Anfrage - 05/SVV/0020

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Ich frage den Oberbürgermeister,

 

wie stellt sich der aktuelle Verfahrensstand zum Uferweg Griebnitzsee aus städtischer Sicht dar?

 

 

Antwort:

 

Bund und Landeshauptstadt haben in jüngster Zeit gemeinsam Anlass gesehen, sich zu Gesprächen zusammen zu finden und entsprechende Terminabsprachen zu treffen. Anlass auch deswegen, weil es inzwischen sehr divergierende gerichtlichen Entscheidungen erster Instanz gibt. Zuletzt hat das Landgericht Cottbus in seiner jüngsten Entscheidung vom 24.01.2005 die ursprünglich vom gleichen Gericht zu Gunsten der Stadt ausgesprochene einstweilige Verfügung wieder aufgehoben. Nach dieser einstweiligen Verfügung durfte der Bund keine weiteren Veräußerungen von Mauergrundstücken am Griebnitzsee vornehmen. Das Landgericht Cottbus stützt seine jüngste Auffassung nunmehr darauf, dass die Stadt keine klagefähigen Rechte aus dem Mauergrundstücksgesetz habe, die Angelegenheit nicht justiziabel sei, was darauf hinausliefe, dass der Bund im Grunde seinen Willen, wann er Mauergrundstücke im öffentlichen Interesse an Kommunen veräußert, nach „Gutdünken“ bilden könnte. Diese rechtliche Begründung im Eilverfahren ist für uns nicht verständlich. Etwas ganz anderes wurde 2003 vom hiesigen Verwaltungsgericht Potsdam (VG Potsdam) in einem Hauptsacheverfahren entschieden. Das VG Potsdam entschied, dass die Gemeinde keine Vorkaufsrechte nach dem BauGB des Bundes hat, wenn sie vorher die Möglichkeit hatte, nach dem Mauergrundstücksgesetz vorzugehen; das VG Potsdam sah darin Rechte der Gemeinde, die auch eingeklagt werden können. Zu bemerken ist also, dass zwei erstinstanzliche Entscheidungen zweier Gerichtszweige (einmal Zivilgericht, einmal Verwaltungsgericht) völlig entgegengesetzte Rechtsauffassungen zugrunde legen und entsprechend entscheiden.

 

Diese ungeklärte Rechtslage, die man noch durch weitere Eilentscheidungen zu Gunsten der Stadt aufzeigen könnte, war dann Anlass für beide – Bund und Landeshauptstadt – die Verhandlungen wieder aufzunehmen und zu überlegen, was denn vernünftige Lösungsansätze sein könnten, Kompromisslösungen, die es der Stadt sehr wohl ermöglichen sollen, den Uferweg zu sichern und auch den Uferpark gestalterisch zu entwickeln. Dabei hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, dass der Bund die Verhandlungsführung in die Hände des Vorstandes der neu gegründeten Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gelegt hat. Seit kurzem ist ein Vorstandsmitglied dort Verhandlungsführer in dieser Angelegenheit.

 

So sind wir jetzt am Montag, den 31.01.2005, in einem langen und ausführlichen Gespräch die verschiedenen Fallgruppen mit den Vertretern der BImA durchgegangen und es ergibt sich für die Position des Bundes derzeit folgendes Bild:

 

Der Bund erklärt, dass er die Planungen und Planungsabsichten der Landeshauptstadt Potsdam respektiert, dass er will, dass eine Gestaltung eines Uferparks ermöglicht und der Uferweg gesichert wird. Wesentliches Potenzial dafür, dies zu ermöglichen, können diejenigen Grundstücke sein, über die der Bund frei verfügen kann. Dieses ist im Übrigen die Mehrzahl der Grundstücke, über die er überhaupt verfügt. Nur die geringere Zahl ist von Anträgen nach dem Mauergrundstücksgesetz betroffen. Die Mehrzahl ist nicht von derartigen Anträgen erfasst und der Bund signalisiert die Bereitschaft, dass solche Grundstücke, soweit sie denn für die öffentlichen Zwecke der Landeshauptstadt Potsdam benötigt werden, an die Landeshauptstadt Potsdam veräußert werden können. Dabei wird für die Preisbildung von der Grundstücksqualität der Gemeinbedarfsfläche ausgegangen. Dies käme dem sehr nahe, was die Stadt bisher an Quadratmeterpreis veranschlagt hat, ohne dass in den Gesprächen bereits direkt über den Quadratmeterpreis und seine Bezifferung geredet wurde. Aber die Grundstücksqualität ist dabei ja das Entscheidende. Das Zugrundelegen von Gemeinbedarfsfläche dürfte den hiesigen Preisvorstellungen sehr nahe kommen.

 

Dieses Potenzial möchte der Bund nutzen, ohne dass bereits über einzelne Grundstücke und Einzelheiten weiterer Art geredet werden konnte, die Planungen der Landeshauptstadt Potsdam mit zu ermöglichen, soweit also das „öffentliche Interesse“ auf den frei verfügbaren Grundstücken des Bundes festzustellen ist.

