05.03.2003 - 5.8 Streichung aus der Ehrenbürgerliste
Grunddaten
- TOP:
- Ö 5.8
- Zusätze:
- Fraktion >Die Andere<
- Datum:
- Mi., 05.03.2003
- Status:
- gemischt (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 13:02
- Anlass:
- ordentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Antrag
- Federführend:
- Fraktion Die Andere
- Beschluss:
- abgelehnt
Die Antragstellerin Fraktion >Die Andere< hat den Beschlusstext
wie folgt geändert/ergänzt:
Der Beschluss Nr. 95 der Stadtverordnetenversammlung vom
08.04.1933:
„Der Magistrat wird ersucht, dem Herrn Reichspräsidenten Exzellenz von Hindenburg und dem Herrn Reichskanzler Adolf Hitler das Ehrenbürgerrecht der Stadt Potsdam zu verleihen.“
wird aufgehoben.
Entsprechend
dem Antrag der Fraktion >Die Andere< ist die Behandlung dieses
Tagesordnungspunktes wörtlich in die Niederschrift aufzunehmen:
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Frau Knoblich:
„Wir kommen dann zur Drucksache 03/SVV/0022. Es gibt hier
eine geänderte Fassung der Fraktion >Die Andere<. Ich frage jetzt Herrn
Kruschat: Würden Sie dazu noch sprechen?
Ach, Herr Richter bitte – Sie haben das Wort. Die Redezeit hatten wir
für die Fraktionen auf fünf Minuten begrenzt. Ich bitte darum, daran zu
denken.“
Stadtverordneter Richter, Fraktion >Die Andere<:
„Wertes Präsidium, meine sehr geehrten Damen und Herren, die
Diskussion um die Streichung Paul von Hindenburgs aus der Ehrenbürgerliste
unserer Stadt, die wir beantragten, hat folgende Ergebnisse erbracht: Es ist
nicht sicher, ob eine Ehrenbürgerliste überhaupt existiert oder ob es sich nur
um eine Auflistung der Ehrenbürger handelt. Folglich ist auch nicht sicher, ob
Ehrenbürger aus einer solchen Liste oder Auflistung gestrichen werden können.
Es ist unklar, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine Ehrenbürgerschaft
1933 verliehen werden konnte. Eine Satzung aus dieser Zeit ist nicht mehr
vorhanden. Deutlich geworden ist, dass Herr von Hindenburg keinerlei Verdienste
für die Stadt Potsdam erbracht hat, die eine Ehrenbürgerschaft rechtfertigen
würden - was aber auch 1933 Voraussetzung war eine Ehrenbürgerschaft gewesen
sein dürfte. Darüber hinaus ist vollkommen klar, dass Herr von Hindenburg die
Ehrenbürgerschaft zusammen mit Herrn Adolf Hitler verliehen bekommen hat.
Anlass war der ‚Tag von Potsdam’ und die Ernennung Herrn Hitlers zum
Reichskanzler. Aus propagandistischen Gründen wurde der Staatsakt zu Potsdam
durch die gemeinsame Verleihung der Ehrenbürgerwürde in über 4.000 Gemeinden
Deutschlands auf die Kommunen ausgeweitet. Die Abgeordnete von Bündnis 90/Die
Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Frau Ströwer fasste dies sehr treffend wie
folgt zusammen: Unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtergreifung,
zu der Paul von Hindenburg einen wichtigen Teil beigetragen hat, wurde
systematisch durch ganz Deutschland, und zwar insgesamt in 4.500 Gemeinden und
Städten, der Antrag auf Ehrenbürgerschaft für Hindenburg gestellt, immer
gemeinsam mit Adolf Hitler. Und tatsächlich war es so, dass immer die beiden im
Schlepptau als nationalsozialistische Danksagungsgeste für Hindenburg die
beiden gemeinsam ernannt wurden. Allein dieser Hintergrund der Ernennung
rechtfertigt es heute zu sagen, diese Ehrenbürgerschaft, die Hindenburg
deswegen erhalten hat, weil er Hitler zum Reichskanzler berufen hat, muss heute
zurückgenommen werden. Deswegen haben wir unseren Antrag dahingehend verändert,
dass wir nun die Aufhebung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung von
1933 beantragen, um jegliches Missverständnis, im Bezug auf die
Ehrenbürgerschaft von Herrn Hitler und Herrn von Hindenburg auszuschließen;
denn nach dem heutigen Diskussionsstand
war auch die Streichung Hitlers und Görings im Jahre 1990 nicht möglich.
Sie haben heute die Chance, sich eindeutig zu diesem Thema zu positionieren,
was gerade im Hinblick auf den kommenden Jahrestag des ‚Tages von Potsdam’ von
besonderer Bedeutung ist. Ich kann nur erneut an Sie appellieren, es sich noch
einmal zu überlegen, wie Sie sich dazu verhalten wollen und ich danke Ihnen im
Voraus.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Vielen Dank Herr Richter. Gibt es weitere Wortmeldungen?
Herr Mühlberg bitte.“
Stadtverordneter Mühlberg, Fraktion SPD:
„Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und
Herren, die Debatte um die Ehrenbürgerschaft Hindenburgs ist im Hauptausschuss
sehr ausführlich geführt worden und sie ist auch sehr ausführlich und
zutreffend in der Presse widergespiegelt worden, sodass ich hier meine Worte
sehr kurz fassen kann. Meine im Hauptausschuss vorgetragene Auffassung, dass
Herrn Hindenburgs Ehrenbürgerschaft mit seinem Tode erloschen ist, ist durch
ein Gutachten des Rechtsamtes, was Ihnen allen vorliegt, bestätigt worden,
sodass es keine Notwendigkeit gibt, hier eine Ehrenbürgerschaft, die nicht
existiert, auch noch aufzuheben. Wir als SPD-Fraktion würden natürlich heute
nicht mehr solch einen Beschluss
fassen und unterstützen deswegen die Erklärung, die Ihnen allen vorliegt zur
Ehrenbürgerschaft Hindenburgs. Wir werden diesen Antrag also ablehnen, werden
aber diese Erklärung, die diese Ablehnung nicht so im leeren Raum stehen lässt,
dann mit unterstützen. Auch der Änderung des Antrags von der Fraktion >Die
Andere< mit der Fassung, dass wir den Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung von 1933 aufheben, das kann natürlich auch so nicht
mitgetragen werden. Wo kommen wir denn da hin, wenn wir jetzt anfangen, über 50
Jahre oder 60 Jahre alte Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung aufzuheben?
