15.03.2017 - 4.3 Zwischenbericht - Offenes Frühstücksbuffet an a...

Beschluss:
zur Kenntnis genommen
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Herr Heuer eröffnet den Tagesordnungspunkt und gibt Frau Rademacher, Fachbereichsleiterin FB 21 (Schule und Bildung) das Wort.

 

Frau Rademacher führt kurz in die Vorlage ein. Sie betont, dass es sich um einen Zwischenbericht zur Bedarfssituation einer kostenlosen Frühstücksversorgung handle. Es wurde eine Schulumfrage gestartet. Danach zeigt sich, dass an 12 Potsdamer Grundschulen Bedarf besteht. Davon nutzen fünf Potsdamer Grundschulen bereits das Angebot der „Spirelli-Bande“, sieben haben einen weiteren Bedarf angemeldet. Geprüft wurde, wie sich die Frühstücksversorgung auf andere Regelleistungen auswirkt, hier kam man zu dem Ergebnis, dass diese nicht auf andere Regeleistungen anzurechnen sei. Nunmehr wurden Pilotschulen intern ausgewählt und entsprechende Gespräche gestartet. Im 4. Quartal soll ein Bericht zum Pilotprojekt erfolgen.

 

Herr Heuer dankt Frau Rademacher für den Zwischenbericht. In der anschließenden Diskussion werden Fragen zum Pilotprojekt und der Ausgestaltung und Auswahl der Schulen gestellt sowie der Wunsch geäert, Eltern hier stärker mit einzubeziehen.

 

Ferner wird nach einer finanziellen Beteiligung des Landes, MBJS, gefragt, die jedoch durch die Verwaltung verneint wird, das Land beteiligt sich nicht.

 

Herr Heuer schließt den Tagesordnungspunkt.

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Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

1 Anliegen

 

Gemäß Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (DS 16/SVV/0639) wurde die Verwaltung „… beauftragt zu prüfen, wie unter Einbeziehung der Potsdamer Schulen und Elternvertretungen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass mit Beginn des Schuljahres 2017/2018 an staatlichen Grundschulen in Potsdam von Armut betroffenen und bedrohten Kindern ein kostenloses Frühstück zur Verfügung gestellt werden kann. …“

 

Seit 2007 bietet die AWO (Spirelli Bande) Potsdamer Schulen ein kostenloses Frühstück an, das bedürftigen Kindern barrierefrei zugutekommt. Anliegen ist es, solchen Kindern einen guten Start in den Tag zu ermöglichen, ihnen eine gesunde Ernährung und Esskultur zu vermitteln und letztlich deren Gesundheit und schulische Entwicklung zu fördern.

 

Derzeit partizipieren fünf Potsdamer Grundschulen (ca. 250 Schülerinnen und Schüler) an diesem ehrenamtlichen Angebot. Den Bedarfen weiterer Grundschulen, kann die AWO mittlerweile nicht mehr entsprechen. Es steht damit die Frage, wie die Frühstücksversorgung für benachteiligte Kinder auf andere Weise gestaltet werden kann.

 

2 Bedarfssituation

 

2.1 Vorgehensweise

 

Als Ausgangspunkt war zunächst die Frage nach der tatsächlichen Armutssituation in der Potsdamer Grundschulbevölkerung, differenziert nach den jeweiligen Sozial- und Planungsräumen zu stellen. Insgesamt waren 25 Grundschulen in 18 Planungsräumen hinsichtlich ihrer Bedarfssituation und damit der etwaigen künftigen Frühstücksversorgung zu betrachten.

 

Die Bedarfssituation wurde im Wege einer Schulumfrage und einer Erhebung von Indikatoren erfasst.

 

 

2.2 Schulumfrage

 

Es wurden 21 Grundschulen, zwei Oberschulen mit Primarstufe und zwei Förderschulen zu ihren Einschätzungen der Bedürftigkeit für Schülerinnen und Schüler und zu schulorganisatorischen Aspekten befragt. In Auswertung der Umfrage der insgesamt 25 angefragten Schulen zeigte sich folgendes Bild:

 

  • 11 Schulen sahen keinen Bedarf für eine Frühstücksversorgung,
  • 2 Schulen befinden sich im Aufbau und können den etwaigen, künftigen Bedarf derzeit noch nicht einschätzen,
  • 5 Schulen, die bereits das Angebot der Spirelli Bande nutzen, sehen den Bedarf zur Fortführung (ca. 45 bis 60 Schüler/innen je Schule nehmen täglich an der Frühstücksversorgung derSpirelli-Bande“ teil),
  • 7 Schulen schätzen eine Bedarfssituation an ihrer Schule als gegeben ein und würden eine kostenlose Frühstücksversorgung befürworten.

