Mitteilungsvorlage - 21/SVV/0430
Grunddaten
- Betreff:
-
Uferweg Griebnitzsee, Ergebnisse des OVG-Urteils und Inhalte dessen rechtlicher Beurteilung
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Stadtplanung
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, Fachbereich Stadtplanung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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zur Kenntnis
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05.05.2021
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Erledigt
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Hauptausschuss
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zur Kenntnis
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12.05.2021
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Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:
Gegen den Bebauungsplan Nr. 125 “Uferzone Griebnitzsee“ wurden 20 Normenkontrollanträge von Grundstückseigentümern und Anliegern beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg gestellt und verhandelt. Mit Urteil vom 11.12.2019 hat das OVG den Bebauungsplan Nr. 125 "Uferzone Griebnitzsee" für unwirksam erklärt. Die Revision wurde nicht zugelassen. Durch fristgerechte Einlegung einer Beschwerde hat die Landeshauptstadt Potsdam die Nichtzulassung der Revision angefochten. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierüber mittlerweile entschieden und mit Beschluss vom 26.11.2020 (zugestellt am 04.01.2021) die Beschwerde mit der Begründung, dass kein Revisionszulassungsgrund vorliegt, zurückgewiesen.
Somit ist der Bebauungsplan Nr. 125 “Uferzone Griebnitzsee“ der Landeshauptstadt Potsdam in der Fassung vom 6. April 2016, bekannt gemacht im Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam Nr. 5 vom 28. April 2016 und in der Fassung vom 7. November 2012, bekannt gemacht im Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam Nr. 16 vom 29. November 2012, unwirksam.
Das OVG hat die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 125 damit begründet, dass eine beachtliche Verletzung des Abwägungsgebotes gemäß § 1 Abs. 7 BauGB und des Gebotes der Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung bedeutsamen Belange gemäß § 2 Abs. 3 des Baugesetzbuchs (BauGB) vorläge. Diese Fehler würden zu einer Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führen.
Das Gericht stützte sein Urteil auf die Feststellung, es habe insbesondere an einer hinreichenden Ermittlung und Bewertung der mit den Festsetzungen des Bebauungsplans verbundenen Eigentumsbeeinträchtigungen gefehlt. In der Urteilsbegründung werden dementsprechend sehr hohe Maßstäbe an die Detailliertheit der Ermittlung der Beeinträchtigungen gelegt.
Zur rechtlichen Würdigung der durch das Gericht vorgebrachten Gründe und zur Prüfung weiterer verfahrensrechtlicher Möglichkeiten wurde von der Verwaltung ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Das “Rechtsgutachten zu den möglichen Schlussfolgerungen aus dem Normenkontrollurteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 11.12.2019 – OVG 2 A 31.18 - zum Bebauungsplan Nr. 125 „Uferzone Griebnitzsee“ der Landeshauptstadt Potsdam“ liegt mit Stand 20. Mai 2020 vor.
Die relevanten Punkte der Urteilsbegründung des OVG-Urteils, deren rechtliche Würdigung durch den Rechtsgutachter (kursiv) und eine Bewertung im Hinblick auf Konsequenzen und die weitere Verfahrensweise werden im Folgenden dargelegt.
1. Ermittlung und Bewertung der Eigentümerbelange
Zusammenfassung aus der Urteilsbegründung:
Durch die Landeshauptstadt Potsdam erfolgte nach Auffassung des Gerichts eine unzureichende Ermittlung und Bewertung, in welchem Umfang das Eigentum der von den Festsetzungen des Bebauungsplans betroffenen Grundstückseigentümer beeinträchtigt ist. Die privaten Belange wurden nach Einschätzung des Gerichts deshalb nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB eingestellt.
