Antrag - 24/SVV/0206
Grunddaten
- Betreff:
-
Bargeld statt Bezahlkarte
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Antrag
- Federführend:
- Fraktion DIE aNDERE
- Einreicher*:
- Fraktion DIE aNDERE
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
|
Entscheidung
|
|
|
06.03.2024
| |||
|
10.04.2024
| |||
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Wohnen und Inklusion
|
Vorberatung
|
|
|
19.03.2024
| |||
●
Erledigt
|
|
Hauptausschuss
|
Vorberatung
|
|
|
27.03.2024
|
Beschlussvorschlag
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich beim Land Brandenburg dafür einzusetzen, dass die geplante Bezahlkarte nicht als vorrangiges Mittel für die Auszahlung von Mitteln an Asylbewerber:innen eingesetzt wird. Stattdessen soll es auch künftig bei der vorrangigen Auszahlung von Bargeld bleiben.
Der Oberbürgermeister berichtet im 3. Quartal 2024 der Stadtverordnetenversammlung.
Erläuterung
Bund und Länder hatten sich im November 2023 darauf verständigt, ein Bezahlkartenmodell für Geflüchtete zu erarbeiten. Brandenburgs Landesregierung hat 1,9 Millionen für die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber*innen bewilligt, die künftig kein Bargeld erhalten und mit einer Chipkarte für sich sorgen müssen.
Derzeit sind Geldleistungen für Asylbewerber*innen vorrangig bar auszuzahlen, was Ergebnis einer Gesetzesänderung von 2015 ist, die sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts beruft. Dort hieß es, die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.
Das geplante Modell der Bezahlkarte ist diskriminierend. Es ist Ausdruck einer Politik, die zu mehr Ungleichbehandlung beitragen wird und kein einziges Problem löst.
Auch die die Landesregierung unter Führung eines SPD-Ministerpräsidenten vertrat 2011 noch die Auffassung, Sachleistungen schränkten die eigenständige Lebensgestaltung ein. Der Ministerpräsident setzte sich bundesweit für die Abschaffung der Sachleistungen ein. Die nun geplante Bezahlkarte ist keine Sachleistung im engeren Sinne, beschränkt eine eigenverantwortliche Lebensführung jedoch in ähnlicher Weise.
Der Flüchtlingsrat Brandenburg fragt in diesem Zusammenhang aktuell:
„Wie wird damit eine Anwältin bezahlt? Wie können damit Einkäufe auf dem Markt getätigt werden? Wie kann Kindern etwas Taschengeld gegeben werden für Ausflüge mit Schule und Freund*innen?“
Das häufig in Stellung gebrachte Argument, Barmittel könnten zur Finanzierung von Schleuserkriminalität zweckentfremdet werden, ist ob der Höhe der Asylbewerberleistungen – derzeit 460 € für einen alleinstehenden Erwachsenen und 341 € für ein Kind im Grundschulalter – unsachlich und realitätsfremd. Nach den monatlichen Lebenshaltungskosten bleibt kaum Geld übrig. Zum Vergleich: ein alleinstehender Erwachsener erhält 563 € Bürgergeld, ein Kind im Grundschulalter 390 €.
Eine Bezahlkarte wird auch den Verwaltungsaufwand der Kommunen nicht reduzieren. Viele
Landkreise überweisen Leistungen an Asylbewerber*innen direkt auf Bankkonten. Die Umstellung auf ein Bezahlkartensystem ist umständlich und kostspielig. 1,9 € Euro wurden für eine Maßnahme ausgegeben, die in der Praxis keinen Nutzen bringt, statt die Mittel in soziale Infrastruktur zu investieren, von der sowohl Geflüchtete als auch die hier geborene Bevölkerung profitieren.
Die Einführung der Bezahlkarte spielt dem rechtspopulistischen Diskurs all jener gesellschaftlichen Kräfte in die Karten, die Migrant:innen zu Sündenböcken für die politischen Versäumnisse der Vergangenheit machen wollen. Die sozialdemokratisch geführte Landesregierung ignoriert mit der Einführung der Bezahlkarte die Kritik aus gerade jenen Teilen der Zivilgesellschaft, die sich für eine gelingende Integration einsetzen, deren Vorteile in den Vordergrund stellen und an Integration konstruktiv mitarbeiten.
Mit dem „Aufruf für eine sachliche Migrationsdebatte in Brandenburg“ (https://www.aufruf-
migrationsdebatte-brandenburg.de/) wandten sich vor Wochen Bürger*innen und Institutionen gegen populistische Scheindebatten und das Präsentieren vermeintlicher Lösungen beim Umgang mit Flucht und Migration: „Geflüchtete und Migrant*innen sind nicht die Ursache für die gesellschaftlichen Probleme.“
Die aktuelle Situation hat ihre Ursache vielmehr in Problemen, die schon vor der Ankunft von Geflüchteten bestanden. Die Infrastruktur wurde vernachlässigt, der Bau und Erhalt bezahlbaren Wohnraums wurde viel zu zögerlich betrieben. In Potsdam wird bezahlbarer Wohnraum derzeit sogar zugunsten eines antiquierten Leitbautenkonzeptes abgerissen. Die Versorgung der Bevölkerung im ländlichen Raum ist nicht ausreichend.
„Für all diese konkreten Probleme braucht es konkrete Lösungen. Was es nicht braucht, ist die Stigmatisierung von Menschen.“
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
---|---|---|---|---|---|
1
|
(wie Dokument)
|
142,8 kB
|