Dann kommen Sie nächste Sitzung mit hundert anderen Beschlüssen der
Stadtverordnetenversammlung von 1933 und verlangen, dass die dann aufgehoben
werden, oder vielleicht von 1833, man weiß ja nicht, was man sich da noch alles
aus den Archiven raussucht. Also ich halte das für absurd,
Stadtverordnetenbeschlüsse von 1933 aufzuheben. Das ist nun mal Geschichte, das
können wir nicht rückgängig machen. Wir werden uns mit der Erklärung davon
distanzieren; aber die Verfahrensweise hier 60 Jahre alte Beschlüsse
aufzuheben, halt ich für nicht richtig.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ja vielen
Dank, ein Geschäftsordnungsantrag von Herrn Bretz bitte.“
Stadtverordneter Bretz, Fraktion CDU:
„Ja ich hab mal eine Anfrage zur Geschäftsordnung oder einen
Antrag: Ich bitte mal dazu Stellung zu nehmen, ob so ein Antrag überhaupt
rechtlich möglich ist, weil dieser Beschluss hat ja zu einer Rechtsfolge
geführt, nämlich zu der Ehrenbürgerschaft Hindenburgs und wir heben jetzt den
Beschluss auf. Die Frage ist nicht nur, dass es sich mir intellektuell
verbirgt, was letztlich dahinter steht. Aber die Frage ist, was soll das? Also
geht das überhaupt? Also weil ich kann mir vorstellen, mein intuitives
Rechtsbewusstsein sagt mir, das wäre doch Quatsch.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Also ich habe jetzt nicht ganz verstanden, worin Ihr
Geschäftsordnungsantrag bestand.“
Stadtverordneter Bretz, Fraktion CDU:
„Mein Geschäftsordnungsantrag ist es, den Antrag abzulehnen.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Das ist eigentlich ein Redebeitrag. Ein
Geschäftsordnungsantrag von Herrn Stephan bitte.“
Stadtverordneter Stephan, Fraktion PDS
„Ich will nur zur Klarstellung feststellen, dass der Antrag
ordnungsgemäß eingegangen ist, fristgemäß; das hat das Präsidium auf der
Sitzung so beschieden und damit ist er als Antrag zulässig. Die Frage ist, ob
er nach unserer Gemeindeordnung als Beschluss zulässig wäre. Das müsste, wenn
überhaupt, geklärt werden, aber nicht, ob der Antrag so zulässig ist. Also das
ist ein bisschen was Verschiedenes und der steht jetzt hier zur Debatte und
damit ist er aufgerufen und kann auch abgestimmt werden.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Sehen Sie, das hatte ich gar nicht verstanden, sonst hätte
ihn gar nicht aufgerufen, wenn wir der Auffassung gewesen wären, er wäre nicht
zulässig. Also insofern war das eindeutig. Aber Herr Exner wird Licht ins
Dunkel bringen, bitte sehr.“
Beigeordneter Zentrale Steuerung und Service Herr Exner:
„Ja also ob vollständiges Licht möglich ist, weiß ich nicht.
Manchmal dachte ich schon, darüber konnte man jetzt auch eine Dissertation
schreiben, wenn man die Zeit hätte, aber eins ist sicherlich richtig: So ein
Beschluss hat ja erst mal nur als Beschluss innere Wirkung. Und wenn man einen
Beschluss von damals aufheben wollte, bei dem man nicht mal genau weiß, auf
welcher Rechtsgrundlage ist er denn zu Stande gekommen und was gab es damals da
für Voraussetzungen, wird man feststellen, auch eine solche Aufhebung ist
entweder nicht möglich oder sie geht ins Leere, weil sie nach außen hin gar
nicht mehr umsetzbar ist. Wie wollen Sie denn den damaligen Beschluss sozusagen
ex-tunc, wie die Juristen sagen, also nicht mit Wirkung von heute, sondern mit
Wirkung zu damals, wie wollen Sie denn umsetzen, dass die daraus resultierenden
Rechte oder Pflichten wieder aufgehoben werden? Also die Ehrenbürgerschaft
bestand in der Zeit und man kann das damit ja nicht wieder rückgängig machen.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Vielen Dank, Herr Dr. Scharfenberg hat das Wort. Ich hab
eine kleine Rednerliste, es steht jeder drauf.“
Stadtverordneter Dr. Scharfenberg, Fraktion PDS:
„Ja meine Damen
und Herren, ich spreche jetzt zum Ausgangsantrag der Fraktion >Die
Andere<, nicht zu dem, was heute hier als Ergänzungsantrag vorgelegt worden
ist und ich bitte dann auch darum, dass das getrennt abgestimmt wird. Wir haben
uns ja im Hauptausschuss ziemlich ausführlich mit dieser Frage beschäftigt und
letztlich geht es ja doch um das Problem: Soll Hindenburg Ehrenbürger in
Potsdam sein? Das ist die Frage, die hinter diesem Antrag steht und dabei gibt
es zwei Aspekte: Der eine Aspekt ist der formale - da ist diskutiert worden,
gibt es überhaupt eine Ehrenbürgerliste? Also ich meine, ich halte das nicht
für so wichtig. Wir haben eine Auflistung bekommen und da stehen Ehrenbürger
drauf, die im Laufe der Jahre hier in Potsdam zu Ehrenbürgern geworden sind.
