Mitteilungsvorlage - 16/SVV/0851

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

Mit dem Beschluss der “Richtlinie zur Kostenbeteiligung bei der Baulandentwicklung“ (Vorlage 12/SVV/0703) vom 30.01.2013 hat die Stadtverordnetenversammlung ausdrücklich bestimmt, dass auch bei bereits eingeleiteten Bebauungsplanverfahren

spätestens mit Einbringung des Auslegungsbeschlusses nachzuweisen (ist), dass von den von der Planung begünstigten Eigentümern bzw. Vorhabenträgern eine Zustimmung gemäß Anlage 1 der Begründung zu dieser Richtlinie vorliegt“;

damit erkennen die jeweiligen Eigentümer die Inhalte der Richtlinie an und erklären sich in deren Anwendung bereit, entsprechende Lasten im Gegenzug zu den durch die Bauleitplanung gewonnenen Baurechten zu übernehmen, erklären die Bereitschaft zum späteren Abschluss eines entsprechenden Städtebaulichen Vertrages und verpflichten sich, diese Erklärungen auch wirksam an etwaige Nacherwerber weiterzugeben.

Diese Vorgehensweise entspricht der konsequenten Umsetzung des Grundsatzes der Richtlinie, dass neue Baurechte, die Infrastrukturbedarfe auslösen, nur dann geschaffen werden sollen, wenn diejenigen, die den wirtschaftlichen Vorteil aus der Entwicklung der Grundstücke ziehen, sich mit einem Teil dieser Werterhöhung auch an den Lasten der Allgemeinheit für die Erstellung der Infrastruktur beteiligen.

 

Eine solche Situation ist im Fall des Bebauungsplan Nr. 22 Am Weinberg“ im Ortsteil Groß Glienicke gegeben:

Die Gemeindevertretung der ehemaligen Gemeinde Groß Glienicke hat in ihrer Sitzung am 07.08.1997 den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 22 „Am Weinberg“ gefasst. Die Landeshauptstadt Potsdam als Rechtsnachfolger führt nun das Bebauungsplanverfahren, nach Änderung des räumlichen Geltungsbereichs, weiter. Die Bekanntmachungen zu den Änderungen des räumlichen Geltungsbereiches erfolgten im Amtsblatt der Landeshauptstadt Potsdam Nr. 5 vom 26.02.2009 und Nr. 7 vom 30.06.2016.

 

Mit der frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung im Zeitraum vom 19.09. bis zum 20.10.2016 anhand des Vorentwurfs zum Bebauungsplan sind die Ziele und Zwecke der Planung konkretisiert worden:

 

Ziel der Planung ist die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine geordnete städtebauliche Entwicklung für die Zulässigkeit von Wohnen, eine strukturverträgliche und behutsame Verdichtung der noch unbebauten Grundstücke und Teilflächen sowie die Einbindung in den sensiblen Landschaftsraum, die Sicherung einer Freihaltezone (Grünzug) im Bereich der Straße Am Park als zusätzliche Schutzzone zum denkmalgeschützten Gutspark von Groß Glienicke, die Sicherung der inneren Erschließung aufgrund der ungünstigen Zuschnitte der betroffenen Flurstücke sowie die Sicherung einer öffentlichen Durchwegung zum Uferweg unter Berücksichtigung der Uferkonzeption für den Groß Glienicker See.

 

Da durch die Aufstellung des Bebauungsplans zusätzliche Baurechte für Wohnungsbau geschaffen werden, findet hier die “Richtlinie zur Kostenbeteiligung bei der Baulandentwicklung“ in der beschriebenen Form Anwendung.

 

Innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans ist nach dem aktuellen Stand der Planung im Rahmen der Nachverdichtung bei voller Ausschöpfung der zusätzlichen Bebauungs­glichkeiten für Wohngebäude/Wohnnutzung die Errichtung von 8.110 m² Geschoßfläche (GF) möglich. Angenommen wird ein Anteil der Wohnnutzung von 100 % in den Reinen Wohngebieten und von 90 % in den Allgemeinen Wohngebieten. Dies entspricht ca. 7.800 m² Geschossfläche für Wohnnutzungen. In Abhängigkeit von der errechneten Anzahl der zusätzlichen Einwohner für das geplante Quartier und dem geplanten Wohngebäudetyp sind unterschiedliche Wohnungsschlüssel der Berechnung zugrunde zu legen. Im Falle des Bebauungsplans wird der Wohnungsschlüssel für ein Einfamilienhausgebiet (durchschnittliche Wohnungsgröße 120 m²; 2,7 Einwohner je Wohnung) angesetzt.