 

Somit zeigte die Schulumfrage (Anlage 1) im Ergebnis eine Bedarfssituation zur kostenlosen Frühstücksversorgung an insgesamt 12 Potsdamer Grundschulen (5 Grundschulen bereits mit Frühstücksversorgung, 7 Grundschulen mit zusätzlichem Bedarf).

 

Die Anzahl der von Armut betroffenen bzw. bedrohten Kinder wurde dabei auf insgesamt ca. 691 Schülerinnen und Schüler geschätzt, was ca. 8,9 % der gesamten Schülerschaft in Grundschulen entspricht. Etwa 250 dieser insgesamt 691 als bedürftig angesehenen Schülerinnen und Schüler nehmen bereits am Frühstücksangebot der Spirelli Bande teil.

 

Differenziert nach den Sozial- bzw. Planungsräumen sowie den jeweiligen Schulstandorten schwankt der Anteil der betroffenen Kinder ganz erheblich, d.h. bis nahezu 50 % der jeweiligen Schülerschaft wird als bedürftig eingeschätzt.

 

Zu schulorganisatorischen Dingen befragt, äerten die Schulleitungen mehrheitlich die Ansicht, dass eine Frühstücksversorgung in der Frühpause von ca. 09:00 Uhr bis 10:00 Uhr (Zeitspanne ist abhängig von der jeweiligen Schule) erfolgen solle, was deutlich vom Konzept der Spirelli Bande abweicht. Aus bisherigen Erfahrungen zur tatsächlichen Bedarfssituation und vor dem Hintergrund der Vermeidung einer Ausgrenzung von betroffenen Schülerinnen und Schülern so betont es die AWO - ist die zeitliche Einordnung der Frühstücksversorgung, und zwar jeweils vor Schulbeginn, besonders wichtig.

 

Ferner gab es von einigen Schulen Hinweise dazu, dass

 

  • die Aufsicht bei der Ausgabe des Frühstücks nicht oder nur eingeschränkt durch das Schulpersonal abgedeckt werden könne und
  • die Einbeziehung der Schulgremien als erforderlich gesehen werde, allerdings in Anbetracht der knappen Zeit nicht möglich war.

 

 

 

 

2.3 Erhebung von Indikatoren

 

Um sich der Frage der tatsächlichen Armutssituation in Potsdam und insbesondere einer differenzierte Betrachtung in den jeweiligen Planungs- und Sozialräumen zu nähern, wurden ferner gängige Indikatoren herangezogen, d.h. drei Herangehensweisen beim Versuch der Armutsdefinition verfolgt.

 

Zunächst wurde angestrebt, eine einkommensabhängige Armutsgefährdungsquote (60% in Relation zur mittleren Einkommenssituation in der jeweiligen Region) im sozialräumlichen Kontext der Stadt Potsdam anzuwenden. Eine Anfrage beim Amt für Statistik Berlin-Brandenburg nach den dazu erforderlichen Daten ergab, dass Potsdam die Nachweisgrenze[1] allerdings nicht erreicht.

 

Als Alternativen wurden anschließend die Leistungsempfänger der Rechtskreise des SGB II und des SGB XII zur Bestimmung der Armutssituation herangezogen. Der Leistungsbezug nach dem SGB XII (Sozialhilfe) stellt dabei eine engere Auslegung/Definition des Armutsbegriffes, der Leistungsbezug nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende/Erwerbsfähige u. weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaften) eine weitergefasste Auslegung des Armutsbegriffs dar, zumal diese Leistungsberechtigten über höhere finanzielle Mittel und mehr Teilhabechancen verfügen.

 

Anhand der Daten der jeweiligen Leistungsempfänger in den Planungsräumen und des Anteils der Grundschulbevölkerung an der Gesamtbevölkerung wurde anschließend die Anzahl der von Armut betroffenen bzw. bedrohten Schulbevölkerung rechnerisch ermittelt. Danach wären nach der engeren Definition des Armutsbegriffs 41 Schülerinnen und Schüler bzw. nach der erweiterten Auslegung 1.493 Schülerinnen und Schüler von Armut betroffen oder bedroht (Anlage 2).

