Mitteilungsvorlage - 07/SVV/0036
Grunddaten
- Betreff:
-
Kampfmittelberäumung auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Ordnung und Sicherheit
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, FB Ordnung und Sicherheit
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Anhörung
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31.01.2007
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Erledigt
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Hauptausschuss
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Vorberatung
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14.02.2007
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Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:
Beginnend ab 2007 wird auf dem Gebiet der Landeshauptstadt
Potsdam die Kampfmittelberäumung einer systematischen Abarbeitung unterzogen.
Hierbei haben folgende Bereiche/Objekte vorderste Priorität:
1.)
Klinikum
Ernst von Bergmann / Gesundheitszentrum
2.)
alle
städtischen Kindertagesstätten
3.)
alle
städtischen Schulen
4.)
Barocke
Innenstadt
Erläuterung
1. Kriegseinwirkungen
Das Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam hat eine Gesamtfläche von ca. 187,28 km² (Okt.
2005). Von dieser Fläche sind unter Berücksichtigung der Kriegsereignisse und
der daraus resultierenden Hinterlassenschaften sowie der militärischen Nutzung
nach 1945 53,24 km² als kampfmittelbelastet eingestuft. Das entspricht ca. 28,4 v. H. der
Gesamtfläche.
Die Zerstörung, die Potsdam im Zweiten Weltkrieg zu erleiden
hatte, lässt sich zum einen auf die Bombenangriffe und zum anderen auf den
Artilleriebeschuss sowie die Kriegshandlungen am Boden zurückführen. Die daraus
hervorgegangenen (materiellen) Schäden stehen etwa in einem Verhältnis von
60:40.
Die ersten Bomben auf Potsdam fielen in der Nacht vom 21.
zum 22. Juni 1940 und trafen unter anderem die Post in Babelsberg. In der Nacht
vom 04. zum 05. September fand der zweite Angriff auf Potsdam statt. Der erste
größere Angriff erfolgte am 21. Juni 1944, als 40 Bomber 103 Tonnen Last über
Potsdam abwarfen. Der letzte und schwerste Angriff wurde in der Nacht vom 14.
zum 15. April 1945 von 686 Flugzeugen in zwei Wellen geflogen, diese warfen
2012 Tonnen Bombenlast ab.
Am Ende der Kampfhandlungen lag die Stadt in Schutt und
Asche. Von den 1656 vorhandenen Gebäuden in Altstadt und Zentrum waren nur 55
unzerstört.
2. Munitionsfunde (Stand:
30.06.2006)
Im Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam wurden seit
Oktober 1990 67 Sprengbomben gefunden und
unschädlich gemacht.
Darüber
hinaus sind beim Kampfmittelbeseitigungsdienst seit 1973 918 Munitions-Einzelfunde
registriert, davon seit 1990 allein 850. Darunter befinden sich vor allem
Artilleriegranaten, Waffen und Minen. In den letzten 6 Jahren wurden im
Durchschnitt 40 Munitionsfunde pro Jahr vorrangig bei Bauarbeiten registriert.
Die Munitionsfunde verteilen sich nahezu gleichmäßig auf das Gebiet der Stadt.
Besonders häufig wurde im Zentrum der Stadt sowie in Bornstedt Munition
gefunden.
3. Luftbilder
Zum
Gebiet der heutigen Landeshauptstadt Potsdam verfügt der
Kampfmittel-beseitigungsdienst seit Juli 1999 über insgesamt 505 Luftbilder.
Davon
sind 6 Bilder aus dem Jahr 1943 ( 1 Überflug),
129 Bilder aus
dem Jahr 1944 (10 Überflüge),
370 Bilder aus
dem Jahr 1945 (19 Überflüge).
Diese
Luftbilder wurden systematisch ausgewertet. Dabei wurden insgesamt
508 Vermutungspunkte
für Bombenblindgänger
586 Bombentrichter
78
Vermutungsflächen
42 Flakstellungen und
1123
sonstige Kriegsmerkmale wie Unterstände und Mannlöcher
festgestellt.
