09.02.2016 - 4.3 Bebauung in der Brauerstraße 4-7
Grunddaten
- TOP:
- Ö 4.3
- Zusätze:
- Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU/ANW, SPD ÄA Fraktion dIE aNDERE
- Datum:
- Di., 09.02.2016
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 19:00
- Anlass:
- ordentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Antrag
- Federführend:
- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
- Beschluss:
- ungeändert beschlossen
Den Antrag der Kooperation bringt Frau Hüneke ein und betont, dass sie der Auffassung sei, dass die mit diesem Bauvorhaben vorgesehenen Abweichungen den Festsetzungen des von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Bebauungsplanes widersprechen.
Frau Reimers ergänzt, dass es schwierig sei eine verloren gegangene Innenstadt wieder zurückzuholen. Sie spricht sich dagegen aus, dem Individualismus zuzustimmen. Vielmehr müsse eine gewisse Einheitlichkeit gewahrt werden. Ihrer Ansicht nach könne auf Befreiungen verzichtet werden, da sie die Idee, die hinter dem Bebauungsplan stand, konterkarieren.
Herr Beck (Fachbereich Bauaufsicht, Denkmalschutz, Umwelt und Natur) macht aufmerksam, dass aus dem Antrag nicht klar deutlich wird, was mit dem Antrag bezweckt werde. Aus diesem Grunde hat sich die Verwaltung professioneller Hilfe bedient und übergibt das Wort an Herrn Prof. Dombert (Rechtsanwalt).
Herr Prof. Dombert stellt zur rechtlichen Beurteilung dar, dass geprüft werden müsse, ob der Antrag eine Meinungsäußerung, Appellentscheidung oder eine Lesart des Bebauungsplanes darstellt. Grundsätzlich existiert keine Einbindung der Stadtverordneten in das Baugenehmigungsverfahren. Der Wille des Gesetzgebers war eine strikte Abgrenzung von Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung durch die Verwaltung von den kommunalen Aufgaben. Gemäß § 31 (2) BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich vertretbar ist. Somit stellt der Antrag 16/SVV/0012 eine unverbindliche Appellentscheidung dar.
Herr Eichert betont, dass der Ermessenspielraum für die Verwaltung Grenzen habe. Der Bebauungsplan ist eine Norm und als diese von der Verwaltung bindend zu beachten. Seines Erachtens sei ein „darüber hinwegsehen“ eine rechtswidrige Entscheidung. Bei diesem Bauvorhaben habe es erhebliche Änderungen gegeben. Von daher hätte die Verwaltung sich an den Plangeber wenden müssen und nicht darüber hinweg sehen dürfen. Hier handele es sich um keine unverbindliche Erklärung, sondern um die Erläuterung der bindenden Norm.
Herr Kirsch fragt, wer klagebefugt sei und welche Konsequenzen dieser Beschluss hätte?
Herr Heuer betont, dass die Zusage der Verwaltung, Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zuzulassen nicht das Problem der Politik sein könne. Er ergänzt, dass er zwischenzeitlich Akteneinsicht genommen habe und übt Kritik an der Durchführung des Wettbewerbs und der Wahl der Beteiligten. Ebenso macht er aufmerksam, dass das Grundstück zum Verkehrswert verkauft worden ist, dessen gutachterliche Grundlage der Bebauungsplan war. Jetzt stelle sich ein anderer Wert dar und man müsse überlegen, wie damit umzugehen sei.
Herr Jäkel kann den Ausführungen von Frau Hüneke folgen und bestätigt, dass es seiner Auffassung nach keine Notwendigkeit für die Abweichungen gebe. Er unterstreicht, dass der vorliegende Fall aufgrund der Erhöhung von 600 m² BGF ganz erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen würde. Herr Jäkel ergänzt, dass er zwischenzeitlich den ehemaligen Ausschussvorsitzenden als am Wettbewerb Beteiligten kontaktiert habe. Dabei habe er erfahren, dass an dem Wettbewerb auch der damalige Beigeordnete teilgenommen habe. Dieser hätte im Rahmen der Wettbewerbsdurchführung seiner Ansicht nach darauf aufmerksam machen müssen, dass die Wettbewerbsergebnisse über die Festsetzungen des Bebauungsplanes hinausgehen würden. Hinsichtlich des Staffelgeschosses habe es unterschiedliche Wahrnehmungen gegeben. Jurymitglieder erinnerten sich an Gespräche über ein Staffelgeschoß, nicht jedoch an ein Vollgeschoß.