Also insofern ist das für mich jetzt nicht das entscheidende Problem. Und es
ist die zweite Frage: Kann man die Ehrenbürgerschaft aberkennen, die nur zu
Lebzeiten gegolten hat? Also das ist eine zweite Frage, die formal zu klären
wäre. Es gibt eine Stellungnahme des Rechtsamtes und da lese ich, dass eine Willensbekundung
der Stadtverordnetenversammlung prinzipiell möglich ist. Nicht mehr und nicht
weniger steht in dieser Stellungnahme. Und wir
haben also mit dem, was uns die Fraktion >Die Andere< vorgelegt hat,
einen Entscheidungshintergrund zu der Frage, wenn wir jetzt darüber befinden
müssten, wären wir dafür, dass der Hindenburg hier Ehrenbürger ist oder nicht.
Und wir können dazu eine Willensbekundung abgeben und damit will ich diesen
formalen Aspekt abhaken. Das steht für mich nicht im Vordergrund, sondern es
steht wirklich die Frage: Wie wird die Person Hindenburgs bewertet, welchen
historischen Hintergrund gibt es dabei? Und da will ich das einfach noch mal
darstellen, welche wesentlichen Aspekte dabei zu sehen sind: Hindenburg, der
reaktivierte General, der den Krieg als Badekur empfunden hat und bezeichnet
hat, der an der Dolchstoßlegende beteiligt war, trug zum Ende der Weimarer
Republik große politische Verantwortung als Staatsoberhaupt - und nicht nur
formales Staatsoberhaupt, sondern dort war die staatliche Macht tatsächlich
konzentriert; da konnten Weichenstellungen vorgenommen werden. Er trug nicht
die alleinige Verantwortung, weil das immer so dargestellt worden ist. Das
behauptet ja niemand, dass der allein über Wohl und Wehe Deutschlands damals
entschieden hat. Aber er war an einer entscheidenden Stelle, hat also große
politische Verantwortung getragen für die Machtergreifung Hitlers. Er war auch
nicht Spielball der gesellschaftlichen Umstände, wie das manchmal so
dargestellt wird; er hatte sehr wohl einen Spielraum, denn die NSDAP und die
Deutsch-Nationalen hatten nicht die Mehrheit der Stimmen bei den letzten
Rechstagswahlen erhalten. Da fehlten immerhin 47 Sitze an der Mehrheit. Und
nach der Weimarer Verfassung war es nun mal so, dass eine Regierung ernannt
werden konnte, wenn sie die Mehrheit der Stimmen hinter sich vereinigt hat. Das
war nicht der Fall. Hindenburg hat ein Minderheitskabinett bestellt. Und es
gibt ja anerkannte Staatsrechtler wie Ernst Frenkel, die gesagt haben, das ist
ein Staatsstreich gewesen, den Hindenburg da organisiert hat. Ich weiß, dass es
auch andere Auffassungen gibt, aber das ist eine ernsthafte Betrachtungsweise
gewesen. Es kann auch nicht in Frage gestellt werden, inwiefern Hindenburg
aufgrund seines hohen Alters seinen Aufgaben noch gewachsen war. Er hat dieses Amt inne gehabt mit allen
Konsequenzen und daraus lässt sich keinesfalls eine Entschuldigung ableiten;
wobei ja auch in Geschichtsbüchern nachzulesen ist, dass er sehr wohl wusste in
den entscheidenden Fragen, worum es geht. Das hat er sehr wohl erkannt. Fakt
ist, Hindenburg hat mit seiner Unterschrift das Ermächtigungsgesetz und andere
Gesetze rechtskräftig gemacht. Er hat dabei nie ein Hehl daraus gemacht, dass
er die Ausschaltung der Sozialdemokraten und Kommunisten aus dem
gesellschaftlichen, aus dem politischen Leben für gut befunden hat. Die hat als
vaterlandslose Gesellen bezeichnet. Am Ende des Übergangsprozesses hatte
Hindenburg seine Macht mit seiner Unterschrift - da hat ihm niemand die Hand
geführt, die Unterschrift hat er selbst geleistet - auf Hitler übertragen und
dann hat er sich wahrscheinlich gewundert, was da zu Stande gekommen ist. Aber
er hat das selbst gemacht. Die PDS-Fraktion stimmt dem Antrag Die Fraktion
>Die Andere< zu. Ich sag noch mal
– dem Ausgangsantrag. Das ist eine klare Willensbekundung, die uns hier
abverlangt ist und ich bitte Sie, sich nicht hinter dem formalen Aspekt zu
verstecken und da hilft auch die Erklärung nicht, die hier abgegeben werden
soll. Danke.“
Stadtverordnete Hüneke, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
„Meine sehr geehrten
Damen und Herren, vielleicht neben einem gewissen Profilierungsbedürfnis von
jemandem ist es aber doch eigentlich die Angst vor dem Verlust der Demokratie,
die uns dazu einlädt, uns ernsthaft mit diesen Anträgen und mit dem, was da an
historischer Diskussion dahinter steht, zu beschäftigen. Denn das ist ja das,
was damals stattgefunden hat und das ist das, wovor wir uns eigentlich immer
wieder fürchten müssen. Ich denke, die beste Sicherheit für Demokratie ist
Meinungsvielfalt - und deshalb
müssen Sie sich nicht darüber wundern, wenn wir hier heute anders argumentieren
als die Bündnis Grünen in Berlin. Es ist immer gut, seinen eigenen Kopf zu
benutzen. Es müsste geprüft werden will ich eingangs sagen, ob der erste Antrag
der Fraktion >Die Andere< hier überhaupt zur Abstimmung gestellt werden
kann, weil er ja vom Antragsteller selber nicht mehr zur Verfügung steht. Zum
zweiten Antrag, der hier jetzt vorliegt, möchte ich auch sagen, dass man sozusagen
die Ernennung zur Ehrenbürgerschaft 1933 nicht ungeschehen machen kann - er war
ja Ehrenbürger in dieser Zeit - solange er gelebt hat. Und das kann man auch
mit solch einem Antrag nicht berichtigen; das ist sicherlich unbedingt
nachvollziehbar. Es ist uns auch plausibel, dass diese Ehrenbürgerschaft mit
dem Tod erloschen ist, das sagt ja nicht nur die Analyse der Rechtsverhältnisse
in den 30-er Jahren, sondern auch die darauf folgenden Beschlüsse, die wir dann
gefasst haben. Sicherlich ist es richtig, dass wir 1990 bei den anderen
Ehrenbürgerschaften das nicht bedacht haben. Ich möchte deshalb - vielleicht
nur für das Protokoll - anregen, dass die Stadt Potsdam, das Stadtarchiv, eine
vollständige Liste aller jemals zu Ehrenbürger ernannten Personen aufführt und
dann jeweils zu den Personen, wenn es dazu Beschlüsse der
Stadtverordnetenversammlung oder auch heute die Erklärung hoffentlich gibt,
dass die dem jeweils hinzugefügt wird, sodass also es nicht einem Historiker
passieren kann, wie wir es neulich schon mal gehört haben, dass er die
unvollständige Liste kriegt und man sozusagen eine nachträgliche Korrektur der
Geschichte vorzunehmen versucht, sondern das volle Wissen über alle
Ehrenbürgerschaften, die es in dieser Stadt jemals gegeben hat, denk ich, muss
da sein. Und es muss aber auch das da sein, wie wir uns dazu heute verhalten.
