Anfrage - 22/SVV/0318
Grunddaten
- Betreff:
-
Kommunale Initiative zur kurzfristigen Drosselung des Energieverbrauchs
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Anfrage
- Federführend:
- Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
- Einreicher*:
- Stadtverordnete Bartelt, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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04.05.2022
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Beschlussvorschlag
Der Angriffskrieg gegen die Ukraine mit seinen Menschenrechtsverletzungen erfordert eine kurzfristige Drosselung des Bedarfes an fossilen Energiequellen, um den erforderlichen Boykott russischer Lieferungen zu unterstützen. Potsdams Versorgung fußt bislang noch sehr stark auf fossilen Energieträgern.
Ich frage den Oberbürgermeister:
Was ist erforderlich, damit eine kommunale Initiative innerhalb der städtischen Verwaltung, der Einrichtungen und Tochterunternehmen eine kurzfristige und zeitlich begrenzte maximale Reduktion des Verbrauchs im Bereich der Heizenergie, Warmwasser und Klimaanlagen-Nutzung möglich werden kann?
Auf kommunaler Ebene gibt es eine Reihe von Überlegungen, auf welche Art und Weise kurzfristig und ggf. für einen begrenzten Zeitraum eine spürbare Senkung des Energieverbrauchs erreicht werden könnte.
So hat etwa ein Landkreis im Land Brandenburg bekannt gegeben, seine Dienstfahrten „auf das Nötigste zu beschränken“. (Eine Maßnahme, die bei der Fläche eines Landkreises sicher eine stärkere Wirkung hat als bei einer kreisfreien Stadt.)
Bei der Nutzung kommunaler Gebäude kämen theoretisch alle Maßnahmen in Betracht, die die Nutzung bzw. die Nutzungszeiten der Gebäude stärker regulieren, ggf. einschränken oder sogar zeitweise einstellen.
So wird von einigen Kommunen in Betracht gezogen, außerhalb der schulischen Nutzung die Nutzung der Duschen in den Schulsporthallen einzustellen (die Sportvereine müssten dann darauf verzichten). Dies könnte den Warmwasserverbrauch zumindest in kommunalen Sporthallen reduzieren.
Allerdings spricht eher dagegen, dass solche kurzfristigen und zeitlich begrenzten Eingriffe beim Warmwasser mit dem Abstellen des Warmwasserkreislaufes einen möglichen Legionellenbefall begünstigen können. Daher sind diese vorgebrachten Ideen, über Nacht kein Wasser vorzuhalten und erst in den Morgenstunden wieder zu erhitzen, weniger zielführend. In der Gesamtbetrachtung käme es wohl kaum zu einer Verbrauchsreduzierung, da sich das Duschen in den häuslichen Bereich verlagern würde. Eine spürbare Reduzierung könnte rein theoretisch erreicht werden, wenn man die Nutzung der Hallen für den Vereinssport in einem begrenzten Zeitraum generell einschränken würde (sofern dies gewollt ist).
In der „Deutsche Gesellschaft für das Badewesen“ (DGfdB) erfolgte eine Diskussion über eine Reduzierung von Beckenwassertemperaturen in Schwimmbädern. Nach dortigen Angaben könnte eine Absenkung der Beckenwassertemperatur bereits um wenige Grad Celsius etwa 25% des Gesamtenergieverbrauchs eines Hallenbades einsparen. Allerdings führt eine Senkung der Beckenwassertemperaturen erfahrungsgemäß auch zu einem deutlichen Rückgang der Zahlen der Besucherinnen und Besucher, so dass sich die wirtschaftliche Bilanz der Bäder mit derartigen Maßnahmen eher verschlechtern würde. Daher sieht die Bäderlandschaft Potsdam GmbH nach entsprechender Prüfung derzeit von derartigen Maßnahmen ab, zumal deren Bäder u. a. durch die Energieversorgung über das Fernwärmenetz energieeffizienztechnisch auf dem neuesten Stand sind.
Bei der Klimatisierung wäre eine Reduzierung des Verbrauchs insbesondere im Bereich der Kultureinrichtungen theoretisch denkbar. So könnte etwa bei Ausstellungen darauf geachtet werden, dass hauptsächlich nur Exponate ausgestellt werden, die eine Raumklimatisierung nicht benötigen. Im Hans-Otto-Theater oder im Nikolaisaal könnte theoretisch auf eine Raumluftkühlung während der Veranstaltungen verzichtet werden, allerdings steht dem der gewünschte und sinnvolle Hitzeschutz im Sommer entgegen und die günstige Wirkung einer technischen Durchlüftung – als Bestandteil nach wie vor sinnvoller Hygienekonzepte.