Zwar habe die Landeshauptstadt Potsdam abwägungserhebliche Belange der Eigentümer erkannt und benannt (u.a. Verlust des unmittelbaren Seezugangs, verringertes Sicherheitsgefühl, Geräuschbelästigungen, Einbruchsrisiko), aber das Ausmaß der benannten Beeinträchtigungen, d.h. den konkreten Umgang des Betroffenseins der privaten Belange der einzelnen Grundstückseigentümer nicht ausreichend ermittelt. Dadurch konnte aus Sicht des Gerichts keine hinreichende Bewertung erfolgen und keine entsprechende Gewichtung der Belange in die nachfolgende Abwägung eingestellt werden.
So sei nicht festgestellt worden:
- inwieweit sich die Gartenflächen in der Nähe des Uferwegs beidseitig überhaupt noch für eine private Gartennutzung eigneten
- welche Teile der Hausgärten oberhalb des Uferwegs sich für eine unbeeinträchtigte private Gartennutzung eigneten und wie gravierend die Einschränkungen im Verhältnis zur Größe des Gesamtgrundstücks seien
- welche Aufenthaltsqualitäten die Flächen zwischen Uferweg und See bei realitätsgerechter Einschätzung den Eigentümern überhaupt noch bieten könnten/ keine Prüfung einer Abschirmung durch höhere Hecken
- zu erwartende Beeinträchtigungen für die selbständigen ehemaligen Mauergrundstücke, die nicht mit den angrenzenden Oberliegergrundstücken verbunden sind, sondern im Eigentum anderer Privatpersonen stehen/ fehlende Ermittlung in welchem Umfang sich diese Flächen für eine private Gartennutzung eignen
- das Ausmaß der Beeinträchtigungen im Vergleich zur bisherigen Grundstückssituation und zu den Nutzungsmöglichkeiten ohne Bebauungsplan
Rechtliche Würdigung im Rechtsgutachten
Dem Vorwurf des Gerichts, dass keine ausreichende Ermittlung und Bewertung stattgefunden haben, könnte entgegengehalten werden, dass neben zahlreichen Einzelgesprächen und Korrespondenzen mit den betroffenen Grundstückseigentümern der Entwurf des Bebauungsplans zwecks Beteiligung der Öffentlichkeit – und damit auch und gerade der betroffenen Grundstückseigentümer – mehrfach öffentlich ausgelegen habe. "Gemäß § 4a Abs. 1 BauGB dienten die Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung "insbesondere der vollständigen Ermittlung und Bewertung der betroffenen Belange." Es sei also vorrangig eine Obliegenheit der betroffenen Grundstückseigentümer, ihre Belange selbst vorzubringen. (..) Gemessen an den Vorschriften des BauGB seien bei der Ermittlung und Bewertung der Belange der Eigentümer keine Fehler gemacht worden. (..) Das OVG geht indessen davon aus, dass über die ermittelten Tatsachen hinaus die vom Gericht aufgeführten individuellen Einzelheiten der Stadt bei der Abwägung hätten bekannt sein müssen."
Methodisch schlägt der Gutachter daher vor, in einem erneuten Aufstellungsverfahren die vom Gericht geforderten Ermittlungen und darauf fußende Bewertungen nachzuholen und mittels einzelner Grundstücksdatenblätter nachzuweisen. Die individuellen Sachverhalte können mit Hilfe eines Fragebogens an jeden Eigentümer im Geltungsbereich des Bebauungsplans weiter aufgeklärt werden. Die Grundstücksdatenblätter sollen die Grundlage für die Bewertung der Betroffenheit jedes einzelnen Grundstücks bzw. jedes einzelnen Eigentümers durch die Planung sein.
Eine angemessene Gewichtung und Abwägung der Eigentümerbelange und der Belange des öffentlichen Interesses gemäß § 1 Abs. 7 BauGB wird im Ergebnis dazu führen, dass die Planung in Bezug auf einzelne Festsetzungen anders als bisher abgefasst werden muss. Hier käme beispielsweise eine Änderung der Wegeführung in Frage, aber auch Festsetzungen zu Höhe und Art der Einfriedungen und zu deren Hinterpflanzung.