 

Rechnerisch ergibt sich nach dem Stand der aktuellen Planung (Vorentwurf 19.02.2016) und der Anwendung der aktuell noch gültigen Richtlinie zur Kostenbeteiligung ein Bedarf von 11 Plätzen in Kindertageseinrichtungen (Krippe, Kita, Hort) und von 7 Grundschul-Plätzen.

 

Die anteiligen Investitionskosten für den Neubau oder die Erweiterung einer Kindertagesstätte und einer Grundschule werden Gegenstand des Folgekostenvertrags mit den jeweiligen Grundstückseigentümern sein, sofern der ermittelte Bedarf in den benachbarten Einrichtungen im Planungsraum 101 (Groß Glienicke, Krampnitz, Sacrow) rechnerisch nicht gedeckt werden kann. Die detaillierte Prüfung steht im weiteren Verfahren an.

 

Die Richtlinie zur Kostenbeteiligung wurde im Jahr 2016 evaluiert und zum Potsdamer Baulandmodell fortgeschrieben (16/SVV/0728), das am 07.12.2016 in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht wird. Sollte das Potsdamer Baulandmodell durch Übergangsreglungen Anwendung auf den Bebauungsplan Nr. 22 finden, können durch Anpassung der Versorgungsquoten für soziale Infrastruktur, die Aktualisierung der Herstellungskosten je Platz in diesen Einrichtungen sowie die neu aufgenommene Verpflichtung zum mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungsbau weitere Kosten auf die Planungsbegünstigten im Gebiet zukommen. Dabei stellen die (beibehaltenen) Regelungen für die Angemessenheit und Zumutbarkeit darauf ab, dass jeweils ein Drittel der Werterhöhung dem jeweiligen Eigentümer verbleiben soll.

 

Insgesamt sind im Plangebiet, neben der Stadt als Grundstückseigentümerin, weitere sechs Grundstückseigentümer, denen mit dem Bebauungsplan mehr Baurechte für den Wohnungsbau eingeräumt werden sollen, von der Richtlinie betroffen.

 

Mit Schreiben vom 26.04.2016 ist in Umsetzung der eingangs dargestellten Verfahrensregelung Kontakt mit den Eigentümern aufgenommen worden, um die erforderliche Zustimmungserklärung zur Anwendung der Richtlinie zur Baulandentwicklung zu erhalten. Jedem dieser Eigentümer sind Gespräche hierzu angeboten worden. Mit gleichem Schreiben ist den Eigentümern der Vorentwurf des Bebauungsplans (Stand Februar 2016) und die Gestaltungskonzepte (Vorzugsvariante und Alternativvorschlag) zur Kenntnis gegeben worden mit dem Angebot, ihre Anregungen und Bedenken zur Umsetzung der Planungsziele im Bebauungsplan vorzubringen.

 

Eine Eigentümerin (Erbengemeinschaft) erklärte schriftlich, dass kein Gesprächsbedarf bestünde. Die Planung würde grundsätzlich abgelehnt, da eine bauliche Entwicklung nicht gewünscht wird.

Eine weitere Eigentümerin (Erbengemeinschaft) teilte schriftlich mit, dass auf Grund der zu erwartenden Kosten keine Unterzeichnung der Zustimmungserklärung erfolgen könne und aus diesem Grunde nur eine Grundstücksveräußerung in Frage kommen würde, die erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen würde.

 

Vier Eigentümer haben das Gesprächsangebot wahrgenommen, Die Gespräche erfolgten in der Zeit vom 12.05.2016 bis 22.06.2016. 

In den Gesprächen wurden die Planungsziele des Bebauungsplans und die Regelungen der Richtlinie zur „Kostenbeteiligung bei der Baulandentwicklung“ erläutert. Hinsichtlich der Fälligkeit der Zahlung des Kostenbeitrages wurde als Alternative auch angeboten, den fälligen Kostenbeitrag über die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch zu sichern. Die Zahlung würde dann erst mit der Erteilung der Baugenehmigung fällig werden. Sollte das Grundstück verkauft werden, würde die Zahlungsverpflichtung auf den Käufer übergehen.

Entsprechend dem eingangs dargestellten Grundprinzip der Richtlinie wurde in den Gesprächen darauf hingewiesen, dass das Bebauungsplanverfahren und damit die Schaffung von zusätzlichen Baurechten nur fortgeführt werden wird, wenn alle Eigentümer im Bebauungsplangebiet, die voraussichtlich zusätzliche Baurechte erhalten, die Zustimmungserklärung unterzeichnen. In den Gesprächen ist um Zurücksendung der unterschriebenen Zustimmungserklärung bis zum Ende des Sommers 2016 gebeten worden.