Für die ab September/Oktober 2022 beginnende Heizperiode kommt in Betracht, den Verbrauch der Heizenergie dadurch zu senken, dass lediglich die vorgeschriebenen Mindestanforderungen in kommunalen Gebäuden eingehalten werden und als Maximum gelten (18 / 20 Grad Celsius). Ebenso kann neben einer Temperatur- auch eine Betriebszeitenreduktion geprüft werden. Die Städte Kiel und Bremen nehmen aktuell eine solche Überprüfung vor. In der Vergangenheit gab es derartige Beschränkungen für öffentliche Gebäude bereits, etwa durch die damalige sogenannte „Strickjackenverordnung“ in Berlin (1980). Diese Regelung besagte, dass in den öffentlichen Gebäuden, also in Senatsdienststellen, Bezirksämtern, an Schulen und Universitäten die Arbeits- und Aufenthaltsräume sowie Gänge nur bis maximal 20 Grad Celsius beheizt werden durften. Nach Dienstschluss und über das Wochenende sollten die Heiztemperaturen nochmals erheblich gesenkt werden.
All die angesprochenen Ansätze bedeuten im Kern, dass die Nutzung beheizter Gebäude deutlich reguliert, reduziert oder zeitweise sogar eingestellt wird. Im Wesentlichen handelt es sich dabei also um „Verzichtsstrategien“, für die die entsprechende Akzeptanz hergestellt werden müsste. Im Übrigen darf die Wirksamkeit der einen oder anderen Maßnahme durchaus in Frage gestellt werden.
Für wesentlich zielführender und wirksamer wird es gehalten, die bisherigen Strategien der Senkung von Energieverbräuchen intensiv weiter zu verfolgen, so durch die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen (Gebäudesanierung und Gebäudeleittechnik), eine positive Entwicklung des Nutzerverhaltens (im Bereich der Schulen sei auf die diesbezüglichen Schulprojekte und auf das Programm „EEP – Energie-Einspar-Partnerschaften Schulen“ verwiesen) und auf weitere Effekte aus der Betriebsoptimierung der technischen Anlagen.
Ebenso wird in absehbarer Zeit mit den in Planung oder in Realisierung befindlichen Photovoltaikanlagen auf bzw. an Objekten des Kommunalen Immobilien Service (KIS) eine Verdrei- bis Vervierfachung der Photovoltaik-Flächen erwartet.
Für die Jahre 2017 – 2020 kann nämlich festgestellt werden, dass bei den Objekten des KIS sowohl der Verbrauch als auch die diesbezüglichen Betriebskosten trotz gestiegener Tarife und einer steigenden Zahl von Gebäuden grundsätzlich (auch unter Berücksichtigung eines „Corona-Effektes“) rückläufig waren, und zwar wie folgt:
- Im Jahr 2020 wurde 10% weniger Strom verbraucht als 2017.
- Erdgas wurde 2020 im Vergleich zu 2017 um 7% weniger verbraucht.
- Fernwärme wurde 2020 im Vergleich zu 2017 um 11% weniger verbraucht.
- Heizöl wird kaum noch verwendet.
- Selbst beim Stromverbrauch für Wärmepumpen war im Jahr 2020 trotz gestiegener Anzahl der Objekte kein Anstieg festzustellen. Er war in etwa gleich hoch wie im Jahr 2017.
Das wird demnächst auch Gegenstand einer Mitteilungsvorlage zum Beschluss der StVV vom 25.08.2021 sein (DS 21/SVV/0850).
Diese Daten sprechen tatsächlich dafür, die eingeschlagenen Wege der Energieeffizienz (und eines gestärkten Nutzerbewusstseins) stringent weiter zu verfolgen und weniger auf kurzfristige und ggf. auch kontraproduktive Maßnahmen der Einschränkung und des Verzichts zu setzen. Es ist dennoch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass einzelne Maßnahmen im weiteren Verlauf des Jahres in Betracht kommen oder erprobt werden.
Zuständigkeit: