Mitteilungsvorlage - 22/SVV/0310

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

Der Beschluss 19/SVV/1308 ergänzt den Satzungsbeschluss 19/SVV/1101 für den Bebauungsplan Nr. 132 Am Friedhof (OT Fahrland), der durch Bekanntmachung gem. §10 (3) BauGB am 25.03.2021 in Kraft gesetzt wurde.

 

Mit diesem Beschluss wurde der Oberbürgermeister beauftragt, nach erfolgreichem Satzungsbeschluss auf den Baufeldern WA 4 und WA 5 im genannten Bebauungsplan kommunalem sozialen Wohnungsbau mit mindestens 50% Belegungsbindungen zu schaffen. Die Flächen sollen darüber hinaus dauerhaft in kommunalem Besitz gesichert und nicht verkauft werden. Spätestens ein Jahr nach Satzungsbeschluss sollen der Stadtverordnetenversammlung schließlich die Planung der genauen Wohnungszahl und der entstehenden Kosten (mit und ohne Landesförderung) präsentiert und damit eine Entscheidung über den Zeithorizont der Umsetzung ermöglicht werden.

 

Mit dieser Mitteilungsvorlage soll der aktuelle Sachstand zur Umsetzung des Beschlusses dargelegt werden.

 

 

  1. Vorläufige Ergebnisse

 

Auf insgesamt rund 2.291 m² Wohnfläche sollen 39 Wohnungen folgender Zusammensetzung entstehen:

 

  • 20 gebundene Wohnungen mit ca. 46 m²r Einpersonenhaushalte mit geringem Einkommen
  • 4 gebundene Wohnungen mit 55 m²r Zweipersonenhaushalte mit geringem Einkommen
  • 15 Wohnungen unterschiedlicher Größe ohne Bindungen mit durchschnittlich 75 m²r den allgemeinen Wohnungsmarkt.

 

Musterberechnungen verschiedener Wohnungsunternehmen ergeben, dass dafür Herstellungskosten im Umfang von ca. 6.900.000,- Euro zu kalkulieren sind.

 

Der genannte Wohnungsgrößenschlüssel wird bei den weiteren Schritten zur Umsetzung des Bauvorhabens berücksichtigt.

 

r die Flächen WA 4 und WA 5 wurde in der Werkstatt Erbbaurechtsvergabe im Jahresverlauf 2021 anhand von Modellberechnungen herausgearbeitet, dass eine Vergabe des Grundstücks in Erbbaupacht grundsätzlich umsetzbar ist.

 

Erste Abstimmungen mit der Investitions- und Landesbank Brandenburg zu den Berechnungen bestätigen auch die grundsätzliche Förderfähigkeit eines solchen Vorhabens.

 

Im Ergebnis des durchgeführten Werkstattverfahrens wird die Vergabe eines Erbbaurechts an eine sog. Mietwohnungsorganisation favorisiert. Damit sind Organisationen in unterschiedlicher Rechtsform (u.a. das Mietshäusersyndikat) gemeint, bei denen die Mieterinnen bzw. Nutzer sehr weitreichende Mitbestimmungsrechte haben. Vorgesehen ist eine Konzeptvergabe. Um Mietwohnungsorganisationen den Zugang zum Verfahren zu erleichtern, soll die abschließende Entscheidung zur Grundstücksvergabe erst erfolgen, wenn der zu präferierende Bieter alle Voraussetzungen zum Vertragsabschluss geschaffen hat. Ggf. wird dadurch eine Aktualisierung der gutachterlichen Grundstücksbewertung erforderlich, da diese nur eine Gültigkeit von 12 Monaten hat. Vor Beginn des Verfahrens ist die Höhe des Erbbauzinssatzes abschließend zu klären.

 

 

  1. Erläuterungen

 

  1. Ausgangssituation

 

Ausgangspunkt für die Aufstellung des B-Plans 132 waren Pläne zur Bebauung einer Teilfläche durch einen privaten Vorhabenträger. In die Aufstellung wurden die Flächen der Baufelder WA 4 und WA 5 einbezogen, die sich im Eigentum der Landeshauptstadt Potsdam befinden.

 

Ursprünglich war beabsichtigt, auf diesen Baufeldern den Bau von Reihenhäusern zu ermöglichen und die Fläche anschließend zu vermarkten. Die Festsetzungen des Bebauungsplans lassen grundsätzlich auch Geschosswohnungsbau zu. Durch Beschluss 19/SVV/1308 mussten die Planungen angepasst werden.