 

Im Ergebnis der Gespräche waren zwei Eigentümer grundsätzlich an der baulichen Entwicklung ihrer Grundstücke interessiert und äußerten ihre Anregungen und Bedenken hinsichtlich des Maßes der Nutzung und der geplanten Erschließung.

Zwei Eigentümer stehen der Planung kritisch gegenüber. Eine Eigentümerin bezweifelt, dass es zu einer Einigung innerhalb der Erbengemeinschaft kommen wird, vielmehr dazu tendiert wird, keine zusätzlichen Baurechte in Anspruch nehmen zu wollen. Eine andere Eigentümerin sieht sich durch die Festsetzungen des Vorentwurfes zum Bebauungsplan hinsichtlich der beschränkten Nutzung ihres Grundstücks aufgrund der Freihaltezone zwischen den denkmalgeschützten Parkanlagen und der Bebauung an der Straße Am Park benachteiligt und fordert eine entsprechende Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplans.

 

Da bis Ende August 2016 keine Rückmeldungen der Eigentümer bzw. keine unterschriebenen Zustimmungserklärungen vorlagen, ist mit Schreiben vom 02.09.2016 hieran erinnert worden mit der Bitte um Rücksendung der unterschriebenen Zustimmungserklärung bis zum 30.09.2016.

 

Von einer Eigentümerin gab es daraufhin keine Rückmeldung.

Eine Eigentümerin bat um Neubewertung ihres Grundstückes, aufgrund der aus ihrer Sicht eingeschränkten baulichen Nutzung.

Ein Eigentümer erklärte schriftlich das grundsätzliche Interesse an einer baulichen Entwicklung seines Grundstücks sofern hinsichtlich der Erschließung die Alternativvariante gewählt werden würde.

Zwei Eigentümer erklärten schriftlich, dass sie die Planung ablehnen, da keine bauliche Entwicklung gewünscht ist bzw. dass sie sich aus der Planung zurückziehen, da das Grundstück nunmehr veräert werden soll.

Eine Eigentümerin bat nach Ablauf der Frist zur Übersendung der unterzeichneten Zustimmungserklärung um einen Gesprächstermin. Dieser fand am 02.11.2016 statt. Im Ergebnis des Gesprächs erklärte die Eigentümerin, dass derzeit aufgrund der Höhe des zu erwartenden Kostenbeitrages keine Unterzeichnung der Zustimmungserklärung erfolgen kann. Der Vorschlag, den fälligen Kostenbeitrag über die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch zu sichern, wird ebenfalls abgelehnt.

 

Nach Ablauf der Frist lagen durchgängig keine unterschriebenen Zustimmungserklärungen vor. Im Ergebnis ist also festzustellen, dass die nach den Prinzipien der Richtlinie erforderliche Bereitschaft der Eigentümer zur Anwendung der Richtlinie zur Kostenbeteiligung bei der Baulandentwicklung“ derzeit nicht gegeben ist.

 

Bei konsequenter Handhabung der genannten Prinzipien der Kostenbeteiligung seitens der Planungsbegünstigten kann vor diesem Hintergrund das Aufstellungsverfahren zum Bebauungsplan Nr. 22 "Am Weinberg" (OT Groß Glienicke) nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Das Verfahren wäre damit jedenfalls in seiner bislang verfolgten Abgrenzung zunächst einzustellen. Eine entsprechende Beschlussvorlage dazu ist in Vorbereitung.

 

Dieses Vorgehen steht allerdings in einem Spannungsverhältnis zu dem zwischenzeitlich durch weitere Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung bekundeten Interesse, die Sanierung des “Haus Alexander“ und den Ausbau dieses Standortes zu einer Stätte aktiven Gedenkens und interreligiöser Begegnung zu befördern. Für diese Nutzungsansprüche sind über die Sanierung des “Haus Alexander“ hinaus weitere bauliche Anlagen erforderlich, für die ihrerseits Baurecht geschaffen werden muss.

Eine Lösung für diese divergierende Interessenlage kann darin liegen, für den Ausbau des Standortes “Haus Alexander“ einen räumlich enger abgegrenzten Vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen, der die erforderlichen Baurechte schafft, ohne die planungsrechtlichen Ansprüche in der Umgebung maßgeblich zu verändern. Dieser Ansatz muss nunmehr weiter vertieft geprüft werden.

 

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