Beschlussvorlage - 14/SVV/0423
Grunddaten
- Betreff:
-
Neuausschreibung Tourismusdienstleistungen
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage
- Federführend:
- Fachbereich Kommunikation, Wirtschaft und Beteiligung
- Einreicher*:
- Oberbürgermeister, FB Kommunikation, Wirtschaft und Beteiligung
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | PA |
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●
Erledigt
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Hauptausschuss
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Entscheidung
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04.06.2014
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Beschlussvorschlag
Der Hauptausschuss möge beschließen:
- Der Oberbürgermeister wird mit der Durchführung eines europaweiten Vergabeverfahrens beauftragt mit dem Ziel, auf der Grundlage des Modells gem. Anlage einen geeigneten Bieter für die Erbringung von Tourismus-Service und Marketing-Dienstleistungen ab dem 01.01.2015 im Auftrag der Landeshauptstadt Potsdam (LHP) zu ermitteln.
- Der Hauptausschuss ist vor Zuschlagserteilung über das Ergebnis des Vergabeverfahrens zu informieren.
Erläuterung
Berechnungstabelle Demografieprüfung:
Begründung:
Mit der Vorbereitung der Ausschreibungsmodelle und –unterlagen wurde das Tourismusberatungsunternehmen dwif consulting GmbH, Berlin, in Zusammenarbeit mit dem Büro MD Rechtsanwälte, Potsdam, beauftragt.
Auf der Grundlage von Städtevergleichen, einer Analyse der bisherigen und künftigen Möglichkeiten der touristischen Dienstleistungserbringung für die Landeshauptstadt Potsdam (LHP), zahlreichen Experteninterviews sowie verwaltungsinternen Arbeitsrunden wurden durch die Gutachter die folgenden Finanzierungs- und Organisationsempfehlungen verfasst:
Empfehlung:
Damit sich die LHP auch zukünftig im Wettbewerb der Destinationen behauptet und vom Tourismus profitiert, ist der Erhalt und die Weiterentwicklung der dazu notwendigen Tourismus-Service und -Marketing-Dienstleistungen weiterhin gezielt zu fördern. Die unter den derzeitigen Voraussetzungen am besten geeignete Finanzierung und Organisation für den Tourismus-Service und das Tourismus-Marketing in der LHP besteht in der Beauftragung eines externen Dienstleisters im Wege eines förmlichen Vergabeverfahrens auf der Grundlage des vorgestellten Modells (Anlage 1).
Sachverhalt und Begründung
Für die Entwicklung des Ausschreibungsmodells wurden neben den unten genannten Wirtschaftlichkeitsanalysen Daten und Informationen zur aktuellen Situation lokaler Tourismusorganisationen in Deutschland erhoben. Im Anschluss sind Organisations-, Vertrags- und Finanzierungsmodelle geprüft worden. Darüber hinaus wurden Gespräche mit Tourismusakteuren und Verbandsvertretern in Potsdam geführt. Daraus resultiert das empfohlene Vorzugsmodell für eine Ausschreibung. Für den Fall, dass dieses den Vorstellungen des Hauptausschusses entspricht, werden durch den Auftragnehmer die erforderlichen Vergabeunterlagen erstellt.
A. Sachverhalt
Tourismus gehört nach dem aktuellen Tourismuspolitischen Bericht der Bundesregierung (Drucksache 17/13674) zu den boomenden und umsatzstarken Wirtschaftszweigen Deutschlands. Die LHP verfügt über ein außerordentliches touristisches Potenzial. Die LHP ist eine Stadt der Schlösser und Gärten mit wechselvoller Geschichte und UNESCO-Welterbe; sie ist eine Stadt der Wissenschaften und des Films mit deutschland- aber auch weltweit herausragender Stellung. Das touristische Potenzial ist für die LHP ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, Quelle von Einnahmen und Wachstum. Ungeachtet bestehender Wettbewerbsvorteile stehen touristische Destinationen untereinander in einem zunehmenden Wettbewerb.
