12.05.2020 - 4.1 Vorbereitung einer Lichtschutzsatzung
Grunddaten
- TOP:
- Ö 4.1
- Zusätze:
- Fraktion DIE aNDERE KUM, SBWL (Wiedervorlage)
- Datum:
- Di., 12.05.2020
- Status:
- öffentlich (Sitzung abgeschlossen)
- Uhrzeit:
- 18:10
- Anlass:
- ordentliche Sitzung
- Beratung:
- öffentlich
- Vorlageart:
- Antrag
- Federführend:
- Fraktion DIE aNDERE
- Beschluss:
- abgelehnt
Herr Goetzmann (Fachbereich Stadtplanung und Stadterneuerung) erinnert an die Einbringung des Antrages im Januar 2020 und das Angebot der Verwaltung sowohl im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und ländliche Entwicklung als auch im Ausschuss für Klima, Umwelt und Mobilität die Aspekte zum „Licht in der Stadt“ zu erläutern.
Die Thematik teilt sich in 3 Dimensionen, so dass auch drei Fachbereiche betroffen sind. Im Februar 2018 hat sich aufgrund des Beschlusses einmalig der Arbeitskreis Lichtplanung mit der Sortierung der Themenaspekte befasst. Aspekte, die dabei eine Rolle gespielt haben, liegen im Bereich der Energieeffizienz, Illumination und Stadtbildwirkung, zu Fragen der Immission und Blendwirkung sowie einer Reihe übergreifender Themen.
Zur Dimension 1 – Eigene Straßenbeleuchtung – führt Herr Retzlaff (Stadtbeleuchtung Potsdam GmbH) aus. Die Modernisierung der öffentlichen Straßenbeleuchtung soll sukzessiv über einen Zeitraum von 10 Jahren erfolgen und sich im Wesentlichen aus der Energieeinsparung finanzieren. Nach der derzeitigen Planung werden ca.6.000 Leuchten auf Retrofit-Leuchtmittel und 4.000 Leuchten auf LED-Module umgerüstet. Ca. 2.000 Leuchten werden komplett ersetzt. Bei neu zu errichtenden Anlagen oder für neue Quartiere kann bei Bedarf die Straßenbeleuchtung auch für Mehrwertleistungen genutzt werden.
Auf verschiedene technische Fragen zu Lichtfarbensteuerung und Lichtintensität der verwendeten Leuchtkörper etc. geht Herr Retzlaff im Laufe der sich anschließenden Diskussion ein.
Herr Goetzmann führt zur Dimension 2 – Illumination und Stadtgestaltung – aus. Es ist erforderlich spezifische gestalterische Ziele mit konkretem Ortsbezug zu berücksichtigen. Er verweist hier auf die Mustererfahrung am Alten Markt, welche weniger das Ergebnis der abstrakten Planung ist, sondern sich aus umsetzungsbezogenen Tests an öffentlichen Gebäuden erfahren lässt. Eine objektorientierte Planung, die Identifizierung der Räume und anschließende detaillierte Planung ist jedoch nur im Vollzug mit kooperierenden Eigentümern möglich.
Herr Schmäh (Fachbereich Bauaufsicht, Denkmalpflege, Umwelt und Natur) geht auf die Dimension 3 - (restriktiver) Rahmen für private Beleuchtung – ein und erläutert die rechlichen Handlungsvorgaben und –hilfen für Vollzugsbehörden:
- das Bundesimmissionsschutzgesetz, BImSchG
- die Licht-Leitlinie des Landes Brandenburg mit Vorgaben zur einheitlichen Messung, Beurteilung und Vorschlägen zur Minderung von Lichtimmissionen sowie
- der Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung von Außenbeleuchtungsanlagen vom Bundesamt für Naturschutz.
