Mitteilungsvorlage - 04/SVV/0041

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

 

Jahresbericht der Ausländerbeauftragten 2003

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Erläuterung

30. Dezember 2003

Jahresbericht der Ausländerbeauftragten 2003

 

Gliederung:

1.             Einleitung

2.                 Ausländerbeirat

3.                 Vernetzungen in der Migrantenarbeit

4.                 Themenkreis Asyl

4.1.               Umzug der Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber aus der Michendorfer Chaussee in die Kirschallee

4.2.               Umzug der GU aus der Kirschallee in Lerchensteig

5.                Themenkreis Jüdische Zuwanderung

5.1.                Landesaufgabe: Unterstützung des Gemeindelebens

5.2.               Kommunale Aufgabe: Integration der Zugewanderten in Potsdam

6.                Unterstützung des Integrationsprozesses

6.1.               Schulpflicht

6.2.               Sprachförderung

7.                Interkulturelle Öffnung der Verwaltung

8.             Die neuen Ortsteile

9.                 Schlussbemerkung

 

 

1.             Einleitung

Das Jahr 2002 war mit der Vorbereitung auf das Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes auf allen Ebenen der professionellen Ausländerarbeit verbunden. Die Bundesbehörden haben sich umstrukturiert, wir als Kommune haben uns mit dem neuen Gesetz vertraut gemacht. Am 18. Dezember 2002 stand dann fest, das Gesetz kam doch nicht zu Stande. Im Januar 2003 folgte ein Neuanfang. Nun, ein Jahr später, im Dezember 2003 ist die Fachwelt wieder voller Erwartung, welche Ergebnisse im Vermittlungsausschuss zum Zuwanderungsgesetz erreicht werden.

Es gibt auch noch ein weiteres, nicht nur für Migranten[1] wichtiges Gesetz, das voraussichtlich im Januar 2004 in das Gesetzgebungsverfahren eintreten wird: das  Antidiskriminierungsgesetz.

Es ist also damit zu rechnen, dass das Jahr 2004 zwei neue, wichtige Gesetze mit sich bringt. Diese Gesetze haben dann Auswirkungen nicht nur auf die Gestaltung des Lebens der Zugewanderten, sondern auch auf die Aufgabenbereiche der zuständigen – teilweise - kommunalen Stellen.

 

Das Jahr 2004 bringt auch noch etwas Wichtiges mit sich: die Europäische Union wird erweitert. Ich betrachte diese Tatsache 15 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer als ein historisches Ereignis.

Es kommt sicher zu einer Bewegung in der EU. Die Investoren schauen nach Osten, wo die Fördermittel hinfließen werden; viele gut gebildete, junge Menschen schauen aus dem Osten nach Westen, wo sie nun ohne größere Hürden an den Hochschuleinrichtungen studieren können.

In Potsdam leben bereits seit Jahrzehnten viele Staatsangehörige der neuen EU-Länder. Für diese Menschen wird nun Wirklichkeit, was sich alle lange in Potsdam lebenden bleibeberechtigten AusländerInnen wünschen: sie können an den Kommunalwahlen teilnehmen, sich können selber Stadtverordnete werden. Die Möglichkeit der Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2004 ist für viele neue EU-Bürger ein sehr wichtiges Ereignis.

Ich hoffe sehr, dass die Potsdamer EU-Bürger, sowohl aus den alten als auch aus den neuen EU-Ländern, den Weg zum Ehrenamt in der Kommunalpolitik finden werden und sich aktiver als bisher für die Entwicklung der Stadt einbringen.

 

 

2.             Ausländerbeirat

Bereits heute leisten die Mitglieder unseres Ausländerbeirates ein Ehrenamt in der Kommunalpolitik. Der neue Beirat wurde in diesem Jahr parallel zu den Kommunalwahlen gewählt. Dieses Gremium ist das „Parlament“ der Potsdamer Migranten, die nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen. Über das Entstehen und die Geschichte des Potsdamer Ausländerbeirates und die Ergebnisse der letzten Wahlen berichtet der Statistische Informationsdienst Nr. 7/2003.

