Beschlussvorlage - 05/SVV/0966
Grunddaten
- Betreff:
-
Interkommunale Zusammenarbeit ÖPNV
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- GB Zentrale Steuerung und Service
- Einreicher*:
- Geschäftsbereich Zentrale Steuerung und Service
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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●
Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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|
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07.12.2005
|
Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Der Oberbürgermeister wird beauftragt, unter Zuhilfenahme der VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH gemeinsam mit den Gebietskörperschaften Stadt Brandenburg an der Havel, Landkreis Potsdam-Mittelmark und Landkreis Havelland zu prüfen, unter welchen Bedingungen und mit welchen Effekten eine Neugestaltung der Unternehmensstruktur der Verkehrsunternehmen der vier Gebietskörperschaften sinnvoll ist.
Erläuterung
Begründung:
1. Die Entwicklung des europäischen Rechtsrahmens im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) für die Erfüllung der Daseinsvorsorgepflicht zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit ÖPNV – Leistungen
In den meisten Bereichen kommunaler Wirtschaftstätigkeit
sind in den vergangenen Jahren umfassende europäische Regelungen mit dem Ziel
der Marktöffnung in Kraft getreten.
Für den ÖPNV trifft das aktuell noch nicht zu. Änderungen
sind angekündigt, wenngleich derzeit noch nicht sicher ist, wie die Regeln im
Detail beschaffen sein werden, welche Übergangsfristen ggf. gelten und wie die
Vorgaben der EU in den Regelwerken von Bund und Ländern umgesetzt werden.
Zurzeit befindet sich ein neuer Vorschlag der EU-Kommission für eine
ÖPNV-Verordnung im Geschäftsgang. Unstrittig aber ist schon jetzt: Die künftige
Existenz der kommunalen Verkehrsunternehmen muss weitgehend unter den
Bedingungen des Wettbewerbs im europäischen Umfeld gesehen werden.
Vorbote dessen ist u.a. die Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofes (EuGH) vom 24. Juli
2003 zum Fall Altmark Trans, die die Zahlungen von Beihilfen für
ÖPNV-Leistungen an eigene kommunale Unternehmen an bestimmte Voraussetzungen
knüpft. Es handelt sich hier um die zwischenzeitlich bekannten vier Kriterien:
- Betrauung
der Verkehrsunternehmen mit klar definierten Gemeinwohlverpflichtungen
(Betrauungsakt);
- Festlegung
der auszugleichenden Kosten des Verkehrsunternehmens nach objektiven,
transparenten Kriterien vor Zahlung der Zuwendung;
- Begrenzung
der Zuwendungshöhe auf die tatsächlichen Kosten zzgl. eines angemessenen
Gewinns,
- erfolgt
die Wahl des beauftragten Verkehrsunternehmens nicht im Rahmen einer
Ausschreibung, ist der Maßstab für die Höhe der auszugleichenden Kosten
der, den ein „durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen“ zu tragen
hätte.
Dies gilt jedoch nur dann, wenn eine
Linienverkehrsgenehmigung bereits besteht und das wirtschaftliche Risiko beim
Verkehrsunternehmen verbleibt.
Die Konzessionen im Land Brandenburg laufen im Wesentlichen
in den Jahren 2008/2009 aus. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist eine
wettbewerbsrechtlich konforme Vergabe erforderlich.
2. Die Auswirkungen des novellierten ÖPNV-Gesetzes Brandenburg auf die Wahrnehmung der Aufgabenträgerrolle und die sich entwickelnden finanziellen Rahmenbedingungen im ÖPNV
Mit Inkrafttreten des zweiten Gesetzes zur Änderung des
ÖPNV-Gesetzes des Landes Brandenburg zum 01. Januar 2005 wurden insbesondere
der ÖPNV als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe definiert sowie neue
Regelungen zur Finanzierung des übrigen öffentlichen Personennahverkehrs
(üÖPNV) wirksam.
Mit der Neufassung des § 10 ÖPNVG wird nunmehr die Zuweisung
der Fördermittel des Landes für den üÖPNV gebündelt. Die bisherigen Zuwendungen
des Landes aus verschiedenen Quellen, zu verschiedenen Zwecken und an
unterschiedliche Empfänger (kommunale Aufgabenträger wie Unternehmen) werden nunmehr
direkt zweckgebunden an die kommunalen Aufgabenträger gereicht, die in ihrer
Verantwortung über Verwendung und Weiterreichung entscheiden.
