Antrag - 16/SVV/0041

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Beschlussvorschlag

 

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

 

Der Oberbürgermeister wird in seiner Funktion als Gesellschaftervertreter der städtischen Wohnungsgesellschaft ProPotsdam GmbH beauftragt, deren Geschäftsführung anzuweisen, künftig keine Verkäufe von Mietobjekten aus dem Bestand der ProPotsdam mehr vorzunehmen.

 

 

 

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Erläuterung

Begründung:

 

Die ProPotsdam ist das wichtigste wohnungspolitische Instrument der Landeshauptstadt Potsdam.

 

Zentrale Aufgabe der ProPotsdam ist die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum für die Bevölkerung, vor allem für jene Menschen, die über ein geringes Einkommen verfügen. Für die Bezahlbarkeit mag der KdU-Satz als Orientierung dienen. Preiswerter Wohnraumsst sich im Neubau jedoch nur mittels Subventionen realisieren. Daher ist der Erhalt von preiswerten Mietwohnungen im Bestand der ProPotsdam eine Aufgabe von herausragender Bedeutung, denn allein der Bestand an Wohnungen des kommunalen Tochterunternehmens unterliegt der Kontrolle der öffentlichen Hand.

 

Angesichts der vielen geflüchteten Menschen, die nach Potsdam gekommen sind und noch kommen werden, aber auch aufgrund der Tatsache, dass Potsdams Bevölkerung auch in den kommenden Jahrzehnten nicht nur aus gut gutbetuchten Zuzügler*innen bestehen soll und wird, muss die ProPotsdam ihrer Verantwortung beim Erhalt und der Bereitstellung preiswerter Wohnungen auch im Bestand gerecht werden. Dazu bedarf es der Konzentration der Kapazitäten der Gesellschaft auf dieses Ziel, vor allem durch die an den Bedürfnissen der Bestandsmietenden orientierte Sanierung von Wohnungen im Bestand der Gesellschaft.

 

Leider wird dieses Ziel durch den permanenten Verkauf von mietpreiswerten Bestandsmietobjekten aus dem Portfolio der ProPotsdam seit vielen Jahren konterkariert.

 

Die ProPotsdam hält seit Jahren mit ca. 17 Tausend Wohneinheiten etwa ein Fünftel des Potsdamer Wohnungsbestandes. Bislang (seit 2010) plante das städtische Wohnungsunternehmen, 1.000 neue Wohneinheiten bis zum Jahr 2019 zu bauen. Dabei handelt es sich um Wohnraum, der am Bedarf der Bestandsmieter*innen der ProPotsdam aufgrund des zu erwartenden Mietzinsniveaus vorbei geht. Auch von der Idee, mit Neubauwohnungen, die zu 10 €/m² und mehr vermietet werden, sogenannte Sickereffekte zu erzielen, hat sich die Geschäftsführung der ProPotsdam seit langem verabschiedet. Bestandsmietende der ProPotsdam, die vom preiswerten Altbau in den teureren Neubau ziehen, gibt es kaum noch.

 

Die 1.000 Wohneinheiten, welche die ProPotsdam bislang bis 2019 bauen wollte und auch bauen wird, stellen ausschließlich Neubau für Besserverdienende dar. Es ist richtig, auch für diese Gruppe innerhalb der Zuzügler*innen Wohnraum bereitzustellen, aber nicht Aufgabe einer städtischen Wohnungsbau­gesellschaft, die vorrangig Verantwortung für die kommunale Daseinsfürsorge trägt.

 

Ähnlich verhält es sich mit der Erschließung der Speicherstadt, deren Wohnungen die Bestandsmietenden der ProPotsdam aufgrund des dort zu erwartenden Mietniveaus nur in Ausnahmefällen von innen kennen lernen werden. Dennoch sind seit Jahren große Teile der Kapazitäten der ProPotsdam dort gebunden. Zudem erweist sich die gesamte Erschließung der Speicherstadt r die kommunale Tochtergesellschaft auch noch als defizitäres Unternehmen.

 

Seit 2015 plant die ProPotsdam nun aber weitere 1.000 Wohneinheiten. Hier handelte es sich um aus Landesmitteln geförderten sozialen Wohnraum, der den Bedürfnissen finanziell schwacher Potsdamer*innen entspricht. Die ProPotsdam nimmt hier - anders als zuvor - ihre Verantwortung für die kommunale Daseinsfürsorge auch im Rahmen ihrer Neubauaktivitäten wahr.

 

Die Krux der Neubautätigkeit der ProPotsdam: der Gesamtwohnungsbestand des Unternehmens vergrößert sich durch die neu gebauten insgesamt 2.000 Wohneinheiten nicht.