 

Ich wünsche unserem Ausländerbeirat, dass sein Engagement, unterstützt durch eigene Erfahrungen der Mitglieder, Potsdam vorwärts bewegt. Es ist eine sehr wichtige und wertvolle Struktur für die Landeshauptstadt, ein demokratisch gewähltes Gremium der Ausländer als Ansprechpartner bei allen ausländerrelevanten Themen zu haben. Alle Potsdamer, Deutsche und Nichtdeutsche, können von der ehrenamtlichen Arbeit des Ausländerbeirates profitieren.

 

 

3.             Vernetzungen in der Migrantenarbeit

2003 entwickelten sich mehrere migrantenrelevante Netzwerke in der Stadt. Es kann über eine große Vielfalt der vorhandenen Netzwerke, mit verschiedenen Schwerpunkten berichtet werden. Einige dieser Netze haben ihren Kern bei der Ausländerbeauftragten oder in der Verwaltung, andere sind auf Anregung von freien Trägern oder der Kirchen entstanden. Die Netzwerke sind Themen- oder Stadtteilbezogen. Es ist eine positive Entwicklung, dass aus der Zusammenarbeit der Akteure in der Migrantenarbeit immer mehr städtische Projekte entstehen.

Als gelungene Produkte der Vernetzung möchte ich einige Beispiele nennen: Toleranztraining mit Schülern; Schülerprojektjahr zum Thema „Eine Welt und Entwicklungspolitik“; Jugendforum für zugewanderte Jugendliche; Alphabetisierungskurs für Migrantinnen; Woche der ausländischen Mitbürger – Interkulturelle Woche; Projektentwicklung „Nachbarschaftstreff am Schlaatz“; Studenten unterstützen Flüchtlingsprojekte (Internetcafé mit Schulung für Flüchtlinge in der Kirschallee; Kinderstunden am Lerchensteig); Länderabende in der Elfleinstraße; Bornstedter Runde; Ausländer-Gesprächskreis bei der Sozialbeigeordneten.

 

Die Entwicklung von bleibenden, funktionsfähigen Verbindungen unterstützt auch die camino-Servicestelle für die Umsetzung des Lokalen Aktionsplanes für Toleranz und Demokratie gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit für die Landeshauptstadt Potsdam. Camino hat mehrere Werkstattkonferenzen bzw. Gespräche zu verschiedenen Themenkreisen wie Sport, Verantwortung in der Nachbarschaft, Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr, Rechtsextreme Aufmärsche & Demonstrationen und Alltagsrassismus durchgeführt. Ein wichtiges Ergebnis der AG „Verantwortung in der Nachbarschaft“ ist der Aufbau einer ehrenamtlichen Nachbarschafts-Konfliktschlichter-Struktur in Potsdam. Mit Unterstützung der Geschäftsstelle der Sicherheitskonferenz werden ab Januar 2004 ehrenamtliche Konfliktschlichter ausgebildet. Es ist erfreulich, dass auch Migranten bereit sind, dieses sicher nicht einfache Ehrenamt anzunehmen. Ich denke, wenn es um die Nachbarschaftsprobleme zwischen Einheimischen und Zugewanderten geht, kommt es oft zur Ethnisierung von normalen Alltagsproblemen; eine Vermittlung durch einen ausgebildeten Schlichter kann die Probleme der Nachbarn selbst, aber auch des Vermieters, der Polizei oder sogar des Gerichts lösen. Ich hoffe auf den Erfolg der Nachbarschaftsmediation.

