Beschlussvorlage - 21/SVV/1119

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

  1. Potsdam Bonus“ in der Vermietungspraxis der ProPotsdam GmbH

 

Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam wird beauftragt, in seiner Funktion als Gesellschafter der ProPotsdam GmbH (ProPotsdam) die vorgenannte Gesellschaft damit zu beauftragen, eine Vermietungsrichtlinie für nicht belegungsgebundene Wohnungen zu entwickeln, mit der ein sog. „Potsdam Bonus“ in europarechtskonformer Weise in der Vermietungspraxis umgesetzt werden kann.

 

Die Vermietungsrichtlinie, die sogenannte „Potsdam Bonus“-Richtlinie, soll folgenden Zielen dienen:

  • Sicherung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern sowie die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen;
  • Vermeidung einer Verdrängung ortsansässiger Potsdamer Bürgerinnen und Bürger vom Potsdamer Mietwohnungsmarkt;
  • Vermeidung von unnötigem Pendelverkehr und den damit verbundenen Umweltbelastungen durch Bevorzugung von Miethaushalten, die ansonsten nach Potsdam pendeln würden, weil sie hier z.B. ein Studium oder eine Ausbildung absolvieren oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen;
  • Sicherung der Wohnbedürfnisse der rgerinnen und Bürger r das Gemeinwesen, insbesondere durch Ausübung von Berufen der Daseinsvorsorge sowie durch dauerhaftes ehrenamtliches Engagement im gemeinnützigen Bereich (z.B. freiwillige Feuerwehr);
  • besondere Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen oder Pflegebedürftige;
  • Regelungen für Obdachlose und Geflüchtete.
  • Reduzierung der Flächeninanspruchnahme
  • Sicherung eines funktionsfähigen örtlichen Wohnungsmarktes

 

Zur Umsetzung dieser Ziele soll ein transparentes, in sich stimmiges Punktesystem entwickelt werden, das den Anforderungen des Europarechts (Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit aller europäischen rgerinnen und Bürger) genügt.

 

 

Im Rahmen der Prüfung ist u.a. folgende Punkte einzugehen:

 

  • Haushalte mit Kindern, die im Rahmen der üblichen Bonitätsprüfung und bei Berücksichtigung passender Wohnungsgrößen für die jeweilige Wohnung in Frage kommen, werden vorzugsweise im Punktesystem der „Potsdam Bonus“-Richtlinie berücksichtigt.

 

  • Nach der „Potsdam Bonus“-Richtlinie werden bei der Auswahl der Mietinteressentinnen und
    -interessenten Ortsbezugskriterien (Wohnsitz, Arbeitsstelle, Ausbildung) mit maximal 50 % im Verhältnis zu weiteren, sozio-ökonomischen Faktoren (Einkommen, Kinder, Pflege naher Angehöriger, Behinderung) gewichtet. Die jeweiligen Kriterien werden in einem Punktesystem zu- und untereinander gewichtet.

 

  • Hierfür wird festgelegt, wie genau die Einkommensverhältnisse der Mietinteressentinnen und
    -interessenten ermittelt und im Punktesystem berücksichtigt werden. Es sind insbesondere auch Kriterien für die Bewertung der Einkommensverhältnisse von mehreren in einem Haushalt/einer Gemeinschaft zusammenlebenden Personen zu definieren.

 

  • Der Ortsbezug im Sinne der Richtlinie kann durch Wohn- oder Arbeitszeiten in der Landeshauptstadt begründet werden.

 

Dafür sollen stufenweise geeignete Kriterien und Nachweisführungen entwickelt werden. Die Vermietungsrichtlinie soll im Zeitraum von Januar 2022 bis September 2022 bei bis zu 50 Prozent der veröffentlichten Wohnungsangebote im nicht belegungsgebundenen Wohnungsbestand der ProPotsdam erprobt werden.

 

Dem Hauptausschuss, dem Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Wohnen und Inklusion sowie dem Bündnis für Bezahlbares Wohnen und Bauen der Landeshauptstadt Potsdam ist im dritten Quartal 2022 über die gesammelten praktischen Erfahrungen Bericht zu erstatten.

