Antrag des Ortsbeirates - 21/SVV/0355

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Der Ortsbeirat möge beschließen:

 

Der Oberbürgermeister wird aufgefordert, die folgende Stellungnahme des Ortsbeirates Uetz-Paaren zum Anhörungsverfahren zur Planfeststellung für das Verfahren „Neubau der einseitigen Tank- und Rastanlage Havelseen an der linken Richtungsfahrbahn der BAB 10, km 130,00  (AZ: 2112-31101/0010/047) des Landes Brandenburg an das Landesamt für Bauen und Verkehr zu übermitteln.

 

Wir als demokratisch gewähltes Gremium haben die Interessen der Bürger/-innen des Potsdamer Ortsteiles Uetz-Paaren zu vertreten. In dieser Aufgabe haben wir uns entschieden, das oben genannte Bauvorhaben abzulehnen. Unsere Gründe zur Ablehnung sind vielfältig und werden im folgenden betrachtet.

 

Planung und Einbeziehung der Bevölkerung

 

Die Stadt Potsdam und damit auch die Ortsteile wurden  im August 2020 über das Bauvorhaben Rasthof Havelseen informiert. Zu diesem Zeitpunkt war das Projekt nach mehrjähriger Planungsphase mehr oder weniger planfeststellungsbereit. Jahrelang wurde von Seiten des Landesbetriebes Straßenwesen intensiv an dem Bauvorhaben gearbeitet, ohne die Stadt Potsdam oder auch die Bevölkerung vor Ort darüber zu informieren oder gar miteinzubeziehen. Bei jedem größerem privat- oder auch kommunalrechtlichen Bauvorhaben gehört es seit Jahren zum noch nicht durch Gesetz gegebenen Standard, die Gesellschaft frühzeitig miteinzubeziehen um Konfliktpotenzial zu erkennen und auszuwerten. Man muss leider annehmen, dass nach der gescheiterten Standortsuche vor Jahren auf Höhe der Ortslage Priort die späte Information an die betroffenen Kommune wohl nicht ganz unbeabsichtigt war. Gerade bundes- oder landeseigene Bauvorhaben bzw. Projekte sollten hinsichtlich Transparenz, Akzeptanz, Diskussion und Information eine Vorbildfunktion ausüben, die durch das Bauvorhaben Rasthof Havelseen leider ganz und gar nicht dargestellt wird.

 

 

Flächennutzungsplan Stadt Potsdam

 

Ein Flächennutzungsplan ist ein Instrument der räumlichen Planung, in dem die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung einer Gemeinde dargestellt wird. Durch seine regelmäßige Aktualisierung unter Einbeziehung aller relevanten Akteure vor Ort sollte er ein relativ sicheres Spiegelbild bzw. Leitfaden einer wo glichen städtebaulichen Entwicklung sein, auf das sich auch gern die  Ortsbeiräte bei Fragen zur weiteren Ortsteilentwicklung stützen. gliche Gefahren der Zersiedlung der Landschaft des Potsdamer Nordraums und einer nicht nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung in dem Gebiet können und müssen so vermieden werden.

Nach Aussage der Stadtverwaltung Potsdam  zur Aktualisierung des FNP im Jahr 2014 hat der Landesbetrieb Straßenwesen hier keine Aussagen zu einer möglichen Rastanlage getätigt, wobei die betroffenen Flächen klar als landwirtschaftliche Nutzung dargestellt werden. Hier hatte der Projektträger schon frühzeitig die Möglichkeit, die er aber nicht genutzt hat, Flächen für sich in Anspruch zu nehmen.hrt dieser nun an, zum damaligen Zeitpunkt noch keine planerischen Absichten verfolgt zu haben, kann der bestätigte Flächennutzungsplan der Stadt Potsdam wohl mit Recht einen zeitlich inhaltlichen Vorsprung und damit auch Bestand für sich verbuchen.

 

 

Verkehrslage

 

Der LKW-Verkehr auf unseren Autobahnen nimmt immer weiter zu und damit natürlich auch der Rastplatzbedarf für diesen. Dieser Fakt ist unumstritten. Wird dieser aber als Argument für den Rasthofneubau in Höhe Paaren angesetzt, so muss doch nachgefragt werden, wieviel zusätzliche LKW-Standflächen dadurch geschaffen werden. Die Raststätte "Havelseen" schafft keine neuen Stellplätze für LKW, sie ersetzt lediglich die vorhandenen Stellptze auf der bisherigen Rastanlage Wolfslake sowie zwei weiteren Parkplätzen an der A 10 zwischen Potsdam Nord und Spandau.