Und ich denke, die Erklärung, die hier heute vorliegt, die sicherlich nicht
vollkommen ist – Sie wissen ja, so was ist immer ein Kompromissprodukt –
berücksichtigt sicherlich wesentliche Grundlagen von dem, auch was Herr
Scharfenberg gesagt hat, indem es nämlich eine Distanzierung von dem Beschluss
von 1933 enthält. Und ich möchte sehr dafür plädieren, dass wir dieser
Erklärung zustimmen, um also unser Verhältnis zu den damaligen Geschehnissen,
deutlich zum Ausdruck bringen. Ich muss Ihnen sagen, dass mir dieser Antrag
eigentlich zu rückwärts gewandt ist. Wir haben heute andere Sorgen. Und wenn
ich hier noch mal auf den Bestand der Demokratie zu sprechen kommen darf: Ich
persönlich – und ich bin ja nicht Justizministerin, ich kann das ja sagen – ich
persönlich, mache mir Sorgen und die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in
den USA. Und ich spreche da die USA an, Herr Kapuste, weil sie nicht nur mit
einem sehr hohen moralischen Anspruch argumentieren, sondern das größte
Waffenarsenal auf der Welt haben. Und deshalb ist es sicherlich richtig, dieses
Land im Moment auf den Schutz der Demokratie und der Menschenrechte
anzusprechen und ich halte das eigentlich für viel wichtiger, dass wir uns
damit beschäftigen.“
Stadtverordneter Kapuste, Fraktion CDU:
„Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion
lehnt den vorliegenden Antrag ab. Sie wird jedoch der Erklärung zustimmen.
Hindenburg war keine Lichtgestalt, aber auch kein Verbrecher, sondern ein
widersprüchlicher Mensch, wie sie häufig in der Geschichte vorkommen. Deshalb
sage ich, lassen wir ihn ruhen, wie alle anderen Ehrenbürger auch. Vorab - bevor ich einiges Weniges zu
Hindenburg und der Situation von 1933 sage - vorab einige Bemerkungen zu den
rigorosen Befürwortern des Antrags: Ich meine diejenigen, die über der
moralischen Verpflichtung aller Deutschen, sich mit dem Nationalsozialismus und
seinen Verbrechen auseinander zu setzen - ich betone das noch mal - mit der
moralischen Verpflichtung aller Deutschen, sich mit dem Nationalsozialismus und
seinen Verbrechen auseinander zu setzen. Diejenigen, die aber vergessen machen
wollen, dass zum Beispiel die KPD neben vielen anderen von Anfang bis Ende die
Weimarer Republik und ihre Verfassung verachtet und bekämpft hat und dass
Thälmann, der 1925 und 1932 für das Amt des Reichspräsidenten kandidierten, ein
bedingungsloser Befehlsempfänger Stalins war, eines Stalins, der damals bereits
in der Sowjetunion mit dem großen Morden begonnen hatte - siehe die
Fernsehberichte, anlässlich seines fünfzigsten Todestages. Ich sage nicht, dass
Thälmann dafür verantwortlich sei; er war ein Gefolgsmann. Ich setze zwar
Hitler und Stalin auf eine Stufe, nicht aber den Nationalsozialismus und die
SED-Herrschaft. Aber es ist schon grotesk, dass - es geht ja beim Tag von
Potsdam und bei Hindenburg auch um den Deutschen Militarismus - ausgerechnet
die SED nach dem Nationalsozialismus nahtlos ein zweites Mal auf deutschem
Boden einen militaristischen Staat
aufgezogen hat, der in Europa nicht seines Gleichen hatte. Die Polen, die
Tschechen und auch die anderen haben das ganz bestimmt nicht so verbissen
gesehen. Noch im Oktober 1989 berauschten sich die Parteibonzen in
Ostberlin an einer Militärparade
mit knallendem Steckschritt und dröhnenden Panzermotoren – lassen Sie mich nur
mal ausreden – und fuhren damit direkt in ihren Untergang. Hitler ließ die
Reichswehr einen Tag nach Hindenburgs Tod, von ihm mit Ungeduld erwartet, einen
Eid ablegen, die Soldaten einen Eid ablegen, der sie zu unbedingtem Gehorsam
verpflichtete - unbedingtem Gehorsam, vermutlich eine Einmaligkeit in der
deutschen Militärgeschichte. Den SED-Oberen gefiel dies mit dem unbedingten
Gehorsam so gut, dass sie ihn im NVA-Fahneneid auch von ihren Soldaten
forderte. Die Liste militaristischen Unfugs ließe sich endlos fortsetzen. Nun
zu Hindenburg; da ist fast alles gesagt worden. Wir müssen glaube ich endlich
begreifen, dass Hitler und der Nationalsozialismus alles bisher Dagewesene
sprengte. Niemand konnte sich, auch Hindenburg nicht, 1933 vorstellen, was
einmal bis dahin Undenkbares geschehen würde; auch nicht die Warner und die
ersten Opfer. Man hatte geglaubt, Hitler zähmen zu können, gemeint, er sei nur
eine Übergangserscheinung, gehofft, er würde das Elend beseitigen und selbst
die Juden, durch Jahrhunderte lange Verfolgung und Pogrome mit sensiblen
Sensoren ausgestattet, konnten sich bis auf Ausnahmen nicht vorstellen, dass
ein Kulturvolk wie das deutsche, in eine derartige Barbarei verfallen würde.