 

Neben den kommunalen Netzwerken gibt es mehrere überregionale Strukturen, wo die Mitarbeit der Ausländerbeauftragten der Landeshauptstadt Potsdam gefragt ist. In diesen Arbeitsgruppen geht es um die migrantenrelevante Entwicklung im Land Brandenburg. Beispiele dieser Strukturen: Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit;  Arbeitsgruppen bei der Erstellung des Landesintegrationskonzeptes; Arbeitsgruppe Jüdische Zuwanderung bei der Ausländerbeauftragten des Landes Brandenburg; Arbeitsgruppe Flüchtlingsfrauen bei der Ausländerbeauftragten des Landes Brandenburg.

 

 

4.             Themenkreis Asyl

4.1.             Umzug der Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber aus der             Michendorfer Chaussee in die Kirschallee

Der Umzug der GU für Asylbewerber aus der Michendorfer Chaussee in die Kirschallee war langfristig vorbereitet. Diese Vorbereitungszeit war konfliktreich, der Großteil der Bornstedter lehnte den Zuzug der Asylbewerber in die Kirschallee ab. Vor und nach dem Umzug gab es  laute Stimmen, es sollen ausschließlich jüdische Zuwanderer in Bornstedt im Bereich der Kirschallee wohnen.

Inzwischen hat die Einrichtung der Asylbewerber bewiesen, dass ein freundliches  Miteinander mit allen Nachbarn möglich ist. Der Betreiber der Einrichtung, die Malteser Betreuung, leistet eine gute Arbeit. Es steht aber fest, eine Sammelunterkunft ist immer eine Art Ausnahmezustand für deren Bewohner, egal ob es ein Studentenwohnheim oder ein Wohnheim für Zugewanderte ist. Ich kann weiterhin meine Zufriedenheit über das Potsdamer Unterbringungskonzept zum Ausdruck bringen, wonach Familien nach drei Jahren, Einzelpersonen nach fünf Jahren GU-Aufenthalt in einer Wohnung wohnen dürfen. Diese Jahreszahlen zeigen, dass viele Asylverfahren sehr lange dauern.

In Berlin gilt seit einiger Zeit die Regelung, dass für die Asylbewerber Studium und Ausbildung nicht mehr verboten sind. Dieser Beschluss der Berliner Innenverwaltung ist damit begründet, dass die Asylverfahren in Berlin durchschnittlich etwa 5 Jahre dauern und diesen Zeitraum sollen die fähigen Asylbewerber für die Bildung nutzen können. So eine Regelung wäre auch für Brandenburg zu begrüßen. Die Bildung vom jungen Zugewanderten kann nur positive Folgen haben, sowohl während des Aufenthalts in Deutschland als auch im Falle einer Rückkehr ins Heimatland. Junge Asylbewerber im Asylverfahren, die in Potsdam nach dem Abschluss der 10. Klasse oder nach dem Abitur nichts mehr tun dürfen, könnten mindestens die Chance haben, bei der Erfüllung von fachlichen, sprachlichen, finanziellen und arbeitserlaubnisrechtlichen Bedingungen nicht als Leistungsempfänger des Sozialamtes, sondern als Azubi oder Student leben zu können.

 

4.2.            Umzug der GU aus der Kirschallee in Lerchensteig

Der Umzug der GU für Asylbewerber aus der Kirschallee 6f in das Sozialdorf Lerchensteig steht entsprechend dem Unterbringungskonzept im Sommer 2004 auf dem Plan. Die Umsetzung des Unterbringungskonzeptes wird von den Bornstedtern mit Interesse begleitet. Es finden regelmäßig Zusammenkünfte der sogenannten „Bornstedter Runde“ im Speisesaal der Foerster-Schule statt, an denen die Akteure vor Ort (Bornstedter Anwohner, Gemeinschaftsunterkünfte, Sportvereine, Schule, Polizei, Entwicklungsträger Bornstedter Feld) und die zuständigen Stellen aus der Stadtverwaltung teilnehmen (nächster Treff: 24. Februar 2004, 18.00 Uhr). Hier werden Probleme und Fragen der Bürger angenommen oder beantwortet. Auf diesen Treffen werden immer weniger Probleme im Zusammenhang mit der GU für Asylbewerber in der Kirschallee angesprochen.