 

 

Ertüchtigung Rasthof Wolfslake

 

In einem gemeinsamen Positionspapier haben die Gemeinde Schönwalde-Glien und die Stadt Potsdam sich ausdrücklich für den Standort Wolfslake ausgesprochen. Der Erhalt von Wolfslake wird von der Gemeinde Schönwalde-Glien ausdrücklich gewünscht. Die vorhandene Anlage dort ist modernisierbar und erweiterungsfähig. Wird dieser Sachverhalt von Seiten der Autobahn GmbH bestritten, muss hier gesagt werden, dass zum einen die diesbezüglichen vorhabenträgerseitigen Untersuchungen und Überlegungen offenkundig veraltet sind. Ursprünglich stammen diese aus dem Jahr 1998 und wurden  2014/2015 letztmalig überarbeitet. Ohne eine aktuelle Überprüfung der Sachlage, z. B. hinsichtlich der heutigen Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Medienerschließung des Standortes Wolfslake (resp. Anschluss an das öffentliche Trink- und Abwassernetz), sind die damaligen Prüfergebnisse offensichtlich nicht mehr verwendbar.

 

 

Naturschutz

 

Der Neubau einer Rastanlage mit einer über 20ha großen Fläche am Standort Paaren würde zu massiven Auswirkungen auf den dort vorzufindenden Naturraumhren.

Es kann und wird zu erheblichen Störungen innerhalb von Biotopverbundsystemen zwischen benachbarten Schutzgebieten kommen.

Lebensräume von zum Teil streng geschützten Tierarten wie Kiebitz, Feldlerche Pirol, Wiedehopf und Neuntöter werden stark beeinträchtigt oder beseitigt. Das bedeutet, dass man diese zum Teil nach Durchführung des Projektes an diesem Standort nicht mehr wiederfinden wird. Mag es durch Verlust des Brutplatzes oder wie beim ansässigen Fischadler durch die Beeinträchtigung des Nahrungsgebietes sein.

In der näheren Umgebung sind Obstwiesen zu finden, die als Biotopstrukturen eine hohe Schutzwürdigkeit haben. Das Zielkonzept des Landschaftsplans sieht hier den Erhalt und die Entwicklung dieser  vorhandenen hochwertigen Biotopflächen und -strukturen vor.

Hinsichtlich des aktuellen Flächennutzungsplanes beansprucht das Projekt eine Fläche, die für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft ausgewiesen ist.

 

 

Boden als zu schützendes Gut

 

Der ländliche Potsdamer Norden ist in seinen Freiflächen stark durch eine landwirtschaftliche ackerbauliche Produktion geprägt. Die dazu notwendigen Ackerflächen spiegeln die gesamte in Brandenburg vorkommende Bandbreite an Bodenwertigkeiten hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit und damit auch ihres möglichen Ertragspotenzials wieder.

Nun wurde die Raststätte Havelseen auf einer Ackerfläche geplant, die großfchig Böden mit Bodenzahlen über 42 und auch nicht unwesentlich über 50 aufweißt. Dies zeigt die mittels Acker- und Grünlandschätzungsrahmen der Bodenkundlichen Kartieranleitung KA5 (Ad-hoc-AG Boden, 5. Auflage 2005) abgeleitete Bewertung der Bodenfruchtbarkeit in Form von Reinertragszahlen (Bodenzahl für Ackerboden sowie Grünlandgrundzahl für Grünland).