"An der Tatsache der Einschränkung der Privatnützigkeit wird sich – bei Fortbestand der Absicht, den Uferweg in Gänze wiederherzustellen – kaum etwas ändern lassen."
2. Sicherheit und Privatsphäre
Zusammenfassung aus der Urteilsbegründung
Die Landeshauptstadt Potsdam habe darüber hinaus nach Auffassung des Gerichts die privaten Belange der Grundstückseigentümer im Hinblick auf deren Interesse am Schutz vor Einbrüchen und an der Wahrung ihrer Privatsphäre nicht zutreffend bewertet.
Die der Abwägung zugrunde gelegte Annahme, es sei nicht davon auszugehen, dass die Errichtung und öffentliche Nutzung des Uferweges das Einbruchsrisiko am Griebnitzsee erhöhen, wäre nicht nachvollziehbar begründet worden. Für eine Vielzahl von Grundstücken ermögliche der Bebauungsplan erstmals einen direkten Zugang zu den uferseitigen Gartenbereichen.
Rechtliche Würdigung im Rechtsgutachten
Der Rechtsgutachter erläutert hierzu, dass eine gutachterliche Prognose zur Gefahr von (insb. nächtlichen) Einbrüchen sehr schwierig zu erstellen sei. Er empfiehlt, "stattdessen im Wege der Wahr-Unterstellung anzunehmen, dass sich die Einbruchsgefahren infolge eines durchgehenden Uferwegs erhöhen würden und zu prüfen, welche Maßnahmen und B-Planfestsetzungen veranlasst werden könnten." Geprüft werden sollten z.B.: übersteigungshemmende Zaunhöhen und die Zaunqualität, nächtliche Beleuchtung, Wegesperrung, Kontrollgänge durch kommunale Ordnungsdienste, Notruf-Säulen.
3. Einfriedungen
Zusammenfassung aus der Urteilsbegründung
Ein weiterer Fehler sei nach Einschätzung des Gerichts darin zu sehen, dass die Festsetzungen zu den Einfriedungen zwischen dem Uferweg und den daran angrenzenden privaten Grünflächen entweder nicht zu den zugrunde liegenden Planungszielen passen oder eine unangemessene Bewertung des Interesses der Grundstückseigentümer am Schutz ihrer Privatsphäre zum Ausdruck bringen.
Die Festsetzung durchsehbarer Metallzäune bis zu einer Höhe von 1,50 m suggeriere, dass andere Einfriedungen z.B. Hecken unzulässig seien. Dies stehe im Widerspruch zur Planbegründung, die davon ausgeht, dass die Zäune mit Hecken hinterpflanzt werden können. Eine Zulassung höherer Hecken stünde aber wiederum mit der Höhenbegrenzung und der festgesetzten Transparenz der Zäune im Konflikt.
Diese Unstimmigkeit ergäbe sich ebenso in Bezug auf die auf 1,20 m bzw. 90 cm beschränkte Höhe der Zäune zwischen dem Uferweg und den uferseits gelegenen privaten Grünflächen.
Rechtliche Würdigung im Rechtsgutachten
Im Bebauungsplan fanden sich keine textlichen Festsetzungen zu Zulässigkeit blickdichter Hinterpflanzungen als Einfriedung. Der Gutachter empfiehlt der Anregung des Gerichtes zu folgen, auch wenn die für die Öffentlichkeit wünschenswerte Sichtbarkeit der denkmalgeschützten Villen dadurch möglicherweise eingeschränkt würde.
4. Bodenschutz
Zusammenfassung aus der Urteilsbegründung
Die Landeshauptstadt Potsdam habe den öffentlichen Belang des Bodenschutzes nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht berücksichtigt, indem sie angenommen habe, die zur Begrenzung der Neuversiegelung vorgesehenen Ausführung des Uferwegs in weitgehend wasser- und luftdurchlässiger Bauweise sei mit der durch den Selbstbindungsbeschluss im Rahmen des Abwägungs- und Satzungsbeschlusses zum Bebauungsplan Nr. 125 "Uferzone Griebnitzsee" (DS 16/SVV/0098, Beschlussposition 2 i.V.m. Anlage 4) übernommenen Verpflichtung zur Errichtung des Weges in dieser Bauweise hinreichend gewährleistet.
