Beschlussvorlage - 06/SVV/0747
Grunddaten
- Betreff:
-
Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Potsdam
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- SB Finanzen und Berichtswesen
- Einreicher*:
- Servicebereich Finanzen und Berichtswesen
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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27.09.2006
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Erläuterung
Begründung:
Durch das Land Brandenburg wurde in
der Sitzung des Landtages vom 28.06.2006 das Erste Gesetz zum Abbau von bürokratischen
Hemmnissen im Land Brandenburg (1. BbgBAG) beschlossen (GVBl. vom 30. 06. 2006,
Teil I, Nr. 7, S. 74). Gemäß Artikel 22 Nr. 1 dieses Gesetzes wird das
Vergnügungssteuergesetz für das Land Brandenburg aufgehoben. Nach Artikel
23 Abs. 1 Satz 3 1. BbgBAG tritt dieses Gesetz am ersten Tag des zweiten auf
die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Das Gesetz wurde noch am
30.06.2006 im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg verkündet,
so dass folglich für die Gemeinden des Landes Brandenburg zum 01.08.2006 diese
gesetzliche Grundlage zur Erhebung der Vergnügungssteuer entfallen ist.
Hintergrund dieser Aufhebung ist insbesondere die Tatsache, dass das
Vergnügungssteuergesetz des Landes Brandenburg den Grundsätzen, die durch die aktuelle
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellt wurden, nicht mehr
vollumfänglich entsprach.
Den Gemeinden des Landes Brandenburg
und so auch der Landeshauptstadt Potsdam ist es nunmehr freigestellt, auf der
Grundlage einer eigenen satzungsrechtlichen Regelung eine Vergnügungssteuer zu
erheben. Dieser „Ermessensspielraum“ reduziert sich allerdings durch die
Notwendigkeit der zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts
verpflichteten Landeshauptstadt, Einnahmemöglichkeiten nicht ungenutzt zu
lassen, sondern möglichst auszuschöpfen. Neben ihren fiskalischen Zielen der
Einnahmebeschaffung verfolgt die Vergnügungssteuersatzung auch das
ordnungspolitische Lenkungsziel, der Verbreitung der Spielsucht
entgegenzuwirken.
Die zur Beschlussfassung anstehende Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Potsdam berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung, insbesondere hinsichtlich der steuerlichen Bemessungsgrundlage bei der Spielautomatenbesteuerung. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat in seinen Entscheidungen vom 13.04.2005, BVerwG 10 C 5.04, 10 C 8.04 und 10 C 9.04, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen präzisiert, unter denen die Spielautomatensteuer als Pauschalbetrag nach der Zahl der aufgestellten Geräte (Stückzahlmaßstab) bemessen werden darf. Es bestätigte, dass der Charakter der Spielautomatensteuer nach Art. 105 Abs. 2 a Grundgesetz (GG) eine zumindest lockere Beziehung zwischen dem Steuermaßstab und dem Spielaufwand der Benutzer erfordere. Diese Beziehung ist nicht mehr gewahrt, wenn die Einspielergebnisse von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit mehr als 25 % nach oben oder nach unten vom Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten im Satzungsgebiet abweichen. Ursache für die Präzisierung ist der Einbau manipulationssicherer Zählwerke in Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit. Damit ist die Wahl eines aufwandsnäheren (wirklichkeitsnäheren) Besteuerungsmaßstabes möglich geworden.
Daraus ergibt sich, dass vor Erlass
der Satzung entsprechend der neuen Rechtsprechung zu prüfen wäre, inwieweit die
Bemessungsgrundlage (Stückzahl) für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit für
die Landeshauptstadt aufrecht erhalten werden kann. Hierzu muss die vom BVerwG
geforderte „Schwankungsbreite“ im Stadtgebiet ermittelt werden. Aus diesem
Grunde sind die in der Landeshauptstadt Potsdam erfassten 25
vergnügungssteuerpflichtigen Automatenaufsteller angeschrieben und gebeten
worden, die monatlichen Spielumsätze ihrer Geldspielautomaten im Zeitraum
01.07.2005 bis 30.06.2006 mitzuteilen. Lediglich 6 Automatenaufsteller haben
auf dieses Schreiben reagiert. Das
zur Verfügung gestellte Zahlenmaterial lässt allerdings keine
verlässliche Einschätzung zu, inwieweit die geforderte „Schwankungsbreite“
eingehalten wird und der bisherige Stückzahlmaßstab satzungsrechtlich haltbar
ist.
