Antrag - 24/SVV/0802

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Petition des Herrn Dirk Bumann bezüglich „Stoppt den Turmbau in der Medienstadt – für eine maßvolle Bebauung von Potsdam-Babelsberg!“, wird zurückgewiesen.

 

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Erläuterung

Begründung:

 

Herr Dirk Bumann hat in der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam am 10.04.2024 eine Unterschriftenliste zur Petition „Stoppt den Turmbau in der Medienstadt – für eine maßvolle Bebauung von Potsdam-Babelsberg!“ übergeben.

 

Es haben sich sowohl der Ausschuss für Partizipation, Transparenz und Digitalisierung am 30.04.2024 als auch der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums am 07.05.2024 intensiv mit der Petition befasst und schlagen o.a. Beschlussfassung sowie folgendes Antwortschreiben an den Petenten vor:

 

In der Petition „Stoppt den Turmbau in der Medienstadt“ wird gefordert, den Bau eines Bürohochhaus-Komplexes zu stoppen, um im Gegenzug eine bedarfsgerechte, integrative und ökologische Bebauung für Babelsberg möglich zu machen.

 

Es wird ausgeführt, dass mitten in Babelsberg zwischen Filmstudios, Schulcampus und Wohnsiedlungen ein gewaltiger und völlig überdimensionierter Bürohochhaus-Komplex entstehen solle, mit 300 Mio. EUR Baukosten, mehr als 60 Meter Höhe und 5.000 Arbeitsplätzen. Die Petenten sprechen sich dafür aus, dass sich die Bebauung an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten muss. Für ein Projekt dieser Größenordnung wird gefordert, folgende Themenfelder in den Fokus der Diskussion zu rücken:

(a) Transparente öffentliche Willensbildung

(b) Adäquate Bedarfsanalyse

(c) Infrastruktur und Stadthaushalt

(d) Ökologie und Nachhaltigkeit

(e) Einbettung in das Quartier

 

Die Ausführungen sind insbesondere im Zusammenhang mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 26.01.2022 zur Durchführung eines Werkstattverfahrens 21/SVV/1209 zu beantworten.

 

  1. Transparente öffentliche Willensbildung

 

Der im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums (SBWL) vorgestellte Entwurf von Daniel Libeskind für eine Bebauung an der Großbeerenstraße / August-Bebel-Straße entsprach nicht den Festsetzungen des zu diesem Zeitpunkt rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 41 „Medienstadt Babelsberg“ i. d. F. der 3. Änderung. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Nachfolgebebauungsplan Nr. 119 „Medienstadt“ in Aufstellung. Die dem Entwurf von Daniel Libeskind entnehmbare Bebauung widersprach auch den Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs Nr. 119 „Medienstadt“. Eine Änderung des sich im Verfahren befindlichen Bebauungsplans Nr. 119 „Medienstadt“ wurde aus stadtplanerischer Sicht, insbesondere auf Grund des fortgeschrittenen Verfahrensstands, nicht angestrebt. Vielmehr wurde ein offener städtebaulicher Wettbewerb empfohlen. Die Stadtverordnetenversammlung beschloss in der Sitzung vom 26.01.2022 die Durchführung eines öffentlichkeitswirksamen Werkstattverfahrens unter besonderer Berücksichtigung von siebzehn Themenfeldern. Das Werkstattverfahren soll in der Trägerschaft des Grundstückseigentümers durchgeführt werden. Neben dem Grundstückseigentümer und dessen Architekturbüro (Konzeptverfasser des vorliegenden architektonischen Konzepts) sind die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, der Gestaltungsrat, eine Vertreterin/ein Vertreter der Bürgerinitiative „Medienstadt“ und die Verwaltung sowie die Denkmalbehörden von Stadt und Land einzubeziehen. Im Rahmen des Werkstattverfahrens sind mindestens zwei öffentliche Termine vorzusehen. Dabei ist auch eine Beteiligung von Anrainern und Anwohnern aus den Medienstadt, der

Großbeeren- sowie August-Bebel-Straße sowie dem Musikerviertel und die Mitwirkung von

Vertretern der Medienwirtschaft vorzusehen.

