Änderungs- /Ergänzungsantrag - 23/SVV/0676-01

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:


Die Landeshauptstadt setzt sich das Ziel, prekäre Wohnlagen für alle von Wohnungslosigkeit betroffenen oder bedrohten Menschen zu verhindern. Dazu soll die im Rahmen der ordnungsrechtlichen Unterbringung in den vergangenen Jahrzehnten entwickelte differenzierte Unterbringung entsprechend der unterschiedlichen Bedarfe für die Zukunft erhalten und umgesetzt werden. Die Auswahl von geeigneter Unterbringung für alle Menschen - unabhängig vom Rechtskreis - soll so für die Zukunft sichergestellt werden..

 

Der Oberbürgermeister wird aufgefordert:

 

- Die Standards der Unterbringung sollen sich nach den fachlichen Empfehlungen zu den individuellen Bedarfen der unterzubringenden Menschen richten, wie zum Beispiel nach den Empfehlungen der BAG Wohnungslosenhilfe e.V.

 

- Es soll sicher gestellt werden, dass die Zuweisung und Versorgung mit Wohnraum bei der Belegung der Wohngebäude aus dem Sonderbauprogramm grundsätzlich den Ansprüchen an die Angemessenheit des Wohnraums entsprechen, so wie sie im "Schlüssigen Konzept zur Ermittlung von angemessenen Unterkunftskosten nach SGB II und SGB XII für die Landeshauptstadt Potsdam" beschrieben sind. Insbesondere aber für die vulnerablen Gruppen, so wie sie in der Richtlinie 2013/33/EU, § 21 benannt sind.

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Erläuterung

Die Landeshauptstadt Potsdam (LHP) nimmt die Chancen aus der Verlängerung des § 246 BauGB (Absätze 8 bis 17) für den erleichterten Bau von Unterkünften zur Unterbringung von Geflüchteten und Asylbegehrenden in den Kommunen wahr. Bei der aktuellen Leerstands-Quote bei Mietwohnungen von 0.6 Prozent dient diese Unterbringung im Sonderbauprogramm der LHP voraussichtlich nicht nur zur akuten Versorgung von Notlagen, sondern zur Verbesserung der Situation der Betroffenen auch bei der mittel- und längerfristigen Versorgung mit Wohnraum für wohnungslose Personen aller Zielgruppen in der LHP.

 

Daher ist unbedingt Sorge zu tragen, dass Menschen mit eigener Migrationserfahrung oder Wohnungslosenerfahrung in Potsdam mittel- oder langfristig in ihrer Wohnsituation nicht schlechter gestellt werden im Vergleich zu einer Wohnsituation, welche den Anforderungen an die Angemessenheit von WBS Wohnungen genügt.

 

Die "Standards der sozialen Arbeit" bedeuten in diesem Zusammenhang beispielsweise:

- die fachlichen Empfehlungen zu den individuellen Bedarfen der unterzubringenden Menschen der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. (Bewohnbarkeit, Versorgung, diskriminierungsfreier Zugang, Standort)
- Menschenrechtliche Verpflichtung (Wohnen, Schutz vor Gewalt, Recht auf Familie)
- Ordnungsrechtliche Verpflichtung
- Verpflichtungen aus den Anforderungen des KJHG − Istanbul Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

 

Hinter dem Antragsanliegen stehen beispielsweise folgende Problematiken: Die betroffenen Personen werden während ihres Aufenthaltes in den Wohneinheiten der Sonderbauten die Rechtskreise wechseln. Damit gelten für sie die Vorschriften nach dem AsylVfG bzw. Flüchtlingsaufnahmegesetze nicht mehr; vielmehr sind diese Personen nach Ablauf der gesetzlichen Frist den Grundsätzen der polizei- und ordnungsrechtlichen Unterbringung von Obdachlosen in eine (kommunale) Notunterkunft einzuweisen. Auch Menschen mit dauerhafter Duldung geraten bei Verlust des eigenen Wohnraums in die Unterbringung nach Landesaufnahmegesetzt und damit derzeit u.U. in die Biosphäre.

 

Familien, denen nach WBS kein geigneter Wohnraum zur Verfügung steht, verbleiben über Jahre in Geflüchteten-Unterkünften. Frauen und ihre Kinder, die durch häusliche Gewalt ihren Wohnraum verlieren, müssen ggf. in nach KJHG kindeswohlgefährdende Unterbringungs-Situationen mittelfristig untergebracht werden und verbleiben dort mittel- und langfristig.

 

Wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Personen mit besonderen Bedarfen, besonderen Schutzbedarfen, wie z.B. gesundheitliche Situation, minderjährige Kinder, junge Erwachsene etc. haben spezifische Anforderungen an angemessenen Wohnraum. Diese gilt es bei der Erstellung und Umsetzung eines Unterbringungs-Konzeptes zu beachten und zu erfüllen.

 

Derzeit leben z.B. bereits etwa 900 Personen weiterhin in Geflüchteten-Unterkünften, die auf der Grundlage ihres Aufenthaltstitels Anspruch auf Unterbringung nach Ordnungsrecht oder WBS Wohnungen haben. Darunter sind viele Kinder, Jugendliche und Heranwachsende, alleinerziehende Frauen und chronisch kranke Menschen. Des Weiteren leben Familien mit Kindern in Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe der Landeshauptstadt oder können derzeit nicht mit einem angemessenen Platz versorgt werden und leben in gefährdenden und unsicheren Wohnverhältnissen. Eine Berücksichtigung dieser dauerhaften Verfestigung von Lebensverhältnissen ist also schon jetzt überfällig und muss dringend angemessen abgebildet werden.

 

In Potsdam sind angemessene und langjährig erfolgreiche Konzepte im Einsatz, die von LHP und Trägern entwickelt wurden. Diese Strukturen und Praxen gilt es nun in der veränderten aktuellen Situation angemessen zu verankern. So bietet die Aktualisierung des Unterbringungskonzeptes der Landeshauptstadt Potsdam eine notwendige Etappe, um die Erfahrungen der Vergangenheit in der Zukunft zu sichern und fortzuentwickeln.

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Anlagen

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