Beschlussvorlage - 15/SVV/0374

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Satzung für die Inanspruchnahme von Kindertagesbetreuungsangeboten (Kita und Tagespflegestellen) der Landeshauptstadt Potsdam (Kita-Satzung) mit Inkrafttreten zum 01.09.2015.

 

Die Beitragsdeckelung ab einem Jahreseinkommen von mehr als 77.001 EUR wird mit Wirkung zum 01.09.2015 aufgehoben und auf nunmehr 149.001 EUR festgesetzt. 

 

Die Beitragsfreiheitsgrenze wird erneut, nunmehr von 12.500,99 EUR auf 17.000,99 EUR, angehoben.

 

In den nächsten zwei Haushaltsjahren ist eine Wirkungsanalyse vorzunehmen und über eine Neufassung der Satzung zu entscheiden.

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Erläuterung

Berechnungstabelle Demografieprüfung:

 

Begründung:

 

Die wachsende Stadt Potsdam geht erfreulicher Weise auch einher mit einer stetig steigenden Zahl an in Potsdam wohnenden und damit in Kindertagesbetreuungseinrichtungen betreuten Kindern. Dieses stellte und stellt die Landeshauptstadt durch einen kontinuierlichen Platzausbau vor eine große Herausforderung im Sinne einer quantitativ und qualitativ bedarfsgerechten Versorgung mit Betreuungsplätzen.

 

Die bedarfsgerechte Versorgung sichert aktuell 3.382 Kindern im Alter bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres (65 % Belegungsquote), 5.603 Kindern im Alter bis zum Schuleintritt (97,20 % Belegungsquote), 6.546 Kindern im Grundschulalter/ Hort (65,35 % Belegungsquote) und somit insgesamt 15.531 Kindern einen Kindertagesbetreuungsplatz.

 

Nach § 17 (2) KitaG sind Elternbeiträge sozialverträglich zu gestalten und nach dem Elterneinkommen, der Zahl ihrer unterhaltsberechtigten Kinder sowie dem vereinbarten Betreuungsumfang zu staffeln. Grundsätzlich sollte eine derartige Staffelung gewährleisten, dass tendenziell eine geringere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine höhere Kinderzahl zu einer Begünstigung hinsichtlich der Höhe der Elternbeiträge führen und keine Schlechterstellung bei geringerer Leistungsfähigkeit und höherer Kinderzahl stattfindet. Generelles Gebot für die Bemessung der Elternbeiträge ist ihre Sozialverträglichkeit.

 

Nach § 17 (3) KitaG werden die Elternbeiträge vom Träger der Einrichtung festgelegt und erhoben. Sie unterliegen hierbei keinen Weisungen, sondern sind nur an Recht und Gesetz gebunden. Über die Grundsätze der Höhe und Staffelung ist Einvernehmen mit dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe herzustellen. Trotz dieser gesetzlichen Zuständigkeitszuweisung ist es zweckmäßig, wenn in einer Gemeinde einheitlich verfahren wird. Allerdings bedarf es einer Abstimmung, die in der Landeshauptstadt Potsdam mit der AG nach § 78 SGB VIII erfolgte.

 

Der § 18 (2) KitaG regelt die Anwendung des § 17 KitaG auf die Tagespflege. Demnach werden die Elternbeiträge und das Essengeld vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgesetzt und erhoben. Als Leistungsverpflichteter für Kindertagesbetreuung, der zur Erfüllung seiner Pflicht Tagespflege vermittelt, handelt der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe eindeutig hoheitlich und hat deshalb die Erhebung einer Gebühr für seine Leistung öffentlich-rechtlich zu gestalten.

 

Kommunale Träger haben grundsätzlich die Wahl, Elternbeiträge als Gebühren oder privatrechtliche Entgelte zu erheben. Bislang hat die Landeshauptstadt Potsdam sich im Rahmen einer Elternbeitragsordnung r die privatrechtliche Ausgestaltung entschieden. Da die Landeshauptstadt Potsdam jedoch als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Erfüllung der Leistungspflicht Tagespflege vermittelt, handelt sie eindeutig hoheitlich. Von daher erfolgt die Festsetzung mit Beschlussfassung zum 01.09.2015 durch Satzung.

 

Bei der Festlegung der Staffelung der Elternbeiträge sind die allgemeinen verfassungsrechtlichen Grundsätze zu beachten, insbesondere der allgemeine Gleichheitsgrundsatz und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Elternbeitragsstaffelungen sind mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz vereinbar, wenn die Differenzierungen nach der sozialen Belastbarkeit sachgerecht und nicht willkürlich sind. Zudem folgt aus dem Gebot der Sozialverträglichkeit der Staffelung, dass der Notwendigkeit von Erlassen bzw. Übernahmen von Beiträgen möglichst weitgehend vorgebeugt wird.

