Beschlussvorlage - 23/SVV/1309

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Ordnungsbehördliche Verordnung der Landeshauptstadt Potsdam über Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass besonderer Ereignisse am 3. Advent (17.12.2023)

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Erläuterung

Das Brandenburgische Ladenöffnungsgesetz (BbgLöG) vom 27.11.2006 (GVBl.I/06, Nr. 15, S. 158), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 25.04.2017 (GVBI.I/17, Nr.8), eröffnet mit § 5 Abs. 1 den örtlichen Ordnungsbehörden die Möglichkeit, aus Anlass besonderer Ereignisse die Öffnung von Verkaufsstellen im Gemeindegebiet an jährlich höchstens fünf Sonn- oder Feiertagen in der Zeit von 13 Uhr bis 20 Uhr festzusetzen. Die Freigabe kann auf bestimmte Teile des Gemeindegebietes beschränkt werden. Wird die Öffnung von Verkaufsstellen derart beschränkt, ist die Möglichkeit der Sonn- oder Feiertagsöffnung für das gesamte Gemeindegebiet verbraucht.

 

Diese Tage und die Öffnungszeiten sind durch die örtliche Ordnungsbehörde mittels ordnungsbehördlicher Verordnung festzusetzen.

 

Eine Öffnung darf nicht für den Karfreitag, die Oster- und Pfingstsonntage, den Volkstrauertag, den Totensonntag sowie den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag zugelassen werden. Zudem dürfen nicht mehr als zwei Sonn- oder Feiertage innerhalb von vier Wochen freigegeben werden.

 

Entscheidend für den rechtmäßigen Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung ist, ob die Besonderheit des Ereignisses einen hinreichenden Anlass für eine Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen begründet.

 

Dazu wurden von der Verwaltung alle für 2023 geplanten Weihnachtsmärkte und die in Frage kommenden Adventssonntage auf ihre Aufnahmefähigkeit in die ordnungsbehördliche Verordnung hin geprüft.

Im Ergebnis der Prüfung wurden für den 3. Advent am 17.12.2023 folgende Anlässe aufgenommen:

  • Weihnachtsmarkt Blauer Lichterglanz, welcher auf der Brandenburger Straße, dem Luisenplatz und der rechten Seite des Bassinplatzes, vom 27.11.2023 bis zum 29.12.2023 stattfinden soll
  • Weihnachtsmarkt im Krongut, welcher vom 02.12.2023 bis 23.12.2023, ausgenommen montags und dienstags, stattfinden soll

 

Gemäß der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des § 5 BbgLöG wurden die folgenden Verbände bzw. Kirchen angehört und um Stellungnahme gebeten: der Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V. (HBB), ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg, die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und die Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK).

 

In den Stellungnahmen machten die IHK Potsdam sowie die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz keine Einwände gegen den vorliegenden Verordnungsentwurf geltend.

Die Bedenken des HBB wurden geprüft. Im Ergebnis der Prüfung ist festzustellen, dass eine Öffnungsmöglichkeit auf weitere Stadtgebiete als den im Verordnungsentwurf eingegrenzten Kartenbereich nicht möglich ist. Einem gesamtstädtischen Bezug und somit einer stadtweiten Sonntagsöffnung kann nicht entsprochen werden, da nicht in allen Stadtgebieten Weihnachtsmärkte stattfinden.

 

Mit Schreiben vom 24.01.2023 wies ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg auf die aktuelle Gesetzes- bzw. Rechtslage hin. Weiterhin führt ver.di verschiedene Kriterien des Bundesverwaltungsgerichtes an, die eine eventuelle Ausnahme zur Sonntagsöffnung rechtfertigen würden.

 

ver.di gibt an, dass durch die Anlassveranstaltung nicht nur ein erheblicher Besucher*innenstrom ausgelöst werden muss und der verfassungsrechtliche Sonn- und Feiertagsschutz weitere Einschränkungen verlangt.

Nach Angaben von ver.di ist eine Sonntagsöffnung mit uneingeschränktem Warenangebot aus Anlass einer Veranstaltung nur dann zulässig, wenn die Veranstaltung selbst für den Sonntag prägend und lediglich Annex zur Anlassveranstaltung ist.

