Beschlussvorlage - 05/SVV/0966

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, unter Zuhilfenahme der VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg GmbH gemeinsam mit den Gebietskörperschaften Stadt Brandenburg an der Havel, Landkreis Potsdam-Mittelmark und Landkreis Havelland zu prüfen, unter welchen Bedingungen und mit welchen Effekten eine Neugestaltung der Unternehmensstruktur der Verkehrsunternehmen der vier Gebietskörperschaften sinnvoll ist.

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Erläuterung

Begründung:

 

1.      Die Entwicklung des europäischen Rechtsrahmens im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) für die Erfüllung der Daseinsvorsorgepflicht zur Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit ÖPNV – Leistungen

 

In den meisten Bereichen kommunaler Wirtschaftstätigkeit sind in den vergangenen Jahren umfassende europäische Regelungen mit dem Ziel der Marktöffnung in Kraft getreten.

 

Für den ÖPNV trifft das aktuell noch nicht zu. Änderungen sind angekündigt, wenngleich derzeit noch nicht sicher ist, wie die Regeln im Detail beschaffen sein werden, welche Übergangsfristen ggf. gelten und wie die Vorgaben der EU in den Regelwerken von Bund und Ländern umgesetzt werden. Zurzeit befindet sich ein neuer Vorschlag der EU-Kommission für eine ÖPNV-Verordnung im Geschäftsgang. Unstrittig aber ist schon jetzt: Die künftige Existenz der kommunalen Verkehrsunternehmen muss weitgehend unter den Bedingungen des Wettbewerbs im europäischen Umfeld gesehen werden.

 

Vorbote dessen ist u.a. die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH)  vom 24. Juli 2003 zum Fall Altmark Trans, die die Zahlungen von Beihilfen für ÖPNV-Leistungen an eigene kommunale Unternehmen an bestimmte Voraussetzungen knüpft. Es handelt sich hier um die zwischenzeitlich bekannten vier Kriterien:

 

  • Betrauung der Verkehrsunternehmen mit klar definierten Gemeinwohlverpflichtungen (Betrauungsakt);
  • Festlegung der auszugleichenden Kosten des Verkehrsunternehmens nach objektiven, transparenten Kriterien vor Zahlung der Zuwendung;
  • Begrenzung der Zuwendungshöhe auf die tatsächlichen Kosten zzgl. eines angemessenen Gewinns,
  • erfolgt die Wahl des beauftragten Verkehrsunternehmens nicht im Rahmen einer Ausschreibung, ist der Maßstab für die Höhe der auszugleichenden Kosten der, den ein „durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen“ zu tragen hätte.

 

Dies gilt jedoch nur dann, wenn eine Linienverkehrsgenehmigung bereits besteht und das wirtschaftliche Risiko beim Verkehrsunternehmen verbleibt.

 

Die Konzessionen im Land Brandenburg laufen im Wesentlichen in den Jahren 2008/2009 aus. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist eine wettbewerbsrechtlich konforme Vergabe erforderlich.

 

 

2. Die Auswirkungen des novellierten ÖPNV-Gesetzes Brandenburg auf die Wahrnehmung der Aufgabenträgerrolle und die sich entwickelnden finanziellen Rahmenbedingungen im ÖPNV 

 

Mit Inkrafttreten des zweiten Gesetzes zur Änderung des ÖPNV-Gesetzes des Landes Brandenburg zum 01. Januar 2005 wurden insbesondere der ÖPNV als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe definiert sowie neue Regelungen zur Finanzierung des übrigen öffentlichen Personennahverkehrs (üÖPNV) wirksam.

 

Mit der Neufassung des § 10 ÖPNVG wird nunmehr die Zuweisung der Fördermittel des Landes für den üÖPNV gebündelt. Die bisherigen Zuwendungen des Landes aus verschiedenen Quellen, zu verschiedenen Zwecken und an unterschiedliche Empfänger (kommunale Aufgabenträger wie Unternehmen) werden nunmehr direkt zweckgebunden an die kommunalen Aufgabenträger gereicht, die in ihrer Verantwortung über Verwendung und Weiterreichung entscheiden.

 

Ziel der Gesetzesinitiative war u. a. auch, Voraussetzungen für eine wettbewerbskonforme ÖPNV-Finanzierung zu schaffen. Seither erfolgt die Bestellung und Finanzierung des ÖPNV im Land Brandenburg im Wesentlichen mittels Betrauungsverträge.

