrer Gesamtheit zielen sie auf ein breites Publikum ab. Mittlerweile sind die einzigen eigenen Partys des Waschhaus allerdings 3- die Party und Rubys Tuesday. Electronic Boogie, Feierstarter, Bad Taste sind Vermietungen oder Kooperationen. Die Partys Klub Color, Next Generation und Rubys Weekend wurden abgesetzt. Die ursprüngliche Intention, die im Konzept 2008 mit der Sensibilisierung für Trends, aber auch in der Pflege musikalischer Nischen liegt, ist in Ansätzen erkennbar. Die Partyreihen, die in 2008 auch für Minderheitenkulturen konzipiert wurden (Hightek Pressa, Schwarzwäsche oder RocknRoll Highschool), sind weggefallen. Versuchsweise wurde eine neue Partyreihe („We are Animals“) vom Waschaus gestartet, in der junge Erwachsene ein Electro-Event gestalten können (Evaluation, S. 13). Dies hat bislang zweimal stattgefunden. Außerdem wird bei 3 - Die Party unbekannten DJs im Wechsel mit Profis Möglichkeiten zum Auftritt gegeben. Im Evaluationsbericht heißt es, dass der im Konzept formulierte Anspruch, Minderheitenkulturen anzusprechen, nur marginal eingelöst würde:

„Die verschiedenen Partyreihen und Musikstile sprechen größtenteils ein breites Publikum an.“ (Evaluation, S. 14) Allerdings sei derzeit ein Konzept im Entstehen, das eine Hip-Hop-Partyreihe vorsehe. (Evaluation, S. 14)

 

Partizipation und kreative Selbstentfaltung wird im Waschhaus vor allem im Bereich Tanz verfolgt. Das Oxymoron Tanzstudio bietet ein breites Angebot an Kursen an. Außerdem ist ein wichtiges Standbein des soziokulturellen Konzepts die Oxymoron Dance-Company, die zum Beispiel gemeinsam mit dem Hans Otto Theater „Romeo meets Julia“ als innovatives Crossover-Format im Sommer 2011 präsentierte. In Kooperation mit der fabrik wurde zudem in der Vergangenheit das Education-Projekt „Tanz in Schulen“ durchgeführt, das allerdings gegenwärtig nicht stattfindet. Der Grund hierfür sei lt. Geschäftsführer das mangelnde Interesse seitens der Schulen. (Evaluation, S. 19).

Problematisch ist auch der geringe Etat für den Tanz, der von dem Geschäftsführer den Fördermittelgebern gegenüber mit € 8000 bis € 10.000 angegeben wurde. Ein großer Teil der finanziellen Mittel für den Tanz wurde von der Bereichsleiterin Tanz über Drittmittel eingeworben. Fehlende Mittel sind es auch, die lt. Evaluationsbericht zum Ausfall der im Konzept des Waschhauses erwähnten Tanzcamps führen (Evaluation, S. 19). Zudem wird im Rahmen des Berichts bemängelt, dass die Öffentlichkeitsarbeit hinter ihren Möglichkeiten zurück bliebe (Evaluation, S. 19)

 

Partizipative Angeboter die Genres Film und Literatur sind nicht unmittelbar erkennbar. Auch hier sind die notwendigen Mittel im Haushalt des Waschhaus nicht zur Verfügung gestellt worden (vgl. Evaluation, S. 21). Der Open-Air-Kinosommer bildet den Schwerpunkt innerhalb des Genres „Film“ im Waschhaus. Das ursprünglich sehr breit angelegte Angebot für die Sparte Film findet im Waschhaus derzeit nicht statt. Auch hier werden vom Waschhaus vor allem der Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen angeführt (Evaluation, S. 23). Für den im Konzept von 2008 formulierten Schwerpunkt Labor gilt, dass dieser in keiner Weise im Waschhaus umgesetzt wird. Das Labor, das eine „Spielwiese für ungewöhnliche und überraschende Aktivitäten“ sein und sich speziell an die Zielgruppe „Studierende“ wenden sollte, wird in keiner Weise kommuniziert. Aus diesem Grund wissen die Studierenden in Potsdam nichts von der Möglichkeit, Veranstaltungen oder Projekte im Waschhaus durchzuführen. (Evaluation, S. 24).

Die hochkarätige Ausstellungsarbeit im Kunstraum wird trotz des geringen Budgets durch Führungen und Vermittlungsangebote flankiert. Ein Freundeskreis existiert bislang nicht (Evaluation, S. 9). Im Bereich der Bildenden Kunst hat sich die Ausstellungsreihe Red Wall etabliert, die einen Beitrag zur Förderung der Eigentätigkeit darstellt (Evaluation, S. 10).

