Mitteilungsvorlage - 08/SVV/0807
Grunddaten
- Betreff:
-
Kostenloses Schülerticket
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage
- Federführend:
- GB Zentrale Steuerung und Service
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, Bereich Beteiligungsmanagement
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Anhörung
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10.09.2008
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Erledigt
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Hauptausschuss
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Anhörung
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15.10.2008
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Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung nimmt zur Kenntnis:
Mit dem
Beschluss zur Drucksache 08/SVV/0431 wurde der Oberbürgermeister beauftragt,
umgehend in Gesprächen mit ViP und VBB zu prüfen, unter welchen Bedingungen die
Landeshauptstadt Potsdam für die 13.000 Schülerinnen und Schüler ein
kostenloses Schülerticket einführen kann, wobei die Kosten 10 Euro pro Schüler
nicht übersteigen sollten.
Die Stadtverordnetenversammlung ist
im September 2008 über den Sachstand zu informieren.
Im
Beschlussantrag wurde ausgeführt, dass die auszuhandelnden 10 Euro von der
Landeshauptstadt getragen werden sollen.
Bereits mit der Drucksache 07/SVV/0823 wurde der
Oberbürgermeister zur Prüfung einer kostenlosen ÖPNV-Beförderung von Kindern
(Kita und Hort) sowie Grundschülern beauftragt.
Das Prüfergebnis wurde der Stadtverordnetenversammlung mit
der Drucksache 08/SVV/0096 vom 31.01.2008 vorgelegt.
Im Ergebnis dieser Prüfung kam die Verwaltung zu dem Fazit, der Stadtverordnetenversammlung eine kostenlose Beförderung nicht zu empfehlen.
Ihre Empfehlung begründet die Verwaltung wie folgt:
Eine kostenlose Beförderung aller Grundschüler in Potsdam
würde bedeuten, dass der dadurch entstandene Einnahmeausfall im Rahmen des
VBB-Tarifs durch die LHP in den Tarifpool Potsdam AB eingezahlt werden muss. An
diesem Pool sind alle in Potsdam tätigen ÖPNV-Unternehmen beteiligt (ViP, HVG,
S-Bahn, DB REGIO AG, weitere Busunternehmen).
Gegenwärtig
besuchen 6.020 Schülerinnen und Schüler die Klassenstufe 1 bis 6 in
unterschiedlichen Schulformen. Davon lernen 4.905 Schülerinnen und Schüler in
Grundschulen.
Eine ermäßigte Monatskarte kostet zurzeit 26,30 EUR, im Abo
kostet diese jährlich 263 EUR (fahre 12 Monate, bezahle 10 Monate). Damit
kostet letztere, jeden Tag im Jahr nutzbare Karte 0,72 Euro am Tag.
Im Jahr 2007 hat die ViP im Segment der unter 14-jährigen
Fahrgäste Einnahmen in Höhe von ca. 450.000 EUR generiert. In diesen Einnahmen
sind ermäßigte Einzelfahrausweise für Potsdam AB (Kurzstrecke,
Einzelfahrausweis, Tageskarten, Kleingruppenkarten, Schülergruppenkarten) sowie
Zeitkarten (Monatskarten, ABO) enthalten.
Würde Freifahrt für alle unter 15-jährigen gewährt, ist
festzustellen, dass diese 450.000 EUR nur einen Teilbetrag des im Rahmen des
VBB auszugleichenden Einnahmeausfalles ausmachen würden.
Bei dieser Betrachtung ist zusätzlich zu berücksichtigen,
dass die übrigen in der LHP tätigen ÖPNV-Unternehmen, insbesondere die HVG,
Einnahmen in ähnlicher Höhe erzielen.
Insgesamt
ist also von einem geschätzten Zusatzaufwand von deutlich über einer Million
Euro pro Jahr auszugehen.
Im Rahmen der VBB-Tarifstrukturreform wurde bereits mehrfach
darüber diskutiert, gerade für das Segment der Schüler und Jugendlichen
besondere Angebote zu entwickeln. Im Hintergrund dieser Überlegungen stand aber
immer die Verbundweite von Fahrausweisen. Dabei wurde sowohl aus
verkehrspolitischer wie auch aus wirtschaftlicher Sicht eine kostenfreie
Beförderung für Kinder und Jugendliche nicht in Betracht gezogen.
In
der Satzung der Landeshauptstadt
Potsdam über die Erstattung von Schülerfahrtkosten wird geregelt, dass nur
Bedürftige das Ticket kostenlos erhalten.