 

Denn im gleichen Maße wie die kommunale Gesellschaft Wohneinheiten neu baut, verkauft sie aus ihrem Bestand unsanierte und teilsanierte Objekte. Nur nach erheblichem Druck aus der Zivilgesellschaft und aus Teilen der Stadtverordnetenversammlung konnte der von der Gesellschaft geplante und bereits initiierte Verkauf der vier Restitutionsobjekte (Heidesiedlung, Behlert-Karree, Großbeerenstraße und Grünstraße) noch abgewendet werden. Preiswerter, wenn auch teil- oder unsanierter Wohnraum sollte verkauft werden und die Mietparteien dem nach der Modernisierung durch den Käufer aufgerufenen Mieten und dem freien Wettbewerb um den Wohnraum mit Menschen aus besseren Einkommensschichten ausgesetzt werden.

 

Denn der Verkauf von Bestandsimmobilien aus dem Portfolio der ProPotsdam zeitigt stets den gleichen Effekt: Private Investoren modernisieren, und die Bestandsmietparteien werden mit einer Mietzinshöhe konfrontiert, die diese nicht - bzw. nur wenige von ihnen - bezahlen können. Gentrifizierung ist die Folge. Es bleibt, wer es sich leisten kann. Ausgangspunkt dieser Verdrängung ist stets die Verkaufsentscheidung der ProPotsdam, die die beschriebenen Effekte zumindest kennt und in Kauf nimmt. 

 

Hier ist anzusetzen. Bei Bestandsobjekten der ProPotsdam muss künftig das Primat einer bedarfsgerechten und behutsamen Sanierung in Eigenregie gelten. Altmietparteien nach dem Verkauf und der Modernisierung durch den Käufer dem freien Spiel der Kräfte und dem Wettbewerb um das rare Gut Wohnraum zu überlassen, spiegelt mangelndes soziales Verantwortungsbewusstsein wider.

 

Im Übrigen widerspricht der fortgesetzte Verkauf von Mietobjekten aus dem Portfolio der ProPotsdam auch mehreren aktuellen Befunden des Wohnungspolitischen Begleitkreises.

 

Unter 2.B. „Modernisierung und Umbau im Bestand maßvoll, bezahlbar und bedarfsgerecht (S. 41) formuliert das Wohnungspolitische Konzept Folgendes: „Aufgrund dieser sich ändernden Nachfragestrukturen, einer weiterhin angespannten Marktsituation (Stichwort „Vermietermarkt“) wie auch der Umlage- und Mieterhöhungsmöglichkeiten bei energetischen Sanierungen wird es weiterhin zu Modernisierungen und Umbauten im Bestand kommen, bei denen die damit verbundenen Mieterhöhungen von einem relevanten Anteil der Bevölkerung nicht mitgetragen werden kann.“

 

Auch das Konzept plädiert für bezahlbare und bedarfsgerechte Sanierungen. Die aktuellen Verkäufe der ProPotsdam an private Käufer widersprechen diesem Ziel.

 

Weiterhin formuliert das Wohnungspolitische Konzept unter 3.C „Vermittlung von Mietshäusern an sozial verantwortliche Eigentümer (S. 48): „Bezahlbarkeit im Bestand ist typischerweise dann gefährdet, wenn in einem durch Boden- und Immobilienwertsteigerungen geprägten, „aufgeheizten“ Umfeld ein vermietetes Objekt verkauft wird und der Erwerbende den (unter angespannten Marktbedingungen eher hohen) Kaufpreis vor allem mittels Mieterhöhungen refinanzieren kann oder muss. Es ist daher im Interesse der Stadt wie auch der Mieter, wenn Mietwohnobjekte, die als Anlageobjekte zum Verkauf stehen, bevorzugt an sozial verantwortliche Neubesitzer verkauft werden.“

 

Tatsächlich verkauft die ProPotsdam jedoch grundsätzlich zum Höchstgebot, ohne das soziale Verantwortungsbewusstsein des Höchstbietenden zu berücksichtigen.

 

Im Interview mit der Potsdam am Sonntag“ (PamS) vom 03.01.2016 antwortete Oberbürgermeister Jann Jakobs auf die Frage nach der Verantwortung der ProPotsdam für die kommunale Daseinsfürsorge durch den Erhalt preiswerten Wohnraums im Behlert-Karree und den anderen Restitutionsobjekten:Aber es ist eines der ganz wenigen Quartiere in der Innenstadt, wo es noch bezahlbaren Wohnraum gibt.“ (…) „Ich finde, das (gemeint ist hier der Nichtverkauf und die Sanierung in Eigenregie der ProPotsdam) sind ganz wichtige Beiträge, um zu einer Deeskalierung der Situation in Potsdam beizutragen“.

 

Diesem positiven Ziel kann aber nur erfolgreich Rechnung getragen werden, wenn die ProPotsdam den Nichtverkauf von Restitutionsobjekten nicht an anderer Stelle durch Wohnungsverkäufe in gleichem Umfang konterkariert.

 

Der Verkauf von Bestandsmietobjekten soll daher eingestellt werden.

 

 

 

 

 

 

 

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