1. Vor diesem Hintergrund beauftragte die LHP mit Vertrag aus 2004 die TMB Tourismus Marketing Brandenburg GmbH (im Folgenden TMB) im Wege der Konzessionsvergabe zuzüglich einer Entgeltzahlung mit der Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Tourismus-Service und -Marketing für die LHP. Mit dem Vertrag übernahm die TMB zentrale Vermarktungs- und Tourismus-Service-Dienstleistungen. Der Vertrag sah zudem vor, dass die TMB auf sämtlichen Produkten im Zusammenhang mit der Vertragserfüllung sowie auf der Geschäftspost und den Internetseiten ausschließlich das sogenannte „Weinberg-Logo“ der LHP, das als Wort-/Bildmarke bei dem Deutschen Patentamt registriert ist, verwendet. Darüber hinaus war die TMB verpflichtet, feste Programme für Individualtouristen/Einzelgäste zu erstellen, zu koordinieren und abzuwickeln. Hierzu gehörten insbesondere öffentliche Stadtrundfahrten. Die Erbringung von Stadtrundfahrten und die in diesem Zusammenhang erfolgte Verwendung des Weinberg-Logos waren in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Zuletzt hat das Landgericht Potsdam mit Urteil vom 04.03.2013 (Az. 2 O 3/12) der LHP untersagt, ihrem „Stadtvermarkter“ – der TMB – zu gestatten, das Weinberg-Logo für die Bewerbung der durch diesen betriebenen Stadtrundfahrten zu verwenden. Der LHP wurde ferner untersagt, ihrem „Stadtvermarkter“ zu gestatten, die von diesem betriebenen Stadtrundfahrten als „die Stadtrundfahrt des offiziellen Dienstleisters der LHP“ zu bezeichnen. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da sowohl die Klägerin als auch die LHP Berufung eingelegt haben.
2. Im Dezember 2013 wurde der zwischen der Landeshauptstadt Potsdam (LHP) und der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH (TMB) geschlossene „Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Tourismus-Service und Tourismus-Marketing für die Landeshauptstadt Potsdam“ aufgrund der sich veränderten Rahmenbedingungen (Gästeverhalten, Marktveränderungen, technologischer Wandel) beidseitig mit Wirkung zum 31.12.2014 beendet.
3. Aus Sicht der Verwaltung besteht im Bereich der touristischen Vermarktung der LHP auch zukünftig Bedarf. Die von der TMB in den vergangenen Jahren geleistete Arbeit belegt, dass in folgenden Bereichen zukünftig die Erbringung folgender Leistungen sinnvoll ist:
- Betrieb der offiziellen Tourist-Information der LHP,
- Touristische Programmentwicklung und -gestaltung sowie Gästeführung,
- Tourismus-Marketing und Verkaufsförderung im In- und Ausland,
- EDV-Betreuung und -entwicklung, Internetpräsentation,
- Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Werbung,
- Produktentwicklung,
- Mitarbeit in Tourismus- und Marketinggremien.
4. Damit sich die LHP auch zukünftig im Wettbewerb der Destinationen behauptet, sind Änderungen der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie das geänderte Verhalten von Nutzern touristischer Angebote zu berücksichtigen. Die nachfolgenden Ausführungen dienen der Vorbereitung und Sicherstellung der Ausschreibung für die ab 2015 durchzuführenden Tourismusdienstleistungen für die LHP und der Begründung der Beschlussvorlage.
B. Begründung
I. Ergebnisse hinsichtlich der Finanzierung des PTS
1. Bezogen auf die betriebswirtschaftliche Situation des bisherigen Dienstleisters (PTS) sind das Gesamtbudget, aber auch die Aufwendungen in den letzten Jahren angestiegen. Die Umsatzerlöse pro Übernachtung sanken, während die Kosten pro Übernachtung leicht höher ausfielen. Bei gleichbleibender Ziel- und Aufgabenstellung des PTS sowie der festgestellten Entwicklung der Kennzahlen ist zur Deckung der Gesamtaufwendungen ein höherer Kapitalbedarf von Dritten (z.B. Geschäftsbesorgungsvergütung, Zuschüsse, Fördermittel) festzustellen.
2. Bei den vielen Umsatzarten (z. B. Gästeführungen, Verkäufe, Provisionen) müssen noch die zum Teil hohen Aufwendungen in Abzug gebracht werden. Aus diesem Grund ist die Geschäftsbesorgungsvergütung als wichtigste Finanzierungssäule zu betrachten. Diese sollte im Optimalfall alle Basiskosten des PTS, wie beispielsweise Personal-, Betriebs- und Verwaltungsaufwendungen sowie Abschreibungen und „nicht direkt Einnahmen generierende“ Maßnahmen (zum Teil Marketing, Kommunikation und Koordinationstätigkeiten), welche der Landeshauptstadt Potsdam sowie den dortigen Akteuren/Betrieben zugutekommt, abdecken.