Würde der
Kreis der Anspruchsberechtigten lt. Schülerbeförderungssatzung auf alle
Grundschüler ausgedehnt, müsste die Landeshauptstadt Potsdam rd. 1,6 Mio.
Euro (6.020 Schüler x 263 Euro Jahreskarte/Abo) Zuschuss an die
Verkehrsunternehmen zahlen. Bei dem Antrag bleibt jedoch unberücksichtigt, dass
gerade Grundschulkinder mehrheitlich in Schulnähe wohnen und für den
Schulbesuch nicht unbedingt auf eine Fahrkarte angewiesen sind. Die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern finden ebenfalls keine Berücksichtigung.
Im
nunmehr vorliegenden Beschluss wird der Oberbürgermeister beauftragt, in
Gesprächen mit ViP und VBB zu prüfen, unter welchen Bedingungen die
Landeshauptstadt für alle Schülerinnen und Schüler ein kostenloses
Schülerticket einführen kann, wobei die Kosten 10 Euro pro Schüler (Ticket)
nicht übersteigen sollten.
Wer diese Kosten tragen soll, wird im Beschluss nicht benannt.
Für die Prüfung werden folgende Annahmen (entsprechend der Begründung des Beschlussantrages) zu Grunde gelegt:
· kostenlose Beförderung aller Potsdamer Schülerinnen und Schüler,
· es handelt sich um eine Art Solidarmodell, bei dem jeder Schüler eine Fahrkarte erhält, unabhängig ob er diese in Anspruch nimmt oder nicht,
· die Beförderung beschränkt sich nicht auf den Weg zur / von der Schule – sie gilt auch für die Freizeit,
· die Nutzung bezieht sich auf den Tarifbereich Potsdam AB,
· die Eltern sollen nicht zur Finanzierung des Tickets herangezogen werden,
· die LHP finanziert 10 Euro pro Schüler und Monat.
Gegenwärtig kostet das Schülerticket 26,30 Euro. Es gilt in Potsdam, Tarifgebiet AB, bei allen Verkehrsunternehmen des öffentlichen Nahverkehrs (ViP, HVG, S-Bahn, DB AG sowie weitere in Potsdam einfahrende regionale Busunternehmen) und ist mit 25% zum Normaltarif subventioniert.
Erste
Kalkulationen für das zu prüfende Angebot eines Schülertickets Potsdam AB haben
Folgendes ergeben:
Grundsätze:
- Eine
analoge Anwendung des Verfahrens wie beim Semesterticket ist nicht
möglich, da die Studierendenschaften auf Grund der Hochschulsatzungen
mittels einer Urabstimmung die Zwangsannahme eines Semestertickets und die
Beiträge hierfür festlegen können.
- Die
Eltern der Schüler können nicht zu einer Zwangsabgabe verpflichtet werden.
- Das
für Schüler angedachte Solidarmodell muss keiner genaueren, nach Tarif-
bzw. Einzugsgebieten unterteilten Analyse unterzogen werden, da nur
Fahrausweise für den Tarifbereich Potsdam AB für die Betrachtung
herangezogen werden.
- Das
Ticket soll im gesamten Tarifbereich Potsdam AB ohne zeitliche
Einschränkung gelten - der Ausschluss der Nutzung von DB oder S-Bahn wäre
nicht verbundkonform und mit erhöhtem Verwaltungsaufwand (gesondertes
Einnahmeaufteilungsverfahren) verbunden.
- Anspruchsberechtigt
wären ca. 13.000 Schüler.
Angebotsbedingungen:
- Das
Ticket wird für insgesamt 12 Monate ausgegeben.
- Die
Schüler erhalten, ähnlich dem Semesterticket ein Schülerticket, welches
halbjährlich ausgegeben werden würde.
Es handelt
sich um eine persönliche Zeitkarte, die dementsprechend mit einem Passbild
versehen werden muss.
Einflussgrößen auf die Preisermittlung:
- Gesamteinnahme im Tarifbereich Potsdam AB im Jahr 2007 1.566.560,98
EUR
Einnahmen für
Azubis sind bereits rausgerechnet (ca. 10%)
- zzgl. 20% Einnahmenentwicklung in diesen 313.312,20 EUR
Fahrausweissegmenten bis 2009
- prognostizierte Einnahmen im Jahr 2009 1.879.873,18
EUR
Bei der
Betrachtung wird zunächst nur davon ausgegangen, dass diese prognostizierten
Einnahmen der Unternehmen erzielt
werden müssen.