 

Es kann festgestellt werden, dass die Asylbewerber selbst sehr gern in der Kirschallee bleiben möchten. Hier gibt es eine gute Infrastruktur, eine positive Stimmung und gute Projekte in der Einrichtung selbst und inzwischen ruhige, teilweise sogar positive Nachbarschaftsbeziehungen. 

 

Der Entwicklungsträger Bornstedter Feld (ETBF) hat das Gelände im Bereich der beiden Gemeinschaftsunterkünfte (für jüdische Zuwanderer und für Asylbewerber) in der Kirschallee in diesem Jahr erworben und beschäftigt sich mit dessen Entwicklung. Es wurde sehr positiv von allen Nachbarn eingeschätzt, dass das Wohnumfeld durch den Abriss der Kalksandstein-Ruinen aus der Hinterlassenschaft der Sowjetarmee deutlich verbessert wurde. Die Nachbarn sind jedoch weiterhin an der Umsetzung des Unterbringungskonzeptes, d.h. an der Schließung der GU für Asylbewerber im Sommer 2004, interessiert.

Die Verwaltung ist aktiv mit der Umsetzung des Unterbringungskonzeptes beschäftigt. Im Juli 2004 soll das jetzige Sozialdorf Lerchensteig die einzige Potsdamer GU für Asylbewerber werden.

Seit dem Beschluss des Obdachlosenkonzeptes im Juni 2003 steht fest, dass die Obdachlosen Potsdams auch in der Nähe des Sozialdorfes bleiben. Diese Entscheidung bringt sicher nicht die optimale Lösung für die Unterbringung von sozial schwachen Gruppen in Potsdam, aber scheinbar gab es keine finanziell leistbare Möglichkeit in unserer Stadt für eine positivere Lösung dieser Aufgabe. Die Mitarbeiter der beiden Bereiche des Sozialdorfes – Obdachlose und Asyl - sind engagiert und verfügen über gute berufliche Qualitäten. So bleibt zu hoffen, dass die in der Zukunft ca. 400 sozial schwachen Personen im Sozialdorf mit verschiedensten Problemen trotzdem im guten Miteinander leben werden.

 

Wie in der Vorweihnachtszeit mehrere Abgeordnete der Stadtverordnetenversammlung selber im Sozialdorf Lerchensteig erfahren haben, hoffen die Bewohner immer noch, dass die Verkehrsverbindung der Einrichtung verbessert wird. Im Sozialdorf wohnen Menschen, die über keinen Pkw verfügen und voll auf den Busverkehr angewiesen sind. Vielleicht könnte noch eine logistische Möglichkeit gefunden werden, mit der ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand die Busse, die bis zur Haltestelle Abzweig nach Nedlitz im 20-Minuten-Takt fahren, auch das Sozialdorf passieren. Der 1 km Fußweg von der Haltestelle Abzweig Nedlitz bis zum Sozialdorf ist – insbesondere abends auf der unbeleuchteten Straße ohne Straßenrand - sehr gefährlich.

 

An dieser Stelle möchte ich noch bemerken, dass ich mich sehr darüber freue, dass für die Sozialleistungsempfänger im Verkehrsbund ein Potsdamer Sozialtarif vereinbart werden konnte. Nun ist es möglich, ohne kommunalen Zuschuss eine relativ günstige Monatskarte für Leistungsempfänger des Bereiches Soziales anzubieten. Ich würde begrüßen, wenn in der Zukunft auch ein Sozialtarif für Wochentickets eingeführt werden könnte. Diesen Tarif könnten Sozialleistungsempfänger in Anspruch nehmen, die nicht in einer GU leben, sondern in der Stadt und nicht jede Woche weite Wege, wie z.B. den Gang in die Verwaltung, zu erledigen haben.