4. Ergebnisse der Kampfmittelräumung
Seit 1991 wurde im Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam eine Fläche von insgesamt 3,512 km2 nach Kampfmitteln abgesucht. Dazu hat das Land 239 Einzelaufträge vergeben.
Im Jahr 2005 wurden 9 Einzelaufträge mit einem Finanzvolumen von 0,3 Mio. € ausgelöst.
Im Jahr 2006 wurden bisher 16 Aufträge mit einem
Finanzvolumen von 0,34 Mio. € vergeben.
Die Schwerpunkte lagen auf den Flächen von Bauvorhaben im Stadtgebiet sowie auf Forstflächen in der Pirschheide. Weitere Räumungen erfolgten in den Vorjahren am Areal des Französischen Quartiers, in den Ravensbergen am Caputher Heuweg, am Alten Markt, am Bornimer Mühlenberg sowie im Tiefen See.
Von den nach Luftbildauswertung erkannten Vermutungspunkten für Bombenblindgänger (508 Stück) wurden bisher 98 abschließend untersucht. Das sind 19,4 Prozent der Verdachtsstellen.
Am 8. Januar und am 22. Oktober 2005 wurde auf dem Gelände des Klinikums Ernst von Bergmann jeweils eine amerikanische 250 kg Fliegerbombe entschärft. Dazu mussten mehrere tausend Einwohner und das Krankenhaus evakuiert werden.
Im Jahr 2006 wurden 4 große Sprengbomben gefunden. Eine Bombe musste an der B2 in Richtung Michendorf entschärft werden. Am 20.07.2006 wurde eine britische Fünf-Zentner-Bombe bei Abrissarbeiten im Zentrum Ost an der Lotte–Pulewka-Straße entdeckt. Die Entschärfung erfolgte am 21.07.2006. Eine weitere, amerikanische Fünf-Zentner-Bombe wurde am 05.09.2006 im gleichen Bereich wiederum bei Abrissarbeiten entdeckt und am 07.09.2006 entschärft. Jeweils bis zu 12.000 Menschen mussten evakuiert werden. Davon waren Wohnviertel, gewerbliche Bereiche und Öffentliche Einrichtungen betroffen. Der Zugverkehr am Potsdamer Hauptbahnhof und am Bahnhof Babelsberg ruhte zeitweise.
Am 16.11.2006 wurde in der Templiner Straße erneut eine Fünf-Zentner-Bombe Sprengbombe aufgefunden und unschädlich gemacht.
5.
Zielsetzung
Die Schwerpunkte der alliierten Bombardierungen lagen insbesondere in der Potsdamer Innenstadt, an den Verkehrsknotenpunkten und auf den Flächen der damaligen Industrieanlagen. Dort sind noch heute die meisten Altlasten des Krieges zu finden. Nach wie vor gelten noch ca. 30 Prozent des Potsdamer Stadtgebietes als Kampfmittelverdachtsfläche. Da im Laufe der Jahre diese Kampfmittel stetig altern und korrodieren wächst auch die davon ausgehende potenzielle Gefährdung ständig. Selbstdetonationen und auch der tragische Unfall während Bauarbeiten an der A 3 bei Aschaffenburg (Bayern) im Oktober 2006 bestätigen dies. Unter Beachtung dieser Aspekte ist eine systematische Kampfmittelberäumung auf dem Gebiet der Landeshauptstadt Potsdam dringend geboten, da die häufigsten Munitionsfunde bisher meist ausschließlich im Zusammenhang mit Bauarbeiten auftraten. Die Kampfmittel wurden in der Regel bei Erdarbeiten aufgefunden. Da diese „Bergung“ mit Großgeräten bei Erdarbeiten nicht planmäßig erfolgte, wird durch den dann oft unsachgemäßen Umgang die vorhandene Gefahrensituation potenziert.
Zum Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren, die von diesen Kampfmitteln ausgehen, aber auch für eine generell gefahrlose Abwicklung von Bauvorhaben ist es geboten, die Munitionssuche planmäßig und systematisch zu betreiben.
6. Prioritäten und Arbeitsablauf
Während bisher die begleitende Kampfmittelsuche/ -räumung ausschließlich im Rahmen von geplanten Bauarbeiten erfolgte, soll dies nunmehr parallel dazu nach einer festgelegten Priorität durchgeführt werden.