Die durch den Selbstbindungsbeschluss der Landeshauptstadt Potsdam übernommene Verpflichtung zur Umsetzung von Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen stelle diese nicht sicher. Somit stünde der Eingriff in das Schutzgut Boden als öffentlicher Belang der Planung entgegen. Demgegenüber wären entsprechende Festsetzungen, beispielsweise zum wasser- und luftdurchlässigen Aufbau des Uferwegs, zulässig gewesen.
Rechtliche Würdigung im Rechtsgutachten
Auch hier empfiehlt der Gutachter, der Aufforderung des Gerichtes nachzukommen und eine Festsetzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB aufzunehmen, die die Wege im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans mit wassergebundener Befestigung und wasser- und luftdurchlässigem Unterbau festsetzt. Treppen und Aufgänge sollten hiervon ausgenommen sein.
Gleichzeitig wird empfohlen auch die Entsiegelung noch vorhandener Betonplatten des ehemaligen Kolonnenweges festzusetzen. Diese kann auch dem Ausgleich von Neuversiegelungen beim Uferwegebau dienen.
5. Beachtlichkeit der Ermittlungs- und Bewertungsfehler
Zusammenfassung aus der Urteilsbegründung
Die vom Gericht aufgezeigten Ermittlungs- und Bewertungsfehler sowie der damit verbundene Fehler im Abwägungsvorgang sind nach den Planerhaltungsvorschriften (§§ 214, 215 BauGB) beachtlich.
Diese Beachtlichkeit trifft zu, wenn die Belange, die der Landeshauptstadt Potsdam bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt und bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Es bestünde die Möglichkeit, dass die Planung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Ggfs. wären z.B. weitergehende Maßnahmen zur Abschirmung oder zu einem verbesserten Schutz der privaten Grundstücke vor Einbrüchen zugelassen worden unter Hinnahme stärkerer Einbußen für das Orts- und Landschaftsbild oder für das verfolgte Ziel, den Nutzern des Uferwegs die Wahrnehmung der Villenbebauung und einen freien Blick auf die Landschaft des Griebnitzsees zu ermöglichen.
Rechtliche Würdigung im Rechtsgutachten
Kenntnisnahme
6. Prüfung weiterer Belange
Angesichts der über die vorstehenden Ausführungen hinausgehenden Erörterungen in der mündlichen Verhandlung wies das Gericht darauf hin, dass nicht geprüft und entschieden werden musste, ob der Bebauungsplan wegen weiterer Fehler unwirksam sei.
Umfangreich diskutierte Themen der mündlichen Verhandlung waren:
- Artenschutz
- Fahrradnutzung und Breite des Weges.
Rechtliche Würdigung im Rechtsgutachten
a) Biotop- und Artenschutz
Der Biotop- und Artenschutz wurde im Rahmen eines landschaftsplanerischen Fachbeitrags zum Bebauungsplan betrachtet und bewertet. Es wurden teilweise geschützte Pflanzenarten sowie Biotope kartiert, gleichwohl die Fauna entsprechend untersucht. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass es "durch die Verlagerung von Teilabschnitten des bisherigen Uferweges immer nur zur Zerstörung von Teilbereichen der betroffenen Biotope kommt. Das jeweilige Gesamtbiotop wird durch das Vorhaben jedoch nicht nachhaltig oder erheblich beeinträchtigt." (Fachbeitrag, S. 90).