Mein Wunsch für alle Bewohner - sowohl Obdachlose als auch Asylsuchende - des Sozialdorfes ist, dass sie neben der guten sozialen Betreuung auch gute Wohnmöglichkeiten und eine gute Verkehrsverbindung erhalten.

 

 

5.            Themenkreis Jüdische Zuwanderung

Ganz eng zu den Potsdamer Ausländern gehören die jüdischen Zuwanderer. Potsdam ist die Stadt, wo die erste Jüdische Gemeinde im Land Bandenburg nach 1939 gegründet wurde. Alle Mitglieder der Gemeinde kommen als Zuwanderer aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion im Rahmen der geregelten Zuwanderung nach Deutschland und werden nach Quoten verteilt. Bei uns ist die Anzahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinde im Land Brandenburg die höchste.

 

5.1.             Landesaufgabe: Unterstützung des Gemeindelebens

Ein grundsätzliches Problem, das mit der Jüdischen Gemeinde der Stadt verbunden ist, ist das Fehlen der rechtlichen Grundlage der Finanzierung des religiösen Gemeindelebens. Dieses Problem betrifft nicht die Aufgaben einer Kommune, trotzdem ist es für unsere Stadt von großer Bedeutung, da Potsdam nach Beschlusslage die Entwicklung des jüdischen Lebens unterstützen möchte. Die Stadt hat viel geleistet in den vergangenen Jahren auch für die Unterstützung des Gemeindelebens der Jüdischen Gemeinde Potsdam.

Die neuen Strukturen der Landesgemeinde klären sich sehr langsam. Das zuständige Ministerium des Landes Brandenburg, selbst die Ministerin Wanka, bemüht sich sehr um die Regelung der Funktionsfähigkeit der Landesgemeinde. Ein Entwurf des Staatsvertrages ist seit Mai 2003 vorhanden.

 

Ich hoffe sehr, dass der Staatsvertrag zwischen dem Land Brandenburg und der Jüdischen Gemeinde Land Brandenburg 2004 geschlossen wird. In diesem Falle wäre die Unterstützung des religiösen Lebens aller jüdischen Gemeinden im Land gelöst, d.h. die Gemeinden wären in der Lage für Ihre Räumlichkeiten die Kosten zu tragen und die notwendigen Personalkosten zu decken. Die Gemeinde braucht unaufschiebbar jetzt Unterstützung, damit sich dort die demografischen Strukturen, als Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Gemeindelebens, entwickeln können.

 

Es wäre sehr zu begrüßen, wenn der Aufbau der neuen Potsdamer Synagoge Wirklichkeit werden könnte. Es ist sehr positiv, dass bereits ein Förderverein zu diesem Zwecke gegründet ist und dass der Standort an einem würdigen Ort neben der alten Stadtmauer feststeht.

 

Sehr positiv wird die Arbeit unserer jüdischen Gemeinde durch die „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“ und den Verein „Begegnung – Dialog – Toleranz“ unterstützt.

 

 

5.2.             Kommunale Aufgabe: Integration der Zugewanderten in Potsdam

Die wichtigste kommunale Aufgabe im Zusammenhang mit der jüdischen Zuwanderung ist die Integration dieser Menschen in das städtische Leben. In Potsdam gibt es ein Übergangswohnheim für die jüdischen Zuwanderer, wo sie die ersten Monate nach der Ankunft verbringen können. Hier erfahren die Zuwanderer eine intensive soziale Betreuung, ehe sie in der Stadt innerhalb von 6 Monaten nach der Ankunft eine Wohnung finden sollen.

 

Die jungen Zugewanderten zeigen einen hohen Grad der schnellen Integration. Es gibt sehr gute Schüler unter den jüdischen Zuwanderern. Mit Problemen der Integration kämpfen die mittlere und die ältere Generation. Der Spracherwerb, die Berufsanerkennung, die Arbeitssuche sind schwere Aufgaben, die nicht immer erfolgreich verlaufen. Die Senioren  bemühen sich auch Deutsch zu lernen, Kontakte zu Deutschen aufzunehmen. Inzwischen gibt es auch aus der Mitte der jüdischen Zuwanderer eine aktive Mitarbeit im Seniorenbeirat.