 

Dabei ist insbesondere auf folgende Punkte einzugehen:

  • das Erreichen der erwünschten Steuerungswirkung,
  • die Praktikabilität der Vermietungskriterien,
  • die für die Umsetzung erforderlichen Prozesse und eingesetzten Ressourcen
  • glichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit des „Potsdam Bonus“ auf andere Vermieterinnen und Vermieter, auf die Vergabe städtischer Liegenschaften, das Potsdamer Baulandmodell und die Vergabe von Liegenschaften in städtebaulichen Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen.

 

Im Ergebnis der so strukturierten Berichterstattung sind Empfehlung über die Fortführung und Ausweitung des „Potsdam Bonus“ auszusprechen.

 

 

 

 

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Erläuterung

Berechnungstabelle Demografieprüfung:

 

 

Begründung:

 

Seit mehreren Jahren ist der Wohnungsmarkt in Potsdam angespannt. Der heutige und zukünftige Wohnungsbedarf wird sowohl geprägt durch einen zunehmenden Bedarf an größeren Wohnungen für Familien mit mehreren Kindern, als auch zunehmenden Bedarf an Wohnraum für Alleinlebende. Das selbständige Wohnen im Alter erfordert nicht nur die Bereitstellung entsprechend geeigneter Wohnungen, als auch die Bereitschaft der Wohnhaushalte, einen Wohnungswechsel in eine kleinere und dafür barrierefreie Wohnung in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus gibt es einen kontinuierlichen oder zunehmenden Bedarf an Wohnungen für zum Semesterbeginn nach Potsdam ziehende Studierende, für Auszubildende, Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie und Pendelnde.

 

Vor dem Hintergrund eines knappen Wohnungsangebots besteht eine Konkurrenz der zuvor genannten Haushalte um die verfügbaren Wohnungen. Dazu kommt, dass der Wohnungsneubau durch die begrenzte Verfügbarkeit von bebaubaren Grundstücken eingeschränkt ist.

 

Im Sinne einer behutsamen und nachhaltigen Stadtentwicklung werden einerseits Lösungen benötigt, die eine kontinuierliche Ausweitung des bedarfsgerechten Wohnungsangebots ermöglichen, als auch andererseits die vorhandenen Wohnungen für diejenigen bereitstellt, die entsprechend Ihrer Lebenslage eine größere oder kleinere Wohnung benötigen.

 

Um in Potsdams angespannten Wohnungsmarkt das Angebot an bezahlbaren Wohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen zu sichern, ist sowohl die kommunale Bodenpolitik mit den Bundes- und Landesförderungen des sozialen Wohnungsneubaus zu verschränken, als auch soziale Kriterien bei der Vermietung von Wohnungen zu berücksichtigen. Neben den gesetzlich geregelten Mietpreis- und Belegungsbindungen des sozialen Wohnungsbaus sollen auch Modelle wie der „Potsdam Bonus“ bei der Vermietung des kommunalen Wohnungsbestandes eingeführt werden.

 

Da sowohl der Europäische Gerichtshof als auch die Europäische Kommission in der Vergangenheit mit Blick auf die europäischen Grundfreiheiten (Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit) rechtliche Bedenken gegen die Anwendung bestimmter sogenannter „Einheimischen-Modelle“ geäert haben, bedarf die Ausarbeitung der konkreten Vermietungsrichtlinien zum „Potsdam Bonus“ besonderer Sorgfalt. Der EuGH sieht Beschränkungen der Grundfreiheiten nur dann als gerechtfertigt an, „wenn mit ihnen ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt wird, wenn sie geeignet sind, dessen Erreichung zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist. Diese Anforderung muss konkret für den Potsdamer Mietmarkt in der auszuarbeitenden Vermietungsrichtlinie umgesetzt werden.

 

Bei der Erstellung der Richtlinie kann auf Beispiele aus anderen Kommunen als Orientierung zurückgegriffen werden. Beim Verkauf kommunaler Grundstücke und Wohnungen wird beispielsweise in Pfaffenhofen über ein Punkteverfahren die Vergabe nach festgelegten Kriterien (z.B. Ortsansässigkeit, Belegung, Ehrenamt) geregelt. Auch in Brandenburger Kommunen finden derartige Richtlinien Anwendung, so zum Beispiel in Velten.

 


 

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Anlagen

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