Und Großbritannien und Frankreich betrieben Appeasement-Politik und Stalin machte noch im August
1933 mit Hitler Halbe-Halbe. Wir können uns heute in unserer doch sehr satten
Zeit nicht vorstellen, in welcher Lage unsere Vorfahren Anfang der 30-er Jahre
waren. Mit einem deklassierten Mittelstand, Millionen Arbeitslosen – und
Arbeitslosigkeit war damals etwas anderes als heute – mit einem ins Chaos
abgeglittenen Parlamentarismus. Und da war nun mal Hindenburg der Sieger von
Tannenberg, eine Vaterfigur, an die man sich klammerte. Wir können das damalige
Pathos nicht mehr nachvollziehen - ich genauso wenig wie Sie. Hindenburg
war ... (Tonbandwechsel)
... ein Bollwerk zugleich, wie es hier einer der Historiker sagte. Warum
halten wir uns nicht daran? Warum laden wir Historiker ein und dann übernehmen
wir doch nicht die Begriffe? Selbst Bert Brecht zeichnete in seinem Arturo Ui
in der Gestalt des alten Dogsborough in Hindenburg auf annährend ähnliche
Weise, auf annähernd – ich betone das. Zum Abschluss - und die Lehren die wir
aus 1933 ziehen müssen, sind meines Erachtens nicht zu rufen: Nie wieder
Faschismus und Krieg, wehret den Anfängen! Die Rechtsextremisten, die bei uns
herumlaufen, sind ekelhaft und eine Schande, aber sie sind keine Bedrohung für
uns und unseren Staat. Sie sind nur Bedrohung für einzelne, die sie prügeln,
aber nicht für unseren Staat und unsere Gesellschaft. So jämmerlich ist unsere
Demokratie nicht, dass sie von solchen Hanswursten gefährdet wird. Nein, die
Lehre, die wir daraus ziehen müssen ist, dass unsere Demokratie, unser
freiheitlicher Rechtsstaat Bürgerinnen und Bürger braucht, die sich zu ihm
bekennen und die sich für ihn einsetzen. Dazu gehört auch die offene
Auseinandersetzung mit unserer Geschichte - aber kein Umschreiben je nach
Bedarf und Tagesmeinung. Vielen Dank.“
Stadtverordneter Krause, Fraktion PDS:
(zur Geschäftsordnung)
„Ich hätte eigentlich vom Präsidium einen Ordnungsruf
erwartet, denn das, was Herr Kapuste vorgetragen hat, ist nicht zur Sache
gewesen und zum Schluss wo, er hier von den Gefahren für die Demokratie
gesprochen hat - ich persönlich empfinde ihn in diesem Haus als eine solche
Gefahr nach diesen Worten.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Als nächster hat Herr Kruschat das Wort bitte und bedenken
Sie, Sie haben noch eine Minute und fünfzig Sekunden und Herr Richter hat sich
auch noch mal gemeldet.“
Stadtverordneter Kruschat, Fraktion >Die Andere<:
„Das war die Einbringung eines Antrages, das war kein
Debatte-Beitrag, muss ich ja mal dazu anmerken, aber gut. Punkt eins, zum
letzten, was Herr Kapuste gesagt hat, muss ich einfach mal anmerken, von wegen
keine Bedrohung der Demokratie: Es gab 2002 nach offizieller Polizeistatistik
neunzig Tote durch rechtsextremistische Straftaten. Gut, das betrifft einzelne,
die verprügelt werden, soviel dazu. Der nächste Punkt ist: Die Aussage von
Herrn Mühlberg, find ich also wirklich gelinde gesagt peinlich. In der
Situation im Jahrestag zum ‚Tag von Potsdam’, dass man sagt, na ja dann kommen
Sie mit noch mehr Anträgen, die wir irgendwann mal zurücknehmen müssen. Es geht
doch einfach nur darum, ein Symbol zu setzen, dieses Symbol eindeutig zu setzen
und da wären Sie mit unseren beiden Anträgen, wenn Sie dem zustimmen, auf der
sicheren Seite, dann kann gar nichts passieren. Ich frage mich, warum - Sie
widersprechen sich auch in der Argumentation dabei - Sie sagen, Sie wollen eine
Erklärung verabschieden, in der eindeutig drin steht, die Ehrenbürgerschaft sei
erloschen, erklären uns aber wiederum, die wir dann diesen Antrag zurücknehmen
wollen dafür, für diese Ehrenbürgerschaft, das ginge nicht, weil wir die
Rechtsfolge nicht ausmachen können. Das ist doch Unfug, wenn die
Ehrenbürgerschaft erloschen ist, eins kann nur stimmen in diesen Punkten. Wenn
die Ehrenbürgerschaft erloschen ist, so wie Sie es sagen, können wir den Antrag
zurücknehmen. Wenn wir den Antrag eindeutig zurücknehmen, tun wir auch etwas
längst Überfälliges, nämlich was auch die CDU eigentlich, die Konservativen,
eigentlich wollen müssten, wir würden diese Propagandaaktion damals der Nazis
rückgängig machen. Wir würden endlich deutlich machen, ...“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Herr Kruschat, Ihre Redezeit ist zuende.“
Stadtverordneter Kruschat, Fraktion >Die Andere<:
„Moment das war
die Einbringung des Antrages, ich hab noch mindestens eine Minute und zehn
Sekunden zu reden.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Nein, der Antrag ist bereits eingebracht und er ist im
Ausschuss diskutiert und wir haben uns geeinigt darauf, dass wir fünf Minuten
Redezeit vereinbart haben im Ältestenrat.“
Stadtverordneter Kruschat, Fraktion >Die Andere<:
„Die
Einbringung des Änderungsantrages. Ja dafür gibt es doch einen Debattebeitrag.