Er ergänzt, dass Lichtimmissionen nach dem BImSchG geregelte Umwelteinwirkungen sind. Hier handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, ohne gesetzliche Grenzwerte. Von daher ist die Einzelfallbetrachtung erforderlich und behördliche Entscheidungen finden geringere Akzeptanz. Subjektive Beeinträchtigungen sind objektiv nicht messbar. Als positives Beispiel einer kommunalen Regelung als Selbstverpflichtung benennt Herr Schmäh die Stadt Fulda. Dort gibt es auf freiwilliger Basis für private Vorhaben eine Richtlinie zum nachhaltigen Umgang mit funktionalem und gestalterischem Licht im Außenbereich.
Als klassisches Beispiel für eine ordnungsbehördliche Auseinandersetzung benennt Herr Schmäh die Beleuchtung von Sportplätzen. Die Akteure wollen für die Ausübung der sportlichen Aktivitäten mehr Beleuchtung, die Anwohner hingegen nicht.
Herr Schmäh empfiehlt den Antrag auf Vorbereitung einer Lichtschutzsatzung abzulehnen. Eher denkbar wäre eine Richtlinie mit den Zielen: Klimaneutralität, Energieeinsparung und Effizienz als Selbstverpflichtung für die Stadt.
Herr Dr. Zöller bestätigt, dass das Thema auf eine frühere Initiative der Fraktion Bündnis90/Die Grünen mit dem Vorschlag eines Masterplanes zurückgreift. Die stadtbildprägende Wirkung sowie die Energieeffizienz spielen dabei eine wichtige Rolle. Den Aspekt Insektenschutz vermisst Herr Dr. Zöller jedoch in der Diskussion und bittet unter Verweis auf Fördertöpfe für derartige Maßnahmen um Information, ob dieser Aspekt Berücksichtigung findet.
Frau Hüneke dankt für die komplexe Darstellung und stellt hinsichtlich der Selbstverpflichtung die Frage nach den Verwaltungskapazitäten.
Herr Jäkel bittet folgende Aspekte im Zusammenhang zu entwickeln :
- technische Beleuchtung im öffentlichen Raum
- Vermeidung von Lichtverschmutzung
- Illumination und Werbebeleuchtung, Tourismus
und stellt folgenden Antrag:
Text ersetzen:
„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Aspekte der Vermeidung unnötiger Lichtverschmutzung in das in Erarbeitung befindliche Beleuchtungskonzept der Stadt Potsdam einzuarbeiten.
Frau Dr. Günther erkundigt sich nach der Einbindung der Forschung und wie die Nutzung von Fördertöpfen erfolgen könne. In Sachen Sicherheit bittet sie um nähere Erläuterung, wie die Beleuchtung in der Stadt zielgruppenorientiert realisiert werden kann.
Herr Pfrogner begrüßt die Debatte zum Thema Lichtschutzsatzung. Er greift den Hinweis von Herrn Dr. Zöller auf und macht aufmerksam, dass der Antrag der Fraktion DIE aNDERE das Thema Tierschutz (Insekten, Vögel) bereits beinhaltet. Herr Pfrogner fragt, wie es jetzt weitergeht.
Frau Reimers begrüßt die Diskussion und befürwortet, dass die Stadtbeleuchtung in die Umsetzung einbezogen wird. Auch der Wunsch der Antragsteller nach einem Insektenschutz sei verständlich. Jedoch dürfen auch widersprüchliche Interesse nicht unberücksichtigt bleiben. Hier gilt es die Sicherheit und den Insektenschutz gegeneinander abzuwägen. Ein Beispiel für den erforderlichen Abwägungsprozess wären beispielsweise auch Radschnellwege, die durch die Natur führen.
Herr Kirsch spricht sich für den Änderungsantrag von Herrn Jäkel aus. Eine zusätzliche Lichtschutzsatzung hingegen, sei nicht erforderlich.
Herr Goetzmann teilt zur Frage der Fördermöglichkeiten mit, dass das Thema Förderung im Bereich nicht aktiv verfolgt worden ist, das gilt auch für die Einwerbung von Fördermitteln. Auch für diesen Prozess (Betreuung und Auswertung) werden Verwaltungskapazitäten benötigt. Als Beispiel führt Herr Goetzmann die finnische Stadt Jyväskylä an. Hier werden kontinuierlich 2 Mitarbeitende in der Stadt benötigt, die damit beschäftigt und voll ausgelastet sind. Wenn dies gewollt ist und die entsprechenden Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden, könne das in Angriff genommen werden.