 

Die sozialräumliche Betrachtung - unter Zugrundelegung der erweiterten Definition - zeigte im Abgleich zur Schulumfrage über die Einschätzung der Bedarfssituation allerdings einige Abweichungen sowohl zum „Ob“ einer Frühstücksversorgung als auch zur Anzahl der betroffenen Kinder.

 

3 Rahmenbedingungen

 

Die Organisation einer künftigen Frühstücksversorgung wäre zunächst in zwei Grundvarianten denkbar: erstens durch eine Leistungsvergabe der LHP oder zweitens durch eine Zuwendungsgewährung an Träger der freien Wohlfahrtspflege zur Unterstützung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten, jeweils mit oder ohne Einbeziehung der Schülerschaft.

 

r die Beantwortung der Frage nach der geeigneten Organisationsform waren bzw. sind Rahmenbedingungen wie

 

  • hygienerechtliche Anforderungen,
  • eine ganzheitliche Betrachtung der Essensversorgung sowie
  • bauliche und technische Gegebenheiten, Möglichkeiten der Erweiterung oder Ausstattungsergänzung

 

zu klären.

 

Hygienerechtliche Anforderungen

 

Der Fachbereich Soziales und Gesundheit, Bereich Veterinär- und Lebensmittelüberwachung hat drei Modelle mit den jeweils logistischen, personellen, kapazitären und lebensmittelhygienischen Aspekten betrachtet. Das ist die Versorgung durch einen Lebensmittelunternehmer, durch zwei Lebensmittelunternehmer sowie durch einen Lebensmittelunternehmer unter Einbeziehung von Schülerinnen und Schülern.

Im Ergebnis zeigte sich, dass jedes dieser Modelle zunächst Erweiterungen im Küchenbereich, d.h. den Kühl- und Lagermöglichkeiten, Arbeitsbereichen sowie teilweise der Sanitär- und Umkleidebereiche erfordert, allerdings auch nicht an allen Potsdamer Schulstandorten umzusetzen seien.

 

Darüber hinausgehende Anforderungen ergeben sich zudem bei der Versorgung durch zwei Lebensmittelunternehmen sowie unter Einbeziehung der Schülerschaft. Diese resultieren aus der Notwendigkeit der jeweils separaten Lagerung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen (wie Geschirr, Arbeitsgeräte etc.) durch jedes beteiligte Lebensmittelunternehmen. Die derzeitige Ist-Situation an den Potsdamer Grundschulen so schätzt es der Bereich Veterinär- und Lebensmittelüberwachung ein ermöglicht nur an wenigen Schulen eine Doppelnutzung der Küchen durch zwei Unternehmen für eine getrennte Frühstücks- und Mittagsversorgung. Aufgrund fehlender räumlicher Kapazitäten ist die kostenlose Frühstücksversorgung derzeit nicht an allen Potsdamer Grundschulen umsetzbar.

 

Essensversorgung

 

Die künftige Frühstücksversorgung stellt eine wesentliche Ergänzung der bisherigen Essensversorgung dar, im Einzelnen der Schulspeisung in Form der Mittagsversorgung, Schulmilchversorgung, der Mittagsversorgung in den Horteinrichtungen und zum Teil auch der Frühstücksversorgung in den Horteinrichtungen. Von daher sind im Zuge der späteren, konkreten Umsetzung der Frühstücksversorgung, die an den jeweiligen Grundschulen und Horteinrichtungen angebotenen Versorgungsleistungen und Vertragssituationen zu betrachten.

 

Die Schulspeisung in den Potsdamer Grundschulen wird von Schule zu Schule sehr unterschiedlich angenommen. Von 7 bis 87 % der Schülerschaft nimmt aktuell das Angebot an, im Durchschnitt ca. 54 % (Anlage 3). Da auch die Mittagsversorgung als ausgesprochen wichtig für die kindliche Entwicklung gilt, und darüber hinaus im Brandenburgischen Schulgesetz in § 113 verankert ist, muss bei der schulorganisatorischen Umsetzung unbedingt darauf geachtet werden, dass eine zusätzliche Frühstücksversorgung die Essenteilnehmerzahlen bei den Mittagessen nicht verringert. Die künftige Frühstücksversorgung darf sozusagen die bisherige Mittagsversorgung nicht ohne einen „Mehrgewinn“ ersetzen. Geringe Teilnehmerzahlen haben in der Vergangenheit zu deutlichen Preissteigerungen geführt bzw. sogar dazu, dass Angebote von Essenanbieter ausblieben.