Ziel der Gesetzesinitiative war u. a. auch, Voraussetzungen
für eine wettbewerbskonforme ÖPNV-Finanzierung zu schaffen. Seither erfolgt die
Bestellung und Finanzierung des ÖPNV im Land Brandenburg im Wesentlichen
mittels Betrauungsverträge.
Die in §10 ÖPNVG in Höhe von jährlich 50,0 Mio. Euro für die
Aufgabenträger des üÖPNV vorgesehenen Mittel sind 2005 und 2006 gesichert.
Allerdings werden diese aus Bundesmitteln aus dem Regionalisierungsgesetz
gespeist, das mit Wirkung ab 2007 zur Überprüfung ansteht. Es ist gegenwärtig
davon auszugehen, dass bei diesen Bundesmitteln auf jeden Fall eine Kürzung
erfolgt und diese sogar 23 - 35% betragen wird.
Gleichzeitig sind Kürzungen bei den Ausgleichsleistungen für
den Ausbildungsverkehr (§ 45a Personenbeförderungsgesetz) sowie bei den
Ersatzleistungen für die Schwerbehinderten-beförderung (§148 SGB IX)
vorgesehen.
Eine Kompensation derartiger Mittelreduzierungen aus den
kommunalen Haushalten ist ebenso wie die Erhöhung der Fahrpreise in
entsprechender Größenordnung auszuschließen.
Die Haushaltslage der beiden Landkreise und der beiden
Städte ist, bei allen Unterschieden, stark angespannt.
Haushaltssicherungskonzepte erfassen auch die nicht unerheblichen Zuschüsse für
die Verkehrsunternehmen und zwingen die Gebietskörperschaften, die Zuwendungen
weiter zu senken.
Nach den Rationalisierungsbemühungen in den einzelnen
Unternehmen in den letzten Jahren scheinen die Möglichkeiten in den jetzt
bestehenden Unternehmen, die Kosten im notwendigen Ausmaß bei konstanter
Leistung zu reduzieren, weitgehend ausgeschöpft.
Durch die hohe Abhängigkeit des ÖPNV von Zuschüssen ist
dieser dann in seiner Substanz gefährdet.
Anpassungen bei der ÖPNV-Leistung durch Kürzungen in den
Fahrplänen, bezüglich der Bedienzeiten, Bedienhäufigkeiten oder auch einzelner
Linien sind nicht die gewünschte Lösung; teilweise ist dies auch schon erfolgt.
Weitere solcher Anpassungen hätten auf die Entwicklung vor Ort, die
Lebensqualität betreffend, negative Auswirkungen und würden auf Grund der auch
bei geringerer Leistung notwendigen Aufwendungen für die Infrastruktur, eine im
Verhältnis eher geringe Wirkung auf der Kostenseite zeigen.
Um dem vorzubeugen und den ÖPNV auf die Bedingungen der
Zukunft einzustellen, sind alle Chancen der langfristigen Sicherung eines in
Qualität und Quantität angemessenen ÖPNV zu nutzen.
3. Chancen einer interkommunalen Zusammenarbeit im
ÖPNV
Eine bisher noch nicht konkret bewertete Chance zur
Reduzierung der Kosten wird in der Neugestaltung der Unternehmensstruktur der
in den Landkreisen und Städten tätigen vier kommunalen Verkehrsunternehmen ggf.
zu einem größeren, leistungsfähigeren und damit überlebensfähigeren und
zukunftsträchtigen Unternehmen gesehen.
Die Chancen liegen vor allem in der
·
gemeinsamen
Nutzung der betrieblichen Ressourcen und Erschließung weiterer
Optimierungspotenziale,
o
gemeinsame
Fahrzeugumläufe und Dienstpläne an den Standorten, an denen sich die
Leistungsgebiete der Unternehmen überschneiden
o
gemeinsame
Nutzung der Leitstellen
o
gemeinsame
Nutzung der Betriebsreserven für Personal und Fahrzeuge
o
Standortoptimierung
o
gemeinsamer
Einkauf der wesentlichen Produkte und Nutzung der dabei entstehenden
Skaleneffekte
o
Optimierung
der Instandhaltungsprogramme und Zusammenfassung bestimmter Arbeiten an
Standorten (Motoren- und Getriebeinstandsetzung; HU-Straßenbahn u.ä.)
·
Koordinierung
der Angebotsplanung zwischen den Aufgabenträgern in der Region (z.B. mit dem
Ziel einer besseren Abstimmung von Stadt- und Regionalverkehrslinien
aufeinander und der damit in Zusammenhang stehenden Verbesserung der
Angebotsqualität bei gleichzeitiger Senkung der Kosten durch den Entfall von
Parallelverkehren),
·
Steigerung
der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens,
·
Erreichung
einer wettbewerbsfähigen Größe des Gemeinschaftsunternehmens, auch um
Spezialfunktionen wie Verkehrsplanung, Tarifgestaltung, Marketing usw. besser
ausgestalten zu können,
·
interkommunalen
Zusammenarbeit und insoweit auch Teilung des unternehmerischen Risikos.
