Beschlussvorlage - 01/SVV/0331
Grunddaten
- Betreff:
-
Mittenkonzept
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Oberbürgermeister
- Einreicher*:
- IV.1.69
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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09.05.2001
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Erledigt
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Ausschuss für Stadtplanung und Bauen
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Vorberatung
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Erledigt
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Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Potsdam
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Entscheidung
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06.06.2001
|
Beschlussvorschlag
Die
Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
Das
vorliegende Mittenkonzept ist als Arbeitsgrundlage für die städtebauliche
Planung und die Planung von Maßnahmen und als Abwägungsmaterial für die
Bauleitplanung zu verwenden.
Auf das
darin dokumentierte Ziel einer Stärkung der Mitten ist hinzuwirken.
Erläuterung
1.
MITTE ist mehr als ein zentraler
Funktionsort für Handel und
Dienstleistungen.
MITTE ist der
Ort
-
in der Stadt, wo das Rathaus
und Theater steht,
-
im Quartier, wo die Schule,
die Kita und die Jugendfreizeitstätte ihren Platz haben,
wo
ein Bürgerhaus, eine Bibliothek, ein kultureller Treffpunkt sind bzw. sein
könnten.
Sie haben
damit eine dreifache Funktion für die Stadt und ihre Quartiere:
-
Einkaufsort
-
soziale und
kulturelle Mitte und
-
städtebauliche
Mitte.
MITTEN sind
immer besondere Orte: ein besonderer Platz, besondere Häuser, eine
Straßengabelung, d. h. Strukturen, an denen sie erkennbar und unterscheidbar
sind.
MITTE ist
Adresse und Identifikationsort der Bewohner und sonstigen Nutzer der Umgebung.
Das vorliegende
Mittenkonzept ergänzt das vorliegende Zentrenkonzept (Verfasser:
Forschungsstelle für den Handel, Berlin) um soziale, kulturelle und
städtebauliche Komponenten. Mitten sind Maßnahmenschwerpunkte der
Stadtentwicklung zur Stützung und Profilierung der Stadtteile und Wohngebiete.
Sie sollten in den formellen und informellen Planungsebenen besondere Beachtung
finden, z. B.:
- als besonderes Thema für
Nutzung und Gestalt in den fortzuschreibenden Stadtteilplanungen (BEPs)
-
als besondere im Gemeinbedarf
auszustattende räumliche Schwerpunkte in dem STEP Soziale Infrastruktur.
2.
Es gibt so viele Mitten, wie es
Stadtteile und Quartiere in Potsdam gibt,
geben
wird bzw. geben soll.
Die jeweilige
strukturelle Größe ihrer Funktionsmischung, die Prägnanz ihrer Gestalt, ihre
soziale und kulturelle Bedeutung für die Stadt und ihr Quartier prägen ihre
Qualität, ihren Status, aber auch die spezielle Problematik und den
Handlungsbedarf.
Die zurzeit
fast 40 Mitten Potsdams bilden ein System in Konkurrenz und Ergänzung,
d. h. mit Wechselwirkung der drei Grundfunktionen (vgl. 1). Ihre Gleichwertigkeit
liegt in ihrer Ungleichheit. Eine Umverteilung dieser konstitutiven Nutzungen
auf wenige Mitten, wie sie z. B.
durch die Konzentration des Einkaufs auf wenige Orte droht, heißt immer einen
Verlust an Mittenqualität an anderer Stelle in der Stadt.
3.
Eine Diskussion nur um die m² der
Verkaufsflächen an einzelnen
Standorten
verstellt den Blick auf die zurzeit stattfindenden
Veränderungen
in und um die Mitten insgesamt.
Hierfür
liefern die vorliegenden Bestandsermittlungen und Projektionen der
Verkaufsfläche für Potsdam wichtige Identifikatoren. Aus dem Vergleich wird
zunächst die ausgeprägte Langfristigkeit der Entwicklung insgesamt
deutlich auf ein Ausstattungsniveau unter bei Fachleuten anerkannten
Parametern: Zunahme der Einkommen und Kaufkraft, Umsatzpotential zu zwei
Dritteln aus Potsdam und zu einem Drittel aus Berlin (Quelle:
FfH-Zentrenkonzept für Potsdam). Diese Entwicklung hat erst ein Zwischenstadium
erreicht.
Die
zukünftige räumliche Verteilung des Einzelhandels wird die Polyzentralität der
Stadt unterstützen: Schon heute hat sich neben der Innenstadt und Babelsberg
das Stern-Center als dritter herausragender, übergreifender Einkaufsort
etabliert. Diese Schwerpunktbildung entspricht durchaus der Dreigliederung der
Siedlungsgroßräume: Potsdamer Insel, Babelsberg, Potsdam Süd und Stern/Drewitz.
