Antrag - 21/SVV/0346
Grunddaten
- Betreff:
-
Aufnahme von Emilie Winkelmann in den Straßennamenpool Potsdam
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Antrag
- Federführend:
- Fraktion Die Linke
- Einreicher*:
- Fraktionen DIE LINKE, SPD, Bündnis90/Die Grünen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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05.05.2021
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02.06.2021
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Erledigt
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Ausschuss für Kultur
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Vorberatung
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27.05.2021
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Erläuterung
Begründung
Emilie Winkelmann war 1907 die erste freiberufliche Architektin Deutschlands. Sie entwarf Villen, Gutshäuser, Industriegebäude, Wohn- und Bildungsstätten. In Potsdam hat sie sich um Bauten verdient gemacht, die sich an den Bedürfnissen von Frauen orientierten. Ihr couragiertes Wirken als Architektin in einer Zeit, in der Frauen in Deutschland nur begrenzte Berufsmöglichkeiten hatten (noch dazu im Bauwesen) und es ihnen in Preußen verboten war, zu studieren sowie ihr überliefertes architektonisches Werk in Potsdam sind ausreichende Gründe, eine Straße in Potsdam nach Emilie Winkelmann zu benennen.
Emilie Winkelmann (1875-1951) erwirbt ihr grundlegendes Wissen zunächst im Baugeschäft ihres Großvaters. In seinem Auftrag fertigt sie Zeichnungen für Neu- und Umbauten. 1902 arbeitet die 27-Jährige in verschiedenen Architekturbüros und erreicht beim Kultusminister die ausnahmsweise Aufnahme an der Technischen Hochschule Hannover. Sie beginnt hier ein Architekturstudium, obwohl Frauen der Zugang zu Hochschulen in Preußen noch verwehrt ist. Allerdings wird sie nicht zum Staatsexamen zugelassen. Sie geht nach Berlin, erringt 1907 den 1. Preis in einem Architekturwettbewerb und eröffnet als erste selbstständige Architektin Deutschlands ihr eigenes Büro. 1914 beschäftigt sie bereits 14 Angestellte, denn viele Auftraggeber:innen empfehlen sie weiter, auch weil sie überzeugende Lösungen für schwierige Grundstücke und Umbauten bietet.
Emilie Winkelmann steht in engem Kontakt zur deutschen Frauenbewegung und projektiert auch in deren Auftrag Bauten. So plant und entwirft sie bspw. für die Berliner „Genossenschaft für Frauenheimstätten“ 1913 ein Wohnhaus für alleinstehende Frauen im Ruhestand in der Heimdahlstraße (Hermann-Maaß-Straße 18-20) in Neubabelsberg. Der Bedarf ist vor allem für pensionierte Beamtinnen groß, denn Frauen im Staatsdienst dürfen nicht heiraten und wohnen häufig in Dienstwohnungen, die sie nach der Pensionierung aufgeben müssen. Das „Haus in der Sonne“ (benannt nach dem Wohnhaus und dem gleichnamigen Roman des schwedischen Malers Carl Larsson) verfügt über 14 eigenständige Wohnungen mit jeweils ein bis drei Zimmern, Küchenzeile, beheizbarer Loggia, Toilette und zum Teil eigenem Bad. Neben der technisch modernen Ausstattung mit Zentralheizung und elektrischer Beleuchtung steht ein Gemeinschaftsraum für gemeinsame Mahlzeiten und Treffen zur Verfügung. Das Haus gehört heute dem Bauverein Babelsberg eG.
Ebenfalls in Neubabelsberg baut Emilie Winkelmann 1908 das „Landhaus Zankapfel“ in der Augustastraße (Rosa-Luxemburg-Straße 13). Auftraggeberin ist die Offizierswitwe Jenny Grupe, die hier mit ihren Töchtern, den Künstlerinnen Adele und Margot Grupe, einzieht. Die Architektin und die Schwestern Grupe kennen sich aus dem Lyceum-Club, der Teil der deutschen Frauenbewegung ist.
1928 wird Emilie Winkelmann in den Bund Deutscher Architekten aufgenommen. Nach 1933 erhält Emilie Winkelmann keine öffentlichen Aufträge mehr, da sie nicht parteipolitisch aktiv ist. Dem Aufruf von Reichsminister Albert Speer an alle Architekten und Bauingenieure, sich für die Dauer des Krieges in den Dienst der Rüstungsindustrie zu stellen, folgt sie nicht. In der Nachkriegszeit unterstützt sie in der Nähe von Bielefeld den Wiederaufbau und die Ansiedlung von Flüchtlingen.
Viele der von Emilie Winkelmann entworfenen Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz, darunter das „Landhaus Zankapfel“. Bauten wie das „Haus in der Sonne“ sind herausragende Beispiele für sozioökonomisches Bauen. Eine Tafel des Projektes FrauenOrte im Land Brandenburg erinnert hier an die äußerst produktive Architektin Emilie Winkelmann.
Quellen:
FrauenOrte im Land Brandenburg
(http://www.frauenorte-brandenburg.de/index.php?article_id=99)
Kerstin Dörhöfer: Pionierinnen in der Architektur. Eine Baugeschichte der Moderne. Tübingen/Berlin 2004.
Genossenschaftsforum e.V. (Hg.): Weibliche Wege in Potsdamer
Wohnungsgenossenschaften. Berlin 2011, S. 10/11.
Ein Frauenheim, in: Frauenillustrierte Nr. 2 (Januar) 1928, S. 12.
https://www.potsdam.de/600-das-landhaus-zankapfel-fruehwerk-von-emilie-winkelmann-der-ersten-architektin-deutschlands (6.3.2021).
https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam/Daheim-bei-drei-irdischen-Damen (6.3.2021)