Der KO-Kunstwettbewerb findet wegen fehlender Mittel im Waschhaus-Haushalt nur noch zweijährig statt. Die Geschäftsführung gibt den Etat für den Kunstraum mit ca. € 8000,- an. Von der Leiterin des Bereichs „Kunst“ konnten erhebliche Drittmittel eingeworben werden, ohne die das hochwertige Angebot des Kunstraums nicht gewährleistet werden könnte.

 

Die Sparte Comedy wird im Waschhaus regelmäßig bedient. Zahlreiche bekannte Comedians treten dort auf, die Veranstaltungen richten sich an ein breites Publikum.[2]

 

Die Zielgruppen des Waschhauses werden in dem Konzept von 2011 nicht deutlich beschrieben und nicht differenziert. Die Erweiterung auf „erwachsenes Publikum“ ist nicht nachvollziehbar, zumal bei Vernissagen, ausgewählten Konzerten, Lesungen etc. auch in der Vergangenheit „älteres Publikum“ anwesend war. „Älteres Publikum“ ist in sich nicht homogen. Wenn eine stärkere Akzentuierung der Zielgruppe „Ältere“ stattfinden soll, empfiehlt sich zum Beispiel eine Orientierung an den Sinus-Milieus.

Die bisherigen Open-Air-Veranstaltungen 2011, wie Ludovico Einaudi, Olaf Schubert und Unesco-Abend auf dem Veranstaltungsplatz / der Freilichtbühne richten sich an ein breites Publikum.

 

Fazit: Das Waschhaus muss sein Potenzial künftig stärker nutzen. Es konzentriert sich stark auf rezeptive Veranstaltungen und Angebote. Die Geschäftsleitung hat entschieden, die partizipativen Angebote und solche, die sich an Minderheitenkulturen wenden, gegenüber dem Konzept von 2008 zu reduzieren. Zudem werden die Synergien der Sparten nicht ausreichend genutzt, die interne Kommunikation weist Mängel auf und das Marketing des Hauses ist nicht optimal (Evaluation, S. 73). Positiv stehen dem eine Vielzahl etablierter Veranstaltungen in allen Sparten gegenüber, eine breit gefächerte Besucherstruktur, viele Räumlichkeiten und – geschichtlich begründet – ein positives Image (Evaluation, S. 73).

Trotz intensiver Gespräche, die zwischen Geschäftsleitung und den Fördermittelgebern LHP und Land Brandenburg stattfanden, wurde bislang die Akzentuierung und der Etat für die soziokulturellen, partizipativen Angebote nicht erhöht. Die LHP und das Land Brandenburg stellen fest, dass die derzeitige Linie des Waschhauses zwar hinsichtlich der tragenden „ulen“ mit dem Konzept von 2008 überein stimmt, die soziokulturelle Komponente allerdings zu kurz kommt (Vgl. Evaluation, S. 71). Um das Waschhaus besser zu platzieren, seinen derzeit schlechten Ruf in der Fachöffentlichkeit (Evaluation, S. 73) zu kompensieren und die Elemente „Teilhabe“ und „Empowerment“ besser zu integrieren, sollten die Kooperationen mit Hochschulen und anderen Kultureinrichtungen verstärkt werden. Zudem müssen die Möglichkeiten des Standortes Schiffbauergasse in die Arbeit des Waschhaus integriert werden. (Vgl. Evaluation, S. 73) Die Gesellschafter der Waschhaus gGmbH werden daher von den Fördermittelgebern gebeten, eine Strategie zur Stärkung der soziokulturellen Komponente ausarbeiten zu lassen. Dazu werden die Fördermittelgeber die Gesellschafter noch 2011 zu einer gemeinsamen Sitzung einladen. Mit Ablauf der ersten Quartals des Jahres 2012 soll die Strategie zwischen den Parteien abgestimmt sein. Bis zur erfolgten Einigung wird die Zuwendung an das Waschhaus mit einer Zweckbestimmung für die soziokulturellen Bereiche ausgereicht.

 


[1] Schwer nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund, dass die Geschäftsleitung das Veranstaltungsformat „Rubys Weekend“ aus Kostengründen ab September einsparen will.

[2] Der Erfolg und die Ausstrahlung der Comedy-Reihe variiert sehr stark. So war der Auftritt von Olaf Schubert (01.07.2011)ein großer Erfolg, das Gastspiel von Fips Asmussen (02.09.2011) hingegen bewirkte einen starken Imageschaden beim Waschhaus.

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Anlagen zur Vorlage