Antrag - 15/SVV/0696

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

 

  1. Der Beschluss DS 12/SVV/0386 vom 07.11.2012 wird aufgehoben.

 

  1. Das Wohnhaus der ProPotsdam Am Alten Markt 10 wird dauerhaft im Eigentum der ProPotsdam erhalten und anhand der Bedürfnisse der BestandsmieterInnen bedarfsgerecht und sozial verträglich saniert. Bei der Sanierung sind auch die Ansprüche an die Unterbringung von Flüchtlingen im Staudenhof in Rechnung zu stellen.

 

  1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, in der Gesellschafterversammlung die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Vorgaben umzusetzen.

 

  1. Der Stadtverordnetenversammlung ist im Mai 2016 über den Sachstand Bericht zu erstatten.
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Erläuterung

Begründung:

 

Unter dem Titel „Preiswertes Wohnen in der Potsdamer Mitte sichern“ beschloss die Mehrheit der Stadtverordneten am 07.11.2012 den Abriss des Wohnhauses Am Alten Markt 10 nach einer Restnutzungsdauer von 10 Jahren. In der Begründung des Antrags  hieß es unter anderem: Eine zwischenzeitlich von der Bürgerinitiative „Mitteschön“ initiierte Untersuchung, die breit kommuniziert wurde, hat gezeigt, dass die u.a. im Leitbautenkonzept beschlossene Blockrandbebauung des Blockes V (Beschlüsse 06/0257 und 10/0412) mit dem Erhalt des solitären Gebäudes Am Alten Markt 10 unvereinbar ist. (…) Weiterhin würden zwei bereits beschlossene Gebäude mit Leitfassaden (10/0412) nicht errichtet werden können. Schon daraus ist erkennbar, dass der Beschluss 10/0412 (Integriertes Leitbautenkonzept) nur dann umgesetzt werden kann, wenn die seinerzeit gesetzten Prämissen bestehen bleiben, nämlich u.a. der mittelfristige Abriss des Gebäudes Am Alten Markt 10.“

 

Der damals gefasste Beschluss widerspricht den Bedürfnissen der Landeshauptstadt Potsdam in sozialer wie wirtschaftlicher Hinsicht. Vor allem aber konterkariert er die erfolgreiche Nutzung des Staudenhofs als Wohnunterbringung für Flüchtlinge und daher die Verantwortung der Stadt Potsdam gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe. Die Vernichtung von preiswertem Wohnraum in der Potsdamer Innenstadt zugunsten der sogenannten Wiedergewinnung der historischen Mitte und der Umsetzung des Leitbautenkonzeptes ist unter sozialen Gesichtspunkten unverantwortlich und wirkt einer Durchmischung des betroffenen Innenstadtquartiers entgegen.

 

Der Eigentümer des Blocks die ProPotsdam hat sich in Punkt 4 ihres Leitbildes der bedarfsgerechten Bewirtschaftung der Quartiere verschrieben. Bei den 184 Wohneinheiten im Staudenhof handelt es sich um Ein- und Zwei-Raum-Wohnungen, mithin um Wohnungen einer Größe und zu Mietkonditionen, wie sie in der Landeshauptstadt dringend gebraucht werden und in der Innenstadt durch die häufig nicht am Bedarf der MieterInnen orientierten Modernisierungen der letzten zwei Jahrzehnte rar geworden sind. Durch den Erhalt des Wohnblocks und eine am Bedarf der BestandsmieterInnen orientierte Sanierung können sozialverträgliche Mieten und die Unterbringung von Flüchtlingen in kommunalen Wohnungen am Alten Markt dauerhaft gesichert werden. 

 

Die Schaffung von Ersatzwohnraum zu vergleichbaren Mietzinskonditionen durch Neubau im Quartier ist unrealistisch. Auch der Antragsteller des 2012er Antrags ist sich dessen offenbar bewusst und formulierte daher im Beschlusstext nicht nur in holperigem Deutsch sondern auch bewusst unverbindlich:

 

2. Der Oberbürgermeister wird weiterhin beauftragt, eine Machbarkeitsstudie vorzulegen oder einen Architektenwettbewerb durchzuführen, wie im Rahmen des beschlossenen Leitbautenkonzepts preisgünstiger Wohnraum in der flächenmäßigen Größenordnung des Staudenhofs angeboten werden kann; durch die Pro Potsdam GmbH selbst oder im Rahmen eines Genossenschaftsmodells im Block V des Sanierungsgebietes Potsdamer Mitte.

