Beschlussvorlage - 21/SVV/0623

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

  1. Die Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH (KEvB) wird für eine Dauer von maximal 10 Jahren mit der Wahrnehmung von Dienstleistungsaufgaben von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam betraut. Die Betrauung beginnt mit Wirkung des 1. (ersten) Kalendertages des auf den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung folgenden Monats.

 

Der von der Landeshauptstadt Potsdam an die KEvB für die im Rahmen der Betrauung zu erbringenden Dienstleistungsaufgaben zu zahlende Ausgleich wird jeweils mit den Beschlüssen zum Haushaltsplan und der mittelfristigen Finanzplanung entschieden. Die Entscheidung über den konkreten Verlustausgleich hat sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Landeshauptstadt Potsdam auszurichten (§ 96 Abs. 1 Ziff. 3 BbgKVerf).

 

  1. Im Verlauf der 10-jährigen Betrauung sind durch die KEvB gGmbH alle Anstrengungen zu unternehmen, um das Defizit der KEvB gGmbH und mithin den nötigen Zuschussbedarf durch die Landeshauptstadt Potsdam wirtschaftlich auszugleichen.

 

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den als Anlage 1 beigefügten Betrauungsakt zu erlassen.

 

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Erläuterung

Der Sachverhalt und die Einschätzung zur Rechtslage wurde in der  DS-Nr. 21/SVV/0275 „Betrauung des KEvB mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Umsetzung der SVV-Beschlüsse zur Überführung der Arbeitsverhältnisse in den TVöD“ ausführlich dargestellt. Auf dieser Grundlage hat der Hauptausschuss in der Sitzung vom 24.03.2021 den Oberbürgermeister beauftragt, einen Betrauungsakt zur Entscheidung durch die Stadtverordnetenversammlung vorzubereiten.

 

Die Einführung des TVöD im Klinikkonzern des KEvB wird insbesondere in den Tochtergesellschaften zu einer Erhöhung der Entgelte für die Leistungen des Klinikumkonzerns führen, die von Dritten nicht in voller Höhe finanziert werden. Ein möglicher Verlustausgleich soll daher für die nächsten 10 Jahre durch die Landeshauptstadt Potsdam erfolgen.

 

Der „Tarifeffekt“ wird nach Angaben der Geschäftsführung des KEvB für 2020 2022 wie folgt prognostiziert:

 

 

Tarifeffekt

Prognose 2020

8.369.641 EUR

Plan 2021

10.505.433 EUR

Plan 2022

14.790.373 EUR

 

Ab 2023 bis 2025 wird der tatsächliche Effekt jährlich neu ermittelt.

 

Die Zulässigkeit des Ausgleichs des damit verbundenen Verlustes ist an den Maßstäben des Beihilferechts (Art. 108 AEUV) und des § 96 Abs. 1 Ziff. 3 BbgKVerf auszurichten.

 

Eine Staatliche Beihilfe ist zulässig, wenn ein Ausgleich unter folgenden Voraussetzungen erfolgen soll:

 

- Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung von gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein,

- Die Parameter, anhand derer ein Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent zu berechnen,

- Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.

-  Falls die Wahl des Unternehmens nicht im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens erfolgt, ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Mitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, tragen müsste.

 

Unzweifelhaft erbringen (kommunale) Kliniken Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Entscheidend ist dafür die Aufnahme der jeweiligen Klinik in die gesetzgeberische Krankenhausplanung. Das KEvB ist als Schwerpunktkrankenhaus im Krankenhausplan vorgesehen und soll dadurch nicht nur die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung in der Landeshauptstadt Potsdam sicherstellen, sondern vor allem auch bei schweren oder besonderen Krankheiten und Krankheitsverläufen zur Versorgung der gesamten Region beitragen. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse können mithin alle Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Aufgaben des KEvB als ein vom Gesetzgeber vorgesehenes Krankenhaus der Schwerpunktversorgung sein. Aus diesem Grunde ist jedenfalls eine beihilferechtskonforme Betrauung des KEvB mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und ein Zahlungsausgleich auf diese Dienstleistungen beihilferechtlich zulässig.

