Mitteilungsvorlage - 17/SVV/0372
Grunddaten
- Betreff:
-
Dach- und Fassadenbegrünung, eine "Gründachstrategie" für die Landeshauptstadt Potsdam
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Kommunikation, Wirtschaft und Beteiligung
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, FB Kommunikation, Wirtschaft und Beteiligung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Unterbrochen
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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zur Kenntnis
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03.05.2017
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Erledigt
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Ausschuss für Klima, Ordnung, Umweltschutz und ländliche Entwicklung
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zur Kenntnis
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18.05.2017
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Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:
Obwohl Potsdam mit seinen zahlreichen Seen und Wäldern ein eher hitzeresistentes Klima gegenüber anderen Städten hat, hat sich die Landeshauptstadt Potsdam in den vergangenen Jahren bereits mit den möglichen positiven Einflüssen von Fassaden- und Dachbegrünungen befasst, wohl wissend das hierbei Nutzungskonflikte bzw. Flächenkonkurrenzen durch Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen gelöst werden müssen.
In Kooperation mit dem städtischen Wohnungsunternehmen, den Stadtwerken, dem kommunalen Immobilienservice, dem Fachbereich Stadtplanung und Stadterneuerung hat die mit dem Beschluss 16/SVV/0330 beauftragte Prüfung folgendes ergeben:
1. konzeptionelle Überlegungen und Strategien
Im Integrierten Klimaschutzkonzept der LHP aus dem Jahr 2010 wird das Thema „Gründächer und –fassaden“ im Rahmen der Maßnahmen 3-30 „Rückhaltung von Wasser in der Landschaft“, sowie 3-33 „Sicherung und Steigerung des innerstädtischen Grünvolumens sowie Entsiegelung in klimatisch belasteten und mäßig belasteten Gebieten“ adressiert.
Im „Klimaschutzteilkonzept - Anpassung an den Klimawandel in der Landeshauptstadt Potsdam“ ist das Thema verankert in der Maßnahme 4-10 „Klimaanpassung im Quartier“, 4-11 „Berücksichtigung der besonderen Anforderungen an Gebäude/Architektur“ sowie mittelbar in der Maßnahme 4-6 „Sicherung und Steigerung des innerstädtischen Grünvolumens sowie Entsiegelung“.
Beide bereits abgeschlossenen Gutachten im Bereich Klimaschutz / Klimaanpassung behandeln das Thema nur als Teilkomponenten in allgemeiner angelegter Maßnahmen. Ein eigentlicher Strategieansatz wird dahingegen im derzeitigen Entwurf der Maßnahmenliste des Masterplan Klimaschutz der LHP (Maßnahmenliste Version 1.0) durch die Maßnahme 24.3 „Entwicklung einer systematischen Strategie der Dach- und Fassadenbegrünung“ verfolgt.
Mit Fertigstellung des Gutachtens zum Masterplan im dritten Quartal 2017 werden in der detaillierten Maßnahmenbeschreibung die zu erarbeitenden Inhalte der Dach-und Fassadenbegrünungsstrategie definiert.
2. bisherige Maßnahmen des kommunalen Unternehmens und des KIS
2.1.ProPotsdam GmbH
Die ProPotsdam GmbH hat vereinzelt im Rahmen von Modernisierungs-und Instandsetzungsmaßnahmen Fassadenbegrünungen und Dachbegrünungen von Gebäudeteilen untergeordneter Funktion (z. B. Vordächer, Funktionsgebäude) umgesetzt. Erfahrungen mit intensiver Dachbegrünung liegen für den Gebäudekomplex "Nutheschlange" vor und sind im Ergebnis negativ zu bewerten. Die Begrünungen setzen absolute Sorgfalt bei der Planung, wie auch der handwerklichen Umsetzung voraus, sie erfordern nicht nur einen großen pflegerischen Aufwand und sie setzen die Akzeptanz und entsprechende Behandlung durch die Mieter/Nutzer voraus. Dies war leider in der Vergangenheit nicht immer gegeben. Eine Anfrage beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e.V. (BBU) zu gelungenen Beispielen anderer Wohnungsunternehmen in der Region blieb bislang ohne positive Rückmeldung.