 

Mit der Verordnung wird von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von der Ausnahmeregelung betroffen sein werden, in einem verhältnismäßigen Umfang ein zusätzlicher Einsatz ihrer Arbeitskraft abverlangt. Dabei werden die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Beschäftigten beachtet. Hinzu kommt, dass nicht alle Läden von der gewährten Öffnungsmöglichkeit Gebrauch machen, dass vielfach Ladeninhaberinnen und -inhaber selbst die Sonntagszeiten übernehmen, sowie das teils auch Zusatzkräfte nur für die Sonntage eingebunden werden.

 

Weiterhin haben alle in die Verordnung aufgenommenen Weihnachtsmärkte eine überörtliche, respektive überregionale Bedeutung. Sie sind anlassbezogen und nicht Mittel zur Offenhaltung der Verkaufsstellen oder deren Umsatzsteigerung. Vielmehr sind es Veranstaltungen mit eigenständiger, von erweiterten Öffnungszeiten unabhängiger Attraktivität.

Die Weihnachtsmärkte sind regelmäßig stattfindende Veranstaltungen mit prägendem Charakter und fester Bestandteil des kommunalen sowie kulturellen Lebens der Landeshauptstadt Potsdam.

 

ver.di führt außerdem an, dass eine prägende Wahrnehmung regelmäßig voraussetzt, dass die Veranstaltung ohne die Sonntagsöffnung mehr Besucher*innen anziehen würde als die alleinige Sonntagsöffnung. Bei erstmalig stattfindenden Ereignissen muss dieser Einschätzung eine schlüssige und vertretbare Prognose zugrunde liegen.

 

Die Weihnachtsmärkte der Landeshauptstadt Potsdam sind über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Es ist daher absehbar, dass jährlich mit der Eröffnung der Weihnachtsmärkte eine Vielzahl von Besuchenden die Traditionsmärkte in Potsdam aufsuchen. Aus touristischer Sicht bilden die Weihnachtsmärkte und die Veranstaltungsangebote in der Adventszeit einen besonderen Anreiz für Tages- und Übernachtungsgäste. Für das Image der Stadt Potsdam als Residenzstadt mit ihrer hierdurch geprägten Architektur und Kultur und ihren europäischen Einflüssen ist die Adventszeit von entscheidender Bedeutung.

Deutlich erkennbar wird dies an den Zahlen der Weihnachtsmärkte aus dem Jahr 2022: So zog der Weihnachtsmarkt Blauer Lichterglanz in sechs Wochen zirka eine Million und der Weihnachtsmarkt im Krongut etwa 6.000 Besuchende an.

 

Mit Blick auf die Anzahl der Bevölkerung der Landeshauptstadt Potsdam, die im Jahr 2022 rund 185.750 Menschen betrug, zeigt sich, dass der Besucherandrang auf den Weihnachtsmärkten deutlich über die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner der Landeshauptstadt Potsdam hinausgeht und die Weihnachtsmärkte auch eine Vielzahl von Besucherinnen und Besucher aus dem Umland sowie Touristinnen und Touristen anziehen.

Erfahrungsgemäß dürften die Besucherzahlen der Weihnachtsmärkte an einem Sonntag bei lebensnaher Betrachtung tendenziell höher liegen. Somit locken die Weihnachtsmärkte zweifelsfrei eine größere Anzahl an Besucherinnen und Besucher an, als eine alleinige Sonntagsöffnung, bei der mit deutlich weniger Besucherinnen und Besuchern zu rechnen wäre.

 

ver.di erläutert weiterhin, dass eine prägende Wirkung auch nur dann angenommen werden kann, wenn ein enger räumlicher Bezug zwischen Veranstaltung und geöffneten Geschäften besteht, die Öffnung also auf das unmittelbare Umfeld der Veranstaltung begrenzt bleibt.

 

Die Einschränkung der Möglichkeit für Verkaufsstellen außerhalb der Gebietsabgrenzung an den freigegebenen Sonntagen ihre Verkaufsstellen zu öffnen, erfolgt unter der Berücksichtigung der Wirkung der jeweiligen Weihnachtsmärkte auf das unmittelbare Umfeld, also der Ausstrahlung der besonderen Ereignisse und dem damit begründeten Versorgungsbedürfnis der Besucher. Hintergrund für die Begrenzung der Sonntagsöffnung aus Anlass der Weihnachtsmärkte ist das am 22.06.2018 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichtes in Berlin hinsichtlich des Klageverfahrens zu den Sonntagsöffnungen 2017. Die Weihnachtsmärkte sind seitens des Oberverwaltungsgerichtes grundsätzlich als Ereignisse mit prägender Wirkung anerkannt worden und können somit auch Anlass für eine Sonntagsöffnung sein. Nicht zu erkennen für das Oberverwaltungsgericht war hingegen der gesamtstädtische Bezug, insbesondere auf den ländlichen Potsdamer Norden, der eine stadtweite Sonntagsöffnung rechtfertigt. Aus diesem Grunde hat das Oberverwaltungsgericht die Sonntagsöffnungen 2017 anlässlich der Weihnachtsmärkte im Nachhinein für rechtswidrig erklärt.

