Beschlussvorlage - 21/SVV/1180

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Den Erlass der Ordnungsbehördlichen Verordnung der Landeshauptstadt Potsdam über Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass besonderer Ereignisse (2. Advent am 05.12.2021 und 4. Advent am 19.12.2021)
 

Reduzieren

Erläuterung

Begründung:

 

Das Brandenburgische Ladenöffnungsgesetz (BbgLöG) vom 27.11.2006 (GVBl.I/06, Nr. 15, S. 158), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 25.04.2017 (GVBI.I/17, Nr.8) eröffnet mit § 5 Abs. 1 den örtlichen Ordnungsbehörden die Möglichkeit mittels ordnungsbehördlicher Verordnung aus Anlass besonderer Ereignisse die Öffnung von Verkaufsstellen im Gemeindegebiet an jährlich höchstens fünf Sonn- oder Feiertagen in der Zeit von 13 Uhr bis 20 Uhr festzusetzen. Die Freigabe kann auf bestimmte Teile des Gemeindegebietes beschränkt werden. Wird die Öffnung von Verkaufsstellen derart beschränkt, ist die Möglichkeit der Sonn- oder Feiertagsöffnung für das gesamte Gemeindegebiet verbraucht.

 

Diese Tage und die Öffnungszeiten sind durch die örtliche Ordnungsbehörde mittels ordnungsbehördlicher Verordnung festzusetzen.

 

Eine Öffnung darf nicht für den Karfreitag, die Oster- und Pfingstsonntage, den Volkstrauertag, den Totensonntag sowie den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag zugelassen werden. Zudem dürfen nicht mehr als zwei Sonn- oder Feiertage innerhalb von vier Wochen freigegeben werden.

 

Entscheidend für den rechtmäßigen Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung ist, ob die Besonderheit des Ereignisses einen hinreichenden Anlass für eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen begründet. Die Anwendung des § 5 Abs. 1 BbgLöG soll dazu dienen, den Bedürfnissen eines beträchtlichen Besucherstroms Rechnung zu tragen und dem Einzelhandel die Möglichkeit geben, den Zustrom der Besucher geschäftlich zu nutzen.

 

Veranstaltungen der Art, wie sie auch in diesem Jahr durchgeführt werden sollen, haben schon in den vergangenen Jahren über das Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam hinaus eine große Anziehungskraft auf die Bevölkerung ausgeübt.

 

Von der Verwaltung wurden für 2021 bekannte und geplante Anlässe auf ihre Aufnahmefähigkeit in die ordnungsbehördliche Verordnung hin geprüft. Im Ergebnis dessen wurden die Veranstaltungen der Potsdamer Weihnachtsmärkte (Blauer Lichterglanz, Böhmisches Weihnachtsfest und der Polnische Sternchenmarkt) in die Verordnung aufgenommen.

 

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. (HBB), ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft/Bezirk Potsdam-Nordwestbrandenburg, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und die IHK Potsdam wurden um Stellungnahme gebeten.

 

In den Stellungnahmen machten der HBB und die IHK Potsdam keine Einwände gegen den vorliegenden Verordnungsentwurf geltend.

 

Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Bezirk Potsdam-Nordwestbrandenburg teilte jedoch mit Schreiben vom 25.10.2021 mit, dass diese bereits in den vergangenen Jahren auf die aktuelle Gesetzes- bzw. Rechtslage, insbesondere auf die Kriterien, die das Bundesverwaltungsgericht für eine ausnahmsweise Zulässigkeit einer Ladenöffnung an Sonntagen aufgestellt hat, und das Urteil des Oberlandesgerichts Berlin-Brandenburg in Bezug auf die Sonntagsöffnungen in der Landeshauptstadt Potsdam, eindringlich und ausführlich aufmerksam gemacht.

 

An dieser Rechtslage habe sich nichts geändert.

So weisen sie nochmals auf die Kriterien hin, die das Bundesverwaltungsgericht benennt, um ggf. eine Ausnahme zur Sonntagsöffnung zu rechtfertigen:

 

-          Durch die Anlassveranstaltung muss nicht nur ein erheblicher Besucherstrom ausgelöst werden. Der verfassungsrechtliche Sonn- und Feiertagsschutz verlangt weitere Einschränkungen.

 

-          Eine Sonntagsöffnung mit uneingeschränktem Warenangebot aus Anlass einer Veranstaltung ist nur dann zulässig, wenn die Veranstaltung selbst für den Sonntag prägend ist. Die Sonntagsöffnung darf also lediglich ein Annex zur Anlassveranstaltung sein.

 

-          Eine prägende Wahrnehmung setzt regelmäßig voraus, dass die Veranstaltung ohne die Sonntagsöffnung mehr Besucher anziehen würde als die alleinige Sonntagsöffnung. Bei erstmalig stattfindenden Ereignissen muss dieser Einschätzung eine schlüssige und vertretbare Prognose zugrunde liegen.