Derzeit werden 5 Bestands-Objekte der ProPotsdam – DDR-Plattenbauten in den Wohngebieten Stern, Schlaatz, Potsdam West, Waldstadt 2 und Drewitz – auf Ihre Machbarkeit geprüft. Sofern die Frage der Kostenbeteiligung und damit die Wirtschaftlichkeit zur Errichtung von Dach-und Fassadenbegrünungen geklärt ist, können bei neu zu planenden Sanierungs-und Neubauvorhaben die Machbarkeit und Realisierung untersucht werden. Kritisch zu hinterfragen sind die in dem empfohlenen Leitfaden benannten Mehrkosten für eine extensive Dachbegrünung.
Der Kostenvergleich bezieht sich auf ein Kiesdach, womit folglich übliche statische Untersuchungen und notwendige Ertüchtigungen, vor allem bei der Sanierung von Bestandsdächern, nicht eingerechnet wurden.
Die zu erwartenden Mehrkosten müssten z.B. durch die Inanspruchnahme von Fördergeldern ausgeglichen werden, um die übliche Wirtschaftlichkeit der Vorhaben darstellen zu können. Derartige Förderprogramme sind jedoch derzeit nicht bekannt; im sozialen Wohnungsbau sind bei vorgegebenen Mieten derzeit keine Fördergelder für diese Mehrkosten zu erwarten.
2.2. Kommunaler Immobilienservice KIS
Der KIS hat bei verschiedenen Neubauten und Sanierungen bereits Gründächer realisiert, so z.B. bei der Hauptfeuerwache Potsdam, dem Hans- Otto- Theater, dem Parkhaus Schiffbauergasse und bei der Grundschule 6 in Groß Glienicke. Auch bei künftigen Bauvorhaben sind Gründächer im Gespräch. Grundsätzlich eignet sich jedes Bestandsgebäude und jeder Neubau des KIS mit einem Flachdach und einer Neigung von unter 5°, sofern die folgenden Punkte geklärt sind:
1.Gründächer und Fassadenbegrünungen stellen derzeit freiwillige Zusatzaufgaben bei den Bauvorhaben dar. Die Finanzierung der entstehenden Mehrkosten bei der Investition und im Betrieb (z.B. Pflegekosten) im Rahmen einer umfassenden Gründachstrategie muss gesichert werden. Dabei ist zu beachten, dass der KIS für den Zeitraum von Kreditaufnahmen für pflichtige Investitionsaufgaben (z.B. Sanierung/Erweiterung/Neubau von Schulen), keine nichtpflichtigen Investitionen in seine Investitionsplanung aufnehmen darf, die über Eigenmittel der LHP oder des KIS finanziert werden. Die Finanzierung der Zusatzkosten für Gründächer und Fassadenbegrünung muss dem zu Folge ausschließlich über die Einwerbung entsprechender Drittmittel erfolgen.
2.Ungefähr 80.000 m² Dachfläche wurden seit Gründung des KIS bereits saniert. Die Vielfalt der Gebäude im Bestand und deren jeweiliger Sanierungsstand erfordert eine individuelle Eignungsprüfung für jedes Gebäude hinsichtlich Standort und technischer Machbarkeit.
3.Hinzuweisen ist auf das Problem der Flächenkonkurrenz von Gründach und Photovoltaik- Anlagen. Eine flächendeckende Nutzung eines Gründaches mit PV führt zur Verschattung der Dachfläche. Das Wachstum der Pflanzen wird behindert und es kann zu einer Taupunktverschiebung in die Dachdämmung mit entsprechenden Baufolgeschäden kommen. Der Handlungsleitfaden der Stadt Heidelberg für Gründächer empfiehlt daher eine Reduzierung der PV- Anlagen auf 25 % der Dachfläche. Eine kleinere PV- Fläche führt zwangsläufig zu Einbußen im Stromertrag, reduziert damit den Anteil an erneuerbarer Energien und widerspricht damit den Klimaschutzzielen der LHP. Kleinere PV- Flächen schrecken auch potentielle Investoren ab, diese sind vordringlich an großen Flächen interessiert. Im Rahmen der Strategieentwicklung muss daher geklärt werden, welche Technologie Vorrang haben soll.
