Beschlussvorlage - 17/SVV/0848

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Beschlussvorschlag

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Mit Wirkung vom 01.01.2018 wird gemäß § 3 Abs. 2 der Kindertagesstätten-Betriebskosten-und Nachweisverordnung (KitaBKNV) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes (KitaG) die Bemessungsgröße für die pädagogische Arbeit für Betreuungszeiten über 8 Stunden täglich wie folgt erweitert:

  •                                                                       1,2 Stellen einer dagogischen Fachkraft für jeweils 5 Kinder im Alter bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres

und

  •                                                                       1,2 Stellen für jeweils 11,5 Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung bis 31.07.2018 und 11 Kinder nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zur Einschulung ab 01.08.2018.

 

Die Regelung des § 10 Abs. 2 KitaG i. V. m. § 5 Abs. 2 Kita-Personalverordnung (KitaPersV), laut der sich die zuzumessenden Leitungsstellen aus der Anzahl der Stellen für pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergibt, findet Anwendung

 

Zur rechtsicheren Umsetzung dieser so genannten dritten Betreuungsstufe sind vorbehaltlich der Beschlussfassung des Haushaltes 2018/2019 die notwendigen zusätzlichen Sach- und Personalkosten zur Verfügung zu stellen.

 

Der Beschluss 17/SVV/0484 Richtlinie zur Umsetzung der Verbesserung der Betreuungsqualität in Kindertagesstätten in der Landeshauptstadt Potsdam in den Jahren 2017 bis 2019 (Umsetzung haushaltsbegleitender Beschluss 16/SVV/0801) wird in der Form abgeändert, dass eine Umsetzung nur für das Jahr 2017 erfolgt.

 

Sollte im Rahmen einer Kita-Rechts-Novellierung eine weitere Betreuungsstufe zur Finanzierung der Personalkosten bei Betreuungsbedarfen der Kinder, die über 8 Stunden hinausgehen, eingeführt werden, verliert dieser Beschluss seine Wirksamkeit.

 

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Erläuterung

Begründung:

 

Im Rahmen des Projektes KitaZoom - Ressourcen wirksam einsetzen wurde deutlich gemacht, dass in Brandenburg ein erheblicher Anteil von Kindern mit Betreuungszeiten mit 8 und mehr Stunden haben. In der Landeshauptstadt Potsdam haben 45,88 % aller betreuten Kinder in der Altersgruppe 0 bis 3jährige und 38,59 % in der Altersgruppe der 3 bis 6jährigen einen Betreuungsumfang über 8 Stunden.

 

Aus den derzeitigen landesgesetzlichen Regelungen ergibt sich, dass die öffentliche Förderung der Personalkosten lediglich eine Ausfinanzierung von 7,5 Stunden pro Tag und Kind möglich macht.  Nach § 10 Abs. 1 Kita-Gesetz wird pauschal nur zwischen den Betreuungszeiten bis zu sechs Stunden (Mindestbetreuungszeit) und mehr als sechs Stunden (verlängerte Betreuungszeit) täglich unterschieden. § 10 KitaG bestimmt zwar die notwendige Anzahl geeigneter pädagogischer Kräfte in einer Einrichtung, jedoch nur als rechnerische Größe (Grundlage der Finanzierung) und nicht als eine im Alltag nachmessbare Fachkräfteausstattung in einer Betreuungsgruppe, zu einer bestimmten Tageszeit

Werden Kinder länger als 7,5 Stunden täglich betreut, muss das vorhandene Personal über die längeren Betreuungszeiten verteilt werden. Dadurch verschlechtert sich das tatsächliche Betreuungsverhältnis und folgend die Qualität der Betreuung.