Da naturschutzfachliche Untersuchungen nur über einen Zeitraum von ca. drei Jahren als hinreichend aktuell akzeptiert werden, der Fachbeitrag aber bereits 8 Jahre zurückliegt, empfiehlt der Rechtsgutachter, im Falle einer erneuten Bebauungsplanaufstellung eine Kontrolluntersuchung vornehmen zu lassen. Wenn die bisherigen Ergebnisse im Wesentlichen bestätigt werden, kann das Gesamturteil aufrechterhalten werden.
b) Verkehrsbelastung des Uferwegs durch Fußgänger und Radfahrer
Da aufgrund der derzeitigen Wegesperrungen eine aktuelle Zählung nicht möglich ist, müssten im weiteren Verfahren Prognosen unter Nutzung vorhandener Kenntnisse vorgenommen werden. Der Rechtsgutachter empfiehlt, die vorhandenen älteren Zahlen proportional zur steigenden Einwohnerzahl und -entwicklung bis zum Jahr 2030 hochzurechnen und unter Berücksichtigung dieser Daten folgende Sachverhalte in die Abwägung einzustellen:
- die mögliche Störung der Anwohner durch Geräusche (ist voraussichtlich zumutbar aufgrund der Vorbelastung durch Geräusche der Schifffahrt)
- die öffentliche Einsichtnahme der Grundstücke (ggfs. lösbar durch höhere blickdichte Hecken)
- und potenzielle Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern (ggfs. lösbar durch Verzicht auf eine Festsetzung der gemeinsamen Nutzung im Bebauungsplan und anschließende ordnungsrechtliche Regelung).
c) Uferwegekonzept und Fuß- und Radwegekonzept
Aus dem Uferwegekonzept geht hervor, dass der Weg Teil einer gesamtstädtischen Strategie ist. Der Gutachter empfiehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem Radwege- bzw. Fußwegekonzept.
d) Orts- und Landschaftsbild/ Eingriffs-Ausgleich
Der Rechtsgutachter empfiehlt die Festsetzungen, die aus dem landschaftsplanerischen Fachbeitrag resultieren, im folgenden Verfahren zu überprüfen und ggfs. zu ändern.
e) Prüfung von Planungsalternativen
Ein Bebauungsplanverfahren beinhaltet immer auch eine Alternativenprüfung. Die Empfehlung geht dahin, die Beibehaltung des planerischen Status quo an den Sperrgrundstücken zu überprüfen und in der Begründung darzulegen, ebenso den Stegebau im Wasser und das Abwarten von Eigentümerwechseln.
f) Beeinflussung des Verkehrswertes
Ebenfalls in die Abwägung einzustellen ist der höhere Verkehrswert der Villengrundstücke, insofern sie einen ungehinderten Wasserzugang besitzen. Dies ist auch bei der Bemessung der Entschädigung zu berücksichtigen, hierbei spielt weiterhin die Zuordnungsentscheidung über § 34 BauGB (Innenbereich) oder § 35 BauGB (Außenbereich) eine Rolle.
Bewertung und weitere Verfahrensweise
Auswirkungen auf Verwaltungsvorgänge
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 125 “Uferzone Griebnitzsee“ Auswirkungen auf eine Vielzahl von Verwaltungsvorgängen, u.a. auf die Ausübung von Vorkaufsrechten und den Erwerb von Flächen bzw. die Sicherung von Grunddienstbarkeiten für den Uferweg und auf die Beurteilung von Anträgen auf die Errichtung von Bootshäusern und Stegen, hat. Zu einigen dieser Verwaltungsvorgänge sind gerichtliche Verfahren anhängig, über die noch nicht entschieden ist. Die Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung vom 03.06.2020 zur Bekräftigung der grundsätzlichen Zielrichtung zur Planung und Herrichtung eines durchgehenden öffentlichen Uferwegs am Griebnitzsee und die Ergreifung städtebaulicher Maßnahmen zur Sicherung der öffentlichen Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Uferflächen schaffen die Basis für das weitere Verwaltungshandeln in den benannten Vorgängen.
Insbesondere gilt die Vorkaufsrechtsatzung nach § 25 BauGB vom 25.10.2010 weiterhin fort. Mittels der Vorkaufsrechtsatzung kann die Stadt auch künftig die für die Planung erforderlichen Grundstücke erwerben.