 

Insofern wurde ab 2018 der Geltungsbereich für die sonntägliche Öffnung aus Anlass der Weihnachtsmärkte entsprechend auf bestimmte Postleitzahlenbereiche begrenzt.

 

Im November 2023 beantragte ver.di beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Absatz 6 VwGO zur Außervollzugsetzung der Ordnungsbehördliche Verordnung der Landeshauptstadt Potsdam über Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass der Weihnachtsmärkte für den 1. und 2. Advent, mit der Begründung, der freigegebene Geltungsbereich sei nicht gerechtfertigt.

 

Nach einer ersten mündlichen Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts dürfte die aktuelle Verordnung nicht vollends rechtmäßig sein. Der räumliche Geltungsbereich der aktuellen Verordnung dürfte zu weit bemessen sein. Insofern kann die aktuelle Verordnung nicht aufrechterhalten werden. Das Oberverwaltungsgericht wird die Verordnung daher vollständig aufheben, da eine Teilaufhebung nicht möglich ist. Dies wird vor dem ersten Adventswochenende erfolgen.

 

Um dennoch eine teilweise Sonntagsöffnung anlässlich der Adventssonntage in der Landeshauptstadt Potsdam zu ermöglichen, nahm man die gerichtlichen Hinweise auf und entschied sich dafür, den räumlichen Geltungsbereich im Vergleich zur aktuellen Verordnung zu reduzieren. Der räumliche Geltungsbereich beschränkt sich auf die unmittelbaren Bereiche der Weihnachtsmärkte am 3. Adventssonntag. Auch nutzte die Verwaltung das gerichtliche Verfahren, um den räumlichen Geltungsbereich mit der Gewerkschaft ver.di abzustimmen. Dies erfolgte mit dem Ziel, ein weiteres gerichtliches Verfahren zu vermeiden. Zu einem Gespräch bzw. zu einer belastbaren Aussage seitens ver.di kam es in der Folge nicht. Die neuen Verordnungen und deren Geltungsbereiche wurden zur Kenntnis genommen, wobei man die mündlichen Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts einer erneuten Bewertung unterzog und entsprechend berücksichtigt hat.

 

Aus vorgenannten Gründen hat die Verwaltung vorsorglich zwei neue Ordnungsbehördliche Verordnungen der Landeshauptstadt Potsdam über Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen aus Anlass der Weihnachtsmärkte, vorbereitet. Der 1. Advent konnte auf Grund der Kürze der Zeit und der zu beachtenden Gremienfristen keine Berücksichtigung finden. Daher werden für den 2. und 3. Advent, auch wegen den unterschiedlichen Geltungsbereichen zwei neue Verordnungen zur Beschlussfassung eingereicht.

 

Auf der Grundlage des § 5 Abs. 1 BbgLöG, wird die Sonntagsöffnung anlässlich der am dritten Adventswochenende stattfindenden Weihnachtsmärkte in der Zeit von 13 Uhr bis 20 Uhr aufgrund der Ausstrahlungswirkung der Veranstaltungen auf die folgenden gemäß beigefügter Karte ersichtlichen Stadtgebiete eingegrenzt.

 

Am 17.12.2023 - 3. Advent aus Anlass des Weihnachtsmarkes „Blauer Lichterglanz“ in der Innenstadt und des Weihnachtsmarktes im Krongut in Bornstedt.