 

Die veröffentliche Broschüre der Bertelsmann Stiftung im Rahmen des Kita-ZOOM Projektes „Zentrale Ergebnisse des Simulationsprozesses in der Modellkommune Potsdam im Überblick“, Seite 4 bestätigt die grundsätzliche Regelungsstruktur des KitaG. Der § 10 KitaG bestimmt zwar die notwendige Anzahl geeigneter pädagogischer Kräfte in einer Einrichtung, jedoch nur als rechnerische Größe (Grundlage der Finanzierung) und nicht als eine im Alltag nachmessbare Fachkräfteausstattung in einer Betreuungsgruppe, zu einer bestimmten Tageszeit. Es gibt z. B. im Gesetz keine Fundstelle, wonach Konsequenzen einer Nichteinhaltung des   § 10 KitaG dargestellt sind.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 KitaBKNV berechnen sich die Zuschüsse des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an die Träger der Einrichtungen nach der zuvor genannten rechnerischen Größe nach § 10 KitaG. Die Personalschlüssel nach § 10 KitaG unterscheiden rechnerisch nur nach Betreuungszeiten

  • bis 6 und über 6 Stunden (für die Altersgruppen bis zur Einschulung) bzw.
  • bis 4 und über 4 Stunden für Kinder im Grundschulalter.

 

Wenn nach § 1 KitaG reale Rechtsansprüche von 4 bis 10 Stunden vorfindet und die finanzielle Fachkräfteausstattung jedoch für die Altersgruppe bis zur Einschulung nur nach der Unterscheidung bis 6 h und über 6 h gemäß § 10 KitaG erfolgt, stellt sich laut Bertelsmann Stiftung die Frage, ab wann zwangsläufig bei einer maximalen Bemessungsgröße von derzeit 1,0 VbE und damit 8 h täglich auf eine bestimmte Kinderanzahl eine Verdünnung dieses Schlüssels bei längeren Betreuungszeiten (bis zu 10 Stunden) unausweichlich ist. Diese Systematik zieht Konsequenzen in der pädagogischen Arbeit nach sich.

 

Mathematisch erscheint die Unterscheidung nach § 10 KitaG bis 6 h und über 6 h willkürlich. Denn rechnerisch kann bereits durch die nur zweistufige Abgrenzung bis 6 Stunden und über 6 Stunden Betreuungsumfang keine mathematische Proportionalität hergestellt werden. Diese kann durch einen Quotienten dargestellt werden, welcher die Wochenarbeitsstunden (Stufe 1 mit 32 h (0,8 VbE) und Stufe 2 mit 40 h (1,0 VbE) ins Verhältnis zu den Betreuungsumfängen setzt. In der Folge sinkt der Quotient. Dabei bedeutet eine rechnerische Halbierung des Quotienten als Ergebnis nichts anderes als eine Verdopplung der Kinderanzahl pro Erzieher/in.

 

 

 

Im Rahmen des Kita-Zoom Projektes wurde die Idee einer so genannten 3. Stufe ab 8 Stunden Betreuungsumfang entwickelt. Der Systematik des § 10 KitaG folgend sollte diese Stufe mit 1,2 VbE (48 h) ab 8 Stunden Betreuungsumfang angesetzt werden.

 

In der Folge würde der Quotient ab der 2. Stufe (über 6 Stunden Betreuungsumfang) nahezu gleich bleiben bzw. weniger stark abfallen:

 

 

 

Der Quotient als rechnerisches Ergebnis verdeutlich sinnbildlich, warum die Bertelsmann Stiftung zu der Aussage kommt „Die Berechnungen der Studie zeigen für beide Altersgruppen, dass nur bei Betreuungszeiten bis maximal 7,5 Stunden täglich der gesetzlich vorgeschriebene Personalschlüssel mit den öffentlich finanzierten Personalressourcen realisiert werden kann (S. 6 der besagten Studie).“

 

Bei der Stufung nach § 10 KitaG können maximal 1,0 VbE und damit 40 Wochenstunden bzw. 8 Stunden täglich zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, dass eine Erzieherin nach 8 Stunden nicht mehr verfügbar wäre und bei längeren Betreuungszeiten eines Kindes über 8 Stunden faktisch kein Personal mehr in der Kita vorhanden wäre.