 

-          Eine prägende Wirkung kann auch nur dann angenommen werden, wenn ein enger räumlicher Bezug zwischen Veranstaltung und geöffneten Geschäften besteht, die Öffnung also auf das unmittelbare Umfeld der Veranstaltung begrenzt bleibt.

 

-          Ist die Verkaufsfläche der Geschäfte, die geöffnet haben können, ungleich größer als die Fläche der Veranstaltung, die als Anlass für die Sonntagsöffnung dient, spricht schon dies gegen eine prägende Wirkung der Veranstaltung. Gleiches gilt für die räumliche Reichweite der Ausnahmeregelung im Verhältnis zum räumlichen Ausmaß der Anlassveranstaltung.

 

Dementsprechend ist Ver.di weiterhin der Meinung, dass die Anlässe, die die Landeshauptstadt Potsdam aufführt, nicht geeignet sind, um eine ausnahmsweise Öffnung gemäß des Brandenburgischen Ladenöffnungsgesetzes zu rechtfertigen.

 

Sollte die Landeshauptstadt Potsdam dennoch die Öffnung an den geplanten Sonntagen im Wege einer ordnungsbehördlichen Verordnung beschließen, behält sich Ver.di vor, diesen Beschluss auf dem Gerichtsweg überprüfen zu lassen.

 

Die Bedenken der Gewerkschaft wurden geprüft. Nach Abwägung der widerstreitenden Interessen wird für den Einzelfall das Erfordernis zur Versorgung der Veranstaltungsbesuchenden durch zusätzliche Ladenöffnungszeiten höherwertig eingeschätzt. Wie bereits in den vergangenen Jahren wurden die Arbeitnehmerrechte in § 2 der Verordnung berücksichtigt.

 

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz äerte sich mit Email vom 28.10.2021 wie folgt:

Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat ein großes Interesse daran, den tiefen Sinn des in unserer Verfassung festgehaltenen Sonn- und Feiertagsschutzes im Bewusstsein unserer Gesellschaft weiterhin zu verankern.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ (GG Artikel 140)

Dieser im Grundgesetz festgeschriebene Sonntagsschutz erscheint uns aus sozialen, familiären, gesundheitlichen und religiösen Gründen relevant. Uns geht es darum, den arbeitsfreien Sonntag vor kurzfristigen Kommerzialisierungsinteressen zu schützen.

Der Evangelischen Kirche ist klar, dass in einer differenzierten Gesellschaft bestimmte Dienstleistungen auch sonntags vorgehalten werden müssen. Jenseits dieser notwendigen Dienste setzen wir uns nachdrücklich dafür ein, dass der Sonntag für möglichst viele Menschen ein freier Tag bleibt. Dieses wichtige Kulturgut stellt eine unbezahlbare kollektive Burn-out-Prophylaxe dar. Der freie Sonntag kommt den einzelnen Menschen, den Familien, aber auch gesellschaftlichen Initiativen zugute, sei es für die Feier des Gottesdienstes, zur Erholung, für familiäre Belange oder weil es eine gemeinsame freie Zeitressource gibt, um persönlich oder gesellschaftlich wichtige Lebensbereiche zu gestalten. Diese Bereiche sind wichtig, auch wenn sie sich jenseits der Erwerbsarbeit abspielen.

 

Aufgrund der allein maßgeblichen Würdigung der Gesamtumstände stellen die Weihnachtsmärkte in der Landeshauptstadt Potsdam ein besonderes Ereignisses im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 BbgLöG dar.

 

Alle in die Verordnung aufgenommenen Veranstaltungen haben überörtliche resp. überregionale Bedeutung.

 

Sie sind anlassbezogen und nicht Mittel zur Offenhaltung der Verkaufsstellen oder deren Umsatzsteigerung. Vielmehr sind es Veranstaltungen mit eigenständiger, von erweiterten Öffnungszeiten unabhängiger Attraktivität.

 

Alle Veranstaltungen haben ein über die Jahre hinweg regelmäßig wiederkehrenden Charakter. Sie sind fester Bestandteil des kommunalen sowie kulturellen Lebens der Landeshauptstadt Potsdam und zogen jeher einen beträchtlichen Besucherstrom an, der sich von dem sonst üblichen abhebt.

 

Auch wenn der Tourismus in der Landeshauptstadt Potsdam in den zurückliegenden Monaten infolge der Einschränkungen zur Eindämmung resp. zum Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus stark zurückgegangen ist, wird aufgrund der Aufhebungen eines Gros dieser Einschränkungen sowie dem Fortschritt der Impfungen aus heutiger Sicht ein erneuter Anstieg der Besucherzahlen in der Landeshauptstadt erwartet. Zudem ist derzeit ein hohes Besucheraufkommen anzunehmen, da die zukünftigen Veranstaltungen die bisher ausgefallenen Veranstaltungen vermutlich in Teilen kompensieren müssen. Des Weiteren sind für 2021 viele Weihnachtsmärkte im Umland und auch in der Landeshauptstadt Potsdam abgesagt, weshalb auch mit größeren Besucherströmen in Potsdam zu rechnen ist.

