Antrag - 16/SVV/0794

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam

 

-          begrüßt die Initiative Potsdam-Konvoi, die sich dafür einsetzt, geflüchtete Menschen, die sich gegenwärtig in Griechenland aufhalten, schnell mit ihren in Deutschland lebenden Familienmitgliedern zusammen zu bringen und eine gemeinsame Lebensperspektive zu schaffen

 

-          bittet das Innenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darauf hinzuwirken, dass derzeit in Griechenland unter menschenunwürdigen Bedingungen lebende Familienmitglieder zu ihren Angehörigen nach Deutschland einreisen dürfen

 

-          fordert die Bundesregierung auf, die im November 2015 beschlossene Aufnahme von 160.000 schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Griechenland von den anderen EU-Staaten einzufordern und den Anteil der Bundesrepublik Deutschland (Aufnahme von 27.500 Personen) schnell zu erfüllen

 

-          erklärt sich gern bereit, die in Potsdam verfügbaren Unterbringungsplätze bereitzustellen, wenn wegen der Aufnahme dieser Menschen in Deutschland zusätzliche Personen nach Potsdam zugewiesen werden.

 

 

 

 

 

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Erläuterung

Begründung:

 

Humanitäre Katastrophe: Militärcamps und obdachlose Kinder

 

Die Situation für Flüchtende, die an den innereuropäischen Grenzen festsitzen, ist dramatisch und verschlimmert sich täglich. Etwa 61.000 Geflüchtete stecken laut offiziellen UNHCR-Daten allein in Griechenland fest. Knapp die Hälfte sind Kinder (Stand 31. Oktober 2016). Sie leben in meist vom Militär geführten, überfüllten Zeltlagern oder Fabrikhallen fern der Öffentlichkeit. Die Menschen müssen einen trostlosen Alltag mit mangelnder Hygiene, Krankheiten, schlechter medizinischer Versorgung, Kälte und Unsicherheit durchleben.

Wie lange sie dort bleiben müssen, weiß niemand, denn schon die Registrierung ist ein Desaster. Seit der Schließung der Balkanroute im März 2016 sitzen diese Menschen in Griechenland fest, warten in vom Militär bewachten Notaufnahmelagern ohne Perspektive oder begeben sich mit Hilfe von Schleuser*innen in die Illegalität.

Doch nicht nur in den offiziellen Militärcamps herrschen katastrophale Zustände. Für diejenigen, die sich aus Angst vor Internierung oder Abschiebung in den Parks und Straßen Thessalonikis verstecken, ist die Situation noch dramatischer. Sie kommen hauptsächlich aus Ländern wie Afghanistan oder dem Irak und sind von jeglicher staatlicher Versorgung ausgeschlossen. Eine legale Weiterreise ist schlichtweg unmöglich. Obdachlose Kinder müssen über Monate in öffentlichen Parks schlafen.  Kranke und alte Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Allgemein anerkannte Menschenrechte sind durch die EU-Flüchtlingspolitik außer Kraft gesetzt.

 

 

EU-Relocation-Programm und die Umsetzung in Deutschland

 

Im September 2015 haben die EU-Staaten gemeinsam beschlossen, bis Ende 2017 insgesamt 160.000 schutzbedürftige Personen aus Griechenland und Italien in anderen Mitgliedstaaten aufzunehmen. Deutschland hat daran einen Anteil von rund 27.500 Personen. Laut Europäischer Kommission hat Deutschland bisher aber nur knapp 1% dieses Zieles erreicht (Stand: 11.11.2016).

Doch selbst diese Vereinbarung ist völlig unzureichend und schließt die von Abschiebung bedrohten, oftmals obdachlosen Menschen von vornherein aus.

Die Randstaaten und besonders Griechenland als eines der ärmsten Länder Europas mit dieser sich verschlimmernden Situation allein zu lassen, ist verantwortungslos und ungerecht.

 

 

Aufnahmebereitschaft in europäischen Städten

 

In Spanien hat sich bereits auf kommunaler Ebene das Netzwerk „Städte der Zuflucht“ gebildet: Barcelona, Valencia, Madrid, Zaragoza u.a. haben ihrer Regierung eine klare Botschaft gesendet: Sie sind zur weiteren Aufnahme von Geflüchteten bereit.

In Deutschland zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab: In zehn anderen deutschen Städten fordern Bürger*innen ihre Stadtparlamente dazu auf, sich auf kommunaler Ebene im eigenen Verantwortungsbereich für die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen einzusetzen. Damit wird ein Signal an die Bundespolitik gesendet, Verantwortung zu übernehmen und die im November 2015 zwischen den EU-Staaten getroffenen Zusagen zügig umzusetzen. Die Kommunalvertretungen in Osnabrück und Marburg haben bereits  entsprechende Beschlüsse gefasst.

Potsdam kann sich als erste ostdeutsche Stadt und erste Landeshauptstadt der Initiative dieser Städte anschließen und  öffentlich die Bereitschaft zur Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge erklären.

 

 

 

Chance für ein weltoffenes und tolerantes Potsdam

Die Stadt Potsdam, gemeinnützige Organisationen, Kirchengemeinden und unzählige Ehrenamtliche unterstützen die ankommenden Flüchtlinge in einem Maß, wie es kaum jemand für möglich gehalten hätte. Wir sind uns sicher, dass Potsdam auch bei der Aufnahme schutzbedürftiger Flüchtlinge aus Griechenland einen angemessenen Beitrag leisten kann.

Potsdam-Konvoi ist eine Initiative für Solidarität mit Geflüchteten und unterstützt zusammen mit Freiwilligen aus der ganzen Welt flüchtende Menschen in Griechenland. Durch die Beschlussfassung soll auch dieses Engagement unterstützt und gewürdigt werden.

Damit bekennt Potsdam erneut Farbe für Toleranz und Weltoffenheit und setzt dem zunehmenden Rechtspopulismus ein Signal der Solidarität und Humanität entgegen.

 

 

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