 

Nach 79 SGB VIII tragen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung der Aufgaben die Gesamtverantwortung, so auch die der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen. Nach § 79 a SGB VIII haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung von Qualität sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Über die Verbesserungen in der Personalbemessung ist folgend zwingend eine Veränderung des Systems durch die sich deutlich verändernde Lebenswelt erforderlich, die weitere Personalressourcen zur Verfügung stellt. Somit könnten negative Auswirkungen auf die Fachkraft-Kind-Relation spürbar abgebaut werden. Zusätzliche pädagogische Fachkräfte könnten zum Einsatz kommen, Zeitkontingente könnten zielgerichteter eingesetzt werden, die Dienstpläne eröffnen Spielräume (Personaleinsatzplanung), der Kita-Alltag wird spürbar entlastet, was sich insgesamt auf die Qualität der pädagogischen Arbeit inkl. der Elternarbeit auswirkt. Auch auf Kinder mit besonderen Bedarfen (Aufgreifen der tatsächlichen Lebenswelt - Vielzahl von Auffälligkeiten) kann besser reagiert werden und für den Ausbau verlässlicher Kooperationsstrukturen ist etwas mehr Spielraum vorhanden. Nicht zuletzt wird die Motivation der Fachkräfte gesteigert.

 

Mit der Erweiterung der Bemessungsgröße (3. Stufe) wird der öffentliche Jugendhilfeträger (hier der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie) im Rahmen der Feststellung von Rechtsansprüchen nach § 1 KitaG noch intensiver die familiäre Situation und das Wohl sowie die Entwicklung des einzelnen Kindes verpflichtend prüfen. Ziel ist es, die tatsächlichen Bedarfe der Eltern im Einzelfall noch genauer zu erfassen.

 

Der Beschluss 17/SVV/0484 Richtlinie zur Umsetzung der Verbesserung der Betreuungsqualität in Kindertagesstätten in der Landeshauptstadt Potsdam in den Jahren 2017 bis 2019 (Umsetzung haushaltsbegleitender Beschluss 16/SVV/0801) hat den gleichen Zweck der Verbesserung der Betreuungssituation bei Betreuungszeiten über 8 h. Die Richtlinie regelt im § 1 Abs. 3: „Das zur Verfügung stehende Budget wird durch die Anzahl aller im Jahresdurchschnitt von den Trägern in den Kindertagesstätten betreuten Kinder mit einem festgestellten Rechtsanspruch auf eine Betreuungszeit über 8 Stunden dividiert.“

 

Die Richtlinie zur Umsetzung der Verbesserung der Betreuungsqualität wird durch den neuen Beschlussvorschlag ab 01.01.2018 fachlich und inhaltlich konkreter, in dem nicht ein Gesamtbudget zur Verfügung gestellt wird, sondern auf der Grundlage eines konkreten veränderten Betreuungsschlüssels die Qualitätsverbesserung untersetzt wird.

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Fazit finanzielle Auswirkungen

Es wird von Gesamtaufwendungen in Höhe von ca. 4.500.000 € ausgegangen (siehe Anlage „Darstellung der finanziellen Auswirkungen“ Seite 2).

 

Die Deckung erfolgt zum einen durch Aufhebung des Beschlusses 17/SVV/0484 Richtlinie zur Umsetzung der Verbesserung der Betreuungsqualität in Kindertagesstätten in der Landeshauptstadt Potsdam in den Jahren 2017 bis 2019 (Umsetzung haushaltsbegleitender Beschluss 16/SVV/0801) ab dem Jahr 2018. Die hierdurch freiwerdenden Haushaltsmittel in Höhe von 1,5 Mio. € pro Jahr werden zur anteiligen Deckung eingesetzt.

 

Es verbleiben 3,0 Mio. € zusätzliche Aufwendungen, welche in die Haushaltplanung 2018 ff. aufgenommen wurden.

 

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Anlagen

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