 

Die aktuelle Elternbeitragsordnung genießt aus der Sicht der Familien den Vorteil einer zwölfjährigen Beitragsstabilität. Zudem wurden 2014 durch Anhebung der Beitragsfreiheitsgrenze auf 12.500,99 EUR bereits Einkommensgruppen entlastet. Die eigentlich erforderliche Anpassung an die tatchlichen Gegebenheiten im Sinne gestiegener Kosten, veränderter Einkommenssituationen und einer veränderten Sozialstruktur in der Bevölkerung hat in den letzten Jahren bewusst nicht stattgefunden. Dem generellen Gebot der sozialen Verträglichkeit in der Praxis, trotz steigender Kosten gerecht zu werden, war innerhalb der letzten zwölf Jahre ein hoher Anspruch.

 

r die vorgeschlagene Satzung wurden die ansatzfähigen Kosten im Ergebnis der Betriebskostenabrechnung 2010 ermittelt, da für die Folgejahre noch kein rechtssicheres im Sinne von unangreifbares Ergebnis der Betriebskostenabrechnungen vorliegt. Die Kosten eines Kita-Platzes sind zwischen 2003 und 2010 nicht nur aufgrund der allgemeinen Inflation (jährliche Lohnsteigerung und Preissteigerung von Betriebskosten (Strom, Wasser etc.) gestiegen, sondern ebenso durch Umstellung der Tarife bei Trägern auf das Niveau des öffentlichen Dienstes (regionaler Wettbewerb um gute Mitarbeiter) sowie durch die Schaffung notwendiger neuer Plätze (Investitionskosten). Ebenso sind die allgemeinen Preise seit 2010 bis heute weiter gestiegen und damit die Kosten für einen Kita-Platz. Die Landeshauptstadt Potsdam hat bis zum Zeitpunkt der erfolgreichen Klage gegen das Land im Jahr 2013 die stetig steigenden Kosten der Kindertagesbetreuung ab 2014 abgefedert, wovon Eltern profitieren. (Deckelung der Kita-Kosten auf dem Niveau von 2010 auch in den kommenden Jahren.)

 

Die Festlegung des Höchstbetrages bei 149.501 EUR erfolgt, da spätestens ab dieser Beitragsgruppe der administrative Aufwand für die Erhebung der Elternbeiträge im Vergleich zu der aus der Trägerabfrage eruierten mengenmäßigen Besetzung dieser Beitragsgruppe nicht mehr vertretbar ist.

 

Mit Blick auf eine familienpolitisch angemessene Entlastung liegt folgende Berechnung der Beitragsfreiheitsgrenze in Höhe von 17.000,99 EUR zu Grunde.

 

 

Monat

Jahr

 

Regelsatz Haushaltsvorstand

399 EUR

4.788 EUR

gemäß Regelbedarfsstufenfortschreibungs-verordnung 2015 vom 14.10.2014 (Stufe 1)

Regelsatz Ehegatte/Lebenspartner

360 EUR

4.320 EUR

gemäß Regelbedarfsstufenfortschreibungs-verordnung 2015 vom 14.10.2014 (Stufe 2)

Regelsatz Kind bis 6 Jahre

234 EUR

2.808 EUR

gemäß Regelbedarfsstufenfortschreibungs-verordnung 2015 vom 14.10.2014 (Stufe 3)

Kosten der Unterkunft

350 EUR

4.200 EUR

Ansatz 2015  Durchschnitt im SGB II pro Bedarfsgemeinschaft

Teilhabe

70 EUR

840 EUR

Betrag, der den Einschnitt bei Teilhabe am gesellschaftlichen Leben etwas minimieren soll

Summe

1.413 EUR

16.956 EUR

 

Summe gerundet

17.000 EUR

 

 

Die Beitragsfreiheit entbindet nicht von der Pflicht zur Zahlung eines Zuschusses zur Versorgung des Kindes mit Mittagessen (Essengeld).

 

Die Beibehaltung der Einkommensgruppen zwischen 17.000,99 EUR und 77.000,99 EUR erfolgt zum einen aus der Systematik der Fortschreibung der alten Beitragsordnung und zum anderen wegen der Minimierung des Aufwandes für die Träger, die eine Umstellung nach sich ziehen würde.

 

Zusammenfassend sollen folgende Entscheidungen mit der neuen Satzung getroffen werden:

 

1.               erneutes Anheben der Freigrenze von 12.500,99 EUR (01.01.2014) auf 17.000,99 EUR

2.              Aufhebung der Deckelung ab einem Einkommen von 77.001 EUR Deckelung nunmehr ab

            einem Einkommen von 149.501 EUR

3.              Anpassung des Textteils auf Grund der Veränderung und Auslegung von Rechtsgrundlagen

4.              Umstellung von Elternbeitragsordnung auf Satzung

5.               Wirkungsanalyse nach zwei Jahren, einschließlich der zu Grunde gelegten Daten

 

Mit dem Beschluss der Elternbeitragsordnung in Form einer Satzung gelingt es, Beitragsstabilität in den Beitragsgruppen bis 77.000 EUR bis mindestens 2016 bei gestiegenen Kosten zu erhalten.

