Beschlussvorlage - 21/SVV/1148

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Landeshauptstadt Potsdam erkennt die Ehrenbürgerschaft von Joseph Goebbels, welche die Stadt Babelsberg mit Widmung vom 1. April 1938 verliehen hat, ab.


 

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Erläuterung

Begründung:

 

Im Zuge der Aufbereitung des Themas „Potsdamer Ehrenbürger“ wurde ermittelt, dass die zu dem Zeitpunkt eigenständige Stadt Babelsberg am 1. April 1938 Joseph Goebbels die Ehrenbürgerschaft verliehen hat. Dieser Sachverhalt war bis 2021 nicht bekannt, so dass bislang keine Auseinandersetzung und Aberkennung dieser Ehrenbürgerschaft erfolgte.

 

Mit Widmung vom 1. April 1938 erhielt Joseph Goebbels, nationalsozialistischer Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, die Ehrenbürgerschaft der Stadt Babelsberg (vgl. Potsdamer Tageszeitung, 29.04.1938). Die Ehrenurkunde enthielt folgenden Wortlaut:

 

Die Stadt Babelsberg verleiht hiermit dem Erneuerer des deutschen Kunstschaffens, dem Schirmherrn des deutschen Films, dem alten und getreuen Gefolgsmann des Führers, Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Joseph Goebbels in Anerkennung seiner Verdienste um den deutschen Film, der in Babelsberg seine Heimstätte gefunden hat das Ehrenbürgerrecht.

Babelsberg, den 1. April 1938

(Die Stadt des deutschen Films)

Der Bürgermeister Dr. Benz.“

 

Die Initiative zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft an Joseph Goebbels ging vom Bürgermeister der Stadt Babelsberg, Dr. Kurt Benz, aus, der mit allen Mitteln die „Filmstadt Babelsberg“ zu etablieren gedachte.

 

Die Potsdamer Tageszeitung berichtete am 4. März 1938 (Nr. 63):

Gestern Mittag fand im Sitzungssaal des Nowaweser Rathauses eine denkwürdige und feierliche Ratsherrensitzung statt. Bürgermeister Dr. Benz eröffnete die wichtige Tagung und teilte mit, daß der Reichsminister Dr. Joseph Goebbels heute auf dem Ufagelände den Grundstein zur Filmakademie legen würde. Die Errichtung dieser Akademie sei der Anfang zu einer mächtigen Entwicklung des deutschen Films, mit der in Zukunft die Stadt Babelsberg auf Gedeih und Verderben verbunden sei.

In Anerkennung der Verdienste des Reichsministers Dr. Goebbels, der die Gestaltung des deutschen Filmschaffens mit zu seinem Lebenswerk gemacht habe, und um gleichzeitig die Verbundenheit mit dem deutschen Film zum Ausdruck zu bringen, schlug Bürgermeister Dr. Benz den Ratsherren vor, dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Joseph Goebbels, das Ehrenbürgerrecht der Stadt Babelsberg mit Widmung vom 1. April 1938, dem Tage, an dem die Stadt diesen Namen annimmt, zu verleihen. Einstimmig und freudig stimmten die vollzählig versammelten Ratsherren diesem Antrage zu.“

 

Rund 1.000 Städte und Gemeinden haben Joseph Goebbels vor 1945 die Ehrenbürgerwürde verliehen.

 

r Kriegsverbrecher wurde der Verlust des Ehrenbürgerrechts gemäß Artikel VIII, Ziffer II, Buchstabe i der Direktive 38 des Alliierten Kontrollrats in Deutschland vom 12. Oktober 1946 festgelegt.

 

Formaljuristisch ist Joseph Goebbels mit seinem Tod am 01.05.1945 kein Ehrenbürger mehr; ein formalrechtlicher Entzug des Ehrenbürgerrechts nur so lange möglich, wie der Betroffene lebt (vgl. Kommentar Rehn/ Cronauge/ von Lennep zu § 34 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen).

 

Auch wenn die Landeshauptstadt Potsdam im Zuge des Inkrafttretens des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBI-DDR I S. 255) als Gebietskörperschaft neu konstituiert worden und also weder Gesamtrechtsnachfolger der Stadt Babelsberg noch von Potsdam vor 1945/1957 (GBI-DDR I S. 65) ist, so ist sie dennoch „Erbin“ der historischen Geschehnisse ihrer Gebietskörperschaft.

 

Wenn dementsprechend eine formaljuristische Aberkennung aus genannten Gründen nicht möglich ist, so ist sie symbolpolitisch per Beschluss der Stadtverordnetenversammlung durchzuführen. Damit wird mit einer eindeutigen öffentlichen Bekundung eine klare Distanzierung von Joseph Goebbels und den Verbrechen des Nationalsozialismus sichergestellt. Diese Form ist ngige Praxis in zahlreichen Kommunen (siehe z.B. Teltow, 2014 posthume Aberkennung der Ehrenbürgerwürde Joseph Goebbels).

Dem sollte auch die Landeshauptstadt Potsdam folgen (siehe Empfehlung Prof. Sabrow, MAZ, 06.10.2021) wie sie bereits 1990 die Ehrenbürgerschaften posthum für Adolf Hitler (Verleihung: 1933), Hermann Göring (Verleihung: 1933) und Wilhelm Frick (Verleihung: 1937) aberkannt hat.

 

 


 

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Anlagen

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