Die eingetragenen Dienstbarkeiten für einen öffentlichen Uferweg bleiben grundsätzlich erhalten, da in der Regel Löschungsansprüche an den Fall geknüpft sind, dass die Stadt die Uferflächen nicht mehr für öffentliche Flächen beplant. Jedoch kann aufgrund des planungsrechtlichen Verbots der Vorabbindung nicht ohne weiteres auf die bereits eingetragenen Dienstbarkeiten zurückgegriffen werden. Dies ist jeweils konkret in einem neuen Aufstellungsverfahren unter Abwägung aller privaten und öffentlichen Belange zu bewerten.
Anträge zur Errichtung von Bootshäusern und Stegen sind auf dem Wege von Einzelfallentscheidungen im Rahmen von wasser- und naturschutzrechtlichen sowie baurechtlichen Genehmigungsverfahren zu behandeln. Dabei ist die Zulässigkeit auch unter Berücksichtigung der Bestandsanlagen zu bewerten.
Neues Bebauungsplanverfahren
Das Gericht hat durch sein Urteil das städtebauliche Ziel der Herstellung eines durchgehenden Uferwegs grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Dies eröffnet den Weg in ein erneutes Bebauungsplanverfahren.
In einem erneuten Verfahren müssen die Rechte der Grundstückseigentümer bezüglich der Wegeführung und dem Schutz ihres Eigentums stärker in Augenschein genommen und berücksichtigt werden. Der ehemalige Verlauf des Kolonnenwegs wird nicht als Rechtfertigung für die Wiederaufnahme der Streckenführung gesehen, da seine Inanspruchnahme nach 1990 ohne Rechtsgrundlage erfolgte. Die Planung des durchgehenden Uferwegs muss zwischen privaten und öffentlichen Belangen, darunter das Wohl der Allgemeinheit, gerecht und verhältnismäßig abgewogen werden.
Dies wird einen Mehraufwand in der Grundlagenermittlung erfordern, da für jedes einzelne Grundstück der Wegeverlauf und dessen Auswirkungen neu recherchiert und geprüft werden müssen. Zugleich werden die individuellen Auswirkungen in den Gesamtkontext einzubinden und ein Abgleich mit den anderen Grundstücken erforderlich sein, um das Gebot der Gleichbehandlung zu prüfen. Dieses Prüf-/Abwägungsraster wird auch auf alle anderen Belange anzuwenden sein, beispielsweise die Sicherheitsinteressen der Eigentümer.
Demgegenüber sind auch die öffentlichen Belange und deren Wertigkeit zu benennen (z.B. öffentliche Nutzung, Landschaftserleben = Blick in die Landschaft, Radverkehrsnutzung etc.) und – wiederum auf jedes einzelne Grundstück bezogen – in Abwägung zu setzen und zu gewichten bzw. sind Maßnahmen zur Vermeidung, Minderung und zum Ausgleich zu bestimmen, bevor eine Abwägungsentscheidung getroffen werden kann.
Auch verschiedene Alternativen der Wegeführung, wie z.B. eine Beibehaltung des Status quo (nur teilweise Wegeführung um Uferbereich mit Anbindung an die obenliegenden Straßen oder auch eine Umstegung), sind unter Einbeziehung der aktuellen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten intensiv zu betrachten und auszuwerten. Bisherige Erkenntnisse aus der Prüfung von Umstegungen als Übergangslösung sind dieser Mitteilungsvorlage in Umsetzung des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 18.02.2021 (DS 20/SVV/1138) als Anlage "Exkurs Umstegungen" beigefügt.
Zusätzlich müssen, dies bestätigt auch das Rechtsgutachten, sämtliche Abwägungsbelange, die zu zeichnerischen und textlichen Festsetzungen geführt haben, auf ihre Aktualität und rechtliche Notwendigkeit hin beurteilt werden, um in einer zu erwartenden erneuten gerichtlichen Überprüfung Bestand zu haben. Dies wird teilweise Änderungen, Ergänzungen und den Ersatz zeichnerischer wie textlicher Festsetzungen mit sich bringen.