 

 

  1. Kommunaler Sozialer Wohnungsbau

 

r die Umsetzung des Beschlusses wurde der Begriff „Kommunaler Sozialer Wohnungsbau“ folgendermaßen konkretisiert:

  • Kommunaler Wohnungsbau bedeutet, dass der errichtete Wohnraum selbst vorzugsweise in kommunaler Verfügungsberechtigung bleiben soll. Als erster Ansprechpartner für die Umsetzung des Beschlusses wurde insofern die ProPotsdam als kommunales Wohnungsunternehmen gesehen;
  • Sozialer Wohnungsbau bedeutet, dass der errichtete Wohnraum für die Zielgruppen und zu den Bedingungen des brandenburgischen Wohnraumförderungsgesetzes (BbgWoFG) bereitgestellt wird, und zwar unabhängig von der (Möglichkeit der) Inanspruchnahme von Fördermitteln;
    r den sozialen Wohnungsbau sind damit Mietpreis- und Belegungsbindungen in Verbindung mit Benennungsrechten zugunsten der Landeshauptstadt Potsdam für Haushalte mit Wohnberechtigungsschein (WBS) oder WBS-Plus und dringendem Wohnbedarf für Mieten von aktuell 5,50 Euro / m² und 7,00 Euro / m² und einer Laufzeit von mindestens 20 Jahren zu begründen. Die beiden Einkommensgruppen WBS und WBS-Plus sind dabei entsprechend des deutlich höheren Anteils von WBS-Haushalten gegenüber WBS-Plus-Haushalten im Verhältnis 2:1 zu berücksichtigen.

 

 

  1. Verfahren zur dauerhaften Sicherung in kommunalem Besitz

 

Entsprechend den vorangestellten Konkretisierungen des Auftrags und unter Berücksichtigung des Auftrags, auch die Flächen selbst dauerhaft in kommunalem Besitz zu sichern und nicht zu verkaufen, wurden zunächst Gespräche mit der ProPotsdam zur Bebauung der Fläche aufgenommen.

 

Diese erstellte eine Baumassenstudie, die zum Ergebnis führte, dass das Vorhaben mit den genannten Vorgaben voraussichtlich nicht wirtschaftlich umsetzbar sei. Ein wesentliches Hindernis dafür wurde in der fehlenden Möglichkeit zur Inanspruchnahme der Wohnraumförderung des Landes Brandenburg gesehen.

 

Wie in der Zwischenberichterstattung zum Werkstattverfahren Bodenpolitik von August 2021 (21/SVV/0842) dargestellt, wurde sich im Ergebnis der Werkstatt Bodenpolitik am 10.12.2020 mit den daran teilnehmenden Fraktionen der Stadtverordneten darauf verständigt, an diesem Beispielgrundstück das Thema der Erbbaurechtsvergabe zu vertiefen.

 

Die Fraktion DIE LINKE der Stadtverordnetenversammlung, die den Beschlussantrag gestellt hatte, bestätigte, dass die Intension des Beschlusses, eine dauerhafte Sicherung in kommunalem Eigentum zu erreichen, unter anderem auch durch die Vergabe des Grundstücks in Erbbaupacht erreicht sei.

 

Es wurde die Folgeveranstaltung „Werkstatt Erbbaurechtsvergabe Döberitzer Straße“ vereinbart, mit der Zielstellung, auszuloten, ob und zu welchen Konditionen die Bestellung eines Erbbaurechts möglich ist. Die Veranstaltung sollte urspnglich im März stattfinden. Es gab jedoch für einige Punkte, wie z.B. die Erschließungsthematik, mehr Klärungsbedarf als ursprünglich angenommen.

 

In die weitere Umsetzung flossen weiterhin Beschlusslagen zur Stärkung des genossenschaftlichen Wohnens in der Landeshauptstadt Potsdam ein. Hierzu haben sich die Landeshauptstadt Potsdam und der Arbeitskreis Stadtspuren im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung auch die gemeinsame Entwicklung von Modellen zur Veräerung von Grundstücken zum Zweck der sozialen Wohnraumversorgung zum Ziel gesetzt. Auf Grund der Beschlusslage für die Flächen wurden daher die Potsdamer Wohnungsgenossenschaften sowie das Mietshäusersyndikat als ebenfalls mitgliedergetragene und gemeinwohlorientierte Organisationsform in das Pilotvorhaben einbezogen.

 

Im Jahresverlauf 2021 wurden, beginnend ab dem 19.2.2021, mehrere Folgeveranstaltungen unter Federführung des Fachbereichs Stadtplanung durchgeführt. Fragestellungen, die dabei erörtert wurden waren insbesondere:

 

1)      Mit welchen Konditionen (Laufzeit, Erbbauzins, Vertragsgestaltung etc.) wäre für genossenschaftliche und mitgliederorientierte Bauherren (z.B. das Mietshäusersyndikat) die Entwicklung des Grundstücks möglich?