Solch hochwertige Ackerböden kommen im gesamten Land Brandenburg und konkret  im Potsdamer Raum nur in einem kleinen Umfang vor. Nach den vorliegenden Daten zur Bodenschätzung weisen nur ca. 19 % der Potsdamer Ackerböden Bodenzahlen > 44 auf. Bodenzahlen > 50 sind sogar nur auf ca. 5 % der als Ackerböden definierten Flächen im Stadtgebiet zu finden. Die hier in dieser Region wirtschaftenden Landwirte betonen die Hochwertigkeit des betreffenden Ackerbodens. Die AGRO Uetz-Bornim GmbH, die den  Großteil der beplanten Ackerfläche bewirtschaftet und auch ihren Betriebssitz in unserem Ortsteil Uetz-Paaren hat, bezeichnet diese als den fruchtbarsten Ackerboden des gesamten Betriebes. Demselben Betriebsinhaber gehört nun aber auch der Großteil der Flächen, die für einen Ausbau des Standortes Wolfslake benötigt würden. Diese sind von einer deutlich minderen Qualität, sprich Fruchtbarkeit und Ertragssicherheit. Für einen Ausbau des Standortes Wolfslake würde nun der besagte Flächeneigentümer diese bereitwillig zur Verfügung stellen.  Nach der Handlungsanleitung „Anforderungen des Bodenschutzes bei Planungs- und Zulassungsverfahren im Land Brandenburg“ (Fachbeiträge des Landesumweltamtes, Heft Nr. 78, aktualisierte Fassung 2003) werden zur Vermeidung bzw. Minderung als Maßnahmen u.a. die Unterlassung bzw. die Wahl eines anderen Standortes mit weniger hochwertigen Böden empfohlen. Nach ebd. kommt auf Grund der überwiegend armen Böden im Land Brandenburg dem Erhalt von Böden mit einer hohen und sehr hohen natürlichen Bodenfruchtbarkeit eine besondere Bedeutung zu.

In Deutschland werden jeden Tag ca. 45 ha Boden zusätzlich versiegelt. In Brandenburg sind es wohl zwischen 3 und 5 ha täglich. Wenn sich diese neuen Bodenversiegelungen zu einem großen Teil auch nicht vermeiden lassen, so sind wir aber als Gesellschaft angemahnt, sorgsam und nachhaltig mit der Ressource Boden umzugehen. Boden ist kein unendliches Gut. Gerade bei solch großen Projekten wie der Raststätte Havelseen ist es immer mehr geraten, den Aspekt der Bodenwertigkeit zu beachten. Von unserer deutschen Landwirtschaft wird eine nachhaltige und naturnahe Produktion von qualitativ hohen aber preislich akzeptablen Produkten zur Absicherung unserer Ernährungssicherheit in Deutschland verlangt, dies vor dem Hintergrund immer für die Landwirtschaft schwieriger werdender klimatischer Bedingungen. Das bedeutet, dass unsere heimische Landwirtschaft zur Erfüllung dieser von ihr auch angenommen Aufgabe unbedingt Böden benötigt, wie diese im Plangebiet vorherrschen. Die sandigen und nicht wasserspeicherfähigen Böden dagegen am Standort Wolfslake werden über kurz oder lang auf Grund immer weniger bzw. immer ungünstiger verteilter Niederschläge  aus der landwirtschaftlichen Produktion fallen. Man muss kein Landwirt oder Biologe sein, um zu erkennen, dass bei Aufgabe der  landwirtschaftlichen Produktion sich hier auch keine nennenswerte Flora und Fauna im weiteren entwickeln wird.

Wer wenn nicht zuerst die staatlichen Institutionen und ihre nachgelagerten Einrichtungen bzw. Betriebe, wie hier die Autobahn GmbH, sollten und müssten in unserem Land ein Zeichen setzen. Ein Zeichen zum sorgsamen und nachhaltigen Umgang mit den uns gegebenen Naturressourcen. Wertvoller Ackerboden… unabdingbar zur Produktion von überlebensnotwendigen Nahrungsmitteln für unsere Gesellschaft.

 

 

Wasser als zu schützendes Gut

 

Anfallender Niederschlag soll und muss anhand der Planungsunterlagen vor Ort versickert werden. Dies ist soweit richtig, wenn es sich um normales und sauberes Regenwasser handelt. Bei einer Raststätte kann aber wohl nicht davon gesprochen werden. Vielmehr ist es doch so, dass anfallendes Regenwasser mit für Kraftfahrzeugen wichtigen aber für die Umwelt schädlichen chemischen Verbindungen konterminiert wird. Bei der Versickerung dieser Wassermengen in den angedachten Becken kommt es nach unserer Meinung zu starken punktuellen Belastungen des Grundwassers, zumal der Grundwasserkörper am Planungsstandort nicht sehr fern ist.

Die Planung eines Notüberlaufes in das benachbarte Grabensystem ist von uns strikt abzulehnen. Warum für eine staatliche Planungsbehörde hier andere Maßstäbe gelten sollten als für unsere Bürger oder unseren beheimateten landwirtschaftlichen Betrieben entzieht sich unserem Verständnis. Die mögliche Belastung von Oberflächengewässern mit konterminierten Regenwasser sollte aus natur- und wasserschutzrechtlichen Überlegungen unterbleiben.