Nahezu alle betroffenen Gemeinden in
der Bundesrepublik haben die Automatenaufsteller angeschrieben. Als Reaktion
darauf ist zum Einen häufig eine Weigerung festzustellen, das erbetene
Zahlenmaterial einzureichen, und zum Anderen lässt das zur Verfügung gestellte
Zahlenmaterial auch hier kein verlässliches Ergebnis zu. Sowohl
Veröffentlichungen in der „Kommunale Steuerzeitschrift“ wie auch Rückfragen in
anderen Steuerämtern bestätigen diese Erfahrung. Hierbei muss berücksichtigt
werden, dass die Automatenaufsteller das
Zahlenmaterial über Einspielergebnisse, Spieleinsätze etc nur auf freiwilliger Basis zur Verfügung stellen, da es an einer gesetzlichen Verpflichtung zum Nachweis dieser Daten mangelt.
Da es den Automatenaufstellern leicht fallen dürfte, mit Erfolg den Beweis hinsichtlich der Abweichung der Einspielergebnisse im Sinne der genannten Urteile zu führen, wäre eine an dem bisherigen Stückzahlmaßstab festhaltende Vergnügungssteuersatzung vermutlich rechtswidrig. Zur dauerhaften und gerichtsfesten Sicherung der kommunalen Einnahmen aus der Vergnügungssteuer ist es deshalb erforderlich, eine dem Wirklichkeitsmaßstab gerechter werdende Bemessungsgrundlage, d.h. eine Bemessungsgrundlage, welche sich am Spieleinsatz orientiert, einzuführen.
Die zur Beschlussfassung vorgelegte Vergnügungssteuersatzung für die Landeshauptstadt Potsdam wurde in Anlehnung an die in der Kommunalen Steuer-Zeitschrift Nr. 7/2006 veröffentlichten Mustersatzung erstellt. Dabei wurde bewusst darauf geachtet, dass sich der Katalog der zu besteuernden Tatbestände im Vergleich zum bisher geltenden Vergnügungssteuerrecht nicht wesentlich ändert und möglichst Aufkommensneutralität angestrebt wird.
Eine Rückfrage bei den kreisfreien Städten des Landes Brandenburg sowie den Landeshauptstädten der neuen Bundesländer hatte zum Ergebnis, dass derzeit ausnahmslos alle eine neue Vergnügungssteuersatzung erarbeiten, welche ebenso wie die hier beigefügte Satzung der Landeshauptstadt Potsdam nicht mehr den Stückzahlmaßstab sondern das Einspielergebnis bzw. den Spieleinsatz zum Besteuerungsmaßstab für Spielautomaten bestimmen.
Dabei wurde wie bisher die Höhe des Steuersatzes nach dem Aufstellort dieser Spielautomaten differenziert. Der niedrigere Steuersatz für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Gaststätten und an sonstigen Orten trägt einem weitaus geringeren Einspielergebnis gegenüber den Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen Rechnung. Darüber hinaus ist das Betreiben von Gewinnspielautomaten mit ungleich höheren Kosten, wie erheblichen Investitionskosten angesichts der eingeschränkten Nutzungsdauer als auch die laufend anfallende Wartung und Prüfung der Apparate, verbunden. Damit sind die Gaststättenbetreiber mit ihren geringeren Einspielergebnissen den Spielhallenbetreibern (sie dürfen nach § 3 Spielverordnung in der Neufassung vom 27.01.2006 – BGBl. I/2006 Nr. 6, S. 280 maximal 3 Spielautomaten aufstellen und Spielhallenbetreiber 12) im Nachteil. Als Nachteil wird außerdem gesehen, dass mit Automatenherstellern und Wartungsfirmen aufgrund der geringen Anzahl von aufgestellten Automaten ungünstigere Verträge zustande kommen. Um diese Schlechterstellung auszugleichen, erscheint ein Steuersatz von 10 vom Hundert für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Gaststätten und sonstigen Orten und ein Steuersatz vom 12 vom Hundert für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen oder anderen Unternehmen gerechtfertigt.
Der Steuersatz auf Eintrittskarten bzw. Entgelten als auch der für Spielautomaten, mit denen Gewalttätigkeit gegen Menschen und/oder gegen Tiere, Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges, pornographische oder die Würde des Menschen verletzende Praktiken und ähnliches dargestellt werden als auch die Steuersätze für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit, bleiben unverändert.
Die hier vorgeschlagene Satzung soll
rückwirkend zum 01.08.2006 in Kraft treten.
Nach Ziffer 2.3 der Verwaltungsvorschriften zu § 2 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) können ungültige Rechtsnormen durch rückwirkende neue Normen ersetzt werden, wobei die Abgabenpflichtigen insgesamt nicht ungünstiger gestellt werden dürfen. Unklare Regelungen können durch eine rückwirkende Satzung klargestellt werden, zu Lasten des Abgabenpflichtigen ist die Rückwirkung allerdings nur bei erheblichen Unklarheiten und Lücken in der ursprünglichen Regelung zulässig.
