Antrag - 22/SVV/0273

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Petition des Herrn Herrn Oliver Buchin bezüglich Bauspekulanten am Nuthewäldchen auflaufen lassen, wird zurückgewiesen.

 

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Erläuterung

Begründung:

 

A. Sachverhalt

 

In der Petition „Bauspekulanten am Nuthewäldchen auflaufen lassen“ wird das Vorgehen der Projektentwickler zur Rodung der Fläche unmittelbar südwestlich des Humboldtrings in Zentrum-Ost vor dem abschließenden Beschluss der Stadtverordnetenversammlung und insbesondere mit dem Hintergrund der sich verschärfenden klimatischen Situation abgelehnt.

Es wird ausgeführt, dass bei einer weiteren Verdichtung des Zentrum-Ost die sozialen Aspekte, die Bürgerbeteiligung sowie die Nachhaltigkeit zu Gunsten höherer Renditen nicht berücksichtigt werden.

Die Petenten sprechen sich für eine ökologische Stadtentwicklung mit hohen sozialen Standards und einer basisdemokratischen BürgerInnenbeteiligung aus.

 

Im Zusammenhang mit der, im Vorherigen beschriebenen, Ablehnung wird zudem gefordert:

  • Umsetzung eines ambitionierten Baustandards (z.B. DGNB Platin, BNB) für die Gebäude und Außenanlagen (und damit geringstmögliche Flächenversiegelung, höchste Wasserrück-haltung, geringstmögliche negative Umweltauswirkungen).

 

  • transparente Weiterentwicklung des Stadtentwicklungsprozesses für Zentrum-Ost unter Berücksichtigung der AnwohnerInneninteressen und der Expertise zivilgesellschaftlicher Verbände und Vereine (Schaffung alternativer Naherholungsgebiete, Berücksichtigung der Mobilitätsanforderungen durch integrierte Parkraumkonzepte und kleinräumige Radverkehrs-planung).

 

  • transparente Abschätzung und Darstellung der Auswirkungen anhand geeigneter Kennzahlen (Lebenszyklusanalysen für Flächen und Gebäude, Milieuschutzanalyse für Zentrum-Ost, Offenlegung und Monitoring des Zustandes der Ersatzpflanzungen).

 

  • Schaffung geeigneter Lebensräume zur Wiederansiedlung der durch die Rodung verdrängten Tier- und Pflanzenarten.

Die Ausführungen sind zum Teil im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan zu beantworten, in dessen Geltungsbereich das Projekt liegt, zum anderem werden aber auch Aspekte angesprochen, die über den Rahmen eines üblichen Bebauungsplanverfahrens hinausgehen.

 

B. Würdigung

 

Die gegenständlichen Flächen sind Bestandteil des Bebauungsplans Nr. 145 „Am Humboldtring“, sowie des dazugehörigen städtebaulichen Vertrags, die in der Stadtverordnetenversammlung am 02.06.2021 mehrheitlich beschlossen wurden. Das Bebauungsplanverfahren ist somit abgeschlossen.

 

Dem Satzungsbeschluss ging ein mehrjähriges Bebauungsplanverfahren voraus, das mit einem intensiven und auch kontrovers geführten Diskussionsprozess verbunden war, da bei diesem Projekt eine Vielzahl von Belangen betroffen waren, die gegeneinander und untereinander abzuwägen waren.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein Bebauungsplan die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung eines Bauprojektes schafft; der Satzungsbeschluss zu einem Bebauungsplan jedoch nicht mit einer Baugenehmigung gleich zu setzen ist und diese auch nicht ersetzt.

 

Hinsichtlich der Rodung der Flächen ist festzuhalten, dass der überwiegende Teil der Flächen des Bebauungsplans durch den Landesbetrieb Forst Brandenburg als Wald gemäß Landeswaldgesetz eingestuft worden ist. Insofern obliegt dem Forstbetrieb auch allein die Hoheit über die grundsätzliche und zeitliche Erteilung einer Waldumwandlungserlaubnis für diese Waldflächen.

Der Umfang der notwendigen Waldumwandlung wurde ermittelt und entsprechend dem gesetzlichen Rahmen und dem hierzu eingeführten Vorgehen wurden sogenannte Maßnahmen zum Waldausgleich, z.B: Wiederaufforstungen, waldverbessernde Maßnahmen und Waldrandge-staltungen zum Teil innerhalb der Stadtgrenzen und zum Teil im selben Naturraum im Land Brandenburg festgelegt und vertraglich gesichert. Die Umsetzung der Maßnahmen wird durch den Landesbetrieb Forst Brandenburg überwacht.

