Antrag - 13/SVV/0525

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Beschlussvorschlag

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die dem Träger Diakonisches Werk ausgesprochene Kündigung der Beratungsarbeitr Flüchtlinge zurück zu nehmen.

 

Vor einer weiteren Entscheidung über Weiterführung, Ergänzung oder Neuausschreibung der Leistungen zur Betreuung und Beratung von Flüchtlingen ist das externe wissenschaftliche Gutachten abzuwarten und auszuwerten. Gemäß Beschluss der SVV vom 08.05.2013  zur „Evaluation der Sozialarbeit im Bereich der Asylbewerbungsverfahren“ ist dieses Gutachten im Dezember 2013 der Stadtverordnetenversammlung vorzulegen.

 

 

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Erläuterung

Begründung:

 

Durch Presseberichte und eine Information des Beratungsfachdienstes selbst erfuhren die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung in der letzten Woche, dass die Stadtverwaltung den Vertrag mit dem Diakonischen Werk über die Beratung und Betreuung von Flüchtlingen, die in Wohnungen leben, zum Jahresende - ohne vorher das Gespräch mit dem Träger zu suchen und ohne Gründe anzugeben -  gekündigt hat.

 

Dieses Vorgehen wirkt schon deshalb irritierend, weil die Stadtverordnetenversammlung im Mai 2013 den Oberbürgermeister mit der Durchführung einer Evaluation der im Flüchtlingsbereich tätigen Einrichtungen beauftragte, deren Ergebnis im Dezember 2013 der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt werden soll. Nachdem sich die ursprüngliche Einbringerin des Antrages, die Stadtverordnete, Migrantenbeiratsvorsitzende und Leiterin des Flüchtlingsheimes in der Hegelallee, Hala Kindelberger, kurz vor der Abstimmung am 08.05.2013 für befangen erklärt hatte, war es gerade die zuständige Sozialbeigeordnete, die den Antrag heftig verteidigte. Warum das Ergebnis des so vehement gewünschten externen Gutachtens nun nicht mehr abgewartet werden soll, erscheint wenig plausibel und wird durch die Verwaltung nicht erklärt.

 

Fachlich verfügt die Flüchtlingsberatungsstelle des Diakonischen Werkes Potsdam über langjährige Erfahrungen, allerbeste Referenzen und qualifizierte Mitarbeiterinnen, gerade auch im Bereich der Einzelfallbetreuung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen. Die besondere Qualität des gekündigten Beratungsangebotes zeigt sich unter anderen darin, dass die Beratungsarbeit von der Zielgruppe sehr gut angenommen wird, zu den unterschiedlichsten und komplexen Themenfeldern fachlich fundierte Beratungen angeboten und durch spezifische Angebote ergänzt werden (wie z.B. Finanzierung von Spracherwerb oder Härtefallberatung).

In der Vergangenheit wurden Entscheidungsträger durch die MitarbeiterInnen des Beratungsfachdienstes oft frühzeitig auf Probleme und rechtliche oder humanitäre Bedenken bei der Versorgung von Flüchtlingen aufmerksam gemacht und Veränderungen angemahnt. So wies der Beratungsfachdienst seit Jahren darauf hin, dass die Leistungshöhe nach § 3 AsylbLG nicht menschenwürdig ist. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte später die fachliche Auffassung der Beratungsstelle.

 

In ihrem Schreiben an die Stadtfraktionen wies die Leiterin der gekündigten Beratungsstelle darauf hin, dass die Kündigung der beiden Personalstellen, aufgrund der Finanzierungsstruktur des Beratungsfachdienstes, zu einer Infragestellung der Arbeit des gesamten Arbeitsbereiches führt. In Folge der im sozialen Bereich bei projektbezogenen Stellen gängigen und leider oft alternativlosen Praxis des Nachweises von Kofinanzierungen hängen weitere Arbeitsplätze in der Beratungsstelle der Diakonie vom Fortbestand der beiden Stellen der Flüchtlingsberatung ab. Betroffen wäre davon z.B. das Projekt Clever, das jugendliche Flüchtlinge beim Zugang zum Bildungssystem unterstützt.

Es darf bezweifelt werden, dass ein umfassendes, qualifiziertes Beratungs- und Betreuungsangebot, das auf das über Jahre aufgebaute Vertrauen seiner Klienten bauen kann, durch eine Neuausschreibung kurzfristig abgesichert werden kann.

 

Indiskutabel sind Zeitpunkt und Stil der Kündigung. Gerade in einer Situation, in der die Wohnungsunterbringung entsprechend dem Integrationskonzept der Landeshauptstadt deutlich verstärkt werden muss, sind bewährte Beratungsstrukturen und erfahrene Sozialarbeiterinnen, die die Situation vor Ort kennen, das Vertrauen vieler Flüchtlinge gewonnen haben und - wenn erforderlich - eine gegenüber den  kommunalen Behörden von diesen unabhängige, konstruktiv-kritische Position einnehmen, unverzichtbar.

 

Eine Kündigung kann zudem dazu führen, dass sich Fachkräfte beruflich neu orientieren und für einetigkeit in Potsdam bzw. in der Flüchtlingsberatung nicht mehr zur Verfügung stehen.

 

Es ist mithin naheliegend, zunächst sachlich zu prüfen, welcher Bedarf bei der Betreuung und Beratung von Flüchtlingen in den nächsten Jahren absehbar ist und was die derzeit in Potsdam tätigen Träger leisten können. Erst wenn diese Verständigung erfolgt ist, kann eine qualifizierte Ausschreibung erfolgen.

 

Bis dahin muss das bewährte Beratungsangebot erhalten werden.

 

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