 

Auch die Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWSt) ist eine wichtige Adresse in Potsdam bei der Integration von jüdischen Zuwanderern. Das Land Brandenburg finanziert unter der Trägerschaft dieser Wohlfahrtsstelle eine überregionale Beratungsstelle. Wir sind in der glücklichen Lage, dass sich diese Beratungsstelle in Potsdam befindet, so können die jüdischen Zuwanderer hier direkt, ohne längere Fahrtwege, Unterstützung und Rat holen.  

Unter der Trägerschaft der ZWST hat ab dem 1. September 2003 das Kultur-, Integrations- und Begegnungszentrum, kurz „KIBuZ“, seine Arbeit aufgenommen. Hier will sich die Wohlfahrt neben der Erfüllung der klassischen Wohlfahrtsaufgaben auch um die Öffnung der Potsdamer jüdischen Gemeinschaft in Richtung der Potsdamer Bevölkerung kümmern. Diese Stelle möchte eine Begegnungsstätte zwischen Einheimischen und Zugewanderten werden. Ich hoffe, dass diese Zielsetzung umgesetzt werden kann und viele Potsdamer den Weg in das KIBuZ finden werden.

 

 

6.            Unterstützung des Integrationsprozesses

Zur Integration gehören zwei: der Mensch, der als Fremder ankommt, und die Gesellschaft, die dieser Mensch hier, im für ihn neuen Land, vorfindet. Wenn beide Seiten bereit sind, unter willigem, positivem Vorzeichen aufeinander zuzugehen, kann eine erfolgreiche Integration erwartet werden. (Fachleute meinen, in der Regel braucht ein Mensch im Ausland 3 Jahre, um dort voll und ganz „anzukommen“, d.h. integriert zu werden.)

 

 

6.1.             Schulpflicht

In Brandenburg besteht positiver Weise für alle Kinder und Jugendliche, unabhängig  von der  Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsgrund, Schulpflicht. Die ausländischen Schüler, die nicht mit 6 Jahren in Deutschland eingeschult werden, erhalten bis zu zwei Jahren nach der Einreise die Möglichkeit, wöchentlich mit 1 Stunde „Deutsch als Fremdsprache“ gefördert zu werden.

Potsdam hat die logistische Möglichkeit einer kreisfreien Stadt genutzt: die Förderstunden „Deutsch als Fremdsprache“ werden an zwei Schulen für alle förderberechtigten Schüler gesammelt. So können über das ganze Schuljahr in Potsdam Deutsch-Förderklassen für „Seiteneinsteiger“-Schüler laufen. Egal, wann ein junger, schulpflichtiger Mensch aus dem  Ausland nach Potsdam kommt, er kann am nächsten Tag die Schule besuchen, d.h. in eine Klasse gehen, wo ein Intensivkurs „Deutsch als Fremdsprache“ angeboten wird. Dieses Modell findet man in Potsdam für die Grundschulkinder in der Foerster-Schule, für die Jugendlichen ab der 7. Klasse in der Marie-Curie-Gesamtschule. Die Lehrkräfte dieser Klassen stellen dann im Laufe der Zeit fest, wann der Schüler sprachlich in eine Regelklasse in der wohnortnahen Grundschule oder in der gewünschten weiterführenden Schule wechseln kann.

Zur Zeit steht die vorübergehende Schließung der Marie-Curie-Gesamtschule auf dem Schulentwicklungsplan. Falls es zu diesem Beschluss käme, würde dies bedeuten, dass die stadtübergreifenden Vorbereitungskurse für die Sekundarstufe ab dem Schuljahr 2005/06 in eine andere Schule verlegt werden müssten. Ich hoffe, dass die pädagogischen Erfahrungen des Lehrerkollegiums der Marie-Curie-Schule durch eine mögliche Schulschließung nicht verloren gehen und kein Bruch im Unterricht „Deutsch als Fremdsprache“ in Potsdam eintritt.