3 Darüber hinaus ergaben die innerbetrieblichen Analysen, dass das Gesamtbudget aufgrund eines stärkeren Engagements des PTS in den Bereichen Gästeführung und Vermittlungstätigkeiten angestiegen ist. Gleichzeitig erhöhten sich aber auch die Aufwendungen in diesen beiden Bereichen sowie bei den Personal-, Betriebs- und Verwaltungsaufwendungen. Daraus lässt sich ein Finanzierungsbedarf von mindestens 600.000,00 Euro ableiten. Weitere Anhaltspunkte zur Festlegung der Basisfinanzierung liefern Vergleichskennzahlen weiterer Organisationen/Städte.
Das Gesamtbudget des PTS fällt durchschnittlich aus und die Personalaufwandsquote liegt tendenziell sogar unter dem Durchschnitt der neun Vergleichsstädte. Leicht höher fallen die Kosten für Betriebs- und Verwaltungsaufwendungen sowie Miet- und Pachtkosten aus. Der Anteil der Zuschüsse am Gesamtbudget in Potsdam liegt – selbst unter Berücksichtigung der Sondereffekte durch die Gästeführungen – unterhalb vieler Vergleichsstädte. Im Durchschnitt beträgt der Zuschuss pro Übernachtung in Potsdam 0,54 Euro und liegt damit deutlich unter dem Vergleichswert von 0,96 Euro. Zieht man diesen Wert heran und setzt diesen in Relation zur Übernachtungszahl, dann errechnet sich ein jährlicher Zuschussbedarf von etwa 900.000,00 bis 1.000.000,00 Euro.
4. Insgesamt werden durch den Tourismus aus kommunaler Sicht mehr Einnahmen als Ausgaben erwirtschaftet. Die Finanzierung des Potsdam-Tourismus-Service trägt wesentlich zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes und damit zur Wertschöpfung und Schaffung von Arbeitsplätzen bei.
Von den Gutachtern wird eingeschätzt, dass sich für die Erbringung der Basisaufgaben touristischen Dienstleistungen eine Geschäftsbesorgungsvergütung von mindestens 600.000,00 Euro Euro pro Jahr ergeben wird.
II. Ergebnisse hinsichtlich der Organisation des PTS
Die intensive Analyse verschiedener Organisations-, Vertrags- und Finanzierungsmodelle in Deutschland, die Wirtschaftlichkeitsanalysen und die rechtliche Bewertung sowie die bisherigen positiven Erfahrungen der Beauftragung von Tourismus-Service und Tourismus-Marketing-Leistungen an Dritte in Potsdam haben ergeben, dass der Vergabe eines Dienstleistungsauftrages an einen externen Dienstleister der Vorzug zu geben ist.
1. Tourismus-Service und Tourismus-Marketing für eine Stadt können aus den verschiedensten Organisationsformen heraus betrieben werden. Grundsätzlich ist festzustellen, dass für die Organisationsstruktur des Tourismus-Service und Tourismus-Marketings auf kommunaler Ebene keine einheitlich geltende Lösung existiert. Nach Aufgabenbestellung, Rahmenbedingungen und touristischer Bedeutung sind vielfältige Ansätze vorzufinden.
2. Die einheitliche Beauftragung eines externen Dienstleisters mit der Erbringung von Tourismus-Service und Tourismus-Marketing-Leistungen gewährleistet am besten einen einheitlichen Auftritt und eine Verkaufsförderung im In- und Ausland. Die Vergabe der Tourismus-Service- und Tourismus-Marketing-Leistungen an einen externen Dienstleister verringert zudem gegenüber einer Eigenerledigung das unternehmerische Risiko der LHP.
3. Der Dienstleister kann eine Tourismusorganisation (anderer Ort, Region, Land) oder ein privater Dienstleister sein. Der Vorteil für die LHP ist, dass sie für eine Geschäftsbesorgungsvergütung die Aufgaben des öffentlichen Tourismus weitergeben kann. Das unternehmerische Risiko trägt der Vertragspartner.
