Mitteilungsvorlage - 06/SVV/0294

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:

Mit Beschluss vom  25.01.2006 hat die Stadtverordnetenversammlung die Verwaltung beauftragt, ihr ein mit der Deutschen UNESCO-Kommission und dem Büro des Welterbekomitees der UNESCO in Paris abgestimmtes Verfahren zu Vorhaben der Stadtentwicklung im Bereich des UNESCO-Weltkultur-erbes sowie seiner Umgebung vorzulegen. Dabei sollen gemäß Beschlussfassung die Verantwort-lichkeit in der Stadtverwaltung, die Abstimmungsschritte, -methoden und –fristen sowie die einzu-beziehenden Funktionsträger genau beschrieben werden.

Nach dem genannten Beschluss sind die Ergebnisse der Stadtverordnetenversammlung im April 2006 vorzulegen.

 

Hierzu werden folgende (zunächst nicht abschließende) Ergebnisse mitgeteilt:

 

Zur Umsetzung dieses Auftrags hat die Verwaltung sich an die Deutsche UNESCO-Kommission e.V. (Bonn), an das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK), an die  Stiftung Preußische  Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie an das Brandenburgische  Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum gewandt. Eine nach dem o.g.  Beschluss geforderte direkte Kontaktaufnahme mit dem Büro des Welterbekomitees der UNESCO in Paris ist der Landeshauptstadt Potsdam nicht möglich. Hier ist der Dienstweg für offizielle Befassungen der UNESCO in Fragen des Welterbes in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Zuständigkeit der Länder über die Kultusministerkonferenz einzuhalten, die die entsprechenden Vorgänge über das Auswärtige Amt nach Paris weiterleiten kann. Von kommunaler Seite könnte ein entsprechendes Anliegen über das MWFK vorgetragen werden.

Bislang liegt eine Rückäußerung lediglich von Seiten der Deutschen UNESCO-Kommission e.V. (Bonn) vor. Diese bestätigt umfassend die Einschätzung und Bewertung der Verwaltung, die nach Auswertung der Vorgaben in der Welterbekonvention und der hierzu getroffenen ergänzenden Regelungen gewonnen wurde, insbesondere anhand des aktuellen Standes der Durchführungsbestimmungen („Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention“). Diese stellen den völkerrecht­lichen Rahmen zur Umsetzung des Welterbeprogramms in den Vertragsstaaten dar; sie geben jedoch keine Antwort auf einzelne Fragen der Stadtentwicklung oder in den Vertragsstaaten selbst anzuwendende Verfahren.

Vielmehr liegt die Verantwortung für die Abstimmung von Vorhaben der Stadtentwicklung im Zusammenhang mit dem UNESCO-Weltkulturerbe bei den nationalen Institutionen, und hier zunächst bei den regionalen und lokalen Behördenstrukturen. Die Welterbekonvention und die „Operational Guidelines“ stellen bereits im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste des Welterbes auf entsprechende rechtliche Instrumentarien und institutionelle Gegebenheiten in dem jeweiligen Vertragsstaat ab, damit der Schutz des Welterbes grundsätzlich als gesichert angesehen werden kann.

In der Bundesrepublik Deutschland bestehen für Verfahren zu Vorhaben der Stadtentwicklung die im Baugesetzbuch (BauGB) geregelten Vorschriften. Ergänzend dazu gelten für die Klärung von Fragen des Denkmalschutzes auch im Zusammenhang mit dem Weltkulturerbe aufgrund der Hoheit der Länder die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften aus dem Denkmalschutzgesetz. Für die örtliche Situation in Potsdam sind damit zugleich die Untere Denkmalschutzbehörde der Landes­hauptstadt, die Stiftung Preussische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg als Denkmalbehörde für die in der Stiftung zusammengefassten Liegenschaften und das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Ärchäologisches Landesmuseum als die maßgeblichen Fachinstitutionen benannt.

Weil eine Gefährdung einer Welterbestätte, durch welche Bedingungen auch immer, gleichwohl nicht ausgeschlossen werden kann, sehen die „Operational Guidelines“ trotz dieses zunächst geltenden Vorrangs der nationalen rechtlichen Instrumentarien und institutionellen Strukturen die Möglichkeit vor, möglicherweise drohende Gefährdungen einer Welterbestätte gegenüber dem Welterbekomitee zu berichten. Vor dem Hintergrund der angesprochenen Anforderungen an die innere Verantwortung der Vertragsstaaten impliziert ein solcher offizieller Bericht deshalb zugleich regelmäßig, dass mit den zur Verfügung stehenden nationalen Mitteln eine drohende Gefahr für das Welterbe nicht abgewendet werden kann.

Deshalb ist nicht nur aus Gesichtspunkten der Praktikabilität davon auszugehen, dass das Welterbebüro oder gar das Welterbekomitee sich nicht mit Anfragen der Landeshauptstadt Potsdam zur Bewertung von einzelnen Vorhaben der Stadtentwicklung im Umfeld einer der mehr als 800 Welterbestätten befassen würde.