 

Die erwarteten Mehrausgaben der Tochtergesellschaften (Catering und Service) für die TVöD-Löhne werden durch eine Erhöhung der Entgelte durch die Tochtergesellschaften gegenüber dem KEvB ausgeglichen. Die Mehrausgaben aufseiten des Mutterkonzerns, der mit deutlichem Abstand der größte Auftraggeber der Tochtergesellschaften ist, können wiederum beihilfenrechtskonform gefördert werden, sofern die Dienstleistungen unmittelbar der Erfüllung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse des Mutterkonzerns dienen.

 

Die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, mit denen das Klinikum zu betrauen ist, ergeben sich aus dem in der Anlage 1 beigefügten Entwurf des Betrauungsaktes.

 

Der Betrauungsakt stellt die Grundlage dar, beihilferechtskonform Ausgleichszahlungen an das KEvB erbringen zu dürfen, in dem die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, mit denen die Landeshauptstadt Potsdam das KEvB betraut, konkret definiert werden. Die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen erfolgt auf Grundlage der jeweiligen von einem Wirtschaftsprüfer testierten Jahresabschlüsse des KEvB und der dazugehörigen Trennungsrechnungen. Vorauszahlungen auf die Zuschüsse erfolgen auf Grundlage eines Wirtschaftsplanes. Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtung verursachten Nettokosten zu decken.

 

Dies ist durch eine entsprechende Trennungsrechnung zu ermitteln. Die Trennungsrechnung ist vom Rechnungsprüfungsamt oder einem Wirtschaftsprüfer oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu prüfen.

 

Die Höhe des Verlustausgleichs wird im Rahmen der jeweiligen Haushaltsaufstellung durch die Landeshauptstadt Potsdam festgestellt. Auch über die Form des Ausgleichs wird die Stadtverordnetenversammlung gesondert beschließen. Dabei werden die Landeshauptstadt Potsdam und das KEvB aufzeigen, ob der Ausgleich etwa durch Zahlungen an das KEvB erfolgt oder darüber hinaus zur Liquiditätssicherung Maßnahmen wie bspw. Gesellschafterdarlehen, Kassenkredite oder Fremddarlehen, die durch städtische Bürgschaften gesichert werden, erforderlich sind.

 

Das KEvB hat für 2019 einen testierten und für 2020 einen vorläufigen Jahresabschluss vorgelegt sowie den Entwurf einer Trennungsrechnung für das Jahr 2019.  Darauf aufbauend wurde zunächst eine Prognose für die auf die zu betrauenden Leistungen entfallenden Fehlbeträge erstellt. Daraus ergibt sich folgendes:

 

r das Jahr 2020 wurde ein auf die DAWI-Leistungen ausgleichsfähiger Betrag von 10,37 Mio. Euro durch das KEvB prognostiziert.

 

Dieser würde sich aufgrund der weiteren Überleitungen der Anstellungsverhältnisse in den TVöD und daraus resultierender Erhöhungen der Dienstleistungsentgelte in den Jahren 2021-2022 weiter erhöhen, so dass durchschnittlich mit einem Jahresverlust von jedenfalls 10,5 Mio. EUR zu rechnen ist.

 

Das Defizit in 2020 in Höhe von voraussichtlich 10,37 Mio. Euro wird zu Lasten der Gewinnrücklagen des KEvB allein vom KEvB getragen. Gemäß Jahresabschluss für 2019 betragen die Gewinnrücklagen 53,495 Mio. Euro. Zzgl. des Jahresergebnis aus 2019 in Höhe von 1,84 Mio. Euro ergeben sich somit 55,336 Mio. Euro. Nach Reduzierung der Gewinnrücklage durch das negative Jahresergebnis in 2020 verbleiben somit weiterhin Gewinnrücklagen in Höhe von 44,962 Mio. Euro.  Die Gewinnrücklagen sollen neben dem Beitrag aus dem städtischen Haushalt bilanziell zum Ausgleich der Fehlbeträge, die auf die DAWI-Leistungen entfallen, eingesetzt werden. Zur dauerhaften Liquiditätssicherung des Klinikums aufgrund der entstehenden Jahresdefizite und dem damit verbundenen Ungleichgewicht zwischen Erträgen und Aufwendungen sind Maßnahmen wie Gesellschafterdarlehen, Kassenkredite oder Fremddarlehen, die durch städtische Bürgschaften gesichert werden, vorgesehen. Die voraussichtlichen Finanzierungsbeiträge des KEvB und der Landeshauptstadt Potsdam sind im Kapitel „finanzielle Auswirkungen“ dargestellt.