4. Die gegenwärtige Unternehmensstruktur in der Region
ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH
·
ein
Unternehmen der Stadtwerke Potsdam GmbH,
·
die
Landeshauptstadt hält mittelbar 100% des Stammkapitals,
·
der
steuerliche Querverbund wird seit 1997 genutzt,
·
zum
31.12.2004 waren 456 Mitarbeiter beschäftigt, zum 01.01.2006 werden es 365
sein,
·
die
Fahrzeugflotte besteht aus 68 Straßenbahnen KT4D, 16 Straßenbahnen Combino und
34 Bussen sowie einer Fähre,
·
jährliche
Leistung ca. 2,4 Mio. Nutzzugkm der Straßenbahn, 2,9 Mio. Nutzkm Bus, 7,0
TNutzkm Fähre,
·
jährlich
ca. 24 Mio. Fahrgäste,
·
Bediengebiet:
Landeshauptstadt Potsdam, geringfügig Berlin (Naturalausgleich mit BVG)
Havelbus Verkehrsgesellschaft mbH (HVG)
·
die
Landkreise Potsdam-Mittelmark und Havelland halten zu je 50% das Stammkapital,
·
mittels
zweier Tochterunternehmen, der Beelitzer Verkehrs- und Servicegesellschaft mbH
und der Havelländischen Verkehrsgesellschaft mbH Rathenow (HVGR) werden die
Verkehrsleistungen erbracht,
·
511Mitarbeiter
sind im Unternehmensverbund tätig, davon 55 bei der HVG, 297 bei der BVSG und
159 bei der HVGR,
·
die
Busflotte besteht aus ca. 220 Fahrzeugen,
·
jährliche
Leistung ca. 13 Mio. Nutzkm,
·
jährlich
ca. 19 Mio. Fahrgäste,
·
Bediengebiet:
Landkreis Havelland, Landkreis Potsdam-Mittelmark ohne Raum Belzig und
Brandenburg, Landeshauptstadt Potsdam (neue Ortsteile nach
Gemeindegebietsreform), geringfügig Berlin (Naturalausgleich mit BVG)
Verkehrsgesellschaft Brandenburg a. d. H. mbH
·
die
Stadt Brandenburg an der Havel hält 100% des Stammkapitals,
·
die
Fahrzeugflotte besteht aus 20 Straßenbahnen und 26 Bussen,
·
183
Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt,
·
jährliche
Leistung ca. 0,84 Mio. Nutzzugkm der Straßenbahn und 1,7 Mio. Nutzkm Bus,
·
jährlich
ca. 7,5 Mio. Fahrgäste,
·
Bediengebiet:
Stadt Brandenburg an der Havel
Verkehrsgesellschaft Belzig mbH
·
der
Landkreis Potsdam-Mittelmark ist 100% Gesellschafter,
·
86
Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt,
·
der
Fahrzeugpark besteht aus 49 Bussen,
·
die
jährliche Leistung beträgt ca. 2,5 Mio. Nutzkilometer,
·
jährlich
werden ca. 2,78 Mio. Fahrgäste befördert
·
Bediengebiet:
Landkreis Potsdam-Mittelmark, Raum Belzig und Brandenburg
5.
Ziele und Erwartungen an die Untersuchung
Im
Ergebnis der Untersuchung sollten insbesondere
o
ein
Businessplan mit konkreten Kostensenkungs- und Erlössteigerungsmaßnahmen sowie
optimierten Angeboten,
o
Vorschläge
zur gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung,
o
Vorschläge
zur Organisation der Aufgabenträgerfunktion, einschließlich der Schnittstellen
zwischen den Gebietskörperschaften und dem Verkehrsverbund
vorgelegt
werden.
Fazit finanzielle Auswirkungen
Die mit einer Prüfung verbundenen Kosten werden von den vier
Gebietskörperschaften anteilig getragen. Möglichkeiten einer teilweisen
Förderung durch das Land werden angestrebt.
Bei der
Landeshauptstadt Potsdam ist keine Erhöhung der für den ÖPNV im Haushaltsentwurf 2006 eingeplanten Mittel
vorgesehen; etwaige Kosten müssen sich im bisher vorgesehenen Rahmen halten.