 

Auch ohne den noch ausstehenden Stellungnahmen der in erster Linie maßgeblichen Institutionen im Land Brandenburg vorzugreifen, spricht deshalb alles dafür, dass die derzeit geübte sorgfältige Handhabung der angesprochenen rechtlichen Verfahrensbedingungen auch weiterhin die Vorgabe für die Beurteilung von Vorhaben der Stadtentwicklung im Bereich des Weltkulturerbes und seiner Einflussbereiche bildet und die rechtliche geforderte gerechte Abwägung für jedes einzelne Verfahren sicherstellt.

 

Zu Verfahren der Bauleitplanung in der Landeshauptstadt Potsdam werden, sofern Belange des Weltkulturerbes berührt sind, neben der Unteren Denkmalschutzbehörde auch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum beteiligt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen geben dabei einen Mindestrahmen für die Beteiligungszeitpunkte sowie die Stellungnahmefristen vor. Diese zugleich als – quasi statischen – zwingenden Rahmen vorzugeben, verbietet sich jedoch nach den praktischen Erfahrungen gerade in solchen Bereichen, bei denen kritische Fragen zu bewältigen sind. Hier werden regelmäßig über diesen Rahmen hinausgehende, wesentlich intensivere Abstimmungen geführt und situationsbezogen durch besondere Methoden, beispielsweise durch Simulationen ergänzt. Daraus Schlussfolgerungen für eine standardisierte Verfahrensweise abzuleiten, würde jedoch an den individuell sehr unterschiedlichen Bedingungen vorbeigehen.

Die Stadtverordnetenversammlung trifft im Rahmen ihrer Beschlussfassungen im Aufstellungs­verfahren zu den Bauleitplänen Entscheidungen zur Abwägung der ins Verfahren eingebrachten Belange. Entsprechend den Bestimmungen des § 1 Abs.7 BauGB sind dabei – für die konkret zur Entscheidung stehende Planung – die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

Nach der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung hat dabei die Abwägung grundsätzlich in jedem Einzelverfahren stattzufinden und kann nicht durch prinzipielle Verfahrensentscheidungen eingeschränkt werden. Eine Entscheidung etwa, nach der – ungeachtet der im jeweiligen Planverfahren konkret vorgebrachten Belange - die Interessen eines Verfahrensbeteiligten generell höher zu gewichten wären als die anderer Beteiligter, würde den gesetzlichen Vorgaben an eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange nicht genügen – die Nichtigkeit des entsprechenden Bauleitplanes wäre die zwangsläufige Folge.

 

Die vorstehend beschriebene Verfahrensweise in den formell vorgegebenen Schritten der Bauleit­planung ist gerade wegen der unstreitig hohen Bedeutung, die der Schutz des Weltkulturerbes in der Stadtentwicklung Potsdams hat, nicht isoliert zu betrachten. Sie ist vielmehr eingebunden in Bemühungen, die nach den Auseinandersetzungen um die Auswirkungen der Planungen im Umfeld des Potsdam-Centers gewonnene neue Qualität einer intensiven fachlichen Zusammenarbeit zwischen Dienststellen der Denkmalpflege und der Stadtentwicklung über das durchgeführte Projekt einer „Leitplanung“ hinaus zu erhalten und zu verstetigen.

Die Stadtverordnetenversammlung hat mit Beschlussfassung vom 31.08.2005 über die Leitplanung für die städtebauliche Entwicklung der Umgebungsbereiche der Welterbestätte (DS 05/SVV/0439) u.a. darüber entschieden, dass die noch verbliebenen Dissense weiter zu beobachten sind (Monitoring), dass sie in den jeweils zugehörigen Bebauungsplanverfahren zu konkretisieren und zu klären sind und dass ein fortlaufender Prozess von gegenseitiger Information und Erörterung zwischen den Beteiligten erfolgen soll.

Die dazu entwickelten Verfahrensmodalitäten auf insgesamt drei Betrachtungsebenen, die über den oben beschriebenen vorgegebenen rechtlichen Rahmen hinausgehen, diesen also ergänzen und sich im konkreten Einzelfall mit den förmlichen Beteiligungsverfahren verschränken, hat die Verwaltung am 23.08.2005 im Fachausschuss für Stadtplanung und Bauen vorgestellt und erläutert. Eine zusammenfassende Übersicht ist dieser Mitteilungsvorlage angefügt. Verantwortlich für die Umsetzung ist dabei generell der Fachbereich Stadtplanung und Bauordnung.

 

Durch diese kontinuierlichen Informations- und Abstimmungsverfahren ist eine gleichbleibend hohe Aufmerksamkeit für den Schutz des Weltkulturerbes gesichert, eine generelle Konfliktfreiheit kann damit jedoch ohne Zweifel nicht gewährleistet werden.

Durch die auf möglichst weitgehende Übereinstimmung ausgerichtete Konkretisierung identifizierter Dissens-Situationen und deren Aufbereitung fließen die notwendigen Informationen und Bewertungen in die förmlichen Beteiligungsverfahren der Bauleitplanung ein und bilden damit das Material, das der Abwägungsentscheidung der Stadtverordnetenversammlung zugrunde liegt. Diese wird dadurch ermöglicht und qualifiziert vorbereitet, ist aber zugleich rechtlich zwingend in jedem Einzelfall erforderlich.

 

Reduzieren

Erläuterung

 

Reduzieren

Anlagen

Loading...