 

6.2.             Sprachförderung

Zur Zeit erhalten in Deutschland die Spätaussiedler und die jüdischen Zuwanderer einen 6monatigen Deutschkurs nach der Einreise, wenn sie sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Asylberechtigte, die nach dem Grundgesetz anerkannt werden, werden auch gefördert. Den Auftrag für die Durchführung dieser sog. Eingliederungskurse erteilt das Arbeitsamt.

Der Bund hat mit Mitteln des sog. Garantiefonds zusätzlich außerschulische Maßnahmen für die Integration von jungen Spätaussiedlern, jüdischen Zuwanderern und Asylberechtigten (nur nach dem Art. 16 a Grundgesetz) gefördert. Diese Mittel werden ab Januar 2004 leider nicht mehr ausgereicht.

Es steht fest: die Kenntnis der deutschen Sprache muss für jeden Einwanderer als Nr. 1 auf der Lebenswegplanung stehen. Es müssten alle bleibeberechtigten Migranten Deutsch lernen. Die Unterstützung des Staates ist eine positive Sache; aber es muss auch allen Zugewanderten klar sein, dass sie sich ohne die Kenntnis der deutschen Sprache nicht integrieren können und sie auf dem Arbeitmarkt im deutschsprachigen Raum nur schwer vorwärts kommen können.

 

Der Großteil der Zugewanderten muss sich selber um die Möglichkeiten des Spracherwerbs kümmern. Es ist eine große konkrete Hilfe in Potsdam, dass die Volkshochschule recht gute und bezahlbare Kurse „Deutsch als Fremdsprache“ anbietet.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass ich sehr beeindruckt war, als der  Inhaber der Gaststätte Lehmofen zum 5jährigen Jubiläum seines Restaurants eine Tombola für die Finanzierung von Sprachkursen für Potsdamer bedürftige Ausländer durchgeführt und die Einnahmen zu diesem Zweck gespendet hat.

 

Es kann festgestellt werden, dass die Begleitung der Integration der Einwanderer eine Professionalisierung braucht. Jeder Mensch hat verschiedene Fähigkeiten und Pläne, wenn er in Deutschland ankommt. Es müssten die Angebote da sein, die gebraucht werden. (Ein Deutschlehrer aus Russland müsste nicht zum Besuch des Eingliederungskurses verpflichtet werden nur deshalb, weil das Arbeitsamt für 6 Monate den Unterhalt zahlt.)

 

Das Zuwanderungsgesetz, falls ein Teil davon für den Bereich der Integration in Kraft treten sollte, bietet hoffentlich die Möglichkeit für eine bedarfsorientierte Sprachförderung, sowie eine Integrationswegplanung für alle Zugewanderten. Ich würde mich freuen, wenn endlich auch Flüchtlinge nach der Genfer Konvention bei der Integration gefördert werden könnten. Für die Kommune wäre es hilfreich, wenn die Sprachkurse für die bleibeberechtigten, sozial schwachen Einwanderer größten Teils aus Bundesmitteln finanziert werden könnten.

 

 

7.             Interkulturelle Öffnung der Verwaltung

Im Jahr 2003 gab es mehrere Erörterungen in verschiedenen Fachgremien zum Thema der interkulturellen Öffnung der Verwaltung. Meine Alltagserfahrung, die ich aus konkreten Situationen gesammelt habe, bestätigt, dass die Zeit reif ist, auch in unserer Verwaltung deren interkulturelle Öffnung anzugehen. In der ersten Phase könnten praktische Maßnahmen durchgeführt werden:

-          Hausinterne Fortbildungen im Ausländerrecht (Zuwanderungs-, Integrationsrecht je nach der künftigen Rechtslage) für MitarbeiterInnen, die in leistungsgewährenden Bereichen arbeiten. Diese Schulungen könnte unsere Ausländerbehörde durchführen.

