Mitteilungsvorlage - 17/SVV/0043
Grunddaten
- Betreff:
-
Studentisches Leben im historischen Stadtzentrum sichern
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Stadtplanung und Stadterneuerung
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, Fachbereich Stadtplanung und Stadterneuerung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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zur Kenntnis
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25.01.2017
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Erledigt
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Hauptausschuss
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zur Kenntnis
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08.02.2017
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Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:
Auf Grundlage des Beschlusses 16/SVV/0195 und in Ergänzung der Zwischennachricht aus der Mitteilungsvorlage 16/SVV/0546 teilt die Verwaltung Folgendes mit:
Am 04. November 2016 fand ein Gespräch zwischen dem Geschäftsbereich 4 in Vertretung für den Oberbürgermeister und Vertreter*innen der Potsdamer Hochschulen sowie der Studierendenvertretungen statt.
Ziel war es, Ansatzpunkte zu finden und Zielrichtungen zu formulieren, ob und wenn ja wie sich zusätzliche „Ankerpunkte“ für studentisches Leben und Wohnen in der Potsdamer Innenstadt über bereits bestehende Orte hinaus realisieren ließen. Als zweiter Schritt wurde die Umsetzungsfähigkeit möglicher Ideenansätze diskutiert.
Im Ergebnis des Gespräches ist festzustellen, dass von keinem der Beteiligten überraschende Forderungen an die Landeshauptstadt herangetragen wurden. Vielmehr konzentrierten sich diese auf folgende Punkte:
- Wohnraum für Studierende und junge Menschen
- Informelle Kommunikationsorte in zentraler Lage
- Flächen für Tagungen und Konferenzen in zentraler Lage
- Erhöhung der innerstädtischen Sichtbarkeit der Hochschulen und der Wissenschaftsetage
im Bildungsforum
Nach der Reflektion konkreter Beispiele (Betrieb der Studentenkneipe „Pub à la Pub“ in der Breiten Straße, dem Studentischen Kulturzentrum (KuZe) in der Hermann-Elflein-Straße und dem Betrieb der Wissenschaftsetage im Bildungsforum) legten alle Gesprächsteilnehmer dar, dass die aktuellen wirtschaftlichen Möglichkeiten durch den Betrieb bereits bestehender Einrichtungen weitestgehend ausgeschöpft seien.
Dies führte zu der Erkenntnis, dass sämtliche bereits bestehende Nutzungen in dieser Form nur deshalb möglich sind, weil
- ein hohes Maß an Eigenleistung bspw. durch die Studierendenschaft vorhanden ist,
- Einnahmen generiert werden (bspw. aus gastronomischen Betrieben),
- finanzielle Zuschüsse durch einen AStA beigesteuert werden können und
- eine Mietdeckelung durch den Eigentümer/Verwalter der entsprechenden Immobilie
vorhanden ist.
Zudem muss sich der Eigentümer/Verwalter bereit erklären, den erhöhten Aufwand von regelmäßig wechselnden Ansprechpartnern auf der Nutzer*innenebene durch entsprechende Kapazitäten der jeweiligen Immobilienverwaltung abzufedern.
Die Studierenden machten deutlich, dass das persönliche Engagement Vieler dazu beitrage, dass der Betrieb studentischer Einrichtungen gesichert werden könne. Über dieses nicht unbegrenzt zur Verfügung stehende Engagement hinaus seien die finanziellen Spielräume der Studierendenschaft limitiert. Die AStA’s haben zwar die Möglichkeit bestimmten Projekten finanzielle Zuschüsse zu gewähren. Da sich diese jedoch aus den Semesterbeiträgen der Studierenden selbst ableiten, ist auch hier die Höhe der Finanzierungsmöglichkeiten sehr begrenzt.
Um insbesondere die naturgemäß höhere Fluktuation auf der Ebene der potentiellen Nutzer*innen gegenüber dem Grundstückseigentümer oder Immobilienverwalter und dem Nutzer*innenkreis abzufedern, scheint ein zwischengeschalteter Träger für das Funktionieren unabdingbar zu sein. Diese Träger hingegen sind weitestgehend nur in der Lage Räume vergünstigt oder gar kostenlos zu überlassen, wenn dies beispielsweise durch die kostengünstige oder kostenlose Zurverfügungstellung/Nutzung von Grundstücken/Immobilien wirtschaftlich überhaupt darstellbar ist.