 

Die auf das Geschäftsjahr 2021 entfallenden konkreten Ausgleichsbeträge in Höhe von 8 Mio. Euro und der daraus resultierende Finanzierungsanteil der Landeshauptstadt Potsdam werden der Stadtverordnetenversammlung in 2022 auf Grundlage der für 2021 erstellten Trennungsrechnung zur Beschlussfassung vorgelegt. Auch r das Geschäftsjahr 2021 des KEvB ist eine Abschlagszahlung aus dem Haushalt 2021 der LHP auf etwaige Ausgleichsleistungen nicht vorgesehen. Diese erfolgt im Haushalt 2022. Sollte für 2021 gleichwohl das Erfordernis von gesellschafterseitigen Liquiditätssicherungsmaßnahmen bestehen, wird dem KEvB ein Gesellschafterdarlehen bzw. Kassenkredit auf Grundlage eines gesonderten SVV-Beschlusses gewährt.

 

Angesichts der allgemeinen Finanzlage von Städten und Kommunen, nicht zuletzt aufgrund der wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen aus der SARS-COV-2 Pandemie, müssen bei der Aufstellung zukünftiger Haushalte der Landeshauptstadt Potsdam, einerseits die knapper werdenden finanziellen Ressourcen und andererseits die gleichzeitig steigenden Mehrbedarfe beachtet werden.

 

Allein für den anstehenden Einzelhaushalt 2022 wird derzeit mit einer Verschlechterung des Jahresergebnisses von derzeit rund 34 Mio. Euro gerechnet. Dabei sind die Ergebnisse der anstehenden Mai-Steuerschätzung noch unberücksichtigt ebenso wie mögliche weitere Minderungen bei den Zuweisungen des Landes (FAG). Für die Folgejahre gilt dies in ähnlicher (fortgesetzter) Weise. Angesichts dieser Situation werden Konsolidierungsmaßnahmen vorzubereiten sein. Dies gilt sowohl für den Ergebnishaushalt als auch den Finanzhaushalt. Zudem wird es darauf ankommen, „freie“ Spitzen in den Geschäftsbereichen zu identifizieren und zu heben. Auch Mittelübertragungen (sog. Haushaltsreste) sind dabei erheblich restriktiver zu handhaben, um die Liquidität und damit die Ersatzdeckungsmittel zu stärken.
 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Die Bestimmung der finanziellen Auswirkungen erfolgt auf der Basis des vorläufigen Jahresabschlusses 2020 des Klinikums Ernst von Bergmanns gGmbH (KEvB) und der Hochrechnung einer Tren­nungs­rech­nung des KEvB für das Jahr 2020 und darauf aufbauend auf der Prognose der sich aus den betrauenden Leis­­tungen entstehenden Fehlbeträge für die Folgejahre. Der beihilfefähige Fehlbetrag für 2020 betgt danach 10,37 Mio. EUR. Der (anteilige) Defizitausgleich ist längstens auf die Dauer des Betrau­ungs­aktes beschränkt. Die nachfolgende Tabelle zeigt ein System der „Lastenteilung“ zwischen der Landeshauptstadt Potsdam (LHP) und dem KEvB. Dies ist insbesondere erforderlich, um den Anfor­derungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 BbgKVerf zu entsprechen. Seitens der LHP kann unter Beachtung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 BbgKVerf nur ein Teil­aus­gleich des Defizits erfolgen, der sich in seiner Höhe an der finanziellen Leistungsfähigkeit der LHP aus­richten muss. Zur Erbringung seines Eigenanteils baut das Klinikum Ernst von Bergmann insbesondere die vorhandene Gewinn­cklage ab (Stand per 31.12.2019: 55,336 Mio. EUR einschl. Jahresgewinn 2019).