Aufgrund der besonderen Bedeutung des Planungsziels eines öffentlichen Uferwegs für die Naherholung, den Naturhaushalt und das Bild der Kulturlandschaft empfiehlt die Verwaltung die Durchführung eines erneuten Bebauungsplanverfahrens. Aus Sicht der Verwaltung wiegen die öffentlichen Belange so hoch, dass der benannte Mehraufwand in der Ermittlung und Abwägung im Bebauungsplanverfahren sowie das Klagerisiko durch die Grundstückseigentümer und Anlieger hingenommen werden sollten. Auch die damit verbundene Aussicht auf eine nur langfristig zu erreichende Umsetzung des Uferwegs aufgrund der sich an ein bestätigendes Gerichtsurteil anschließenden Grundstückserwerbsverhandlungen und zu erwartenden Enteignungsverfahren (siehe Auseinandersetzungen zum Uferweg am Groß Glienicker See), sollte angesichts des gewichtigen Planungsziels in Kauf genommen werden.
Die Einleitung eines erneuten Bebauungsplanverfahrens wird der Stadtverordnetenversammlung mit einer gesonderten Beschlussvorlage zur Diskussion und Entscheidung gereicht.
Mit dem neuen Bebauungsplan soll der räumliche Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 153 “Karl-Marx-Straße/ nördlicher Griebnitzsee“ überplant werden. Die Stadtverordnetenversammlung hat mit Beschluss vom 25.01.2017 (DS 16/SVV/0730) dieses Bebauungsplanverfahren für ein 3,4 ha großes Plangebiet eingeleitet. Planungsziel war die Aktualisierung der Uferwegeplanung für den nördlichen Uferabschnitt sowie die Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche “Kindertagesstätte“. Der Plan sollte den seinerzeit rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 125 “Uferzone Griebnitzsee“ in dem Teilbereich von der Allee nach Glienicke bis zum Stichweg an der Karl-Marx-Straße 26 ersetzen. Nach der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde das Verfahren nicht mehr aktiv betrieben. Gemäß der Beschlussfassung zur Vereinbarung von Prioritäten für die Verbindliche Bauleitplanung, hier Prioritätenfestlegung 2021/ 2022 (20/SVV/1201) ist das Verfahren zum Bebauungsplan Nr. 153 “Karl-Marx-Straße/ nördlicher Griebnitzsee“ in die Priorität 2Q zurückgestuft worden, um eine gesamtheitliche Betrachtung der Uferflächen mit dem neu aufzustellenden Bebauungsplan für das Griebnitzsee-Ufer zu ermöglichen.
Im Rahmen des erneuten Bebauungsplanverfahrens soll zudem im Interesse einer baldigen Aktivierung der Uferzone für einen durchgängigen Uferweg im Ergebnis der frühzeitigen Beteiligungsschritte geklärt werden, für welche Teilabschnitte eine erfolgreiche Realisierung in Teil-Bebauungsplänen unter Bezugnahme auf Topografie und städtebauliche Bedingungen dargestellt werden kann.
Die erforderlichen Planungsleistungen für die Aufstellung des neuen Bebauungsplanes sollen durch ein externes Stadtplanungsbüro mit angeschlossenem Landschaftsplanungsbüro erbracht werden.
Zusätzlich ist die Verfahrensbegleitung durch eine Rechtsanwaltskanzlei vorgesehen, um die rechtlich relevanten Teile der Abwägungsempfehlung aus den frühzeitigen und förmlichen Beteiligungsprozessen zu begleiten.
Die Leistungskataloge für das Planungsbüro und die Rechtsanwaltskanzlei sind darauf ausgerichtet, den Anforderungen aus dem OVG-Urteil gerecht zu werden. Die Verwaltung geht von einer Verfahrensdauer voraussichtlich bis zum Jahr 2026 aus.
Anlagen
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(wie Dokument)
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