Die Landeshauptstadt Potsdam ist insofern nicht selbst in der Lage, das mit dem Beschluss 16/SVV/0195 formulierte Ziel zur Schaffung weiterer studentischer Ankerpunkte in der Innenstadt zu realisieren. Vielmehr bedarf es einer Investition für Erwerb und/oder Errichtung eines Gebäudes, wofür – je nach Lage und Umfang – unter Umständen Mittel aus der Städtebauförderung genutzt werden könnten.
Für die dauerhafte Unterhaltung einer zusätzlichen Einrichtung, gleich welcher Art, müssen jedoch ebenso entsprechende Mittel dauerhaft bereitgestellt werden. Da sich keine Hochschuleinrichtung oder studentische Einrichtung in direkter Zuständigkeit der Landeshauptstadt Potsdam befindet, kann dieses Ziel nur durch eine direkte Kooperation mit dem Land Brandenburg und den zuständigen Ministerien (MWFK, MdF und MIL) erreicht werden.
Inhalt des Gesprächs am 04.11.2016
Die Verwaltung stellte in groben Zügen die in den letzten rund 20 Jahren stattgefundene Entwicklung der Potsdamer Hochschulstandorte dar. Als Resultat der grundlegenden Entscheidung Anfang der 1990er Jahre, dass sich Brandenburger Hochschulen nur auf landeseigenen Grundstücken befinden sollten, entstand die für Potsdam typische mehrpolige Standortstruktur. Für die Fachhochschule wird auf dieser Grundlage seit Mitte der 1990er Jahre im Bornstedter Feld ein neuer Campus gebaut, der die vergrößerte Hochschule in Gänze aufnimmt.
Ziele des Gesprächs sollten sein sowohl Ansatzpunkte für mögliche studentische und/oder universitäre Projekte und Zielrichtungen zu erfahren, als auch im Umkehrschluss sodann eine mögliche Umsetzung zu beleuchten.
Seitens der Studierendenvertretungen wurden niedrigschwellige, öffentliche Zugangspunkte für breite Schichten der Bevölkerung gefordert. Zwar bestünden bereits derlei Projekte im Gebäude am Alten Markt, diese seien jedoch von außen kaum wahrnehmbar. Mit dem Abriss des alten FH-Gebäudes verlören einige studentische Initiativen (u.a. zwei selbstorganisierte Cafés, das Projekt READ – eine mehrsprachige Bibliothek als Begegnungsraum mit Geflüchteten) ihre zentral gelegenen Räumlichkeiten.
Daher sollten zentrums- und bahnhofsnah zusätzliche Räumlichkeiten geschaffen werden, um solche Begegnungsorte zu ermöglichen. Darüber hinaus wurde bezahlbarer Wohnraum bspw. für Studierende, Mehrgenerationenwohnen und Junges Wohnen gefordert.
Seitens der Vertreter*innen der Hochschulen wurde die Bedeutung und wichtige Arbeit des Bildungsforums und der Wissenschaftsetage (WIS) hervorgehoben. Aufgrund der intensiven Nutzung sollten jedoch Erweiterungsmöglichkeiten geprüft werden. Zudem fehle es insbesondere der WIS im öffentlichen Raum an für die Öffentlichkeit sichtbaren Zeichen.
Es sollte daher geprüft werden, ob bspw. der Verein ProWissen e.V. als Betreiber der WIS geeignet und in die Lage versetzt werden könnte, weitere Räumlichkeiten – vornehmlich mit unmittelbarem Bezug zum öffentlichen Raum – zu finanzieren und möglicherweise auch zu betreiben.
Die Filmuniversität Potsdam betonte, dass sie in den nächsten Jahren ihren Standort in Babelsberg mehr als Campus erlebbar machen möchte. Eine örtliche Bindung ist allein aufgrund der räumlichen Nähe zum Studio Babelsberg zwangsläufig. Dennoch benennt auch die Filmuniversität durch bestehende Projekte das Anliegen, Räumlichkeiten in zentraler Lage nutzen zu können (das erst am 08.02.2016 gegründete Brandenburgische Zentrum für Medienwissenschaften – Mitglieder sind u.a. alle Potsdamer Hochschulen – hat derzeit seinen Sitz im alten FH-Gebäude).
Zusätzlich wurde der Wunsch geäußert, möglichst in der Nähe von verkehrlichen Knotenpunkten wie dem Hauptbahnhof weitere Räumlichkeiten für wissenschaftliche Tagungen oder Kongresse zu schaffen.
Seitens der Hochschulen wird darauf hingewiesen, dass eine kürzlich entstandene Studie belege, dass – entgegen der landläufigen Annahme – viele Studierende an Potsdamer Hochschulen auch in Potsdam wohnen wollten. Gleichwohl liege dies nicht allein an der Attraktivität Potsdams sondern auch daran, dass der Wohnungsmarkt in dem entsprechenden Segment in Berlin ebenso angespannt ist und zunehmend weniger Angebote für Studierende bereithalte.