 

Hinsichtlich der sozialen Aspekte ist festzuhalten, dass das Potsdamer Baulandmodell unter der Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben der Angemessenheit gemäß § 11 des BauGB Anwendung findet. Im Rahmen des Baulandmodells können Investoren zur Errichtung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnungsbau und/oder zur Beteiligung an den Herstellungskosten von Kita-, Grundschul- und Hortplätzen beteiligt werden.  Im gegenständlichen Bebauungsplan konnten unter Berücksichtigung der o.g. Angemessenheit sowie der durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Priorisierung die Investoren an den Kosten zur Herstellung von Kita-, Grundschul- und Hortplätzen in Höhe von 986.795 Euro vertraglich verpflichtet werden.

Darüber hinaus ist durch den Bebauungsplan selbst ein Standort für eine Schule oder Kita in unmittelbarem Umfeld von Wohnbebauung gesichert worden, der allen Anwohnern zu Gute kommt.

 

 

  1.  Die „… Umsetzung eines ambitionierten Baustandards (z.B. DGNB Platin, BNB) für die Gebäude und Außenanlagen (und damit geringstmögliche Flächenversiegelung, höchste Wasserrückhaltung, geringstmögliche negative Umweltauswirkungen) …“ wird gefordert.

Bei der Umsetzung von Bauvorhaben sind die einschlägigen gesetzlichen Regelungen, einschließlich der Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes des Bundes (GEG) einzuhalten und umzusetzen. Darüberhinausgehenden Forderungen bedürfen einer rechtlichen Grundlage. Bei dem genannten Baustandard DGNB Platin, BNB handelt es sich um eine Zertifizierung im Zusammenhang mit der Umsetzung nachhaltiger Bauweise, wonach Bauherren auf rein freiwilliger Basis ihre Objekte nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) zertifizieren lassen können. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht nicht. Der städtebauliche Vertrag zum Projekt ist überdies abgeschlossen und durch die Stadtverordnetenversammlung bestätigt. Insofern können hier keine Ergänzungen mehr aufgenommen werden.

 

Hinsichtlich des in diesem Zusammenhang von den Petenten genannten Aspektes „…geringstmöglicher negativer Umweltauswirkungen…“ Ist festzuhalten, dass umfängliche Gutachten zu den Themen Verkehr, Entwässerung, Schall, Flora und Fauna durchgeführt wurden, deren Ergebnisse in die Planung und Abwägung eingeflossen sind.

 

Den umweltrelevanten Aspekten wurde umfänglich Rechnung getragen. Regelhaft wurde im Verfahren eine Umweltprüfung gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1a des BauGB durchgeführt, bei der die voraussichtlich erheblichen Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt ermittelt werden. Diese werden im Umweltbericht, der Bestandteil der Begründung zum Bebauungsplan ist, beschrieben und bewertet. Dabei werden die Auswirkungen auf die Schutzgüter Mensch, Tier und Pflanzen, Fläche und Boden, Wasser, Klima, Luft und Landschaft, sowie Kultur- und Sachgüter geprüft, bewertet und in die Abwägung eingestellt.  

Die Eingriffe in Natur und Landschaft wurden entsprechend der Naturhaushaltswertmethode ermittelt und daraus die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen sowohl durch Festsetzungen im Bebauungsplan als auch durch vertragliche Verpflichtungen gesichert. Im Ergebnis können Zweidrittel des notwendigen Ausgleichs durch Pflanzmaßnahmen innerhalb des Geltungsbereiches ausgeglichen werden. Dies trägt sowohl wesentlich zur Stärkung des Naturhaushaltes vor Ort als auch zur Sicherung der Durchgrünung des Gebietes und zur Aufwertung der Aufenthaltsqualität sowohl für die Anwohner und die künftigen Bewohner des Gebietes bei.

 

r das Wohnungsbauprojekt wurde ein Entwässerungskonzept, auch unter Einbeziehung von Gründächern, erarbeitet, welches gewährleistet, dass das im Geltungsbereich anfallende Niederschlagswasser auch hier versickert und so dem Naturhaushalt wieder zugeführt wird. Daber hinaus sind zum einen alle nicht bebauten Flächen zu begrünen, Wege sind mit wasserdurchlässigen Belägen auszuführen. Zum anderen sind umfangreiche Eingrünungsmaßnahmen festgesetzt.

