Mitteilungsvorlage - 15/SVV/0855

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

Die Stadtverordnetenversammlung hat den Oberbürgermeister mit Beschluss vom 06.05.2015 DS 15/SVV/0234 - beauftragt zu prüfen, ob und inwieweit eine Beschaffungsordnung erstellt werden kann, die eine ökologisch faire Beschaffung beinhaltet und die entsprechende Berücksichtigung in öffentlichen Ausschreibungen und Vergabeverfahren für die Landeshauptstadt Potsdam findet.

 

Auf Grund des Prüfergebnisses wird folgender Handlungsvorschlag gegeben:

 

1.Es ist vorgesehen in einem städtischen Vergabehandbuch r eine Vielzahl gleichartiger Beschaffungsvorgänge Mindeststandards festzuschreiben. In dem Vergabehandbuch können neben diesen Spezialthemen auch allgemeine Standards für die Beschaffungsvorgänge in der Landeshauptstadt Potsdam aufgenommen werden.

 

2.Die Mindeststandards sollen mit einer Expertenrunde erarbeitet werden. Als Grundlage dazu sollen die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung sowie die Maßnahmen anderer Kommunen dienen.

 

 

Eine Entscheidung, welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind, sollte erst nach in Kraft treten der Vergabemodernisierung im April 2016 und nach dem erkennbar ist, welche Rechtsänderungen der Landesgesetzgeber vorsieht, getroffen werden, um Widersprüchlichkeiten zu vermeiden.

 

 

Im Rahmen der Bedarfsdeckung der öffentlichen Hand haben ökologische Gesichtspunkte zweifellos eine erhebliche Bedeutung erlangt. Tatsache ist aber auch, dass die umweltfreundliche Beschaffung häufig mit höheren Kosten verbunden ist, da strengere ökologische Anforderungen an den Beschaffungsgegenstand, insbesondere die Forderung nach maximaler Energieeffizienz, technologisch anspruchsvollere Lösungen fordern. (so auch Dr. Andreas Hövelberndt: Der Gemeindehaushalt 5/2015, S. 112) Dieser Herausforderung muss sich auch die Landeshauptstadt Potsdam stellen und Lösungen finden.

 

Der o.g. Auftrag der Stadtverordnetenversammlung weist eine Schnittmenge mit der Vergaberechtsmodernisierung der Bundesregierung auf. Aus diesem Grund wird neben dem Prüfauftrag für den Erlass einer Beschaffungsordnung ein Ausblick auf nächste Handlungsschritte gegeben, die der weiteren Sensibilisierung und Zielumsetzung im Sinne des Prüfauftrages sowie des Beschlusses 12/SVV/0654 dienen sollen.

 

 

A) Dabei ist folgende Rechtslage zu beachten:

 

  1. Das Kernstück der Vergaberechtsmodernisierung des Bundes zur Umsetzung des EU-Vergaberechts in nationales Recht ist die strategische Beschaffung, bei der umweltbezogene, soziale und innovative Kriterien berücksichtigt werden. Soweit es dem Regierungsentwurf zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) entnehmbar ist, macht der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz umfangreich Gebrauch. In der Begründung des Regierungsentwurfes wird angeführt, dass dieser Entwurf vollumfänglich der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung entspricht. Es werden Regelungen getroffen, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Art und Weise umweltbezogene und ökologische, soziale (d.h. auch  faire) sowie innovative (damit auch nachhaltige) Kriterien in Vergabeverfahren berücksichtigt werden können.

Demnach können v.g. Kriterien in

-          der Leistungsbeschreibung,

-          den Ausführungsbedingungen und in

-          den Zuschlagskriterien, ferner in

-          Eignungskriterien und in

-          Ausschlusskriterien ihren Niederschlag finden.

 

Inhaltliche Vorgaben sind für die neuen Regelungen der Vergabeverordnung angekündigt. (Ein Entwurf lag zum Zeitpunkt der Erstellung der Mitteilungsvorlage noch nicht vor).

 

Auf Grund der zu erwartenden neuen Bundesregelungen, die im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes erlassen werden, steht dann Länder (und erst recht die Kommunen) keine Regelungskompetenz zu solange und soweit der Bund von seiner Kompetenz Gebrauch macht. Das heißt, es können neben den Bundesregelungen keine widersprechenden und auch keine gleichlautenden (also lediglich wiederholende) Vorschriften zu erlassen werden. Ziel dieses Gesetzgebungsgrundsatzes ist es, zur Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit der Rechtsordnung beizutragen.

 

 

2.Zudem ist festzuhalten, dass kommunale Beschaffungsordnungen teilweise zur Rechtsunsicherheit beitragen sowie die Normhierarchie nicht einhalten. Als ein Beispiel kann hier die Beschaffungsordnung der Hansestadt Hamburg angeführt werden.

 

Die Vergabekammer Hamburg stellte in ihrem Beschluss vom 25.06.2014 (VK Hamburg Beschl. v. 25.06.2014, AZ: VgK FB 3/14 Fundstelle: Juris Rdnr. 38-41) fest, dass der öffentliche Auftraggeber bei einem Beschaffungsvorgang den Gesamtauftrag entsprechend der Beschaffungsordnung teilte und im Rahmen der Beschränkten Ausschreibung in den Wettbewerb gab, jedoch damit gegen die Regelungen der höherrangigen Vergabeverordnung verstieß. Unter Einhaltung der Regelungen der Vergabeverordnung war der Gesamtauftrag europaweit im Rahmen eines offenen Verfahrens auszuschreiben.

 

Im dargestellten Fall hielt der öffentliche Auftraggeber zwar die Regelungen seiner Beschaffungsordnung ein, verstieß damit jedoch gegen höherrangiges Recht. Im Ergebnis musste das Vergabeverfahren wiederholt werden.

 

3.Im Rundschreiben zum Kommunalen Auftragswesen des Ministeriums für Inneres und für Kommunales des Landes Brandenburg vom 17.03.2011 wurde mitgeteilt, dass für den Erlass kommunaler Vergabe- oder Beschaffungsordnung keine Rechtsgrundlage existiert. Sollte dennoch eine Beschaffungsordnung erlassen werden, so kann diese nur eine „Geschäftsordnungsregelungr den internen Geschäftsgang sein.  

 

 

Darin könnten Regelungen zur Form, Inhalt und zum Verfahren von Beteiligungen, zu Zeichnungsbefugnissen, für die interne Klärung von Fragen zum Beschaffungsrecht, zur Weitergabe von Informationen, wie z.B. von Runderlassen etc., zur Form und von Mindestinhalten von Vorlagen für die Beschaffungsentscheidungen getroffen werden.

 

Unter Beachtung der vorgenannten Rechtslage ist kein Rechtsraum und keine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Beschaffungsordnung mit dem vorgesehenen Inhalt vorhanden ist.

 

 

 

B)Daher wird folgender Handlungsvorschlag unterbreitet, der der dargestellten Rechtslage entspricht:

 

1.Es ist vorgesehen in einem städtischen Vergabehandbuch für eine Vielzahl gleichartiger Beschaffungsvorgänge Mindeststandards festzuschreiben. In dem Vergabehandbuch können neben diesen Spezialthemen auch allgemeine Standards für die Beschaffungsvorgänge in der Landeshauptstadt Potsdam aufgenommen werden.

 

2.Die Mindeststandards sollen mit einer Expertenrunde (bestehend aus den Fachverantwortlichen und dem Vergabeservice) erarbeitet werden. Als Grundlage dazu sollen die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung sowie die Maßnahmen anderer Kommunen dienen.

 

Eine Entscheidung, welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind, sollte erst nach in Kraft treten der Vergabemodernisierung im April 2016 und nach dem erkennbar ist, welche Rechtsänderungen der Landesgesetzgeber vorsieht, getroffen werden, um Widersprüchlichkeiten zu vermeiden.

 

 

 

C) Erarbeitung von Standards in einer Expertenrunde

 

Der Schutz unserer Umwelt gehört zu den bedeutsamsten Aufgaben der Gegenwart. Entsprechende Schutzmaßnahmen dürfen sich nicht auf eine kostenaufwendige Entsorgung umweltbelastender Produkte beschränken, sondern müssen nachdrücklich darauf hinwirken, Umweltbelastungen möglichst gar nicht entstehen zu lassen. Umweltschutz in Form von Umweltvorsorge und vorausschauender Umweltgestaltung sind also die vordringlichen Ziele, um Boden, Wasser und Luft als die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen sowie die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten.

 

Diese Forderung kann glaubhaft nur vertreten werden, wenn auch die öffentliche Hand in ihrem eigenen Bereich alle Möglichkeiten ausschöpft, um die Umweltbelastungen zu verringern. Eine gute Möglichkeit hierzu bietet sich im Rahmen von Beschaffungen und der Vergabe öffentlicher Aufträge. Durch ein auf die Ziele des Umweltschutzes ausgerichtetes Vergabeverfahren können die öffentlichen Verwaltungen einen entscheidenden Beitrag leisten:

 

Die direkte Nachfrage fördert die Entwicklung, Markteinführung und Verbreitung von umweltfreundlichen, fairen und nachhaltigen Produkten und Verfahren, die sonst aufgrund der vorherrschenden Marktbedingungen allein keine ausreichende Chance haben, sich am Markt durchzusetzen.

 

Bei umweltbewusstem Einkauf ist das beträchtliche umweltschutzrelevante Nachfragevolumen der öffentlichen Hand in der Lage, den Marktanteil umweltfreundlicher, fairer und nachhaltiger  Produkte und deren Konkurrenzfähigkeit wesentlich zu steigern. Dabei sollte es im Interesse einer Verbesserung der lebenswichtigen Umweltbedingungen selbstverständlich sein, auf übersteigerte oder nur optische Qualitätsansprüche an die zu beschaffenden Güter zu verzichten.

 

Die Standards sollen regelmäßig überprüft werden.

 

Die Standards werden in der Expertenrunde erarbeitet. Folgende Grundzüge werden dabei berücksichtigt:

 

1.Ermittlungen, welche umweltfreundlichen und nachhaltigen Lösungen angeboten werden. Neben den Erfahrungen aus den Markterkundungen werden weitere Maßnahmen, z.B. die sich aus der Biodiversitätsstrategie ergeben oder über die Kommunen berichten, geprüft.

 

2.r die in Betracht kommenden Lösungen und Produkte sollen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die Lebenszykluskosten vom Zeitpunkt der Anschaffung bis zum Ende des Benutzungszeitraums berücksichtigt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen in die Standards, was und wie beschafft werden soll, einfließen. Zur Ermittlung der Lebenszykluskosten sollen die vom Bundesumweltamt zur Verfügung gestellten Module benutzt werden.

 

3.Grundsätzlich sollen in den geeigneten Fällen die Umwelteigenschaften, Angaben über die faire Herstellung oder Anforderungen die Nachhaltigkeit betreffend im Wege der Leistungsbeschreibung vorgegeben werden.

 

Daher wird in den Standards festgelegt, für welche Beschaffungsgegenstände umweltfreundliche, faire oder nachhaltige Anforderungen, insbesondere mit den „Umweltzeichen“ („Blauer Engel“, „Energy Star“, „TCO-Label“) ausgezeichnete Erzeugnisse oder Erzeugnisse, die die Anforderungen der „Umweltzeichen“ erfüllen, nachgefragt werden sollen.

 

4.r geeignete Beschaffungsgegenstände wird festgelegt, dass die Anlieferung dieser Produkte in wieder verwendbaren Verpackungen zu erfolgen hat.

 

 

 

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Erläuterung

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Die Berücksichtigung umweltbezogener, ökologischer, nachhaltiger und fairer Kriterien im Rahmen der öffentlichen Beschaffung ist sehr wahrscheinlich mit finanziellen Auswirkungen verbunden: Soweit die Nachfrage nach Produkten und Leistungen mit entsprechenden Anforderungen gering ist, sind erfahrungsgemäßhere Anschaffungskosten zu erwarten. Andererseits kann auch mit Einsparungen hinsichtlich der Verbrauchskosten gerechnet werden.

 

Die Höhe der Mehrausgaben und Einsparungen kann wegen der Vielzahl der diversen Beschaffungsgegenstände nicht beziffert werden. Diese Prognose soll der Expertenrunde, in der Beschaffungsstandards festgelegt werden, vorbehalten bleiben.

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