Die zu beschließende Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Potsdam beinhaltet neue Normen, als auch neue Bemessungsgrundlagen. Die Auswirkungen der Änderung der Bemessungsgrundlage für die Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Bezug auf die Höhe der Steuer sind hier nicht bekannt. Obwohl davon ausgegangen werden muss, dass in Einzelfällen durchaus die Möglichkeit einer Schlechterstellung in der Besteuerung entstehen kann, steht einem rückwirkenden in Kraft treten der Satzung nichts entgegen. Das Schlechterstellungsverbot ist nach § 2 KAG (Kommentar Driehaus, Rz. 41 letzter Absatz – OVG Magdeburg, Urteil vom 31.3.2000, Az. 1 K 12/00) nicht verletzt, wenn die ersetzende Satzung nur bis zu einem Zeitpunkt zurückwirkt, zu dem die Geltungsdauer der zu ersetzenden Satzung bereits abgelaufen war. Die rückwirkende Änderung des Steuersatzes würde dann gegen dieses Verbot verstoßen, wenn sie dazu führt, dass die auf der Grundlage eines niedrigeren Steuersatzes entstandene Steuerschuld aller Steuerpflichtigen sich dadurch im Rückwirkungszeitraum erhöht. Damit ist jedoch auf Grund der Erfahrung anderer Gemeinden im Bundesgebiet, nicht zu rechnen.
In Anbetracht dessen soll die Vergnügungssteuersatzung zum 01.08.2006 rückwirkend in Kraft treten. Gleichzeitig tritt die Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Potsdam vom 10. 06. 2002 in der zuletzt gültigen Fassung (Amtsblatt für die Landeshauptstadt Potsdam vom 27. 06. 2002 Nr. 7/2002 S.9) außer Kraft.
Fazit finanzielle Auswirkungen
Finanzielle Auswirkungen:
Durch die
Aufhebung des Vergnügungssteuergesetzes des Landes Brandenburg mit Wirkung ab
dem 01.08.2006 fehlt es gegenwärtig an einer hinreichenden Rechtsgrundlage für
die Erhebung der Vergnügungssteuer, und zwar so lange, bis die Landeshauptstadt
eine neue (eigene) Vergnügungssteuersatzung wirksam erlässt. Auf Grundlage der
bisherigen gesetzlichen und satzungsrechtlichen Regelungen zur
Vergnügungssteuer erzielte die Landeshauptstadt monatliche Einnahmen von ca.
16.000 Euro.
Die finanziellen Auswirkungen der hier zum Beschluss
anstehenden Satzung sind nur grob abschätzbar, da gegenwärtig wegen fehlender
Ausgangszahlen und einer sich ändernden Grundlage für die Steuerberechnung
Modellrechnungen nicht möglich sind. Im Gesamtaufkommen soll eine
Belastungsneutralität erreicht werden. Inwieweit es durch die Änderung der
Satzungsgrundlage „Gewinner und Verlierer“ geben wird, kann nicht eingeschätzt
werden, da die Automatenaufsteller die einer solchen Berechnung zugrunde
liegenden Zahlen der Landeshauptstadt trotz der Bitte um Auskunft überwiegend
nicht lieferten. Rücksprachen mit Gemeinden, die bereits Erfahrung mit der
neuen Bemessungsgrundlage haben, lassen den Rückschluss zu, dass eher mit
Mindereinnahmen zu rechnen ist. Sollte dieses für die Landeshauptstadt Potsdam
nach dem Vorliegen belastbarer Zahlen tatsächlich zutreffen, wäre eine
Anpassung der Steuersätze zu überdenken.
Gegenüberstellung der Bemessungsgrundlagen, die einer
Änderung unterliegen sollen: siehe Folgeblatt
Finanzielle Auswirkungen: Folgeblatt
Satzungsvergleich hinsichtlich der
Bemessungsgrundlage für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit |
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Vergnügungssteuersatzung v. 10.06.2002 |
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vorgeschlagene Vergnügungssteuersatzung |
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§ 2 |
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§ 7 |
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Die Steuer beträgt |
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1. In Spielhallen u.ä. Unternehmen |
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1. In Spielhallen u.ä. Unternehmen |
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a) für Geräte mit Gewinnmöglichkeit |
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a) für Geräte mit Gewinnmöglichkeit |
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138,00 €/Gerät und Monat |
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12 v.H. des
Einspielergebnisses/Monat |
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2. In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, |
2. In Gastwirtschaften und sonstigen Orten |
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Gastwirtschaften, Beherbergungsbetrieben, |
a) für Geräte mit Gewinnmöglichkeit |
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Wettannahmestellen, Vereinen, Kantinen, |
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10 v.H. des
Einspielergebnisses/Monat |
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oder
ähnlichen Einrichtungen sowie an |
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anderen, jedermann zugänglichen Orten: |
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a) für Geräte mit Gewinnmöglichkeit |
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45,00 €/Gerät und Monat |
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Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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175,5 kB
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