Das ist doch eine klare Sache. Dann beantrage ich jetzt eine Auszeit, dass Sie
das klären, dass Änderungsanträge natürlich genauso eingebracht werden müssen.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Dieses Recht haben Sie selbstverständlich. Fünf Minuten
Auszeit und ich bitte auch die Fraktionsvorsitzenden nach vorn, dass wir im
Ältestenrat hier noch mal diese Diskussion führen.“
17:35 Uhr bis 17:56 Uhr
A u s z e i t
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Meine Damen
und Herren, ich bitte doch wieder die Plätze einzunehmen. Ich bitte darum die
Plätze einzunehmen, damit wir fortfahren können. Wir haben ..., wie bitte? Herr
Kruczek Geschäftsordnungsantrag? Ja bitte sehr.“
Stadtverordneter Kruczek, Fraktion BürgerBündnis:
„Ja ich beantrage ‚Schluss der Debatte’.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Gut, dann möchte jemand dafür sprechen? Möchte jemand
dagegen sprechen? Niemand? Dann stell ich zur Abstimmung. Ach, dagegen, Herr
Kruschat, bitte sehr, Entschuldigung.“
Stadtverordneter Kruschat, Fraktion >Die Andere<:
„Ich finde es
einfach peinlich, dass diese Debatte jetzt beendet wird. Ich finde diese
Diskussion um die Minuten find ich kleinlich. Ich finde, wir könnten das hier
ruhig ausdiskutieren, auch wenn da unterschiedliche Meinungen aufeinander
treffen. Wir haben schon im Hauptausschuss diskutiert, na klar - aber ich
finde, die Argumente, die hier geäußert wurden, zeigen deutlich, deutlich, dass
wir mit der Bearbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit noch längst
noch nicht durch sind. Dieses Winden im Verfahren und in dahergeholten
Argumenten, warum wir jetzt dieses Symbol nicht setzen können, wo wir doch das
Rechtsgutachten vom Rechtsamt haben, dass es sich um eine Willenserklärung in
jedem Fall handelt, das ist für mich nicht nachvollziehbar und das zeigt
deutlich, dass man hier eigentlich noch große Probleme damit hat anzuerkennen,
welche Verantwortung zum Beispiel auch solche Leute wie von Hindenburg für die
nationalsozialistische Machtergreifung haben.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„So, ich lass dann den Geschäftsordnungsantrag abstimmen.
Wer ihm zustimmt, nämlich ‚Schluss der Debatte’, den bitte ich um das
Kartenzeichen. Vielen Dank; zählen wir mal lieber, das ist mir dann schon heute
wichtig. Und die Gegenprobe bitte? 22 dafür und 17 dagegen - somit ist die
Debatte beendet.
Geschäftsordnungsantrag von Herrn Richter bitte.“
Stadtverordneter Richter, Fraktion >Die Andere<:
„Ich beantrage jetzt eine namentliche Abstimmung und
außerdem hätte ich gerne ein Wortprotokoll von der Debatte, die vorherging.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Das wird so geschehen im Namen der Fraktion >Die
Andere< selbstverständlich, geh ich davon aus. So, dann werden wir die
namentliche Abstimmung vorbereiten.
Herr Richter, Ihr Geschäftsordnungsantrag auf namentliche Abstimmung,
betrifft der beide Anträge oder den Originalantrag?.“
Stadtverordneter Richter, Fraktion >Die Andere<:
„Das ist richtig, der betrifft beide Anträge und ich würde
darum bitten, beide Anträge noch mal zu verlesen.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ich hatte Sie richtig verstanden, zu verlesen?.“
Stadtverordneter Richter, Fraktion >Die Andere<:
„Ja, zu verlesen.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ja, als erstes verlese ich dann den Ergänzungsantrag der
Fraktion >Die Andere<. Geschäftsordnungsantrag?.“
Stadtverordneter Mühlberg, Fraktion SPD:
„Ja um zu zeigen, dass man von der Fraktion >Die
Andere< nicht mit uns hier Kasperletheater spielen lassen und uns ihre
Meinung aufzwingen lassen, beantrage ich jetzt, nur um dies zu zeigen, geheime
Abstimmung.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ja, dann frage ich Sie, Herr Mühlberg, auch zu beiden
Anträgen oder zu einem nur? ... So, wenn geheime Abstimmung verlangt wird, dann
werden wir dieses tun. Herr Bruch hat den nächsten Geschäftsordnungsantrag.“
Stadtverordneter Bruch, Fraktion CDU:
„Bitte auch noch mal zu klären, ob es sich jetzt um eine
neue Version des Antrages handelt oder es sich um eine Ergänzung wirklich
handelt.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ich hätte Ihnen das
vorgelesen, Herr Bruch, es steht hier explizit ‚ergänzt’ und
‚Ergänzungsantrag’, also insofern ist es sehr eindeutig und darüber brauchen
nicht zu diskutieren. Es ist geheime Abstimmung gewünscht worden für beide
Anträge. Ich denke, wir machen jetzt bis 18:10 Uhr eine Pause, damit das
vorbereitet wird, denn ich benötige auch eine Pause. Ich hab ‚ne Pause
aufgerufen, Frau Reiß.“
18:00 Uhr bis 18:10 Uhr
P A U S E
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ich bitte; so langsam die Plätze wieder einzunehmen, dass
wir dann in unserer Sitzung fortfahren können. Ein kleinen Moment dauert es
noch, die entsprechenden Zettel müssen noch fertig vorbereitet werden, aber es
geht gleich los. So, Frau Ernst wird als erstes die Abstimmungsscheine zum
Ergänzungsantrag zur Drucksache verteilen. Herr Bruch, würden Sie bitte sich
überzeugen davon, dass die Urne leer ist? Vielen Dank, Frau Ziegenbein und Herr
Bretz verliest die Namen. Frau Ernst verteilt die Zettel dann.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Gibt es jemanden, der nicht bedacht wurde? Das ist nicht
der Fall. Ich schließe damit diese erste Abstimmung und bitte dann Frau
Ziegenbein mit der Urne und den bewährten Zählern, ich weiß jetzt nicht, wer es
aus der PDS-Fraktion ist, Frau Göttel? Nö? Ach, Herr Schöder ist schon los. ...