 

3. Für die zum Ende der Restnutzungsdauer noch im Haus Am Alten Markt 10 wohnenden Mieter ist vorzugsweise am Standort Ersatzwohnraum zu schaffen.“

 

Das Angebot von bezahlbaren Ersatzwohnungen muss sich demnach dem vom Leitbautenkonzept vorgegebenen Rahmen unterordnen. Und die verbliebenen MieterInnen sollen Ersatzwohnraum lediglichvorzugsweise“ mithin nicht zwingend bzw. notwendigerweise am Standort erhalten. Eine soziale Entmischung ist vorprogrammiert. Angesichts des allgemeinen Mangels an Wohnraum in der Landeshauptstadt ist es nach Ansicht der Fraktion DIE aNDERE nicht zeitgemäß, der Umsetzung des Leitbautenkonzeptes eine höhere Priorität einzuräumen als dem bloßen Erhalt bereits existierenden und bezahlbaren Wohnraums in der Innenstadt. 

 

Auch vor dem Hintergrund der im Staudenhof angesiedelten und von Soziale Stadt e.V. betriebenen Flüchtlingsunterkunft blendet der geplante Abriss gesellschaftliche Realitäten aus und stellt nicht nur die Flüchtlingsunterkunft an sich, sondern auch das Integrationskonzept der Landeshauptstadt in Frage. In diesem hat sich die Landeshauptstadt dazu bekannt, Flüchtlinge grundsätzlich und nach einer Frist von sechs bzw. 12 Monaten in Wohnungen unterzubringen. Die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen bzw. in Wohnungsverbünden befördert nach allgemeiner Ansicht die gesellschaftliche Integration.

 

Im Jahr 2015 und angesichts steigender Flüchtlingszahlen mag das Integrationskonzept und dessen Abkehr von Gemeinschaftsunterkünften hin zur Unterbringung in Wohnungen kaum  durchzuhalten sein. Für das laufende Kalenderjahr werden im Land Brandenburg mindestens 30.000 Flüchtlinge erwartet. Die Prognose, wie viele Flüchtlinge 2015 nach Potsdam kommen, wurde in den letzten Monaten immer wieder nach oben korrigiert. Mit 1.600 Menschen ist mindestens zu rechnen. Eine verlässliche Prognose für 2016 ist im Augenblick kaum möglich.

 

Gerade deshalb erscheint es jedoch nicht zeitgemäß, eine seit 2014 funktionierende Wohnungsunterbringung von Flüchtlingen in Potsdam auch noch ohne Not in Frage zu stellen bzw. deren Abriss zu betreiben. Auch wenn der Abriss erst für 2022 avisiert ist, so liegt es vor dem Hintergrund der vielen Krisenherde dieser Welt auf der Hand, dass die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen in den kommenden Jahren eine der gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen und auch der Hauptaufgaben der Landeshauptstadt Potsdam bleiben wird. 

 

Letztlich ist der Abriss auch wirtschaftlich nicht sinnvoll. Der Eigentümer, die kommunale ProPotsdam, errechnete 2014 Verluste durch den Abriss des Staudenhofs in Höhe von 3,65 Millionen Euro. Nur durch einen Verkauf des Grundstücks wären die Verluste der kommunalen Holding zu verringern. Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass dem Verkauf von Immobilien aus dem Bestand der ProPotsdam an private Investoren regelmäßig Sanierungen bzw. Modernisierungen durch die Käufer folgten, die sich nicht mehr an den Bedürfnissen der BestandsmieterInnen orientierten. Bei einem Verkauf des Grundstücks nach Abriss des Staudenhofs ist die Zurverfügungstellung von preislich vergleichbarem alternativem Wohnraum im Quartier nicht mehr realisierbar.

 

Die ProPotsdam muss als wohnungspolitisches Instrument der Landeshauptstadt begriffen werden.  Die Bereitstellung von Wohnraumr finanziell schwächere PotsdamerInnen und Flüchtlinge in allen Stadtteilen ist die zentrale Aufgabe der ProPotsdam.

 

Hinter dieser Herausforderung müssen Luxumproblemchen wie die Umsetzung des Leitbautenkonzepts zurückstehen.

 

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