 

Anlage 2a

 

  1. Hegelallee entlang, beginnend ab Nauener Tor, bis zur Ecke Schopenhauer Str.
  2. Schopenhauer Str. bis zum Luisenplatz, einschließlich des Luisenplatzes
  3. Luisenplatz/Ecke Zeppelinstr. bis hin zur Breiten Str.
  4. Zeppelinstr./Ecke Breite Str. bis hin zur Schloßstr.
  5. Schloßstr./Ecke Friedrich-Ebert-Str. bis hin zur Charlottenstr.
  6. Friedrich-Ebert-Str./Ecke Charlottenstr. bis hin zur Hebbelstr.
  7. Charlottenstr./ Ecke Hebbelstr. bis hin zur Kurfürstenstr,
  8. Kurfürstenstr./ Ecke Hebbelstr. bis zum Nauener Tor (der Geltungsbereich schließt sich dann bei Punkt 1)

 

Anlage 2b

 

  1. Ribbeckstr.

 

Alle freigegebenen Geltungsbereiche betreffen jeweils beide Seiten der oben genannten Straßen.

 

Es handelt sich bei den stattfindenden Weihnachtsmärkten nicht um eine einzelne Veranstaltung, die sich räumlich auf die Innenstadt konzentriert, sondern um mehrere parallel durchgeführte Weihnachtsmärkte in der Innenstadt sowie in Bornstedt, deren Wirkung zusätzlich durch ein Rahmenprogramm, zum Beispiel findet auf dem Belvedere Pfingstberg ein Adventswochenende statt, sowie anlassbezogene Dekoration und Beleuchtung verstärkt wird. 

 

Die stadtweite Ausstrahlungswirkung der Weihnachtsmärkte an dem Adventswochenende wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass eine traditionelle Straßenbahn, der sog. „Glühweinexpress“, in regelmäßigen Abständen (ca. alle 40 Minuten) zwischen dem Campus Jungfernsee und dem Hauptbahnhof verkehren wird, wobei in der Straßenbahn Weihnachtsmusik abgespielt und Glühwein ausgeschenkt wird. Damit wird eine räumliche Verbindung zwischen den Weihnachtsmärkten hergestellt.

 

Es ist dabei sehr wahrscheinlich, dass Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gäste ihre Besuche eines Weihnachtsmarktes mit einem weiteren Markt oder einer Veranstaltung verbinden werden. Die zusätzlichen Veranstaltungen verdeutlichen, dass sich die prägende Wirkung der Weihnachtsmärkte gerade nicht lediglich auf einen eng umgrenzten räumlichen Bereich um diese herum beschränkt, sondern auch andere Stadtteile und damit den gesamten räumlichen Geltungsbereich der Verordnung mitumfasst.

 

Die von der Ordnungsbehördlichen Verordnung erfasste Fläche beträgt jedenfalls insgesamt 0,92 km². (Innenstadt = 0,82 km²; Krongut = 0,10 km²)

 

Die Landeshauptstadt Potsdam umfasst eine Gesamtfläche von ca. 190 km². Somit beträgt die freigegebene Fläche lediglich „unter“ 1 % der Gesamtfläche Potsdams. Eine Prognose zur Verkaufsfläche der möglicherweise öffnenden Geschäfte kann demgegenüber nicht seriös getroffen werden, da nicht klar ist, wer überhaupt von der Öffnung Gebrauch macht, darüber hinaus unmöglich zu ermitteln ist, wie hoch die Verkaufsfläche im freigegebenen Gebiet ist.

 

Nach Würdigung aller Gesamtfaktoren stellen die Weihnachtsmärkte in der Landeshauptstadt Potsdam ein besonderes Ereignis im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 1 BbgLöG dar und sollen dazu dienen, den Bedürfnissen eines beträchtlichen Besucherstroms Rechnung zu tragen.

Es sind nicht zuletzt traditionelle Veranstaltungen, die bereits seit mehreren Jahren einen festen Platz im Veranstaltungskalender der Landeshauptstadt Potsdam einnehmen.

 

Nach § 5 Abs. 1 S. 6 BbgLöG dürfen mehr als zwei Sonn- oder Feiertage innerhalb von vier Wochen nicht freigegeben werden. Diese gesetzliche Vorschrift wird mit der vorliegenden ordnungsbehördlichen Verordnung beachtet.

 

Diese ordnungsbehördliche Verordnung wird am Tag nach ihrer Verkündung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Potsdam in Kraft treten. Dieser frühe Zeitpunkt ist erforderlich, da anderenfalls am zweiten Adventssonntag die Geschäfte im Geltungsbereich der Verordnung nicht öffnen könnten. Die Sitzung der Stadtverordnetenversammlung und der zweite Advent liegen weniger als 7 Kalendertage auseinander, so dass der frühe Zeitpunkt des Inkrafttretens im öffentlichen Interesse liegt.

 

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Anlagen

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