4. Die Leistungen können rechtssicher und EU-beihilfenrechtskonform im Wege der Ausschreibung eines Dienstleistungsauftrages im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des 4. Teils des GWB, der Vergabeverordnung (VgV) sowie des 2. Abschnitts der Vergabe- und Vertragsordnung für Dienstleistungen (VOL/A) vergeben werden.
Mit Blick auf den nicht beendeten Rechtsstreit um die Verwendung des Weinberg-Logos und die Durchführung von Stadtrundfahrten (wonach es mit erstinstanzlichem Urteil des Landgerichts Potsdam der LHP untersagt ist, ihrem „Stadtvermarkter“ – der TMB – zu gestatten, das Weinberg-Logo sowie die Bezeichnung „die Stadtrundfahrt des offiziellen Dienstleisters der LHP“ für die Bewerbung der durch diesen betriebenen Stadtrundfahrten zu verwenden) können derzeit bestehende Rechtsunsicherheiten durch eine Beauftragung ausschließlich touristischer Basis-Dienstleistungen, mithin ohne Lizensierung und Pflicht zur Verwendung des Weinberg-Logos und Durchführung von Stadtrundfahrten, vermieden werden.
5. Vertraglich festzulegen sind Basisaufgaben, wie der Betrieb der Tourist-Informationen, touristische Programmentwicklung, Gästeführungen, Tourismusmarketing, Verkaufsförderung im In- und Ausland, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Binnenmarketing, Erstellung eines jährlichen Marketingplans etc..
Weiterer Umsatz kann durch wirtschaftliche Aktivitäten generiert werden (z. B. Provisionen, Erträge aus Veröffentlichungen/Annoncen, Gästeführungen). Voraussetzung dafür ist, dass der Dienstleister über hinreichende Kapazitäten, Erfahrung und Netzwerkstrukturen verfügt und binnen kurzer Zeit die Akzeptanz der beteiligten Leistungsträger findet. Der Dienstleister sollte deswegen folgende Eigenschaften mitbringen:
- ausreichend großer Verwaltungsapparat
- geringe Personal- und Verwaltungsaufwendungen
- professionelle Marketinginstrumente und fortlaufende Marktforschung.
Dabei ist eine zeitliche Befristung von in der Regel drei bis fünf Jahren einschließlich Verlängerungsoptionen vorzusehen.
6. Darüber hinaus können vom Dienstleister weitere eigenständige tourismuswirtschaftliche Aktivitäten entfaltet werden (z. B. die Entwicklung von Gruppenreiseangeboten, Rahmenprogramme für Veranstaltungen etc.) die nicht Bestandteil der vertraglich festgelegten Basisaufgaben sind.
7. Parallel - unabhängig von den vertraglich festzulegenden Basisaufgaben - wird der Aufbau von privaten Finanzierungen angestrebt (u. a. für Infrastrukturmaßnahmen, besondere Kampagnen, Stadtfeste, sonstige Kulturveranstaltungen).
Daraus ergibt sich das in Anlage 1 beigefügte Drei-Säulen-Modell.
Die Transparenz für den Dienstleistungsgeber (LHP) hinsichtlich der Basisaufgaben und der eigenständigen tourismuswirtschaftlichen Aktivitäten des Dienstleisters wird über jährliche Marketing- und Haushaltspläne sowie entsprechende Gremienbefassung sichergestellt.
Fazit finanzielle Auswirkungen
Mit der langfristigen Planung 2013-2017 sind im Produkt 575 0000 im Konto 5291100 bzw. 7291100 pro Jahr bei einem Ansatz von 663.100 € gesamt 607.695 € für den Dienstleistungsvertrag mit dem PTS bzw. die Erbringung touristischer Marketing- und Serviceleistungen veranschlagt. Die Einführung einer Tourismusabgabe ab 2014 und eine auf dieser Grundlage dieser Erträge geplante Erhöhung des Ansatzes in diesem Konto auf 800.000 € insgesamt konnten nicht umgesetzt werden.
Wenn bei Vorliegen der Angebote ein konkreter Mehrbedarf für die Basisaufgaben (siehe Anlage 1) erkennbar wird, ist zu prüfen, ob dieser im Rahmen des städtischen Haushalts und durch den Dienstleistungsnehmer bzw. die private Tourismuswirtschaft gedeckt werden kann.
Die Aufwendungen für die Dienstleistungen stehen unter dem Vorbehalt des Beschlusses über den Haushaltsplan des jeweiligen Jahres.
Anlagen
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