 

Es gibt daneben die weiteren Fallgruppen. So gibt es die Fallgruppe derjenigen Grundstücke, bei denen zwar ein Antrag nach dem Mauergrundstücksgesetz vorliegt, dieser aber nicht fristgerecht eingegangen ist (nach § 4 Mauergrundstücksgesetz musste dieser Antrag bis zum 31.01.1997 gestellt werden). Dann gibt es eine Fallgruppe, bei denen zwar die Anträge fristgerecht gestellt wurden, aber die Antragsteller bisher ihre persönliche Berechtigung nicht lückenlos nachweisen konnten. Und es gibt schließlich jene 12 Fälle, bei denen der Bund schon sogenannte „Bescheidschreibungen“ an die Antragsteller um den 24.11.2004 herausgegeben hat. In diesen Fällen ist nach dem Dafürhalten des Bundes alles nachgewiesen, was die persönliche Berechtigung nach dem Mauergrundstücksgesetz erfordert. Zu diesen 12 Fällen gehören auch die vier bereits beurkundeten Grundstücksverträge, die die Landeshauptstadt Potsdam durch weitere einstweilige Verfügungen von Amts- und Landgericht Potsdam hinsichtlich der vorzunehmenden grundbuchlichen Eintragungen gestoppt hat.

 

In diesen 12 Fällen wird die BImA in diesen Tagen Schreiben herausgeben, die eine Einigungs- und Kompromisslösung herbeiführen sollen. Der Bund will zu erkennen geben, dass er die Planungen der Stadt respektiert und unterstützt. Gleichzeitig wird – abgestimmt mit der Landeshauptstadt Potsdam – erklärt, dass die Stadt in diesen Fällen nicht mehr auf den Erwerb des Volleigentums besteht, sondern es im Interesse einer Einigungs- und Kompromisslösung vorstellbar ist, dass grundbuchlich gesicherte Dienstbarkeiten – ggf. in Form eines Wegerechts – akzeptiert werden, wenn insgesamt der Zweck einer Sicherung des Uferweges und einer Gestaltung eines Uferparks ermöglicht wird. Dieses Schreiben der BImA wird mit weiteren Hinweisen versehen sein, so insbesondere dem Hinweis auf das Brandenburgische Naturschutzrecht (§§ 44 ff BbgNatSchG). Dieses Landesrecht sichert, dass ein Betretungsrecht für jedermann auf eigene Gefahr für den Uferstreifen besteht, auch wenn es sich um privates Eigentum handelt. Das heißt insbesondere, dass niemand dort nach gültigem Recht die Öffentlichkeit ausschließen könnte, etwa einen Zaun ziehen dürfte. Des Weiteren wird voraussichtlich der Hinweis enthalten sein, dass die Landeshauptstadt Potsdam – sofern dies in der heutigen Sitzung  beschlossen werden sollte – ihre baurechtlichen Planungen weiter zügig in Angriff nimmt. Bekanntlich ist dieses Bebauungsplan-Verfahren in der höchsten Priorität (Priorität 1) und der Oberbürgermeister schlägt Ihnen heute vor, – wie im Baurecht vorgesehen – den Aufstellungsbeschluss zu wiederholen und neu zu fassen sowie aus bestimmten formalrechtlichen Gründen (vorsorglich) auch noch einmal die Veränderungssperre zu beschließen. Der Bund wünscht sich von der Stadt auch das klare Signal, dass die Landeshauptstadt Potsdam die bauplanerischen Dinge zügig und ernsthaft vorantreibt.

 

In allem liegt ein Geist des wechselseitigen Nachgebens, der aus hiesiger Sicht die reale Chance einer einvernehmlichen und vernünftigen Lösung beinhaltet. Freilich müssen sich alle Seiten ein Stück bewegen. Dies ist auch ein Appell an die 12 beteiligten Antragsteller nach dem Mauergrundstücksgesetz. Man würde im Übrigen in dem Bebauungsplan-Verfahren auch aufnehmen, was die frühere historische Situation war und was aus heutigen sachlich gerechtfertigen Gründen ggf. für eine Wiederherstellung einer alten historischen Situation spricht. Aber dies alles – die Wiederherstellung bestimmter historischer Situationen – kann nicht im Vertragswege von Seiten der Stadt verbindlich zugesichert werden. Derartige Fragen sind in ein geordnetes B-Plan-Verfahren einzubeziehen und einer Abwägung zuzuführen, die letztlich die StVV vorzunehmen hat.

 

Mein Appell wäre an alle Beteiligten, sich in diesem Sinne aufeinander zuzubewegen, die öffentliche Zugänglichkeit von Uferweg und künftigen Uferpark nicht in Frage zu stellen, auf die sich jetzt abzeichnende Lösung einzuschwenken. Mir ist aus manchen Gesprächen mit Eigentümern bekannt, dass viele den Weg in keiner Weise in Frage stellen wollen, weil sie ihn selbst für wichtig halten, ihn selbst zum Joggen oder Rad fahren nutzen. Wenn die sich anbahnende einvernehmliche Lösung zustande kommt, wird es für die Landeshauptstadt Potsdam unnötig, weiter den Rechtsweg zu beschreiten. Dies ist aus vielen Gründen anzustreben. Die reale Chance für eine gütliche Einigung ist vorhanden.

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