Unter Einhaltung dieser beschlossenen Prämissen wurde das Werkstattverfahren gestartet und   bislang unter Durchführung zweier von drei vorgesehenen öffentlichkeitswirksamen und medial begleiteten Werkstattterminen fortgeführt.  Grundlage für die Ausgestaltung der Werkstatttermine waren jeweils die siebzehn inhaltlichen Schwerpunkte des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung. Seit Abschluss des zweiten Werkstatttermins ruht das Verfahren, da der Eigentümer die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse des Werkstattverfahrens mit der Planung in Abgleich bringen und einen stärkeren Fokus auf die Fertigstellung des Bebauungsplanverfahrens Nr. 119 „Medienstadt“ legen möchte. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist erst dann wieder zu erwarten, sobald der Eigentümer eine Fortführung der Planungsabsichten signalisiert.

 

Das Verfahren und die Werkstatttermine am 26.08.2022 und 25.11.2022 sind unter größtmöglicher Ausgestaltung partizipativer Elemente durchgeführt worden. Der im Beschluss der Stadtverordnetenversammlung festgelegte Teilnehmerkreis wurde erweitert und darüber hinaus auch anderen Interessierten und Betroffenen die Möglichkeit zur Teilnahme über eine digitale Plattform geboten. Informationen zum Verfahrensstand und zu den Ergebnissen der Werkstatttermine wurden zugänglich gemacht.

 

(b) Adäquate Bedarfsanalyse

 

Das Grundstück auf das sich der Entwurfsverfasser bezieht, ist im rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 41 „Medienstadt Babelsberg“ als eingeschränktes Gewerbegebiet GE-e2 festgesetzt. Der Bebauungsplanentwurf Nr. 119 „Medienstadt“ sieht für das Grundstück ebenfalls eine Festsetzung als eingeschränktes Gewerbegebiet GE-e2 vor. Hinsichtlich der Nutzungsart ist an diesem gewerblich geprägten Standort folglich keine Wohnnutzung vorgesehen.

 

Das Werkstattverfahren, das sich mit dem Entwurf von Daniel Libeskind auseinandersetzt und vom Bebauungsplanverfahren entkoppelt ist, sieht per Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 26.01.2022 auch eine inhaltliche Prüfung zur Nutzungsart innerhalb des Entwurfs, bzw. der zu erbringenden Alternativentwürfe vor:

 

- Punkt 7. Funktionale Stärkung der Medienstadt

- Punkt 8.  Teilweise Öffentliche Nutzungen der Erdgeschosse und/oder der  Obergeschosse

- Punkt 9. Entwicklung von Angeboten für die Medienwirtschaft, Ermittlung der Bedarfe  und Bereitstellung günstiger Angebote für Gründer und Start-Ups im               Medienbereich, ggf. auch für Bedarfe des HPI

- Punkt 15.  Auswirkungen auf die Mietenentwicklung im unmittelbaren Umfeld, v.a. in  Babelsberg, sowie in den benachbarten Wohngebieten, z.B. Am Stern und

 Entwicklung potentieller Gegenmaßnahmen zur Erhaltung der

 Zusammensetzung des bestehenden Bevölkerungsmilieus

 

(c) Infrastruktur und Stadthaushalt

 

Im Kontext des Werkstattverfahrens hat sich die Notwendigkeit einer verkehrstechnischen Untersuchung herausgestellt. Diese Untersuchung wurde durch den Eigentümer beauftragt. Sobald das Ergebnis dieser Untersuchung vorliegt, stellt dies eine wesentliche Analysegrundlage für den noch ausstehenden dritten Werkstatttermin dar.

 

Aus dem Beschluss der Stadtverordneten vom 26.01.2024 ergeben sich ebenfalls inhaltliche Schwerpunkte, die dieses Themenfeld der Petition berücksichtigen:

 

- Punkt 13. Mobilitätskonzept für sicheren Fuß- und Radverkehr (einschließlich Übergang

 zum Bahnhof Medienstadt) sowie den ÖPNV und motorisierten Verkehr mit

 deutlicher Priorisierung des Umweltverbundes

- Punkt 14. Analyse der durch die hohe Anzahl an Arbeitsplätzen auf dem Gelände

 Erwarteten (Mehr-) Bedarfe an sozialer Infrastruktur, z.B. Schul- und

 Kitaplatzversorgung

 

(d) Ökologie und Nachhaltigkeit

 

Im rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 41 „Medienstadt Babelsberg“ i. F. d. 3. Änderung ist bereits eine bebaubare Grundfläche von 14.500m² festgesetzt. Der Bebauungsplan Nr. 119 „Medienstadt“ sieht in der Entwurfsfassung eine Grundstücksausnutzung (GRZ) von 0,65 vor.