Das
Stern-Center hat wie die Innenstadt und auch Babelsberg übergreifende
Bedeutung, hat aber mit den Strukturen dieser historischen Mitten nichts mehr
gemein.
Am
Stern-Center zeigt sich somit ein verändertes Verhalten allgemein der
Stadtbewohner wie auch der Potsdamer, die die hier angebotene Modernität, die
Sicherheit, die Sauberkeit einer privaten Mail, die gute Erreichbarkeit mit dem
Auto den Orten zum Einkaufen vorzuziehen, die wir bisher Stadt nennen: die
multifunktionale Mischung, die Kleinteiligkeit, die Spannung des öffentlichen
Raums, die kulturelle Vielfalt unter offenem Himmel.
Regelmäßig
wird hier eine typische Zwiespältigkeit in der Diskussion deutlich, städtische
Mitten zu fordern, aber in der Realität eine andere Struktur diesen
vorzuziehen.
Folgerungen
daraus sind:
-
Die Einbindung der Projekte
in einen Prozess der Entwicklungen, d. h. auch und insbesondere ihre
Realisierung zeitlich einzuordnen und zu staffeln.
-
Die Entwicklung neuartiger
Strukturen zu akzeptieren, d. h. Erkenntnisse über ihre funktionale und
soziokulturelle Rolle zu sammeln, diese als Anschub für die Entwicklung der
historisch geprägten Mitten mit zu nutzen, sie selber funktional anzureichern
und damit vom Einkaufszentrum zur Mitte entwickeln.
4.
Die Mittenentwicklung sollte immer aus
dem Verbund dreier
Handlungsmaximen
gesteuert werden und daraus klare Ziele ableiten:
-
Das Gesamtsystem, das
Mittenfeld sollte innerhalb der Stadtplanung den Status eines Handlungsrahmens
erhalten, um die Fragen zu beantworten:
Für welche
Mitten sind Aktivitäten wichtig und wie?
Wo sind die
Wechselwirkungen mit Projekten?
-
Projekte sind
immer daran zu messen, wie weit sie dem Verbund der drei konstitutiven
Funktionen:
- Einkauf
- soziale und
kulturelle Mitte und
- besondere
Stadtgestalt
dienen.
Dies verlangt
die Kooperation der Interessenträger und nicht eine Konfliktstrategie.
In diesen
Zusammenwirkungen muss und kann nur die "Stadt" die Interessen der
sozialen und kulturellen Ausstattung der Mitten wahrnehmen, nur sie kann Anwalt
für Erhalt und Ausbau dieser qualitativen Mittenfunktion sein und dies in einem
Handlungskonzept verknüpfen.
- Entsprechend der
Langfristigkeit der Projektionen bzw. Aktualität der Bedarfe sind Projekte an
Zeitschienen zu binden und hierfür Setzungen vorzunehmen.
Hierzu zwei
Beispiele:
- Allgemein bekannt und anerkannt
ist, dass gegenwärtig kaum Bedarf an zusätz-lichen Mengen zentraler
Einrichtungen besteht, hier insbesondere an Einkaufsflächen. Bekannt ist auch
die daraus folgende Projektkonkurrenz mit Umverteilungen innerhalb des
Mittensystems. Zunehmend beginnt auch eine Monostrukturierung der neuen Mitten,
die eine langfristige Stabilisierung der "alten Mitten" weiterhin und
nachhaltig stört. In dieser Situation sollte eine klare zeitliche und sachliche
Reihenfolge innerhalb der Mitten und Projekte gesetzt werden, die auch den
Investoren Sicherheit gibt.
- Allgemein anerkannt und
bekannt ist inzwischen auch die soziale und kulturelle Ausstattung als
Standortfaktor, um die Mitten zu stabilisieren und Menschen im Gebiet zu
halten. Deshalb haben alle, diese Ausstattung stützenden Maßnahmen Priorität:
z. B. die Gestaltung der öffentlichen Räume, der Erhalt der
Stadtteil-Bibliotheken, der Ausbau von Bürgerhäusern in den Mitten.
Das Mittenkonzept befindet sich nicht in
Konkurrenz zu den Steuerungsleitlinien zur Einzelhandels- und
Zentrenentwicklung.
Unmittelbare Kosten entstehen der Stadt Potsdam
nicht.
Mittelbar können jedoch Kosten entstehen, wenn
die Fachämter geplante Maßnahmen verwirklichen wollen. Die dafür notwendigen
Mittel müssen in die jeweilige Haushaltsplanung einfließen.