Das Studentenwerk legte dar, dass aktuell alle Wohnplätze im Bestand voll ausgelastet seien. Derzeit entstehe bspw. am Standort Golm ein Neubau, wo mit dem eher unkonventionellen Angebot von Doppelzimmern versucht wird, der hohen Nachfrage nach Wohnheimplätzen entgegen zu kommen. Über noch durchzuführende Sanierungsmaßnahmen bspw. in der Breiten Straße (ehem. Poststation) hinaus reichende Neubaumaßnahmen sind nicht möglich, da entsprechende Posten im Haushalt des Studentenwerks nicht vorhanden seien.
Es besteht unter den Anwesenden die einhellige Meinung, dass das gemeinnützig tätige Studentenwerk den deutlichen Vorteil hat, dass die Bereitstellung von Wohnraum für Studierende eine satzungsmäßige Grundaufgabe darstellt. Diese Aufgabe besteht solange, wie das Studentenwerk existiert, wohingegen private Anbieter eher wirtschaftliche Interessen verfolgen.
Zudem orientiert sich die Höhe der Miete des anzubietenden Wohnraums an der im BAföG festgesetzten Wohnkostenpauschale von aktuell 250,00€. Der zu diesen Konditionen angebotene Wohnraum bestehe durch die satzungsmäßige Bindung über einen sehr langen Zeitraum hinweg.
Private Anbieter von kleinen Wohnungen, die auch für Studierende geeignet sind, müssten sich hingegen nicht zu denselben Mietkonditionen verpflichten. In der Praxis liegen die Mietpreisangebote bei 400,00€ und höher, zumal hier – wenn überhaupt – deutlich kürzere Zeiträume für Mietpreisbindungen vereinbart werden.
Dennoch gilt auch für das Studentenwerk, dass Neubauten wirtschaftlich nicht über die oben dargestellten Kostenpauschalen hergestellt und refinanziert werden können und somit finanzielle Zuschüsse für Neubauten eine unabdingbare Voraussetzung darstellen. Aufgrund des allgemein steigenden Preisniveaus wird dies künftig auch mindestens in Teilen für bestehenden Wohnraum gelten – zumindest, wenn weiter die durch die Wohnkostenpauschale definierte Höhe der Mieten angeboten werden soll.
Für aktuelle Neubaumaßnahmen des Studentenwerks lassen sich die wirtschaftlichen Bedingungen für die Einhaltung dieses Rahmens wie folgt beschreiben:
- Das entsprechende Grundstück muss durch das Land kostenfrei übertragen oder zu einem
Erbbauzins von 0% bereitgestellt werden.
- Für die Investition muss neben einer anteiligen Kreditfinanzierung auch ein
Investitionskostenzuschuss aus dem Landeshaushalt bereitstehen, damit die jährlich zu
zahlenden Zins- und Tilgungsanteile der Kreditfinanzierung begrenzt bleiben.
- Für die verbleibende Belastung der Refinanzierung der Bewirtschaftung und der Verwaltung
ist gleichwohl die Miete in Höhe der Wohnkostenpauschale nicht auskömmlich, sodass mit der Vergrößerung der Wohnheimbestände auch eine Anhebung der laufenden Subventionierung des Studentenwerks einhergehen muss.
- Erschwerend für die Projekte ist die Vorgabe, dass eine Kreditfinanzierung ausschließlich
über Mittel des Landes erfolgen darf; eine – in der Regel günstigere – Kreditaufnahme am Kapitalmarkt wird seitens des Landes ausgeschlossen.
In der Folge wird das Modell studentischer Einrichtungen am Beispiel des Pub à la Pub in der Breiten Straße und des KuZe in der Hermann-Elflein-Straße erläutert. Aus der Darstellung ergeben sich die bereits oben zusammenfassend benannten Rahmenbedingungen zum Betreiben bestehender studentischer Einrichtungen. Diese Rahmenbedingungen lassen sich ebenso auf das Betreiben der Wissenschaftsetage im Bildungsforum übertragen.
Zwischen den Teilnehmenden ist verabredet, weiter im Gespräch zu bleiben. Die Verwaltung wird ihrerseits prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, die dem Grundanliegen entsprechenden Zielvorstellungen zu befördern. Es besteht die einhellige Meinung, dass dies nur gemeinsam zwischen allen Beteiligten geschehen kann und muss.