 

 

Auswirkungen auf die Bevölkerung vor Ort

 

Der ländliche Potsdamer Nordraum ist durch seinen großen Naturraum geprägt. Über Jahrzehnte hinweg hat sich hier in Einklang mit nachhaltiger und ordnungsgemäßer Landwirtschaft ein System besonderer Flora und Fauna entwickelt, das in unmittelbarer Nähe urbaner Zentren seines gleiches sucht. Die Bürger, die hier schon ständig leben, irgendwann hierher gezogen sind oder dies vielleicht auch noch beabsichtigen, tolerieren die infrastrukturellen Missstände. In den nördlichen Potsdamer Ortsteilen leben besonders Menschen, denen  das Lebensgefühl in einer ländlich geprägten Umgebung zu wohnen wichtiger ist als die Kaufhalle in einhundert Meter Entfernung.

Der Bau der Raststätte Havelseen am Standort Paaren würde wie eine Bombe in dieses fragile System aus Naturraum und  den Ortsteilen als Siedlungspunkte fallen. Die Ortslagen Paaren und Kartzow wären direkt erhöhten Schadstoff-, Schall- und Lichtimmissionen ausgesetzt. Die ständige optische Präsenz der zukünftigen Raststätte wäre allgegenwärtig. Verbunden mit weiteren Aspekten zu Sicherheitsrisiken und einer etwaigen Vermüllung des Naturraumes in Nähe der Raststätte würde die Durchführung des Projektes unakzeptable Lebensbeeinträchtigungen unserer Bevölkerung in den genannten Ortsteilen bedeuten. Ebenso würde hierdurch natürlich auch die Attraktion als Naherholungsraum mehr oder weniger vollständig verloren gehen. Dieses Naherholungspotenzial wird von der Planungsbehörde im Vorfeld erst gar nicht erkannt und beurteilt, was sich dann auch in der Planstandortwahl widerspiegelt.

Des Weiteren wurde im Jahr 2019 der Klimanotstand für die Stadt Potsdam beschlossen. Die Errichtung einer so großen Rastanlage auf dem Territorium der Landeshauptstadt würde hier auch in Verbindung mit den klimabilanztechnischen Zielen nicht zielführend sein. Sei es durch mögliche Aspekte von zusätzlichen Abgasemissionen oder durch mögliche Aufheizungen über versiegelten Flächen.

 

 

Zusammenfassung

 

Der Ortsbeirat Uetz-Paaren lehnt das Projekt der Errichtung der  Tank- und Rastanlage Havelseen am Standort Paaren ab. Die fehlende Einbeziehung der Akteure vor Ort bei der Standortwahl, die Nichtbeachtung eigener städtischer planerischer Absichten, die starke Beeinträchtigung des vorhandenen Naturraumes mit Flora und Fauna, die Versiegelung bester brandenburgischer Ackerböden  und der Verlust an Lebensqualität in den direkt betroffen Ortschaften sind für uns gute Gründe zur ablehnenden Haltung.

Vielmehr fordern wir die verantwortlichen Planungsbehörden verantwortlich für die Autobahninfrastruktur auf, ihr Augenmerk bei aktuellen und zukünftigen Projekten den gesellschaftlichen Anforderungen zu entsprechen. Das heißt, daß mehr denn je Aspekte der Ressourcenschonung, des Naturschutzes und der Akzeptanz in der Bevölkerung beachtet werden sollten.

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Erläuterung

Begründung:

 

Die dargestellte ablehnende Haltung spiegelt die Gesamtstimmungslage der Bevölkerung im Ortsteil Uetz-Paaren wieder. Wir als von den Bürgern direkt gewähltes Vertretungsgremium sehen uns im Auftrag, die Bedenken und Sorgen hinsichtlich dem Planvorhaben gegenüber dem OBM der Stadt Potsdam aber allererst gegenüber der Planfeststellungsbehörde darzustellen.

Das Planvorhaben ist von Seiten des Ortsbeirates Uetz-Paaren nicht vereinbar mit den Vorstellungen und Ansichten hinsichtlich einer nachhaltigen und überlegten Entwicklung bzw. Stadtplanung im Potsdamer Nordraum.

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Anlagen

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