2)      Welche Bebauung wäre unter dieser Voraussetzung auf den beiden Baufeldern WA 4, WA 5 umsetzbar (Typologie, Flächen, Wohnungsgrößen)?

3)      Hinweise zu einer Veränderung der Vorgaben, falls dies zu einer wirtschaftlichen Umsetzung nötig ist.

 

Das Beteiligungsverfahren wurde mit der Werkstatt am 9.12.2021 und unter anderem mit folgenden Ergebnissen abgeschlossen, die über das Pilotvorhaben hinaus bei der derzeitigen Aktualisierung der Leitlinie zur Grundstücksvergabe Berücksichtigung finden sollen:

 

  • r die ProPotsdam sind Erbbaurechtsvergaben wenig sinnvoll; Vorzugslösung ist die Einlage, da die Grundstücke im Eigentum des Konzerns Stadt bleiben.
  • Auch für Genossenschaften scheint das Instrument Erbbaurecht in der Anwendung grundsätzlich wenig sinnvoll, die Auswirkungen auf das bezahlbare Wohnen wären ungünstig.
  • r Nicht kommerzielle Organisationen, wie z.B. das Mietshäusersyndikat und andere ähnliche Akteure, könnte es ein geeignetes Instrument der Bereitstellung von Grundstücken darstellen.

 

 

  1. Bedarfsanalyse für gebundenen Wohnraum im Ortsteil Fahrland

 

Durch den Bereich Soziale Wohnraumversorgung wurde 2020 zur Vorbereitung der Beschlussumsetzung eine Wohnungsbedarfsanalyse mit den nachfolgenden wesentlichen Ergebnissen vorgenommen.

 

  • Bau- und Eigentümerstruktur

Die Ortslage Fahrland besteht aus einem alten Dorfkern mit Pfarrhof und Dorfkirche sowie drei räumlich angelagerten Wohnsiedlungen und einem Gewerbepark im Nordwesten. Die nach 1990 entwickelten Wohngebiete werden je nach Lage durch unterschiedliche Bebauungstypen geprägt, wozu zum einen locker bebaute Einfamilienhaus- und Reihenhausquartiere als auch mehrgeschossiger Wohnungsbau in Block- und Zeilenbauweise zählen. Letztere sind insbesondere im nördlichen Quartier zu finden und sowohl in der ersten Ausbaustufe in den 1990er Jahren (B-Plan F 01) als auch in der dritten Ausbaustufe (B-Plan F 03) in den 2010er Jahren errichtet worden. Insgesamt sind rund 70 % der Wohngebäude im Ortsteil nach 1990 neu errichtet worden.

 

Die Wohnbebauung im Ortsteil Fahrland ist strukturell überwiegend von Ein- und Zweifamilien- sowie Doppel- und Reihenhäusern geprägt. Allerdings befindet sich fast die Hälfte aller Wohnungen in Geschosswohnungsbauten, so dass Mietwohnraum im Geschosswohnungsbau für den Ortsteil durchaus prägend ist.

 

Der Wohnraum im Ortsteil Fahrland befindet sich fast ausschließlich in privatem Eigentum. Von insgesamt 2.159 mit Stand vom 31.12.2019 im Wohnungskataster der Landeshauptstadt Potsdam erfassten Wohnungen befinden sich 30 Wohnungen in kommunalem und keine Wohnung in genossenschaftlichem Eigentum. Der sich daraus ergebende kommunale Anteil am Gesamtwohnungsbestand von 1,3 Prozent liegt damit sehr deutlich unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Bei den Geschosswohnungsbauten handelt es sich überwiegend um Eigentümergemeinschaften.

 

Die kommunalen Flächen im B-Plangebiet sollen daher dazu genutzt werden, den Anteil oder zumindest die Anzahl kommunaler oder genossenschaftlicher Wohnungen im Ortsteil zu erhöhen.

 

  • Mietpreis- und Belegungsgebundener Wohnraum

 

Im Ortsteil Fahrland gibt es bislang keinen mietpreis- und belegungsgebunden Wohnraum. Der Ortsteil lag bislang außerhalb der Gebietskulissen für die Wohnraumförderung des Landes Brandenburg.

 

Die kommunalen Flächen im B-Plangebiet sind daher zur erstmaligen Schaffung mietpreis- und belegungsgebundener Wohnungen notwendig.