 

Dem Beschluss E 7 Ausgestaltung der Elternbeitragsordnung für die Inanspruchnahmen von Kindertagesbetreuung (Kita und Tagespflegestellen) in der Landeshauptstadt Potsdam“ im Zuge der Haushaltsaufstellung 2015/2016 (2014/SVV/1088) wird insofern Rechnung getragen, als dass der Anteil der Beteiligung an den tatsächlichen Kinderbetreuungskosten in den genannten Beitragsgruppen sinkt.

 

Eine Überprüfung dieser Satzung einschließlich der zu Grunde gelegten Daten soll innerhalb der nächsten zwei Haushaltsjahre erfolgen, da dann nähere Informationen zu einem geänderten Personalschlüssel vorliegen, der Prozess bei den Trägern etabliert und die notwendigen Daten valide erhoben sind.

 

Beispielrechnungen:

 

Am Beispiel einer Familie mit einem Kind und einer Betreuungszeit von sieben Stunden ergäben sich folgende Veränderungen einschließlich der steuerlichen Absetzbarkeit[1]:

 

 

Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird dem Beschluss 13/SVV/06


[1] Ab dem 1.1.2012 wird im neugeschaffenen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG bestimmt, dass die Kosten der Kinderbetreuung nur noch als Sonderausgaben abgezogen werden können. 2/3 der Kosten sind abziehbar, maximal jedoch 4.000 EUR je Kind. Der Sonderausgabenabzug wird nunmehr einheitlich für Kinder gewährt, die 1) zwischen 0 und 13 Jahren alt sind,  2) Kinder ersten Grades oder Pflegekinder sind und 3) zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören. Steuerlich begünstigt sind nur Aufwendungen für die Betreuung des Kindes. r die Minimierung des Gesamtbetrages der Einkünfte u.a. durch Kinderbetreuungskosten ist die Steuerklasse grundsätzlich nicht relevant.

 

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Vor dem Hintergrund steigender Kinderzahlen und trotz Steigerung der daraus resultierenden Zuschüsse des Landes Brandenburg entwickelte sich der durch die Landeshauptstadt Potsdam zu tragende Gesamtzuschuss für die  Kindertagesbetreuung von 40,4 Mio. EUR in 2009 (IST) auf 50,8 Mio. EUR (vsl. IST 2014).              

 

Aufgrund der seit 2003 nicht erfolgten Anpassung der Elternbeitragsordnung und nicht zuletzt durch das Zukunftsprogramm 2017 galt es, die Elternbeitragsordnung mit Blick auf soziale Verträglichkeit und Entwicklung zu überprüfen.

 

Im Zukunftsprogramm 2017 waren ursprünglich 700.000 EUR Entlastung p. a. veranschlagt. Die Anhebung der Beitragsfreigrenze von 9.000 EUR auf 12.500 EUR zum 01.01.2014 hatte eine vermutete Wirkung von einer Belastung in Höhe von 225.000 EUR, so dass im zweiten Schritt eine Zielgröße von 925.000 EUR Haushaltsentlastung bei Berücksichtigung der Sozialverträglichkeit im Raum stand, um die ursprüngliche Zielgröße einer Entlastung von 700.000 EUR zu erreichen.

 

Im Vorgriff auf eine neue Elternbeitragsordnung wurden 600.000 EUR als ein unter Beachtung der Haushaltsvorsicht zu erreichender Volljahreseffekt haushaltswirksam veranschlagt.

 

Mit dem vorrangigen Blick auf eine weiterführende familienpolitisch angemessene Entlastung, unter Beachtung einer zumutbaren Kostenbeteiligung der Eltern, trotz steigender Kosten für einen Kita- Platz und des erheblichen Aufwandes durch Mahnverfahren sowie fruchtlose Vollstreckungsversuche durch die Träger beinhaltet die Vorlage folgende Entscheidungen:

 

  • erneutes Anheben der Freigrenze von 12.500,99 EUR (01.01.2014) auf 17.000,99 EUR, daraus folgen 193.600 EUR (Beitragsausfall) pro Jahr
  • Aufhebung der Deckelung ab einem Einkommen von 77.001 EUR

      Erhebung des Höchstbeitrages nunmehr ab einem Einkommen von 149.501 EUR

  • Wirkungsanalyse nach zwei Jahren einschließlich der zu Grunde gelegten Daten

 

 

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Anlagen

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