-          Die Sprachkenntnisse der Mitarbeiter könnten durch den Besuch von VHS-Sprachkursen verbessert werden.

-          Russische und englische Beschilderung in den Häusern der Verwaltung könnte von Vorteil sein.

-          Es wäre zu prüfen, ob eine (zuverlässige, dem Datenschutz verpflichtete) russisch-englisch sprechende Arbeitskraft (mit einer nichtkommunalen Personalkosten-Finanzierung) die Arbeit des Bereiches Soziales und Wohngeld als Springer-Dolmetscher unterstützen könnte. (Eine ehrenamtliche Struktur der Begleitung einer nicht deutsch sprechenden Klientel greift leider nicht in jedem Fall.)

In einer nächsten Phase sollten Mitarbeiterschulungen mit komplexen Fortbildungsprogrammen zum Thema „Interkulturelle Öffnung der Verwaltung“ angeboten werden.

Langfristig könnte die Personalplanung der Verwaltung auch mit einem Blick auf den Migrationshintergrund der Angestellten erfolgen, z.B. bei der Auswahl der Auszubildenden.

 

 

8.         Die neuen Ortsteile

Die Eingemeindungen der neuen Ortsteile bringen eine Bereicherung und interessante, neue Aufgaben auch im Migrantenbereich mit sich. In Golm wohnen zahlreiche ausländische Studenten und Wissenschafter, in Groß Glienicke und Fahrland leben viele deutsche Spätaussiedler und deren nichtdeutsche Familienangehörige.

 

Erfreulich ist, dass durch den Wissenschaftsstandort Potsdam immer mehr hoch qualifizierte Menschen in unserer Stadt leben und den guten Namen Potsdams in die Welt hinaus tragen. Unsere Ausländerbehörde ist sehr bemüht, die notwendigen bürokratischen Handlungen auch für diese Gruppe schnell und professionell zu erledigen - auch wenn feststeht, dass die Sprache der Wissenschaft nicht mit der Amtsprache in Deutschland übereinstimmt.

 

In Potsdam lebten bisher nur wenige Spätaussiedler (bedingt durch die gemeinsame Aufnahmequote mit den jüdischen Zuwanderern). In Fahrland und Groß Glienicke wohnen ziemlich konzentriert viele - generationsübergreifende – Spätaussiedler-Familien. In den beiden Ortsteilen gibt es Einheimische vor Ort, die Interesse an der Kontaktpflege mit Spätaussiedlern zeigen. Es ist erfreulich, dass in Groß Glienicke eine Spätaussiedlerin als Ortsbeiratsmitglied kandidiert hat.

Die Unterstützung der Integration der Spätaussiedler und deren nichtdeutschen Familienangehörigen sehe ich als eine sehr wichtige kommunale Aufgabe an. Mit mehreren Akteuren vor Ort haben wir bereits konkrete Pläne für die Intensivierung der Kontaktpflege mit den Spätaussiedlern aufgestellt.

 

 

 

9.            Schlussbemerkung

In meinem Bericht habe ich die wichtigsten migrantenrelevanten Themen des Jahres 2003, in der Regel verbunden mit Aufgaben für das nächste Jahr, dargestellt. Nicht alle Bereiche meiner Arbeit (z.B. Entwicklung des Betreuungskonzeptes; Opfer von rechter Gewalt) habe ich angesprochen.

 

Für das Jahr 2004 wünsche ich eine gute und anregende Zusammenarbeit mit der neuen Stadtverordnetenversammlung und den Ortsbeiräten. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Damen und Herren Abgeordnete und Ortsbeiratsmitglieder ihre migrantenrelevanten Fragen, Ideen und Bedenken mit der Ausländerbeauftragten erörtern würden.

 

 

Magdolna Grasnick

 

 



[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit des Berichts verwende ich nur die männliche Form der Substantive

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Fazit finanzielle Auswirkungen

keine

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