 

  1. Es wird eine „…transparente Weiterentwicklung des Stadtentwicklungsprozesses für Zentrum-Ost unter Berücksichtigung der AnwohnerInneninteressen und der Expertise zivilgesellschaftlicher Verbände und Vereine (Schaffung alternativer Naherholungs-gebiete, Berücksichtigung der Mobilitätsanforderungen durch integrierte Parkraum-konzepte und kleinräumiger Radverkehrsplanung) …“ gefordert.

Die Nachverdichtung und Innenentwicklung von innerstädtischen, gut erschlossenen und an bestehende Siedlungsflächen angebundene Fläche entspricht zum einen den übergeordneten Zielen der Landes- und Regionalplanung, deren Einhaltung der Landeshauptstadt Potsdam als Oberzentrum unterliegt. Zum anderen dienen diese Nachverdichtungen der Vermeidung von umfangreichen Eingriffen in die Schutzgüter Klima, Luft, Boden und Fläche, die andernfalls im Rahmen einer Außenentwicklung notwendig wären.  Innenentwicklungen tragen zudem zur Stärkung des ÖPNV und des Fußnger- und Radverkehrs bei, was sich wiederum positiv auf die Schutzgüter auswirkt und somit auch auf die Bestrebungen der Landeshauptstadt stützt, wie sie u.a. im Masterplan 100 % Klimaschutz formuliert wurden.

 

Mit dem Bebauungsplan Nr. 145 „Am Humboldtring“ wird das durch den wirksamen Flächennutzungsplan der Landehauptstadt Potsdam beschriebene gesamtstädtische Entwicklungs-ziel für diesen Bereich -Wohnen und öffentliches Grün- umgesetzt. Im diesem Zusammenhang wird dies Fläche seit 2009 in verschiedenen kommunalen Entwicklungskonzepten als Wohnungsbau-potenzialfläche geführt.

 

Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens fanden mehrere Beteiligungen der Öffentlichkeit sowie der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange gemäß § 3 Absatz 1 und 2 BauGB, § 4 Absatz 1 und 2 BauGB sowie § 4a Abs.3 des Baugesetzbuchs (BauGB) statt, zuletzt im Frühjahr 2020.

Im Rahmen dieser Öffentlichkeitsbeteiligung hatte jedermann die Möglichkeit die Unterlagen zum Bebauungsplan entweder im Internet oder bei der Landeshauptstadt Potsdam einzusehen. Über die Beteiligung der Öffentlichkeit wurde ortsüblich im Amtsblatt der Landeshauptstadt Potsdam ausführlich informiert. Durch die Investorin wurde im Herbst 2015 im Rahmen einer Anwohnerversammlung über das Projekt informiert und die Anregungen und Hinweise der Bürger zum Projekt aufgenommen.

 

Zum Bebauungsplan wurde eine Verkehrstechnische Untersuchung erarbeitet, die sich mit der optimalen Erschließung des Projektbereiches auseinandergesetzt hat. Die erschließungstechnische Vorzugsvariante wurde im Bebauungsplan umgesetzt. Hinsichtlich der Parkplatzsituation ist zu erläutern, dass alle für das Projekt notwendigen Stellplätze innerhalb des Geltungsbereiches in Tiefgaragen und z.T. oberirdisch umgesetzt werden. Die notwendige Anzahl der Stellplätze sind entsprechend der Stellplatzsatzung der Landeshauptstadt Potsdam nachzuweisen.

 

In Verlängerung dernftigen Haupterschließungsstraße (parallel zur Nuthestraße) ist ein Rad- und Fußweg mit direkter Anbindung an die Havelstraße, welche parallel zur Havel verläuft, festgesetzt.

Das Gebiet ist somit für Fußnger- und Radfahrer durchgängig erschlossen.

 

  1. Es wird eine transparente Abschätzung und Darstellung der Auswirkungen anhand geeigneter Kennzahlen (Lebenszyklusanalysen für Flächen und Gebäude, Milieuschutzanalyse für Zentrum-Ost, Offenlegung und Monitoring des Zustandes der Ersatzpflanzungen) gefordert.

Die geplante bauliche Dichte und das städtebauliche Konzept waren Gegenstand von positiven Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung sowie Gegenstand der o.g. genannten mehrfachen öffentlichen Auslegungen des Bebauungsplans. Die genannten Punkte wie z.B. Milieuschutzanalysen und Lebenszyklusanalysen von Gebäuden und Flächen sind nicht Regelungsinhalt eines Bebauungsplans. Milieuschutzanalysen bedürfen anderer übergeordneter Entwicklungskonzepte.