Ich schlage Ihnen vor, wir wenden uns dann dem Antrag zu,
der als einziger noch offen blieb, nämlich dem Antrag von Herrn Arndt,
Werbesatzung der Landeshauptstadt Potsdam.“
Nach der Behandlung der DS 03/SVV/0036:
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„So ich möchte Ihnen gerne das Ergebnis der ersten Abstimmung mitteilen, betreffend den Ergänzungsantrag zur Drucksache 03/SVV/0022, und zwar 17 Stadtverordnete haben mit ‚JA’ gestimmt, 23 mit ‚NEIN’, zwei Stimmenenthaltungen, somit ist dieser Antrag abgelehnt und wir kommen dann zur Abstimmung des ursprünglichen Antrags und ich bitte darum, dass dann wieder die Abstimmungsscheine ausgeteilt werden. Frau Ernst oder Frau Seidel wird das übernehmen und Frau Ziegenbein wird sich dann bitte der Wahlurne widmen. So, Herr Bruch hat sich überzeugt davon, dass die Urne leer ist und Herr Bretz erhält das Wort zum Verlesen der Namen, bitte sehr. ...
So, gibt es jemanden
unter den Stadtverordneten, der nicht berücksichtigt wurde? Das scheint nicht
der Fall zu sein. Ich schließe dann diesen Abstimmungsgang und bitte die
Zähler, sich in die anderen Räumlichkeiten zu begeben und ich bitte auch darum,
dass die Stadtverordneten ihre Plätze einnehmen. Wir haben den
Tagesordnungspunkt zwar noch nicht ganz abgeschlossen, das Ergebnis liegt ja
noch nicht vor, aber ich möchte die Zeit gern nutzen, Herrn Kapuste das Wort zu
einer persönlichen Bemerkung zu geben, bitte sehr.“
Stadtverordneter Kapuste, Fraktion CDU: persönliche Bemerkung
„Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren, ich bitte auch
Frau Vorsitzende, dieses genauso zum Wortprotokoll zu nehmen. Ich möchte hier
auf Herrn Krause, der jetzt nicht da ist, reagieren. Ich möchte drei Dinge
feststellen. Erstens, ich bin kein Bannerträger von Hindenburg, dieser Mann war
mir historisch immer schon egal. Zweitens, wenn wir uns mit dieser Zeit
befassen bin ich der Meinung, dass wir insbesondere uns damit befassen würden,
was unsere Vorfahren gedacht haben und dies wollte ich zum Ausdruck bringen.
Und dazu gehört nun mal die KPD und es geht nicht immer so, dass nur weil das
hier Kommunalpolitik ist - wir machen ja auch große Politik – dass das
untergepflügt wird. Und Drittens: Ich habe nur gesagt, das war das letzte, dass
ich nicht meine, dass der Rechtsextremismus eine Gefahr für diesen Staat und
diese Gesellschaft ist hier. Dass es
ekelhaft und gemein und eine Schande ist, das hab ich x-mal gesagt hier.