 

Jahre

Ausgangsgröße beihilfefähiger Betrag
KEvB

Maximale Obergrenze des Defizitausgleichs seitens der LHP

Eigenbeitrag des KEvB

2020

10,37 Mio. EUR

0

10,37 Mio. EUR

2021

10,50 Mio. EUR

8,00 Mio. EUR

2,50 Mio. EUR

2022

10,50 Mio. EUR

7,65 Mio. EUR

2,85 Mio. EUR

2023

10,50 Mio. EUR

6,50 Mio. EUR

4,00 Mio. EUR

Zwischenergebnis für die vier Jahre 2020-2023

 

 

 

 

Gesamt

41,87 Mio. EUR

22,15 Mio. EUR (53%)

19,72 Mio. EUR (47%)

 

 

 

Die Stadtverordneten haben eine absinkende Zuschusslinie der LHP an das KEvB eingefordert. Die Zielstellung für die LHP muss es daher sein, den entsprechenden Anteil der LHP degressiv auszugestalten.

 

Da beide Seiten zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass es auch in den Jahren nach 2022 zu weiteren Anpassungen des TVÖD kommen wird, soll es im Jahr 2022, spätestens jedoch nach einem neuen Tarifvertrag zu einer Anpassung der Anteile kommen. In den Jahren 2022/2023 erfolgt somit eine erneute Prüfung des beihilfefähigen Betrages für das KEvB für die darauffolgenden Jahre, so insbesondere für die Jahre 2024 und 2025. Dabei ist auch hier sicherzustellen, dass der Zuschuss der LHP weiterhin degressiv absinkt. Die Auswirkungen möglicher Veränderungen der Zahlungen der Krankenkassen an die Krankenhäuser sind dabei zu berücksichtigen.

 

Der Defizitausgleich stellt eine freiwillige Leistung der LHP dar.  

 

Insbesondere zum Beginn der Laufzeit (2021) der Betrauung ist anstelle des Defizitausgleichs durch die LHP auch die Zahlung von rückzahlbaren Liquiditätshilfen an das Klinikum möglich.

 

Insgesamt entspricht die vorgesehene Lastenverteilung und der degressive Verlauf zwischen der LHP und dem Klinikum nicht nur den Vorgaben der Kommunalverfassung, sondern sie ist zudem aufgrund der sich erkennbar verschlechternden Haushaltslage der LHP zwingend geboten.

 

Der § 96 Abs. 1 Nr. 3 BbgKVerf regelt, dass die Gemeinde:

- sich nur im Ausnahmefall zu einer Übernahme von Verlusten verpflichten darf,

- die Verlustausgleichsverpflichtung auf einen bestimmten Betrag zu begrenzen ist und

- sich der Verlustausgleichsbetrag an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinde auszurichten hat.

 

Die dargestellte Begrenzung der finanziellen Belastung für die Landeshauptstadt Potsdam in den nächsten Jahren, aufgrund des jetzt prognostizierten maximalen Verlustausgleichs, kann durch umfangreiche haushalterische Maßnahmen der LHP überwiegend gedeckt werden. Allerdings werden voraussichtlich auch Ersatzdeckungsmittel erforderlich werden (Rücklagen der LHP). Sollte sich ein höherer beihilfefähiger Betrag im Klinikum ergeben, ist eine erneute Prüfung der Höhe des Defizitausgleiches durch die LHP und bezüglich des entsprechenden eigenen Beitrags des Klinikums erforderlich. Im Rahmen der weiteren Haushaltsplanungen der LHP und der bestätigten Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse des Klinikums ist auf ein ständiges Abschmelzen des freiwilligen finanziellen Zuschusses durch die Landeshauptstadt Potsdam hinzuwirken.