Sie übersteigen zudem die Aufgabe eines einzelnen Bebauungsplans, der, als kommunales Planungsinstrument, die städtebauliche Entwicklung an einem konkreten Standort regelt. Speziell gilt dies in der gegenständlichen Konstellation, bei der der Umgriff des Geltungsbereiches, im Kontext zum gesamten Stadtteil, nur einen relativ kleinen Planungsraum betrifft.

 

Hinsichtlich der genannten Lebenszyklusanalysen von Gebäuden und Flächen ist festzuhalten, dass zu keinem Zeitpunkt der vorbereitenden und verbindlichen Bauleitplanung sowie zur Genehmigungsphase die gesetzliche Verpflichtung besteht, den Lebenszyklus nachzuweisen.

 

Die Festsetzung der Pflanzmaßnahmen im Geltungsbereich regeln auch den dauerhaften Erhalt und die Pflege, darüber hinaus sind speziell für die Pflanzmaßnahmen, die gleichzeitig als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt werden im städtebaulichen Vertrag eine mehrjährige Fertigstellungs- und Entwicklungspflege gesichert.

 

  1. Es wird die Schaffung geeigneter Lebensräume zur Wiederansiedlung der durch die Rodung verdrängten Tier- und Pflanzenarten gefordert.

Wie bereits oben ausgeführt wurden die Umweltaspekte umfangreich in verschiedenen Gutachten und im Umweltbericht geprüft und bewertet. Es wurden Fachbeiträge zum Artenschutz und zur Fauna erarbeitet sowie ein Bibermonitoring durchgeführt. Die Ergebnisse sind im Umweltbericht ausgeführt und durch verschiedene Maßnahmen in das Projekt eingeflossen. So wurden auf Grund des nicht auszuschließenden Vorkommens des Bibers und der Einstufung der Uferbereiche der Havel als Biotope zum Schutz dieses Lebensraums auf planerische Eingriffe wie z.B: einen Steg o.ä. im Uferbereich verzichtet.                    

r die im Geltungsbereich nachgewiesenen wertgebenden Vogelarten wurden bereits zahlreiche Nisthilfen am zu erhaltenden Baumbestand entlang des Havelufers angebracht, weitere folgen nach Fertigstellung der Gebäude.

Zweidrittel der notwendigen Ausgleichsmaßnahmen können durch Eingrünungs- und Pflanzmaßnahmen sowie Dachbegrünung innerhalb des Geltungsbereiches umgesetzt werden, sodass hier wieder neue Lebensräume entstehen. Die im Bebauungsplan als öffentliche Grünflächen festgesetzten Bereiche bleiben nach wie vor als Lebensräume für Flora und Fauna erhalten, und dienen gleichzeitig der Naherholung aller Anwohner.

 

C. Fazit

 

In der Zusammenschau der hier aufgeführten Aspekte kann festgestellt werden, dass eine umfängliche Prüfung aller Belange der Schutzgüter stattgefunden hat und diese gerecht gegeneinander und untereinander abgewogen wurden. Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigung von Natur und Landschaft wurden entsprechend der Ergebnisse der Gutachten festgelegt und mit den zuständigen Fachbehörden abgestimmt. Die dazu getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans und Regelungen des städtebaulichen Vertrages entsprechen dem regelhaft angewendeten Rahmen der verbindlichen Bauleitplanung. Alle Ergebnisse und ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung sind in der Begründung, dem Umweltbericht und den Abwägungstabellen hinreichend dokumentiert.

 

Es kann festgestellt werden, dass zu jedem wesentlichen Schritt der Planungsphase die Öffentlichkeit über das Projekt gemäß den gesetzlichen Vorgaben informiert wurde und alle daraus resultierenden Möglichkeiten der Stellungnahme und Planerörterung gegeben waren.

Das Vorgehen, der Verfahrensablauf und der Umgang mit den eingegangenen Stellungnahmen ist hinreichend in den Beschlüssen und der Begrünung des Bebauungsplans dokumentiert.

Ein wie im vorliegenden Bebauungsplan, kleinräumiges, Planverfahren berücksichtigt die übergeordneten kommunalpolitischen Planungs- und Entwicklungsziele, kann jedoch nicht den Rahmen oder die Plattform für großumige Stadtentwicklungsprozesse abdecken.

 

Die Petition wird daher zurückgewiesen.

 

 


Anlage:

Petition auf www.openpetition.de

 

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