 

Insofern kann davon ausgegangen werden, dass auch in diesem Jahr trotz pandemischer Bedingungen ein über die Maße hinausgehendes Besucheraufkommen zu verzeichnen sein wird. Schon allein deswegen ist ein öffentliches Interesse an der Offenhaltung der Verkaufsstellen im Veranstaltungsgebiet anzunehmen.

 

Mit der Verordnung wird von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von der Ausnahmeregelung betroffen sein werden, in einem verhältnismäßigen Umfang ein zusätzlicher Einsatz ihrer Arbeitskraft abverlangt. Dabei werden die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Beschäftigten beachtet. Hinzu kommt, dass mit der Verordnung keine Pflicht zur Öffnung der einzelnen Verkaufsstellen aus Anlass der Veranstaltungen verbunden ist.

 

Auf der Grundlage des § 5 Abs. 1 BbgLöG sollen daher für die folgenden besonderen Ereignisse verkaufsoffene Sonntage für das betroffene räumliche Stadtgebiet der Landeshauptstadt Potsdam zugelassen werden:

 

 

1.)    05. Dezember 2021: 2. Advent/Weihnachtsmärkte

 

Drei traditionelle Weihnachtsmärkte verwandeln am zweiten Adventswochenende die Stadt in einen winterlichen Schauplatz zwischen Seen, Gärten und Schlössern:

 

  • Blauer Lichterglanz - Innenstadt
  • hmischer Weihnachtsmarkt auf dem Weberplatz in Babelsberg
  • Polnischer Sternchenmarkt im Kutschstall

 

Die Sonntagsöffnung anlässlich der am zweiten Adventswochenende stattfindenden Weihnachtmärkte wird aufgrund der nahezu stadtweiten Ausdehnung der Veranstaltungen auf das gesamte Stadtgebiet der Landeshauptstadt Potsdam, mit Ausnahme der Postleitzahlengebiete 14476, 14478, 14480, eingegrenzt (siehe Anlage 1 Geltungsbereich Weihnachtsmärkte).

 

 

2.)    19. Dezember 2021: 4. Advent/Weihnachtsmärkte

 

Am vierten Adventswochenende können sich die Potsdamer Bürgerinnen und Bürger, Touristinnen und Touristen sowie Besuchende auf einen Weihnachtsmarkt im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Potsdam freuen:

 

  • Blauer Lichterglanz Innenstadt

 

Die Sonntagsöffnung anlässlich des am vierten Adventswochenende stattfindenden Weihnachtmarktes „Blauer Lichterglanz“ wird auf das Gebiet der Potsdamer Innenstadt, welches in dem Geltungsbereich der Potsdamer Innenstadt liegt eingegrenzt (siehe Anlage 2 Geltungsbereich Weihnachtsmarkt).

 

Die Gebietsabgrenzung hinsichtlich der Weihnachtsmärkte erfolgt unter der Berücksichtigung der Ausstrahlung der besonderen Ereignisse und dem damit begründeten Versorgungsbedürfnis der Besucher. Hintergrund für die Begrenzung der Sonntagsöffnung aus Anlass der Weihnachtsmärkte ist das am 22.06.2018 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Berlin hinsichtlich des Klageverfahrens zu den Sonntagsöffnungen 2017. Die Weihnachtsmärkte sind seitens des Oberverwaltungsgerichtes grundsätzlich als Ereignisse mit prägender Wirkung anerkannt worden und nnen somit auch Anlass für eine Sonntagsöffnung sein. Nicht zu erkennen für das Oberverwaltungsgericht war hingegen der gesamtstädtische Bezug, insbesondere auf den ländlichen Potsdamer Norden, der eine stadtweite Sonntagsöffnung rechtfertigt. Aus diesem Grunde hat das Oberverwaltungsgericht die Sonntagsöffnungen 2017 anlässlich der Weihnachtsmärkte im Nachhinein für rechtswidrig erklärt.

 

Der Bezug zum Weihnachtsmarktgeschehen bezieht sich zum 2. Advent auf die PLZ-Bereiche, da diese PLZ-Bereiche Besuchermagnete für die Besucher und Gäste der jeweiligen Weihnachtsmärkte sind.

 

Die Weihnachtsmärkte der Landeshauptstadt Potsdam (siehe Anlage Übersicht Weihnachtsmärkte 2021) sind über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass jährlich mit der Eröffnung der Weihnachtsmärkte eine Vielzahl von Besuchenden die Traditionsmärkte in Potsdam aufsuchen.

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...