Antrag - 22/SVV/0824

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Initiative des Bundespräsidenten Steinmeiers folgend wird der Oberbürgermeister gebeten, eine Maßnahmenübersicht zu erstellen, wie Potsdamerinnen und Potsdamer vor drohender oder bereits existierender Wohnungslosigkeit bewahrt werden können.

Es soll dargestellt werden, welche bestehenden Maßnahmen bereits existieren, wie diese zielführend Betroffenen angeboten werden können und wo Ergänzungsbedarf besteht.

Insbesondere soll dabei geprüft werden, wie das Konzept „Housing-First“ in Potsdam umgesetzt werden kann.

Mit Blick auf die rasch steigende Inflation und einem drohenden kalten Winter soll ein Vorschlag bis zur nächsten Stadtverordnetenversammlung im November 2022 erfolgen.


 

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Erläuterung

Begründung:

 

Die Zahl der Wohnungs- bzw. Wohnungslose in Potsdam beläuft sich laut Wohnungslosenstatistik der Landeshauptstadt Potsdam zum Zeitpunkt Januar 2022 auf 614, mit Ausnahme der Dunkelziffer. Auffällig hierbei ist das in der Landeshauptstadt im Vergleich zum Bundesdurchschnitt der Anteil an Wohnungslosen Familien und Kindern sehr hoch ist. Bundesweit sind durchschnittlich 33 % der Wohnungslosen Menschen Frauen, in Potsdam

35 %. Noch erschreckender ist die Differenz von wohnungslosen Kindern, hier sind bundesweit durchschnittlich 8 % der Wohnungslosen Kinder und in der Landeshauptstadt Potsdam 27 %.

 

„Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen im Abseits unserer Gesellschaft in Not und Elend leben, ohne Chance auf ein selbstbestimmtes Leben in Würde.“ Diesen Worten des Bundespräsidenten folgend, soll daher Housing-First in Potsdam erprobt werden. Durch Housing-First wird die Wohnungslosigkeit unmittelbar beendet und flexible wohnbegleitende Hilfen zum dauerhaften Wohnen angeboten. Hierbei rückt der eigene Wohnraum an die erste Stelle. Derzeit müssen die Betroffenen in der Regel ihre "Wohnfähigkeit" beweisen und Gemeinschaftsunterkünfte sowie Trainingswohnungen durchlaufen. Der Wohnraum wird meist nach Erfüllung von Auflagen angeboten. Da dieser häufig nicht vorhanden oder teilweise nur befristet ist, droht eine erneute Wohnungslosigkeit und der sogenannte "Drehtüreffekt" stellt sich ein.

Bei Housing-First besteht von Anfang an ein gewöhnliches, unbefristetes Mietverhältnis samt allem Recht und Pflichten. Zusätzlich werden den Betroffenen wohnbegleitende Hilfen aktiv angeboten und dadurch ermutigt, ihre Probleme gemeinsam zu beheben. Die Annahme der Hilfen ist im Gegensatz zum herkömmlichen System nicht verpflichten.

Die Wirksamkeit ist dabei längst evident: Nach ersten Studien verringerte sich die Zahl der Menschen, die auf der Straße leben, in Gebieten mit einem solchen Programm um 30 %, sodass sogar die Zahl der Notunterbringungen reduziert werden konnte. Auch Untersuchungen in Europa kamen zu dem Ergebnis, „dass Wohnstabilität nach 24 Monaten selbst bei Personen mit Doppeldiagnosen und ohne Betreuungsverpflichtung höher ist und seltener Wohnungslosigkeit eintritt als bei Kontrollgruppen mit einer Abstinenzvoraussetzung“. Dabei verbesserte sich nicht nur der Gesundheitszustand der Programmteilnehmer, auch der Alkoholkonsum und die Kriminalitätsrate sanken, während die Bereitschaft für Therapieangebote stieg. Für Potsdam bedeutet dies auch eine signifikante Kostenreduktion durch Rückgang von Inhaftierungen, aber vor allem durch die sinkende Nutzung von Rettungsdiensten und anderen medizinischen Versorgungsleistungen. „Selbst, wenn man die Ausgaben für die Unterkunft miteinbezieht, halbierten sich die Gesamtkosten.“.

 

Des Weiteren sollen bestehende Hilfsmaßnahmen gegen Wohnungslosigkeit gesichtet werden, um daraus ein zielführendes Unterstützungsangebot zu entwickeln.
 

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Anlagen

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