Und dass ich zum Beispiel die geringe Wahlbeteiligung und solche Sachen eine
größere Gefahr finde, das ist meine Meinung, die kann ich äußern. Und ich
möchte dem Herr Krause sagen, das kann er ja dann im Protokoll nachlesen, ich
fühle mich durch diese Bemerkung, das ist mir das erste Mal in meinen
65-jährigen Leben, dass mir so was gesagt worden ist - anscheinend habe ich
hier in ein Wespennest gestochen, fühle ich mich beleidigt. Da soll er machen
was er will damit, danke.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Danke, Herr
Kapuste. Herr Dr. Scharfenberg, Geschäftsordnungsantrag? Ich muss aber dazu
sagen, Herr Krause hat Herrn Kapuste persönlich angesprochen und insofern, hat
er natürlich auch das Recht, hier persönlich zu reagieren. Bitte sehr.“
Stadtverordneter Scharfenberg, Fraktion PDS:
„Ich möchte trotzdem
bei dieser Gelegenheit, darum bitten, dass darauf geachtet wird, dass solche
Geschäftsordnungsanträge hier nicht missbraucht werden für eine Fortsetzung der
Diskussion - und das ist hier geschehen. Herr Kapuste ist in seinen Ansichten
angreifbar gewesen und ich finde es nicht fair, wie das hier gehandhabt worden
ist.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ich denke Herr Dr. Scharfenberg, das war doch eine
Ansichtssache. Ich denke, ich habe dort richtig gehandelt. Ich habe es auch
nicht alleine entschieden und insofern denke ich, dass wir diese Diskussion
nicht weiter zu führen brauchen. Frau Marquardt hat das Wort zur
Geschäftsordnung.“
Stadtverordnete Marquardt, Fraktion SPD:
„Ich möchte gerne
eine persönliche Erklärung abgeben. Und zwar verwahre ich mich gegen die
Äußerung von Herrn Kruschat, wir hätten uns mit dem NS-Regime nicht
auseinandergesetzt. Ich kann nicht dran denken. In unserer Familie sind zwei
Menschen umgekommen durch die Nazis. Der eine wurde totgeschlagen in Chemnitz,
der andere ist erschossen worden in Fichtenwalde an der Schule. Der Großvater
hat wegen Großverrat in Berlin im Gefängnis gesessen, die Tante musste in die
Illegalität und die Mutter meines Mannes in die Illegalität gehen. Und hier
wird einfach so getan, als wenn wir das einfach so abtun, als wenn das gar
nichts gewesen wäre. ... (Tonbandwechse)
...“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Vielen Dank
Frau Marquardt. So, das Ergebnis der Stimmenauszählung lautet folgender Maßen:
Mit ‚JA’ haben 23 Stadtverordnete gestimmt, mit ‚NEIN’ haben 18 Stadtverordnete
gestimmt, zwei Enthaltungen - somit ist dieser Antrag angenommen.“
Stadtverordneter Bretz, Fraktion CDU:
„Entschuldigung, nein das stimmt nicht. Es sind 23 Nein-
Stimmen, 18 Ja-Stimmen.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
Also wissen Sie, das ist aber etwas was ich hier durch drei
Unterschriften dokumentiert bekommen habe. Waren Sie denn bei den Auszählern?“
Stadtverordneter Bretz, Fraktion CDU:
„Ja wir waren bei den Auszählern.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Also jetzt muss ich doch darum bitten, wer hat hier
ausgezählt? Ich bitte, das dann noch mal zu überprüfen, Herr Schöder, und ich
bitte Sie mit den zwei Herrschaften, mit denen ausgezählt wurde, dann sich noch
mal zusammen zu tun, um das dann
... Herr Dr. Jeschke, Herr Bretz und Herr Schöder, und dann bitte ich,
mir das korrekt vorzutragen. So, ich korrigiere das Ergebnis. 18 JA-Stimmen, 23
NEIN-Stimmen und zwei Enthaltungen, somit ist dieser Antrag abgelehnt.
Frau Hüneke hat das Wort.“
Stadtverordnete Hüneke, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:
„Ich verlese die fraktionsübergreifend besprochene Erklärung
zur Ehrenbürgerschaft Hindenburgs.
„Die Potsdamer
Stadtverordnetenversammlung ernannte Paul von Hindenburg im April 1933 zum
Ehrenbürger der Stadt Potsdam. Es war eine politische Ehrung, die nicht mit
besonderen Verdiensten für die Stadt Potsdam, sondern mit dem ’Tag von Potsdam’
am 21. März 1933 und der Wahl Adolf Hitlers zum Reichskanzler zusammenhing.
Auch wenn diese Wahl das Ergebnis eines historischen Prozesses in der
zusammenbrechenden Weimarer Republik war, so war es doch Hindenburg, der Hitler
zum Reichskanzler ernannte und so den Weg für das totalitäre Regime Hitlers
ebnete. Damit beschritt Deutschland einen unheilvollen Weg, dessen furchtbares
Ausmaß alles bis dahin Denkbare übertraf. Er führte zur Zerstörung der
Demokratie, zu Unterdrückung, Verfolgung und zur Ermordung von Millionen
Menschen, auf Grund ihrer Nationalität, Religion oder politischen Überzeugung
und endete in einem Krieg mit Millionen von Toten und Verletzten, verwüsteten
Ländern und Städten und dem vollkommenen Zusammenbruch des Deutschen Volkes.
Wir müssen uns mit diesem schweren Erbe auseinandersetzen, uns weiter mit den
historischen und politischen, völkerrechtlichen und psychologischen Ursachen
dieser Entwicklung beschäftigen, damit sich solche Vorgänge nicht wiederholen
können. Die Ernennung Hindenburgs zum Ehrenbürger Potsdams, die mit seinem Tod
erlosch, war Teil einer Entwicklung, von der wir uns heute distanzieren. Wir
müssen damit leben, dass wir sie nicht ungeschehen machen können.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Vielen Dank Frau Hüneke. Wir hatten uns geeinigt, dazu in
die Abstimmung einzutreten ohne zu diskutieren. Zur Geschäftsordnung, Herr Dr.
Scharfenberg?“
Stadtverordneter Scharfenberg, Fraktion PDS:
„Ich möchte zur Klarstellung hier sagen, dass die
PDS-Fraktion sich nicht an der Erarbeitung dieser Erklärung beteiligt hat, weil
sie dem Antrag der Fraktion >Die Andere< zustimmt.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Geschäftsordnungsantrag,
Herr Richter bitte?“
Stadtverordneter Richter, Fraktion >Die Andere<:
„Ich möchte genau das
selbe auf die Äußerung von Frau Hüneke machen, dass das hier eine
fraktionsübergreifende Erklärung gewesen wäre. Wir haben uns an dieser Erklärung
auch nicht beteiligt, wir haben ja de Antrag eingebracht, den Sie gerade
abgelehnt haben.“
Stellvertretende Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Frau Knoblich:
„Ich stelle
dann die Erklärung zur Abstimmung. Wer ihr seine Zustimmung gibt, den bitte
ich ums Kartenzeichen. Vielen Dank. Gegenstimmen bitte? Danke sehr und bei einigen oder doch
einer ganzen Menge Enthaltungen. Ich bitte Sie das vielleicht auch noch mal
deutlich zu machen, vielen Dank, ist diese Erklärung dann so angenommen.“
(Wortlaut lt. Tonbandaufzeichnung)