 

Der Aspekt der Ausrichtung des Verlustausgleichsbetrags an der finanziellen Leistungsfähigkeit der LHP besitzt gegenwärtig eine besondere Bedeutung. In Folge der SARS-CoV-2-Pandemie verzeichnet die LHP bekanntlich erhebliche Einbrüche sowohl bei den Erträgen aus Steuern als auch aus dem kommunalen Finanzausgleich (FAG).  Die LHP wird nach derzeitiger Lage im Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung (bis 2025) daher lediglich den formellen Haushaltsausgleich unter Rückgriff auf Ersatzdeckungsmittel erreichen können. Somit steht die dauerhafte (finanzielle) Leistungsfähigkeit der LHP als Gemeinde zurzeit in Frage. Zusätzliche Belastungen wie aus dem Betrauungsakt zum KEvB erfordern nunmehr Eingriffe in die Zuschussbudgets aller Geschäftsbereiche (Umschichtungen unter den Geschäftsbereichen) sowie zusätzlich eine höhere Entnahme aus der Rücklage der LHP zum Ausgleich eines weiter erhöhten Jahresfehlbetrages.

 

Die Deckung für das anstehende Haushaltsjahr 2022 (8 Mio. EUR für das Geschäftsjahr 2021) soll nach folgendem „Mischkonzept“ hergestellt werden: rd. 2 Mio. EUR trägt der Geschäftsbereich 3 direkt aus seinem Budget bei, der restliche Betrag wird zu etwa 50% (3 Mio. EUR) durch Umschichtungen aus den anderen Geschäftsbereichen gedeckt, die weiteren 50% (3 Mio. EUR) werden durch sog. Ersatzmittel gedeckt; insoweit erhöht sich dadurch der Jahresfehlbetrag der LHP.

 

Das bedeutet, im Rahmen der begonnenen Haushaltsaufstellung für das Jahr 2022 müssen durch die Geschäftsbereiche entsprechende finanzielle/haushalterische Potenziale erschlossen werden. So ist bspw. in einem ersten Schritt zu überprüfen, wo die Mittelverbräuche in den letzten Jahren ersichtlich unter den Haushaltsermächtigungen lagen (so etwa in „Zeile 13“ des Gesamtplanes Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen). Innerhalb der LHP ist des Weiteren eine erneute kritische Prüfung aller Aufwendungen und Erträge erforderlich. Dies betrifft gleichermaßen freiwillige (Sport, Kultur, Marketing, u.a.m.) wie auch pflichtige Aufgaben (Reduzierung von Standards bei Aufgaben, die vom Grunde her pflichtig sind, aber nicht der Höhe nach; Beschränkung auf den Kern von pflichtigen Leistungen). Es zeigt sich auch aus diesem Grunde die Notwendigkeit, Konsolidierungsmaßnahmen zu identifizieren und ein freiwilliges Konsolidierungsprogramm aufzustellen.     

 

Eine anteilige Deckung des o.a. Defizitausgleichs aus Ersatzdeckungsmitteln (Rücklagen) bedeutet allerdings auch, dass diese Liquidität, die ursprünglich als Eigenmittel für Investitionen der LHP vorgesehen war, hierfür nicht mehr zur Verfügung stehen wird. Für unverzichtbare Investitionen muss daher zusätzlich auf Kreditaufnahmen zurückgegriffen werden. Insofern wäre die schlichte oder gar stetige Erhöhung des zu planenden Jahresfehlbetrages für die LHP kein dauerhaft tragfähiger Weg.

 

Die konkrete Benennung der Deckungsquellen für den Anteil der LHP erfolgt im Rahmen der Haushaltsplanaufstellung 2022 (einschließlich mittelfristiger Finanzplanung bis zum Jahr 2025).

 

Die vorgenannten Gründe zeigen noch einmal, dass es erforderlich ist, eine adäquate Lastenteilung vorzunehmen. Es ist erforderlich, dass die Gewinnrücklagen der Klinikum Ernst von Bergmann gGmbH als unverzichtbarer Eigenanteil entsprechend abzubauen sind. Für das Klinikum gilt damit wie für die LHP, dass nunmehr Rücklagen aufzubrauchen sind, die in guten Jahren erwirtschaftet wurden.