 

 

Die in §10 ÖPNVG in Höhe von jährlich 50,0 Mio. Euro für die Aufgabenträger des üÖPNV vorgesehenen Mittel sind 2005 und 2006 gesichert. Allerdings werden diese aus Bundesmitteln aus dem Regionalisierungsgesetz gespeist, das mit Wirkung ab 2007 zur Überprüfung ansteht. Es ist gegenwärtig davon auszugehen, dass bei diesen Bundesmitteln auf jeden Fall eine Kürzung erfolgt und diese sogar 23 - 35% betragen wird.

 

Gleichzeitig sind Kürzungen bei den Ausgleichsleistungen für den Ausbildungsverkehr (§ 45a Personenbeförderungsgesetz) sowie bei den Ersatzleistungen für die Schwerbehinderten-beförderung (§148 SGB IX) vorgesehen.

 

Eine Kompensation derartiger Mittelreduzierungen aus den kommunalen Haushalten ist ebenso wie die Erhöhung der Fahrpreise in entsprechender Größenordnung auszuschließen.

 

Die Haushaltslage der beiden Landkreise und der beiden Städte ist, bei allen Unterschieden, stark angespannt. Haushaltssicherungskonzepte erfassen auch die nicht unerheblichen Zuschüsse für die Verkehrsunternehmen und zwingen die Gebietskörperschaften, die Zuwendungen weiter zu senken.

 

Nach den Rationalisierungsbemühungen in den einzelnen Unternehmen in den letzten Jahren scheinen die Möglichkeiten in den jetzt bestehenden Unternehmen, die Kosten im notwendigen Ausmaß bei konstanter Leistung zu reduzieren, weitgehend ausgeschöpft.

 

Durch die hohe Abhängigkeit des ÖPNV von Zuschüssen ist dieser dann in seiner Substanz gefährdet.

 

Anpassungen bei der ÖPNV-Leistung durch Kürzungen in den Fahrplänen, bezüglich der Bedienzeiten, Bedienhäufigkeiten oder auch einzelner Linien sind nicht die gewünschte Lösung; teilweise ist dies auch schon erfolgt. Weitere solcher Anpassungen hätten auf die Entwicklung vor Ort, die Lebensqualität betreffend, negative Auswirkungen und würden auf Grund der auch bei geringerer Leistung notwendigen Aufwendungen für die Infrastruktur, eine im Verhältnis eher geringe Wirkung auf der Kostenseite zeigen.

 

Um dem vorzubeugen und den ÖPNV auf die Bedingungen der Zukunft einzustellen, sind alle Chancen der langfristigen Sicherung eines in Qualität und Quantität angemessenen ÖPNV zu nutzen.

 

 

3. Chancen einer interkommunalen Zusammenarbeit im ÖPNV

 

Eine bisher noch nicht konkret bewertete Chance zur Reduzierung der Kosten wird in der Neugestaltung der Unternehmensstruktur der in den Landkreisen und Städten tätigen vier kommunalen Verkehrsunternehmen ggf. zu einem größeren, leistungsfähigeren und damit überlebensfähigeren und zukunftsträchtigen Unternehmen gesehen.

 

Die Chancen liegen vor allem in der

·         gemeinsamen Nutzung der betrieblichen Ressourcen und Erschließung weiterer Optimierungspotenziale,

o        gemeinsame Fahrzeugumläufe und Dienstpläne an den Standorten, an denen sich die Leistungsgebiete der Unternehmen überschneiden

o        gemeinsame Nutzung der Leitstellen

o        gemeinsame Nutzung der Betriebsreserven für Personal und Fahrzeuge

o        Standortoptimierung

o        gemeinsamer Einkauf der wesentlichen Produkte und Nutzung der dabei entstehenden Skaleneffekte

o        Optimierung der Instandhaltungsprogramme und Zusammenfassung bestimmter Arbeiten an Standorten (Motoren- und Getriebeinstandsetzung; HU-Straßenbahn u.ä.)

 

·         Koordinierung der Angebotsplanung zwischen den Aufgabenträgern in der Region (z.B. mit dem Ziel einer besseren Abstimmung von Stadt- und Regionalverkehrslinien aufeinander und der damit in Zusammenhang stehenden Verbesserung der Angebotsqualität bei gleichzeitiger Senkung der Kosten durch den Entfall von Parallelverkehren),

·         Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens,

·         Erreichung einer wettbewerbsfähigen Größe des Gemeinschaftsunternehmens, auch um Spezialfunktionen wie Verkehrsplanung, Tarifgestaltung, Marketing usw. besser ausgestalten zu können,

·         interkommunalen Zusammenarbeit und insoweit auch Teilung des unternehmerischen Risikos.