Der Argumentation, dass ein Abschluss des Baugebietes durch größere Bauhöhe als im B-Plan festgesetzt, bekräftigt werden müsse, könne er nicht folgen. Beispielsweise im B-Plan Eiche II wurde ausdrücklich eine Abtreppung der Bebauung von 4 Stockwerken auf 3, auf 2, und auf 1 Stockwerk am Rand des Gebietes festgesetzt. Herr Jäkel erinnert in diesem Zusammenhang auch an den Brief des Vorhabenträgers an den Oberbürgermeister und an die Politik, den er als kontraproduktiv empfand.
Abschließend bringt Herr Jäkel zum Ausdruck, dass er der Auffassung sei, dass die Festsetzungen nicht willkürlich oder interpretationsfähig seien.
Frau Heigl bringt folgenden Änderungsantrag für die Fraktion DIE aNDERE ein:
„Die Stadtverordnetenversammlung möge die DS 16/SVV/0012 in der folgenden Neufassung beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung erklärt, dass nach ihrer Überzeugung die für die Bebauung in der Brauerstraße 4-7 vorgesehene Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans im B-Plan San-P 13 hinsichtlich der zulässigen Trauf- und Firsthöhen im Mischgebiet Ml 3 die Grundzüge der im B-Plan festgelegten Grundzüge der Planung berühren. Eine Befreiung von den Festsetzungen des B-Plans ist gemäß § 31 BauGB nicht möglich.
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zu prüfen
- welche Wertsteigerung das einst zum Verkehrswert ohne Ausschreibung überlassene Grundstück erfahren würde, wenn eine Bebauung mit zusätzlichen 600qm Wohnfläche ermöglicht wird
- wie diese Wertsteigerung abgeschöpft werden kann (z.B. durch Nachzahlungen zum Kaufpreis)
- ob eine Zweckbindung der zusätzlichen Wohnfläche für den Sozialwohnungsbau und Belegungsrechte der Stadt rechtlich vorgegeben oder mit dem Eigentümer rechtsfest vereinbart werden können.
Das Ergebnis der Prüfung ist bei der Entscheidung über Abweichungen des Bauvorhabens vom geltenden B-Plan zu berücksichtigen.
Das Prüfergebnis ist den Stadtverordneten umgehend mitzuteilen.“
Frau Heigl begründet den Änderungsantrag. Ggf. könne sie sich auch vorstellen die Änderungen im 1. Absatz zu streichen und nur den Prüfauftrag aufrecht zu erhalten.
Herr Wiggert greift die Aussage des Investors hinsichtlich mehrfach erfolgter Umplanungen in der SBV-Ausschusssitzung am 8.12.15 auf. Ihm stellt sich die Frage, was im Zuge des Wettbewerbes und der Beteiligung des Gestaltungsrates abgelaufen sei. Herr Wiggert schließt sich seinen Vorrednern an, dass die vorgegebenen Festsetzungen einzuhalten sind. Er habe den Eindruck, dass die Verwaltung gegenüber dem Investor eine Erwartungshaltung geweckt habe.
Herr Goetzmann erinnert, dass die Frage, wie die Kommunikation aus den Wettbewerbsverfahren in den Ausschuss transportiert wird hier im vergangenen Jahr intensiv behandelt worden sei und in einer Verabredung gemündet habe. Diese Verabredung habe es jedoch zum Zeitpunkt der Wettbewerbsdurchführung vor 3 Jahren noch nicht gegeben. Das bedeutet, dass dieser Fehler jetzt nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Von daher sei es nicht hilfreich wiederholt daran zu appellieren. Vielmehr ist festzustellen, dass es eine Gesetzesgrundlage gibt, nach welcher Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes erfolgen können. Von der fehlerhaften Annahme, dass Festsetzungen „in Stein gemeißelt sind“ und nicht verändert werden können, müsse man Abstand nehmen. Dies würde nur zutreffen, wenn die „Grundzüge der Planung berührt sind“.