 

Ferner ist die derzeitige Vertragssituation, insbesondere die Vertragslaufzeit bei der künftigen Organisation der Frühstücksversorgung mit zu berücksichtigen. Für den Fall, dass eine gemeinsame Leistungsvergabe der Frühstücks- und Mittagsversorgung je nach den schulischen Gegebenheiten zur Erweiterung entsprechend den hygienerechtlichen Anforderungen als einzige Alternative verbleibt, wäre frühestens ab dem Schuljahr 2018/2019 eine Frühstücksversorgung möglich.

Die überwiegende Zahl der Verträge kann mit einer Kündigungsfrist bis zum 31. Dezember 2017 bzw. 28. Februar 2018 beendet werden.

 

4 Weiteres Verfahren

 

Zur weiteren Verfahrensweise soll zunächst ein Modellversuch an fünf Grundschulen in 2018 starten.

 

Die einzelnen, dazu erforderlichen Verfahrensschritte sind zeitlich wie folgt geplant:

 

Derzeit erfolgt noch die rechtliche Klarstellung, ob es sich bei einer täglichen kostenlosen Frühstücksversorgung um eine geldwerte Leistung handelt und dieser Vorteil auf Regelsatzleistungen anzurechnen wäre.

 

Zur weiteren Annäherung an die Frage nach der tatsächlichen Bedarfssituation ist nun vorgesehen, unter Zugrundelegung der Indikatoren und der Schulumfrage eine Einzelbetrachtung der Planungsräume auf Besonderheiten vorzunehmen, wie z. B. Gelegenheit besonderer Einrichtungen, Besonderheiten im Schulprofil sowie der Versorgungsangebote der Hortträger. Derzeit erfolgt eine dahingehende Abfrage bei den Hortträgern zur Frühstücksversorgung in den Frühhorten sowie zur Mittags- und Vesperversorgung.

 

Die Auswertung der Einzelbetrachtung und der Umfrage ergäbe dann eine qualifiziertere Bedarfsbestimmung nach einzelnen Schulstandorten. Für diese Schulstandorte gilt es in einem weiteren Schritt die Erweiterungsmöglichkeiten, Realisierungszeiträume und den finanziellen Bedarf in Abstimmung mit dem KIS und dem FB 38 zu prüfen bzw. zu ermitteln (ca. März/April 2017).

 

Im Anschluss ist zunächst mit den betroffenen Schulen unter Einbeziehung von Elternvertretern und des staatlichen Schulamtes eine gemeinsame Auftaktveranstaltung und folgend eine Einbeziehung der konkreten Schulen, insbesondere der Schulkonferenzen vorgesehen. Hier werden Aspekte der zeitlichen Einordnung der Frühstücksversorgung in den Schulalltag, Erweiterungsoptionen, die mögliche Einbeziehung der Schülerschaft in die Zubereitung sowie der Aufsicht zu erörtern sein (April/ Juni 2017).

 

Zur Einbeziehung des Landes sind gemeinsame Gespräche mit dem MBJS und dem MASGF vorgesehen. Leider gab es seitens des Landes eine zögerliche Haltung, d.h. eine Einbeziehung ist bislang nicht gelungen. Mittlerweile erfolgte mit Schreiben vom 14.02.2017 an das MASGF eine Antragstellung auf Projektförderung und eine erneute Terminanfrage.

 

Je nach Organisation und Umfang der Frühstücksversorgung erfolgt im Anschluss die Darstellung der finanziellen Auswirkungen inklusive der zusätzlich notwendigen Baumaßnahmen sowie einer Erläuterung zur Leistungsvergabe / Zuwendungsgewährung. Ein Abschlussbericht wäre damit im 4. Quartal 2017 möglich.

 

 


[1] So weniger als 5000 Personen betroffen sind, erfolgt keine Veröffentlichung der Daten.

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Anlagen zur Vorlage