Diese potentielle Bebaubarkeit des Grundstücks resultiert aus dem abwägungsgestützten Verfahren der verbindlichen Bauleitplanung und wird mittels Beschluss der Stadtverordnetenversammlung legitimiert. Die Belange unter anderem des Klima-, Natur-, und / oder des Denkmalschutzes finden hierbei Berücksichtigung.

 

Da der Entwurf von Daniel Libeskind nicht in Gänze durch das bestehende Baurecht oder durch das Baurecht des Bebauungsplanentwurfs Nr. 119 gedeckt ist, findet eine Auseinandersetzung mit den Themenfeldern Ökologie und Nachhaltigkeit innerhalb des Werkstattverfahrens statt. Auch hier sieht der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung 21/SVV/1209 inhaltliche Schwerpunkte für das Verfahren vor:

 

- Punkt 1. Prüfung der städtebaulichen Verträglichkeit verschiedener baulicher Dichten  durch drei städtebauliche Varianten durch Studio Libeskind, mit der Orientierung am B-Plan Entwurf Nr. 119, einer mittleren Variante sowie einer Variante mit maximal 94.000 m² BGF.

- Punkt 2.  Analyse der Sichtbarkeit der Gebäude aus dem engeren und weiteren  Stadtraum unter Vermeidung der Störung wichtiger stadtbildprägender               Sichtbezüge sowie Rücksichtnahme auf sensible Nutzungen im unmittelbaren

 Umfeld sowohl in der Medienstadt als auch in den benachbarten  Wohngebieten, dreidimensionale Simulation aus menschliche               Blickperspektive und aus verschiedenen Distanzen im Sinne einer Befahrung               entlang der östlichen Großbeerenstraße ab Findling, entlang der Straße an               der Sandscholle, entlang der gesamten August-Bebel-Straße sowie vom               Flatowturm und vom Pfingstberg aus.

- Punkt 3.  Analyse der Auswirkungen auf Belichtung und Besonnung.

- Punkt 4. Verzicht auf eine Vorab-Festlegung der Höhe der Gebäude.

- Punkt 5. Den Orientierungsrahmen für das Maß der baulichen Nutzung bilden der  Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 119 und das vorliegende architektonische               Konzept (ca. 94.000 m² Geschossfläche).

- Punkt 6. Berücksichtigung der bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächen.

- Punkt 10.  Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung durch die Gebäude und  Freiflächen, d.h. eine nachhaltige und energieeffiziente bzw. ökologische               Bauweise nach geltenden Standards sowie eine städtebauliche               Gebäudekubatur und Freiflächenbeschaffenheit, die den Herausforderungen               des Klimawandels und der Klimaanpassung Rechnung trägt.

 Studentenwohnheimen etc.

 

(e) Einbettung in das Quartier

 

Das Werkstattverfahren sieht ebenfalls durch den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung eine thematische Auseinandersetzung des Entwurfs hinsichtlich der städtebaulichen Qualitäten, aber auch der Auswirkungen auf das nähere und weitere Umfeld vor:

 

- Punkt 11. Gestaltung der Freiflächen – mit einem besonderen Fokus bei den Themen  Aufenthaltsqualität, Funktionalität für die Anwohner:innen jeden Alters im Kiez,               Gestaltung und dem Umgang mit Regenwasser. Insbesondere zu               berücksichtigen ist hier eine zielgruppenorientierte und gemeinwohlorientierte               Freiflächennutzung in der direkten Nachbarschaft zu den Einrichtungen wie               Lindenpark, Filmuniversität, Filmgymnasium.

- Punkt 12.  Umgang mit dem Denkmal im Plangebiet.

- Punkt 16. Analyse und Vermeidung von (potentiell) bedrohlichen Räumen  (Angsträumen) auf den Freiflächen und in den öffentlich genutzten               Gebäudeflächen.

- Punkt 17. Zusammenfassung: Konkretisierung des vorliegenden architektonischen  Konzeptes des Architekten, das sich aus der künftigen Entwicklung der               Medienstadt ableiten soll und zugleich gegenüber bestehenden               städtebaulichen Strukturen vermittelt.

 

Fazit

In der Zusammenschau der hier aufgeführten Aspekte kann festgestellt werden, dass eine umfängliche Prüfung aller Belange der Petition durch das Werkstattverfahren abgedeckt ist.

 

Die Petition wird daher zurückgewiesen.

 

 

 

 

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Anlagen

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