Hinsichtlich des Änderungsantrages der Fraktion DIE aNDERE informiert Herr Goetzmann, dass Entscheidungen zum Baugenehmigungsverfahren nicht von Wertfragen und Wertzuwächsen des Grundstückes abhängig gemacht werden können. Von daher sei im Prüfauftrag, wenn er beschlossen werden würde, der Nachsatz „das Ergebnis der Prüfung bei der Entscheidung über Abweichungen des Bauvorhabens vom geltenden B-Plan zu berücksichtigen“ zu streichen, da er rechtswidrig sei.
Herr Goetzmann ergänzt, dass es im Wettbewerbsverfahren fünf Entwürfe gegeben habe. Alle fünf Entwürfe haben an dieser Stelle eine Überschreitung vorgesehen. In den Ausschreibungsunterlagen ist der Bebauungsplan angeführt worden und trotzdem haben alle vorgeschlagen, es anders zu machen und mit einem Staffelgeschoss die Höhe zu überschreiten. (in kurzen Bereichen 50cm, im weiterführenden Verlauf deutlich mehr). Am Ende stand immer die Diskussion, was ist städtebaulich möglich.
Die Verwaltung wird nicht spekulieren, wie mit dem Appell, wenn er beschlossen werden würde, umzugehen sei. Auf die Frage von Herrn Kirsch informiert Herr Goetzmann, dass nur klagen könne, wer unmittelbar betroffen sei. Tiefergehende Erörterungen zu potenziellen Differenzen im Rechtsstreit wären nur im nicht öffentlichen Teil möglich.
Hinsichtlich des Schadens sollte die Stadt als Ganzes gesehen werden; ohne eine Unterteilung in Verwaltung oder Politik.
Herr Eichert hält an seiner Auffassung fest, dass keine Befreiung möglich war. Hier hätte die Verwaltung den Weg der Planänderung gegenüber der Politik beschreiten müssen. Er bittet die Fraktion DIE aNDERE den Antrag aufgrund der Rechtswidrigkeit zurück zu nehmen.
Frau Reimers erinnert an die Historie des Grundstücks. Auch hinsichtlich der Stellplatzablöse sei bereits über die Festsetzung des Bebauungsplanes hinaus gegangen worden. Der Argumentation, dass alle fünf Wettbewerbsteilnehmer mit ihren Entwürfen die Festsetzungen überschritten haben, könne sie nicht zustimmen. Vielmehr hätte die Jury darauf aufmerksam machen müssen.
Frau Hüneke stellt fest, dass nach ihrem Verständnis das Maß der baulichen Nutzung ein Grundzug des Bebauungsplanes sei. Den Änderungsantrag der Fraktion DIE aNDERE halte sie für kontraproduktiv. Mit dem Antrag der Kooperation wird gewünscht, dass die Verwaltung ihre Haltung nochmals überdenken möge und bittet um Zustimmung zum Antrag 16/SVV/0012.
Auch Herr Jäkel äußert, dass er die Grundzüge der Planung wegen erheblicher Überschreitungen der festgesetzten BGF auf jeden Fall für berührt halte. Zu den vorliegenden Anträgen schlägt er vor, erst den Antrag 16/SV/0012 in seiner ursprünglichen Form abzuarbeiten und dann, wenn erforderlich, den Änderungsantrag der Fraktion DIE aNDERE erneut aufzurufen. Er bittet um Zurückstellung des Änderungsantrages.
Herr Kühnemann befürwortet den Antrag 16/SVV/0012 als Appell an das künftige Vertrauensverhältnis.
Frau Heigl zieht den Änderungsantrag zurück. Sie kündigt für die Fraktion DIE aNDERE an, diesen ggf. in modifizierter Form gesondert neu zu stellen.
Der Ausschussvorsitzende stellt den unveränderten Antrag 16/SVV/0012 zur Abstimmung.
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung zur Beschlussfassung:
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung erklärt, dass nach ihrer Überzeugung die für die Bebauung in der Brauerstraße 4-7 vorgesehene Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans im B-Plan San-P 13 hinsichtlich der zulässigen Trauf- und Firsthöhen im Mischgebiet MI 3 die Grundzüge der im B-Plan festgelegten Grundzüge der Planung berühren und dass deshalb eine Befreiung von den Festsetzungen des B-Plans gemäß § 31 BauGB nicht möglich ist.
Anlagen zur Vorlage
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(wie Dokument)
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1,5 MB
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