Begonnen werden soll im Bereich des Klinikums Ernst-von-Bergmann einschließlich des Gesundheitszentrums mit der Abklärung aller Verdachtsflächen.
In zeitlicher Abfolge würden dann die genutzten Flächen aller Kindertagesstätten und aller Schuleinrichtungen abgeprüft und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Hiernach wird die Barocke Innenstadt in ihrer Gesamtfläche betrachtet.
Unabhängig hiervon wird zeitgleich bei allen eingereichten Bauanträgen geprüft, ob es sich bei dem betroffenen Grundstück um eine Verdachtsfläche handelt. Wird dies bestätigt, wird bei Eingang des Bauantrages eine Information an den Fachbereich Ordnung und Sicherheit gegeben. Dieser legt in Abstimmung mit dem Kampmittelbeseitigungsdienst des Landes Brandenburg die zu treffenden Maßnahmen fest und teilt der unteren Bauaufsichtsbehörde das Ergebnis mit. Notwendig durchzuführende Kampfmittelsuch-/-beräumungsarbeiten fließen bei Bedarf als Auflage in die Baugenehmigung ein, wenn durch den Bauherren nicht unabhängig davon ein Nachweis über die Kampfmittelfreiheit seines Grundstückes geführt wird.
Ziel ist es, dass während der Baudurchführung nicht nur baubegleitende Maßnahmen durch zugelassene Kampfmittelbeseitigungsfirmen erfolgen, sondern, dass alle Verdachtsflächen möglichst „abschließend“ bearbeitet werden. Dies kann im Einzelfall für einen Betroffenen einen erhöhten finanziellen Aufwand bedeuten, gibt ihm dafür aber die generelle Sicherheit, nunmehr über ein unbelastetes Grundstück zu verfügen.
Bei Abrissarbeiten ist die Erteilung einer Genehmigung nicht erforderlich, wohl aber besteht eine Anzeigepflicht. Mit Eingang einer entsprechenden Anzeige bei der unteren Bauaufsichtsbehörde wird auch hier geprüft, ob es sich um eine Verdachtsfläche handelt. Im Bestätigungsfalle wird hier der Fachbereich Ordnung und Sicherheit ebenfalls informiert. Dieser leitet dann in Abstimmung mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Brandenburg eventuell erforderliche ordnungsbehördliche Maßnahmen zur Kampfmittelbeseitigung ein.
Nach Ablauf eines Jahres wird eine Einschätzung zum Ergebnis der Umsetzung des systematischen Kampfmittelberäumung erfolgen.
Anlage
Bombenfunde in der Landeshauptstadt
Fazit finanzielle Auswirkungen
Finanzielle
Auswirkungen:
Die Durchführung von Kampfmittelberäumungsmaßnahmen obliegt
auf privaten Grundstücken dem Eigentümer. Dieser hat hierfür die Kostenlast zu
tragen. Treten während der Untersuchung zur vermuteten Belastung des
Grundstückes Kampfmittelfunde auf, wird die Entsorgung durch den
Munitionsbergungsdienst durchgeführt. Notwendige Sicherungsmaßnahmen im
öffentlichen Bereich liegen in der Verantwortung der Landeshauptstadt Potsdam.
Bei der planmäßigen Untersuchung von Grundstücken im
Eigentum der Stadt kann die Maßnahme durch den Munitionsbergungsdienst bei
rechtzeitiger Planung durchgeführt werden. Dieser übernimmt dann auch die notwendigen
Kosten und leistet die Entsorgung bei eventuellen Funden. Die dann notwendigen
Sicherungsmaßnahmen bei Kampfmittelfunden gehen ebenfalls zu Lasten der
Landeshauptstadt Potsdam.
Im Haushalt der Landeshauptstadt Potsdam sind unter
11100.63004 für Ordnungsbehördliche Maßnahmen vorerst jährlich bis 2010 Mittel
in Höhe von 40.000,00 Euro eingestellt bzw. geplant.
Anlagen
Nr. | Name | Original | Status | Größe | |
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(wie Dokument)
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28 kB
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