Herr Schmäh greift Frau Dr. Günthers Fragestellung zur Forschung auf und verweist auf die Richtlinie BfN 92 zum Thema Ökologie aus dem Jahr 2019, in welcher weitestgehend die neueste Forschung und Erkenntnisse enthalten ist.
Hinsichtlich des Verwaltungsaufwandes zur Einwerbung von Fördermitteln etc. werden für die Umsetzung der Lichtschutzsatzung für geschätzt 100 Feststellungen im Jahr folgende zusätzliche Kapazitäten benötigt:
- 1 Vollzeitstelle Sachbearbeitung Lichtschutz (Vollzugskontrollen vor Ort, oft in Spät- oder Nachtschicht), Öffentlichkeitsarbeit, Beschwerdebeantwortungen, Feststellungsprotokollerstellungen für ordnungsbehördliche Verfahren)
- 1 Vollzeitstelle Sachbearbeitung Ordnung und Recht (Bearbeitung ordnungsbehördlicher Anordnungen, Widerspruchsverfahren)
- ¼ Stelle Justiziar (verwaltungsgerichtliche und oberverwaltungsgerichtliche Verfahren), wenn 30 % der Fälle zu gerichtlichen Streitigkeiten führen.
Frau Hüneke dankt für die Ausführungen und bittet um Meinungsbildung, ob überhaupt noch eine Regelung gewollt ist oder vielmehr eine Selbstverpflichtung oder Handlungsempfehlung für Private.
Frau Dr. Günther verweist nochmals auf die zielgruppenorientierte Lichtgestaltung, die weit über DIN-Normen hinausgeht. Sie wirbt für eine konzeptionelle Gestaltung.
Herr Pfrogner betont, dass die Intention des Antrages 19/SVV/1291 auf alles abzielt, worauf die Landeshauptstadt Potsdam keinen Eingriff hat, hier die Handreichung für die Privaten im Sinne einer Empfehlung.
Herr Jäkel nimmt den Vorschlag auf und ergänzt seinen Änderungsantrag um die folgenden Worte: „als Empfehlung für Bürger und Grundstückseigentümer“.
Herr Kirsch rät den Antrag abzulehnen. Der Eigentümer wird durch das Bundesimmissionsschutzgesetz begrenzt.
Herr Rubelt verweist auf die unterschiedlichen Handlungsebenen und verweist auf das Tätigwerden der Stadtbeleuchtung (siehe Ausführungen von Herrn Retzlaff). Hingegen ist es schwierig, Grundstückseigentümern die Nutzung der im Baumarkt erworbenen Leuchtelemente zu verbieten. Auch für Hinweise sei ein städtischer Bezug zur Umsetzung erforderlich. Eine Perspektive für eine Satzung wird verwaltungsseitig nicht gesehen. Er empfiehlt eine Handreichung in Verbindung mit den staatlichen Ebenen zu entwickeln.
Der Ausschussvorsitzende stellt den von Herrn Jäkel ergänzten Änderungsantrag zur Abstimmung:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Aspekte der Vermeidung unnötiger Lichtverschmutzung in das in Erarbeitung befindliche Beleuchtungskonzept der Stadt Potsdam als Empfehlung für Bürger und Grundstückseigentümer einzuarbeiten.
Abstimmungsergebnis: 3/4/2 – damit abgelehnt
Der Ausschussvorsitzende stellt den Antrag 19/SVV/1291 in der Ursprungsfassung zur Abstimmung:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den Stadtverordneten spätestens in der März-Sitzung 2020 den Entwurf einer Lichtschutzsatzung zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
Mit dem Erlass einer solchen Satzung soll die Lichtverschmutzung im Stadtgebiet deutlich reduziert werden, um einerseits die Arbeit der Sternwarte zu erleichtern und darüber hinaus um Insekten und Vögel vor unnötigen Lichtquellen zu schützen.
Anlagen zur Vorlage
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