Zum Abschluss ist anzumerken, dass der im Beschluss bezeichnete Leitfaden „Dachbegrünung für Kommunen“ u.a. auch vom Dachgärtnerverband erstellt wurde. Ein Positionspapier dieses Verbandes benennt die investiven Zusatzkosten für eine pflegearme Extensivbegrünung mit 30 – 50 Euro pro m² Dachfläche und die Pflegekosten mit 0,5- 1,0 Euro pro m² Dachfläche und Jahr. Diese Kostenangaben sind kritisch zu hinterfragen.
3. weitere Vorgehensweise
Nach derzeitigem Erkenntnisstand soll eine Dach-und Fassadengrünstrategie folgende Ziele beinhalten:
- Die Dach-und Fassadenbegrünungsstrategie wird gesamtstädtisch angelegt, eine Beschränkung auf die Gebäude städtischer Wohnungsunternehmen oder städtische Liegenschaften wird aufgrund funktionaler biotischer und abiotischer Zusammenhänge nicht verfolgt.
- Die Dach-und Fassadenbegrünungsstrategie wird auf der räumlichen Konkretisierung entsprechend des Umweltmonitorings der LHP arbeiten (Block- / Teilblockebene).
- Die Dach-und Fassadenbegrünungsstrategie soll den derzeitigen Umsetzungsstand für alle Gebäude in der LHP erfassen. Hierzu wird eine Ergänzung des derzeitigen Umweltmonitorings der LHP empfohlen.
- Aufgrund der derzeitigen und zu erwartenden Stadtstruktur in Potsdam wird funktional ein Schwerpunkt auf die Entwicklung der bioklimatischen Funktion von Dach- und Fassadenbegrünung gelegt (Biotopausstattung, Wasserrückhalt, Emissionsschutz). Gründächer als tatsächlich nutzbare Grünflächen (Erholungsfunktion) werden dagegen nur im Einzelfall zur Anwendung kommen. Hieraus ergibt sich der Zielschwerpunkt auf die Steigerung der extensiven Dachbegrünung in Potsdam.
- Die bioklimatisch belasteten Räume in Potsdam wurden modellhaft, d.h. nicht auf der Grundlage von Messungen, bereits im Rahmen der Klimaschutzstrategie 2010 im status-quo dargestellt. Im Zuge städtebaulicher Verdichtung und Erweiterung des Stadtgebietes ist im Planungshorizont des Masterplans bis 2050 mit deutlichen Veränderungen zu rechnen. Die Karte der belasteten Räume muss dementsprechend im Rahmen der Strategieerarbeitung aktualisiert und modellhaft auf zukünftige Belastungen fortgeschrieben werden.
- Eine Kombination mit gebäudebezogenen Maßnahmen des Klimaschutzes oder als weitergehender Ersatz konventioneller Klimaschutzmaßnahmen ist grundsätzlich möglich und insbesondere in Hinblick auf den Hitzeschutz in Gebäuden zu untersuchen (Vermeidung energetischer Aufwände für Klimatisierung).
- Zur Aktivierung des Umsetzungspotentials insbesondere in privaten Liegenschaften wird die Einrichtung einer „Gründachwebsite“ nach dem Vorbild der Solarpotentialseite der LHP angestrebt. Hierzu sollen Gründachpotentiale auf der Basis eines 3D-Stadtmodells zunächst gebäudeweise schematisch ermittelt und im Rahmen eines interaktiven Tools für Interessierte bereitgestellt werden.
Fazit:
Angestrebt wird eine gesamtstädtische Dach-und Fassadenbegrünungsstrategie. Diese Strategie soll die klimatisch belasteten und damit für eine Begrünung wirksamen Räume definieren. Weiterhin soll die Strategie Empfehlungen zur Auflösung des Nutzungskonfliktes von Dachflächen zwischen Photovoltaiknutzung, Solarthermienutzung und Begrünung geben und die tatsächlichen finanziellen Anreizpotenziale in Abhängigkeit von der klimatischen Wirkung darstellen.
Zur Aktivierung von Umsetzungspotenzialen soll eine Gründachwebseite erarbeitet werden.