 

 

4. Die gegenwärtige Unternehmensstruktur in der Region

 

ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH

 

·         ein Unternehmen der Stadtwerke Potsdam GmbH,

·         die Landeshauptstadt hält mittelbar 100% des Stammkapitals,

·         der steuerliche Querverbund wird seit 1997 genutzt,

·         zum 31.12.2004 waren 456 Mitarbeiter beschäftigt, zum 01.01.2006 werden es 365 sein,

·         die Fahrzeugflotte besteht aus 68 Straßenbahnen KT4D, 16 Straßenbahnen Combino und 34 Bussen sowie einer Fähre,

·         jährliche Leistung ca. 2,4 Mio. Nutzzugkm der Straßenbahn, 2,9 Mio. Nutzkm Bus, 7,0 TNutzkm Fähre,

·         jährlich ca. 24 Mio. Fahrgäste,

·         Bediengebiet: Landeshauptstadt Potsdam, geringfügig Berlin (Naturalausgleich mit BVG)

 

Havelbus Verkehrsgesellschaft mbH (HVG)

 

·         die Landkreise Potsdam-Mittelmark und Havelland halten zu je 50% das Stammkapital,

·         mittels zweier Tochterunternehmen, der Beelitzer Verkehrs- und Servicegesellschaft mbH und der Havelländischen Verkehrsgesellschaft mbH Rathenow (HVGR) werden die Verkehrsleistungen erbracht,

·         511Mitarbeiter sind im Unternehmensverbund tätig, davon 55 bei der HVG, 297 bei der BVSG und 159 bei der HVGR,

·         die Busflotte besteht aus ca. 220 Fahrzeugen,

·         jährliche Leistung ca. 13 Mio. Nutzkm,

·         jährlich ca. 19 Mio. Fahrgäste,

·         Bediengebiet: Landkreis Havelland, Landkreis Potsdam-Mittelmark ohne Raum Belzig und Brandenburg, Landeshauptstadt Potsdam (neue Ortsteile nach Gemeindegebietsreform), geringfügig Berlin (Naturalausgleich mit BVG)

 

 

Verkehrsgesellschaft Brandenburg a. d. H. mbH

 

·         die Stadt Brandenburg an der Havel hält 100% des Stammkapitals,

·         die Fahrzeugflotte besteht aus 20 Straßenbahnen und 26 Bussen,

·         183 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt,

·         jährliche Leistung ca. 0,84 Mio. Nutzzugkm der Straßenbahn und  1,7 Mio. Nutzkm Bus,

·         jährlich ca. 7,5 Mio. Fahrgäste,

·         Bediengebiet: Stadt Brandenburg an der Havel

 

 

Verkehrsgesellschaft Belzig mbH

 

·         der Landkreis Potsdam-Mittelmark ist 100% Gesellschafter,

·         86 Mitarbeiter sind im Unternehmen beschäftigt,

·         der Fahrzeugpark besteht aus 49 Bussen,

·         die jährliche Leistung beträgt ca. 2,5 Mio. Nutzkilometer,

·         jährlich werden ca. 2,78 Mio. Fahrgäste befördert

·         Bediengebiet: Landkreis Potsdam-Mittelmark, Raum Belzig und Brandenburg

 

5. Ziele und Erwartungen an die Untersuchung

 

 

Im Ergebnis der Untersuchung sollten insbesondere

 

o        ein Businessplan mit konkreten Kostensenkungs- und Erlössteigerungsmaßnahmen sowie optimierten Angeboten,

o        Vorschläge zur gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung,

o        Vorschläge zur Organisation der Aufgabenträgerfunktion, einschließlich der Schnittstellen zwischen den Gebietskörperschaften und dem Verkehrsverbund

 

vorgelegt werden.

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Die mit einer Prüfung verbundenen Kosten werden von den vier Gebietskörperschaften anteilig getragen. Möglichkeiten einer teilweisen Förderung durch das Land werden angestrebt.

 

Bei der Landeshauptstadt Potsdam ist keine Erhöhung der  für den ÖPNV im Haushaltsentwurf 2006 eingeplanten Mittel vorgesehen; etwaige Kosten müssen sich im bisher vorgesehenen Rahmen halten.

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