 

  • Wohnb   edarfe von Haushalten mit geringem Einkommen

 

Die Einwohnerzahl in Fahrland ist in den letzten 30 Jahren deutlich gestiegen und liegt zum 31.12.2019 bei 4.892 Einwohnern. Dies entspricht einem Anstieg in Höhe von 70 % gegenüber 2003. Nach einem kontinuierlichen Anstieg mit Wachstumsraten im einstelligen Prozentbereich, erfolgte ein sprunghafter Anstieg der Zuwachsraten mit 7 % in 2015, 10 % in 2016 und 12 % in 2017. Die Bevölkerungszuwächse sind zu einem geringen Teil auf positive natürliche Bevölkerungssalden und überwiegend auf hohe positive Wanderungssalden zurückzuführen. Die Zahl der Haushalte liegt bei 2.394.

 

Fahrland wurde in der Strategieplanung zur Entwicklung des Ländlichen Raums Potsdam (17/SVV/0687) als Ortslage mit besonderen Entwicklungsperspektiven eingeordnet. Hier steht die Ausschöpfung der eigenen Entwicklungsperspektiven unter anderem als Wohnstandort im Vordergrund.

 

Der Planungsraum 102, zu dem Fahrland gehört, wird nach der aktuellen Bevölkerungsprognose der Landeshauptstadt Potsdam sowohl absolut als auch prozentual ein sehr starkes Bevölkerungswachstum im Prognosezeitraum erfahren. Die Einwohnerzahl nach aktuellem Stand der kleinteiligen Bevölkerungsprognose der Landeshauptstadt Potsdam (Stand 2020 für den Zeitraum 2020 bis 2040) um ca. 20 % zunehmen.

 

Durchschnittlich stellen pro Jahr 34 Haushalte aus dem Ortsteil den Antrag auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS), darunter überwiegend Ein- und Zweipersonenhaushalte. Lediglich 15 Prozent der WBS-Haushalte können pro Jahr mit Wohnraum versorgt werden, dies zudem aus Mangel an vor Ort bereitstehenden Versorgungsmöglichkeiten ausschließlich außerhalb des Ortsteils.

 

Die kommunalen Flächen im B-Plangebiet werden insofern zur Deckung des örtlichen Bedarfs nach Mietwohnraum für Geringverdiener und zur Vermeidung von Verdrängung aus dem Ortsteil benötigt.

 

  • Wohnraumförderung und Anforderungen an den mietpreis- und belegungsgebundenen Wohnungsbau

 

Die Landeshauptstadt strebt in Abstimmung mit dem Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) und dem Landesamt für Bauen und Verkehr eine weitere Ausweitung der Fördergebiete an, möglichst auf die gesamte Stadt. Aktuell laufen in fortgeschrittenem Stadium Vorbereitungen zur Ausweitung der Gebietskulisse der Wohnraumförderung unter anderem auf den Ortsteil Fahrland.

 

Das MIL bereitet darüber hinaus derzeit eine Aktualisierung der Förderrichtlinie mit veränderten Konditionen unter anderem zur Höhe der Mietpreisbindungen vor. Unter anderem von den Ergebnissen dieser beiden Prozesse hängt ab, ob bzw. welche Kosten (mit Landesförderung) der LHP bei der Bebauung der beiden Baufelder entstehen werden.

 

Aus den beschriebenen Analyseergebnissen wurde abgeleitet, dass auf den Baufeldern WA 4 und WA 5 im mietpreis- und belegungsgebundenen Anteil (mindestens 50% der gesamten Wohnfläche) entsprechend den Vorgaben des brandenburgischen Wohnraumförderungsgesetzes der überwiegende Teil der Wohnfläche (80 Prozent) mit Wohnraum für Einpersonenhaushalte (Wohnfläche jeweils ca. 46 m²) und die übrigen 20 Prozent der gebundenen Wohnfläche mit Wohnraum für Zweipersonenhaushalte (Wohnfläche jeweils ca. 55 m²) zu bebauen sind.

 

Bei insgesamt rund 2.291 m² Wohnfläche ergibt sich daraus die Anzahl von 39 Wohnungen folgender Zusammensetzung:

 

  • 20 gebundene Wohnungen mit ca. 46 m²r Einpersonenhaushalte mit geringem Einkommen
  • 4 gebundene Wohnungen mit 55 m²r Zweipersonenhaushalte mit geringem Einkommen
  • 15 Wohnungen unterschiedlicher Größe ohne Bindungen mit durchschnittlich 75 m²r den allgemeinen Wohnungsmarkt.

 

  1. Kosten

 

Der genannte Wert wurde im Rahmen der Werkstatt „beritzer Straße“ ermittelt. Er beinhaltet u.a. auch Kostenschätzungen der Verwaltung zur Herstellung der Schmutz-/ Trinkwasserleitungen sowie für die verkehrliche Erschließung und Entwässerung. Zusätzliche, noch nicht zu beziffernde Kosten entstehen für den Anschluss an das Strom-, Gas- und Telekommunikationsnetz.

Loading...