Unterstellt wird, dass 13.000 Schüler (= vom
Antragsteller benannt - in den Potsdamer Schulen lernen zurzeit 16.773 Schüler,
davon kommen ca. 17 % aus anderen LK, Berlin und anderen BL ) von der
Einführung eines Schülertickets profitieren können. Somit ergibt sich ein
Betrag von 144,60 EUR pro Schüler und Jahr, das sind ca. 12 EUR pro
Schüler und Monat (=pro Ticket) die von der LHP an die Verkehrsunternehmen zu
zahlen wären.
Nicht berücksichtigt ist dabei, dass die Verkehrsmittel in
den Hauptverkehrszeiten (insbesondere Schulbeginn und Schulende) bereits jetzt
ausgelastet sind und eine zusätzliche Belastung durch noch mehr Schülerinnen
und Schüler in dieser Zeit nur mit Verstärkerfahrten abgefangen werden könnte.
Eine Aussage zu den dadurch entstehenden Kosten ist seriös
nicht möglich, da die Quelle – Ziel – Beziehungen der Schülerinnen und Schüler
nicht bekannt sind und somit eine konkrete Planung der Verkehrsleistung nicht
möglich ist.
Es sollte
dennoch davon ausgegangen werden, dass für eine kostenlose Schülerbeförderung
zusätzliche Leistungen erforderlich werden und somit eine Finanzierungsquelle
von ca. 2,0 Mio. EUR gefunden werden muss.
In der Begründung zum Beschlussantrag werden hierfür die
geplanten Aufwendungen 2008 beim Schulträger (350 TEUR) sowie die zu erwarteten
zusätzlichen Mittel des Landes auf Grund der Volksinitiative „Kostenfreie
Schülerbeförderung“ (240 TEUR) benannt.
Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) stellt
den Kommunen zur Förderung einer sozialen Staffelung der Kostenbeteiligung an
den Schülerfahrtkosten, 2008 – 1,6 Mio. EUR und 2009 – 4,0 Mio. EUR zur
Verfügung. Die entsprechende Richtlinie des MBJS sieht für die Landeshauptstadt
Potsdam einen Anteil in Höhe von 16,8 TEUR bzw. 40,2 TEUR vor.
In ihrer Sitzung am 02.07.2008 haben die Stadtverordneten
mit Änderung der Satzung über die Erstattung von Schülerfahrtkosten sowie die
Beförderung von Schülerinnen und Schülern ab 01. September 2008 entschieden,
diese Mittel einzusetzen, um den Eigenanteil an den notwendigen
Schülerfahrtkosten ab dem 3. schulpflichtigen Kind auf 15 EUR pro Monat zu
reduzieren.
Weiterhin wird in der Begründung zum Beschlussantrag davon
ausgegangen, dass die beim Schulträger für die Schülerbeförderung geplanten
Mittel in Höhe von 350 TEUR ebenfalls eingesetzt werden können.
Davon sind
jedoch ca. 240 TEUR für die Fahrdienste der behinderten Schülerinnen und
Schüler sowie für Familienheimfahrten beim Besuch auswärtiger Schulen gebunden.
Lediglich die Mittel, die für den Schwimmunterricht der Jahrgangsstufe 3 sowie
zur Finanzierung der Tickets für soziale Härten eingesetzt werden, ständen in
Höhe von ca. 110 TEUR zur Finanzierung des kostenlosen Tickets zur Verfügung.
Nicht außer Acht gelassen werden darf auch, dass sich der
Verwaltungsaufwand im Fachbereich Schule und Sport gegenüber der heutigen
Regelung wesentlich erhöhen wird. Das betrifft insbesondere die Fertigung und
Ausgabe von Trägerkarten mit Passbild sowie die Abrechnungen mit den
Verkehrsunternehmen und dem VBB.
Ergebnisse der Prüfung:
1.
Ein
Ticket für 10 EUR ist nicht verhandelbar, die Kosten pro Schüler und Monat
belaufen sich auf ca. 12 EUR, vorausgesetzt, es benutzen 13.000 Schüler
tatsächlich den öffentlichen Nahverkehr.
2.
Für
die Einführung eines kostenlosen Schülertickets sind jährlich ca. 2,0 Mio.
EUR erforderlich.
3.
Nur
150 TEUR würden über zusätzliche Landesmittel (40 TEUR) und Einsparungen beim
Schulträger (110 TEUR) zur Verfügung stehen.
Für die
Differenz von 1,85 Mio. EUR pro Jahr wäre eine Finanzierungsquelle
erforderlich.