 

Die oben aufgezeigte Lastenteilung kann für die Erfüllung einer freiwilligen Aufgabe nur eine maximale Obergrenze für die LHP darstellen. Durch das Klinikum ist mit erheblicher Anstrengung die Reduzierung des Verlustausgleiches durch die LHP zu erwirken. Dies muss durch geeignete Maßnahmen (Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, Optimierung von Prozessen, Überprüfung der Geschäftstätigkeiten, Verwendung der Gewinnrücklagen, etc.) sichergestellt werden.

 

Die oben aufgezeigte Lastenteilung und die daraus resultierende freiwillige Aufgabe und Unterstützungsleistung der LHP, kann nur eine maximale Obergrenze für die LHP darstellen. Durch das Klinikum ist mit erheblicher Anstrengung auf eine sukzessive Reduzierung des Verlustausgleiches durch die LHP hinzuwirken. Dies muss durch geeignete und im Sinne der Aufgabenerfüllung als Großkrankenhaus verträgliche Maßnahmen (wie bspw. Verwendung der Gewinnrücklagen, Überprüfung der Geschäftstätigkeiten, Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und weitere Optimierung von Prozessen, wo möglich, bzw. auch Effizienzsteigerung in der Daseinsvorsorge etc.) sichergestellt werden. Es handelt sich insgesamt für beide r LHP und Klinikum um mehr als eine finanzielle Anstrengung für Kernhaushalt und städtische gGmbH. Es muss auf die Balance zwischen den finanziellen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten der LHP auf der einen Seite und der Erfüllung des Leistungsauftrages des Klinikums auf der anderen Seite geachtet werden.

 

Aus diesem Grund ist insbesondere auch die Situation der kommunalen Großkrankenhäuser (Schwerpunktkrankenhäuser und Maximalversorger) insgesamt zu betrachten. 

 

Die LHP ist wie immer mehr kommunale Träger in der schwierigen Lage, dass das derzeitige System der dualen Krankenhausfinanzierung (die Krankenversicherungen und die Bundesländer) kommunale Großkrankenhäuser immer mehr in die betriebswirtschaftliche Enge und oftmals an den Rand der Existenz treibt, anstatt eine auskömmliche Finanzierung und damit die Daseinsvorsorge zu sichern. Und dass, obwohl gerade die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie deutlich gemacht haben, dass hier erhebliche Defizite von Seiten der Krankenversicherungen und der Bundesländer bestehen. Erst die Corona-Pandemie wirkte wie ein Brennglas und machte deutlich, dass dringend deutliche Verbesserungen im Finanzierungssystem der Krankenhäuser (etwa durch die Übernahme von Vorhaltekosten, die im DRG-System nicht enthalten sind) erfolgen müssen. Derzeit ist Realität, dass immer mehr kommunale Träger gezwungen sind, um den Auftrag der Daseinsversorgung der kommunalen Krankenhäuser erfüllen zu können, neben der dualen Finanzierung eine so nicht vorgesehene „dritte kommunale Finanzierungssäule“ zu gewährleisten. Diese kann von den Kommunen auf Dauer nicht getragen werden, wodurch letztlich die kommunalen Krankenhäuser sogar in ihrem Bestand gefährdet werden können. Die LHP fordert daher gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden wirksame und nachhaltige Änderungen im Finanzierungssystem im Land Brandenburg vor allem eine deutliche Verbesserung bei den Investitionen für Krankenhäuser, die das Land verantwortet, sowie im Bund und gegenüber den Kassenverbänden u.a. was die Refinanzierung einer angemessene Bezahlung von Ärzten und Pflegekräften oder den täglichen Betrieb und die Leistungen des Krankenhauses betrifft einschließlich von notwendigen und sinnvollen Vorhaltekosten im Interesse der Allgemeinheit.
 

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Anlagen

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